Nessie & Jake - Zwischen den Welten
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Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Handlung: Diese Geschichte spielt im Jahre 2025, siebzehn Jahre nachdem Edward und Bella, mit den Cullens und Jake, Forks den Rücken gekehrt haben (eine Fortsetzung meiner ersten FF Biss wir uns wiedersehen). Renesmee kommt zurück in ihre Geburtsstadt – an ihrer Seite natürlich Jake. Vieles hat sich verändert, aber nicht alles. Alte und neue Feinde, jede Menge Aufregungen und so manche Überraschung, warten auf die beiden. Denn nichts im Leben geschieht ohne Grund.
♥ Danke Amy für das Banner ♥
Wer bin ich?
Nessie
Wer bin ich? Das ist eine richtig gute Frage. Mein Name ist Renesmee Carlie Cullen, geboren wurde ich am 10. September 2006 in Forks, Washington. Demnach werde ich bald meinen neunzehnten Geburtstag feiern dürfen, doch rein äußerlich gehe ich eher als sechzehn oder siebzehn durch. Ich unterscheide mich kaum von meinen Mitschülern in der hiesigen Highschool. Ich bin eine von ihnen und doch auch wieder nicht.
Wie definiert man sich also selbst? Nach dem Äußeren, wie diese Modepüppchen, die ihr ganzes Leben lang fürchten nicht mehr attraktiv zu sein, und mit dem ersten grauen Haar gleich schreiend zum Friseur rennen? Nach der Familie, die bei mir zugegebenermaßen die Rahmen aller Konventionen sprengt? Nach der Herkunft oder Heimat? Ich habe starke Wurzeln, die mich am Boden halten und doch lebe ich wie ein Vagabund - bin von einer Kleinstadt in die nächste gezogen. Von Amerika nach Europa und dann wieder zurück nach Kanada. Jetzt kehre ich wieder in meine Geburtsstadt zurück, dort wo ich meinen Ursprung habe. Ich kann mir diese Frage also nicht ausreichend beantworten.
Ich weiß nur, dass ich eines nicht bin: Normal!
Jake
Tja, auf diese Frage stelle ich erst mal eine Gegenfrage. Wer glaubt ihr denn zu sein? Der nächste Albert Einstein, oder Britney Spears, oder Michael Schumacher, etwa? Seht ihr? Verdammt schwere Frage! Ich könnte mal versuchen mich zu beschreiben. Mein Name ist Jacob Black. Ich bin von Sternzeichen Steinbock; also Achtung ich bin ungeduldig, rechthaberisch und nachtragend, aber man kann mit mir Pferde stehlen und ich hab einen gewaltigen Dickschädel, der mir schon das eine oder andere Mal den Arsch gerettet hat. Geboren wurde ich im verregneten Forks, im Bundesstaat Washington, im Januar 1990. Der genaue Tag ist nicht von Belang, denn ich feiere meinen Geburtstag nämlich nicht mehr - nicht seit ich mit einer Unsterblichen zusammenlebe. Ja, ist schon eine komische Sache. Aber auch nicht komscher, als der Umstand, dass ich die meiste Zeit auf allen Vieren durch die Gegend laufe. Aber, wem sage ich das, hä?
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Nessie und Jake
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Zwischen den Welten
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Zwischen den Welten
Wer bin ich?
Nessie
Wer bin ich? Das ist eine richtig gute Frage. Mein Name ist Renesmee Carlie Cullen, geboren wurde ich am 10. September 2006 in Forks, Washington. Demnach werde ich bald meinen neunzehnten Geburtstag feiern dürfen, doch rein äußerlich gehe ich eher als sechzehn oder siebzehn durch. Ich unterscheide mich kaum von meinen Mitschülern in der hiesigen Highschool. Ich bin eine von ihnen und doch auch wieder nicht.
Wie definiert man sich also selbst? Nach dem Äußeren, wie diese Modepüppchen, die ihr ganzes Leben lang fürchten nicht mehr attraktiv zu sein, und mit dem ersten grauen Haar gleich schreiend zum Friseur rennen? Nach der Familie, die bei mir zugegebenermaßen die Rahmen aller Konventionen sprengt? Nach der Herkunft oder Heimat? Ich habe starke Wurzeln, die mich am Boden halten und doch lebe ich wie ein Vagabund - bin von einer Kleinstadt in die nächste gezogen. Von Amerika nach Europa und dann wieder zurück nach Kanada. Jetzt kehre ich wieder in meine Geburtsstadt zurück, dort wo ich meinen Ursprung habe. Ich kann mir diese Frage also nicht ausreichend beantworten.
Ich weiß nur, dass ich eines nicht bin: Normal!
Jake
Tja, auf diese Frage stelle ich erst mal eine Gegenfrage. Wer glaubt ihr denn zu sein? Der nächste Albert Einstein, oder Britney Spears, oder Michael Schumacher, etwa? Seht ihr? Verdammt schwere Frage! Ich könnte mal versuchen mich zu beschreiben. Mein Name ist Jacob Black. Ich bin von Sternzeichen Steinbock; also Achtung ich bin ungeduldig, rechthaberisch und nachtragend, aber man kann mit mir Pferde stehlen und ich hab einen gewaltigen Dickschädel, der mir schon das eine oder andere Mal den Arsch gerettet hat. Geboren wurde ich im verregneten Forks, im Bundesstaat Washington, im Januar 1990. Der genaue Tag ist nicht von Belang, denn ich feiere meinen Geburtstag nämlich nicht mehr - nicht seit ich mit einer Unsterblichen zusammenlebe. Ja, ist schon eine komische Sache. Aber auch nicht komscher, als der Umstand, dass ich die meiste Zeit auf allen Vieren durch die Gegend laufe. Aber, wem sage ich das, hä?
Zuletzt von esme78 am Sa 21 Apr 2012, 21:05 bearbeitet; insgesamt 6-mal bearbeitet (Grund : Abschließende Korrektur ;-))
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Nessie
Während der gesamten Fahrt vom Flughafen nach Forks beobachtete ich die beiden, wie sie sich anlächelten und immer wieder ihre Hände ineinander verschränkten: meine Eltern. Ich hingegen saß auf der Rückbank und versuchte mich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren, denn ein solches Geturtel war nur zu ertragen, wenn man selbst jemanden zum anschmachten hatte. Ich seufzte auf und ließ meinen träumerischen Blick durch die an uns vorbeiziehenden Wälder streifen. Mein Freund Jake war bestimmt schon angekommen. Er bestritt die Reise auf seiner Harley, die er um nichts in der Welt aufgegeben hätte, und lieferte sich gleichzeitig ein kleines Wettrennen mit Edward. Sie taten sein Verhalten als typisch für ihn und Emmett ab, die sich beide in ihrem ungestümen Wesen sehr ähnelten. Ich hatte mich auf Diskussionen gar nicht erst eingelassen, da mir nicht nur das letzte Wort, sondern auch schlichtweg ein entscheidendes Chromosom dafür fehlte. Also hielt ich mich zurück und beschloss, jede Sekunde mit meinen Eltern genießen. Denn ich würde ohne die beiden hierbleiben.
Es war stockdunkel als wir die Straße zu Opa Charlies Haus entlangfuhren. Vor dem Haus stand schon erwartungsgemäß die Harley meines Freundes und der Geländewagen von Billy. Mit zwei Koffern und einem Rucksack in den Händen stiegen wir die Treppen zur Tür empor, dort warteten - mit Tränen in den Augen - Charlie und Sue.
„Kommt rein, bevor euch noch jemand sieht“, begrüßte uns Opa.
„Keine Angst, es ist keiner in der Nähe. Glaub mir“, entgegnete Edward und reichte ihm die Hand. „Schön, dich wiederzusehen, Charlie.“
Mit diesen Worten fielen die beiden sich in die Arme. Oma Sue umarmte erst mich, dann Bella. Aus dem Wohnzimmer kam Billy in seinem Rollstuhl angerollt, hinter ihm Jake. Magnetisch zogen sich unsere Blick an. Seine dunklen Augen, die eine solche Wärme ausstrahlten, hielten mich verlässlich in ihrem Bann. Wie selbstverständlich lief ich zu ihm und wir küssten uns. Wir hatten uns nur ein paar Stunden nicht gesehen, doch ich konnte mich nicht zurückhalten. Ein gemeinschaftliches Räuspern riss uns aus unserer süßen Begrüßung. Ich warf einen Blick über Jakes Schulter und bemerkte Seth, der unschlüssig an das Sofa gelehnt dastand. Er nickte mir freundlich zu und ich strahlte bis über beide Ohren zurück.
„Seth, ich freu mich!“, rief ich begeistert. Ich löste mich von Jake und ging auf ihn zu. Zuerst etwas zögerlich, doch dann umso herzlicher umarmten wir uns. Seth hatte sich kaum verändert, stellte ich fest. Sein Gesicht hatte zwar die jugendlichen Züge verloren, doch er war immer noch ein drahtiger, groß gewachsener Quileute Indianer mit schulterlangen, pechschwarzen Haaren und Kraft wie ein Bulldozer.
Ich war diesen Griff ja schon gewohnt, doch Sue rief mit gespielt panischer Stimme: „Seth, du zerdrückst sie ja.“
Sein schallendes Lachen ließ mich an seiner Seite ebenfalls vibrieren. So konnte ich gar nicht anders als mit zu lachen.
Den weiteren Abend tauschten wir in geselliger Runde Neuigkeiten aus. Bella saß in Charlies Arme geschlungen da und strahlte mit ihm um die Wette. Charlie, der mittlerweile graue Schläfen bekommen hatte und etwas rundlicher um die Mitte war, machte den Eindruck, als fühlte er sich mit einem Mal zehn Jahre jünger. Mit nostalgisch verklärtem Blick auf die beiden dachte ich an unseren Abschied damals zurück. Ich sah Opas schmerzerfülltes Gesicht genau vor mir, als er sich mir gegenüber trotzdem tapfer ein Lächeln abgerungen hatte. Schon damals konnte er mir nichts vormachen. Obwohl ich zu jener Zeit erst knapp zwei Jahre alt war, erinnerte ich mich an jede Kleinigkeit. Meiner Gabe als Schicksalsseherin hatte ich es zu verdanken, dass ich dieser Szene heute nicht zum ersten Mal beiwohnte.
Dennoch waren solche Momente in unserer Familie eher die Seltenheit. So war es nicht verwunderlich, dass die Nacht schon weit fortgeschritten war, als Jake und Billy beschlossen aufzubrechen. Edward sah Jake mit ernstem Blick tief in die Augen. Jake, der bereits wusste, was nun kommen würde, verdrehte die Augen.
„Mach dir keine Sorgen. Ich pass schon auf sie auf. Indianerehrenwort!“ Er hob bedeutungsvoll seine rechte Hand mit drei gestreckten Fingern, um seine Worte zu unterstreichen. Edward lächelte ihn schief an und drückte Billys Hand zum Abschied. „Ich nehm´ dich beim Wort.“
Etwas später brachten Bella und ich meine Sachen in mein Zimmer. Nichts hatte sich dort verändert. Das Bett stand noch an der gleichen Stelle, nur die Pferdebettwäsche hatte rosafarbenen Laken Platz gemacht. Auf dem Schreibtisch, unter der Dachgaube, stand ein Laptop mit Drucker. Daneben stand in einer Vase ein Strauß wunderschöner Wiesenblumen. Bella half mir stumm, meine Kleidung in den Holzschrank zu verstauen und setzte sich nach einer Weile seufzend aufs Bett.
„Was ist?“, wollte ich wissen, mit dem letzten Stapel Wäsche in der Hand, der in der untersten Kommodenschublade ihren Platz finden sollte. Ihr gedankenverlorener Blick flog durch den Raum, wobei ihre Mundwinkel ab und an zuckten.
„Es kommt mir vor wie damals, als ich hierhergekommen bin.“
Ganz offensichtlich hatte auch Charlie den ganzen Abend an die Zeit damals zurück gedacht, denn Edward musste sich des Öfteren ein wissendes Lächeln verkneifen.
Bella schlug sich auf die Oberschenkel und erhob sich entschlossen. Ebenso bestimmt dirigierte sie mich zum Schreibtisch und platzierte mich auf dem Stuhl, um dann den Laptop einzuschalten. Als dieser arbeitsbereit war, öffnete sie den Live Messenger und meldete mich an. Sie wählte eine mir gut bekannte Adresse und ein paar Sekunden später erkannte ich Carlisles Gesicht auf dem Bildschirm, Esmes tauchte direkt neben ihm auf. Beide strahlten von einem Ohr zum anderen.
Edward und Charlie traten hinter uns und Edward erklärte: „Ich hoffe du meldest dich hin und wieder mal bei uns.“
Er fuhr mir behutsam über den Rücken und mir lief sofort eine Gänsehaut über den selbigen. Nicht weil ich fror. Nein, es war der Ansturm der Gefühle, der mich übermannte. Der Abschied, der in seinen Worten aufblitzte, machte mir ehrlich zu schaffen. Mein ganzes bisheriges Leben verbrachte ich zusammen mit meiner Familie. Die ersten Jahre musste ich gezwungenermaßen von der Öffentlichkeit unbemerkt aufwachsen. Was bedeutete, ich kannte nur unseren Zirkel und einige der Nomaden, mit denen wir uns, seit jenem schicksalsträchtigen Wintertag vor so langer Zeit, angefreundet hatten. Renée, Charlie, Sue und die Wölfe sah ich nur sehr selten. Die Idee, eine Weile bei meinen Großeltern zu leben, entstand sozusagen gemeinschaftlich. Bella machte sich Sorgen, dass ich keine Freunde haben würde und auch keine „zwischenmenschlich“ sozialen Kompetenzen erwerben würde. Ich bin, im Gegensatz zu den anderen, in dieses Leben hineingeboren. Ich hatte kein „normales Leben“ vor meinem Vampir Dasein. Ich schloss die Augen, um mich wieder zu sammeln.
„Charlie, alles in Ordnung bei Euch?“, fragte erst Carlisle, dann fügte Esme noch an: „Hast du kürzlich mit Renée gesprochen? Wie geht es ihr?“.
Carlisle hatte Renée über all die Jahre in regelmäßigen Abständen untersucht. Wegen einer Leukämieerkrankung hatte sie eine Knochenmarkspende von mir erhalten, die ihr das Leben rettete. Beinahe noch eine Stunde unterhielten wir uns via Laptop mit Jasper, Alice, Rose, Emmett, Carlisle und Esme. Mir wurden die Augenlider merklich schwerer und ich musste hin und wieder ein Gähnen unterdrücken. Charlie und Sue wurden ebenfalls müde, so verabschiedeten wir uns und ich machte mich bettfertig. Es war nach zwei Uhr nachts, als ich einen letzten Blick auf meinen Wecker warf, bevor ich in wirre Träume abglitt.
Während der gesamten Fahrt vom Flughafen nach Forks beobachtete ich die beiden, wie sie sich anlächelten und immer wieder ihre Hände ineinander verschränkten: meine Eltern. Ich hingegen saß auf der Rückbank und versuchte mich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren, denn ein solches Geturtel war nur zu ertragen, wenn man selbst jemanden zum anschmachten hatte. Ich seufzte auf und ließ meinen träumerischen Blick durch die an uns vorbeiziehenden Wälder streifen. Mein Freund Jake war bestimmt schon angekommen. Er bestritt die Reise auf seiner Harley, die er um nichts in der Welt aufgegeben hätte, und lieferte sich gleichzeitig ein kleines Wettrennen mit Edward. Sie taten sein Verhalten als typisch für ihn und Emmett ab, die sich beide in ihrem ungestümen Wesen sehr ähnelten. Ich hatte mich auf Diskussionen gar nicht erst eingelassen, da mir nicht nur das letzte Wort, sondern auch schlichtweg ein entscheidendes Chromosom dafür fehlte. Also hielt ich mich zurück und beschloss, jede Sekunde mit meinen Eltern genießen. Denn ich würde ohne die beiden hierbleiben.
Es war stockdunkel als wir die Straße zu Opa Charlies Haus entlangfuhren. Vor dem Haus stand schon erwartungsgemäß die Harley meines Freundes und der Geländewagen von Billy. Mit zwei Koffern und einem Rucksack in den Händen stiegen wir die Treppen zur Tür empor, dort warteten - mit Tränen in den Augen - Charlie und Sue.
„Kommt rein, bevor euch noch jemand sieht“, begrüßte uns Opa.
„Keine Angst, es ist keiner in der Nähe. Glaub mir“, entgegnete Edward und reichte ihm die Hand. „Schön, dich wiederzusehen, Charlie.“
Mit diesen Worten fielen die beiden sich in die Arme. Oma Sue umarmte erst mich, dann Bella. Aus dem Wohnzimmer kam Billy in seinem Rollstuhl angerollt, hinter ihm Jake. Magnetisch zogen sich unsere Blick an. Seine dunklen Augen, die eine solche Wärme ausstrahlten, hielten mich verlässlich in ihrem Bann. Wie selbstverständlich lief ich zu ihm und wir küssten uns. Wir hatten uns nur ein paar Stunden nicht gesehen, doch ich konnte mich nicht zurückhalten. Ein gemeinschaftliches Räuspern riss uns aus unserer süßen Begrüßung. Ich warf einen Blick über Jakes Schulter und bemerkte Seth, der unschlüssig an das Sofa gelehnt dastand. Er nickte mir freundlich zu und ich strahlte bis über beide Ohren zurück.
„Seth, ich freu mich!“, rief ich begeistert. Ich löste mich von Jake und ging auf ihn zu. Zuerst etwas zögerlich, doch dann umso herzlicher umarmten wir uns. Seth hatte sich kaum verändert, stellte ich fest. Sein Gesicht hatte zwar die jugendlichen Züge verloren, doch er war immer noch ein drahtiger, groß gewachsener Quileute Indianer mit schulterlangen, pechschwarzen Haaren und Kraft wie ein Bulldozer.
Ich war diesen Griff ja schon gewohnt, doch Sue rief mit gespielt panischer Stimme: „Seth, du zerdrückst sie ja.“
Sein schallendes Lachen ließ mich an seiner Seite ebenfalls vibrieren. So konnte ich gar nicht anders als mit zu lachen.
Den weiteren Abend tauschten wir in geselliger Runde Neuigkeiten aus. Bella saß in Charlies Arme geschlungen da und strahlte mit ihm um die Wette. Charlie, der mittlerweile graue Schläfen bekommen hatte und etwas rundlicher um die Mitte war, machte den Eindruck, als fühlte er sich mit einem Mal zehn Jahre jünger. Mit nostalgisch verklärtem Blick auf die beiden dachte ich an unseren Abschied damals zurück. Ich sah Opas schmerzerfülltes Gesicht genau vor mir, als er sich mir gegenüber trotzdem tapfer ein Lächeln abgerungen hatte. Schon damals konnte er mir nichts vormachen. Obwohl ich zu jener Zeit erst knapp zwei Jahre alt war, erinnerte ich mich an jede Kleinigkeit. Meiner Gabe als Schicksalsseherin hatte ich es zu verdanken, dass ich dieser Szene heute nicht zum ersten Mal beiwohnte.
Dennoch waren solche Momente in unserer Familie eher die Seltenheit. So war es nicht verwunderlich, dass die Nacht schon weit fortgeschritten war, als Jake und Billy beschlossen aufzubrechen. Edward sah Jake mit ernstem Blick tief in die Augen. Jake, der bereits wusste, was nun kommen würde, verdrehte die Augen.
„Mach dir keine Sorgen. Ich pass schon auf sie auf. Indianerehrenwort!“ Er hob bedeutungsvoll seine rechte Hand mit drei gestreckten Fingern, um seine Worte zu unterstreichen. Edward lächelte ihn schief an und drückte Billys Hand zum Abschied. „Ich nehm´ dich beim Wort.“
Etwas später brachten Bella und ich meine Sachen in mein Zimmer. Nichts hatte sich dort verändert. Das Bett stand noch an der gleichen Stelle, nur die Pferdebettwäsche hatte rosafarbenen Laken Platz gemacht. Auf dem Schreibtisch, unter der Dachgaube, stand ein Laptop mit Drucker. Daneben stand in einer Vase ein Strauß wunderschöner Wiesenblumen. Bella half mir stumm, meine Kleidung in den Holzschrank zu verstauen und setzte sich nach einer Weile seufzend aufs Bett.
„Was ist?“, wollte ich wissen, mit dem letzten Stapel Wäsche in der Hand, der in der untersten Kommodenschublade ihren Platz finden sollte. Ihr gedankenverlorener Blick flog durch den Raum, wobei ihre Mundwinkel ab und an zuckten.
„Es kommt mir vor wie damals, als ich hierhergekommen bin.“
Ganz offensichtlich hatte auch Charlie den ganzen Abend an die Zeit damals zurück gedacht, denn Edward musste sich des Öfteren ein wissendes Lächeln verkneifen.
Bella schlug sich auf die Oberschenkel und erhob sich entschlossen. Ebenso bestimmt dirigierte sie mich zum Schreibtisch und platzierte mich auf dem Stuhl, um dann den Laptop einzuschalten. Als dieser arbeitsbereit war, öffnete sie den Live Messenger und meldete mich an. Sie wählte eine mir gut bekannte Adresse und ein paar Sekunden später erkannte ich Carlisles Gesicht auf dem Bildschirm, Esmes tauchte direkt neben ihm auf. Beide strahlten von einem Ohr zum anderen.
Edward und Charlie traten hinter uns und Edward erklärte: „Ich hoffe du meldest dich hin und wieder mal bei uns.“
Er fuhr mir behutsam über den Rücken und mir lief sofort eine Gänsehaut über den selbigen. Nicht weil ich fror. Nein, es war der Ansturm der Gefühle, der mich übermannte. Der Abschied, der in seinen Worten aufblitzte, machte mir ehrlich zu schaffen. Mein ganzes bisheriges Leben verbrachte ich zusammen mit meiner Familie. Die ersten Jahre musste ich gezwungenermaßen von der Öffentlichkeit unbemerkt aufwachsen. Was bedeutete, ich kannte nur unseren Zirkel und einige der Nomaden, mit denen wir uns, seit jenem schicksalsträchtigen Wintertag vor so langer Zeit, angefreundet hatten. Renée, Charlie, Sue und die Wölfe sah ich nur sehr selten. Die Idee, eine Weile bei meinen Großeltern zu leben, entstand sozusagen gemeinschaftlich. Bella machte sich Sorgen, dass ich keine Freunde haben würde und auch keine „zwischenmenschlich“ sozialen Kompetenzen erwerben würde. Ich bin, im Gegensatz zu den anderen, in dieses Leben hineingeboren. Ich hatte kein „normales Leben“ vor meinem Vampir Dasein. Ich schloss die Augen, um mich wieder zu sammeln.
„Charlie, alles in Ordnung bei Euch?“, fragte erst Carlisle, dann fügte Esme noch an: „Hast du kürzlich mit Renée gesprochen? Wie geht es ihr?“.
Carlisle hatte Renée über all die Jahre in regelmäßigen Abständen untersucht. Wegen einer Leukämieerkrankung hatte sie eine Knochenmarkspende von mir erhalten, die ihr das Leben rettete. Beinahe noch eine Stunde unterhielten wir uns via Laptop mit Jasper, Alice, Rose, Emmett, Carlisle und Esme. Mir wurden die Augenlider merklich schwerer und ich musste hin und wieder ein Gähnen unterdrücken. Charlie und Sue wurden ebenfalls müde, so verabschiedeten wir uns und ich machte mich bettfertig. Es war nach zwei Uhr nachts, als ich einen letzten Blick auf meinen Wecker warf, bevor ich in wirre Träume abglitt.
Zuletzt von esme78 am Fr 11 Mai 2012, 21:09 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
esme78- ~Betting with Alice~
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Jake
Natürlich war ich heilfroh meinen Vater bei guter Gesundheit wiederzusehen. Die Nachricht, Renesmee und ich würden herkommen, hatte ihn regelrecht in Hochstimmung versetzt. Rebecca und Rachel hatten mich über unseren Vater ständig auf dem Laufenden gehalten, da ich nur ab und zu kurz bei ihm vorbei schauen konnte. Der Abschied war hart für ihn gewesen. Doch er hatte sich mit Charlie arrangiert: >>Bring du mich auf andere Gedanken, dann tu ich das auch<< Genauso, wie sie es schon einige Male in der Vergangenheit gehandhabt hatten. Denn wie heißt es so schön - geteiltes Leid ist halbes Leid.
Das Wiedersehen dann war richtig schön kitschig. Sue hatte gekocht und Kuchen gebacken. Seth brachte mich, was das Rudel betraf, auf den aktuellsten Stand und berichtete mir, dass Bradley gerade erst Vater geworden war. Er hat jetzt eine kleine Tochter, namens Noemie. Auf Nachfrage gestand er mir, dass er sein Deckelchen noch nicht gefunden habe. Dafür hätte er auch gar keine Zeit, stellte er ernüchternd fest. Er renovierte zusammen mit den Jungs seit Wochen die Schule und war auch sonst mehr oder weniger ständig damit beschäftig, den Fortbestand des Reservats zu sichern. Einige der jungen Männer und Frauen machten sich auf den Weg in die Großstädte, und manche Familien sind ganz verschwunden; Alte verstorben und deren Kinder weggezogen. Erfreulicherweise war der nächsten Generation, der nach Seth´s und meiner, das Los des Fiebers erspart geblieben. Ich hoffte, dass das so bleiben würde, auch wenn kurzzeitig wieder Vampire in der Gegend waren. Die Überlegung, Nessie könnte die Veränderung ebenfalls hervorrufen, wollte ich Seth mit Nachdruck verneinen, obwohl ich mir dabei nicht hundertprozentig sicher sein konnte.
Als ich dann zu fortgeschrittener Stunde in meinem alten Jugendbett die Nacht verbrachte, dachte ich an meine Zeit mit Renesmee und den Cullens zurück. Renesmee und ich waren jetzt nun schon so lange zusammen. Mein Übergang vom großen Bruder zum „Freund“ jedoch verlief schleppend. Emmett hatte helfend eingreifen müssen, da ich den entscheidenden Schritt – mir Edwards Radar im Nacken ständig bewusst – lange vor mir her geschoben hatte.
Ich schmunzelte. Rückwirkend betrachtet, war ich ihm eine Menge schuldig. Wir teilten nicht nur dieselben sportlichen Interessen, sondern stellten nach kurzer Zeit fest, dass wir auch vom Typ her derselbe Schlag waren. Er ist mir ein echter Freund geworden, wobei ich mir das anfangs nie hätte vorstellen können. Tja, der Mensch ist ein Gewohnheitstier – der Wolf wohl auch.
Ich konzentrierte mich auf Renesmee. Mit geschlossenen Augen lag ich da und rief mir unseren ersten Kuss wieder in Erinnerung. Ahr, brummte ich.
Natürlich freute sich Billy, mich wieder bei sich zu haben. Doch offen gestanden wäre ich liebend gerne woanders gewesen – bei ihr.
Nessie
Ein Surren drang an mein Ohr, ich schlug die Augen auf blinzelte. Es war heller, als ich es von Forks gewohnt war. Oh, wie lange habe ich denn geschlafen? Noch bevor ich den Gedanken zu Ende denken konnte, klopfte es an der Tür.
„Renesmee, bist du schon wach?“, flüsterte eine tiefe Stimme.
„Ja, Opa. Ich komme gleich.“
Mein Blick fiel auf den Wecker. Es war halb sieben. Eifrig stand ich auf und ging ins Badezimmer, wusch mich und band meine lange Lockenpracht mit einem Gummi zusammen. Ich zog den Rock und den Cardigan, den mir Tante Alice für heute besorgt hatte, an und hopste mit locker federnden Schritten die Stufen hinunter. In der Küche warteten bereits Bella, Edward, Oma und Opa auf mich.
„Guten Morgen, du Langschläfer“, begrüßte mich Dad.
„Setz dich, Liebes. Was möchtest du trinken? Tee oder Kaffee?“, fragte mich Sue, die am Herd stand und Rühreier briet.
„Tee, bitte.“
Ich setzte mich neben Mom.
„Du musst unbedingt Alice ein Bild von dir schicken. Du siehst bezaubernd aus.“ Sie strich mir sanft über die Hand. Es fiel mir immer schwerer sie als meine Mutter zu betrachten. Für mich war sie meine beste Freundin. Und Dad, Edward, ich liebte ihn einfach. Für ihn war ich immer seine kleine Prinzessin. Irgendwann, wohl viel früher als es den beiden lieb war, hatte ich sie bei ihren Vornamen angesprochen, wie die anderen auch. Ich bin mir nicht sicher, ob ihr Euch das vorstellen könnt, wie das ist, wenn man eines Tages feststellen muss, dass man rein äußerlich betrachtet älter sein müsste, als die eigenen Eltern. Es war für mich schon sehr verwirrend und ich bin da hineingewachsen. Wie gesagt: Alles andere als normal.
Nach dem Frühstück standen wir alle an der Tür. Ich verabschiedete mich von Bella und Edward, die wieder nach London abreisen würden.
„Drückt Esme und Carlisle von mir, ja?“, bat ich die beiden.
„Machen wir. So, nun beeil dich. Sonst kommst du an deinem ersten Tag noch zu spät“, hetzte Edward und küsste mich auf die Stirn. Er konnte es einfach nicht lassen. Auch Opa drückte mich und lächelte mir aufmunternd zu. Und schon war ich auf dem Weg.
Es war überraschend warm an diesem Tag. Ich steuerte den alten Toyota von Oma Sue in gemächlichem Tempo durch die verschlafene Kleinstadt, um mir alles genau einzuprägen. Auf dem Parkplatz ergatterte ich buchstäblich den letzten Platz und eilte zum Klassenzimmer. Edward hatte Recht behalten. Ich kam zu spät. Nach kurzem Klopfen öffnete ich die Tür. Die Klasse war schon komplett versammelt und die Lehrerin schaute mich überrascht an.
„Oh, du musst Renesmee Cullen sein, richtig?“
„Ja, entschuldigen Sie die Verspätung.“ Ich trat ein und reichte ihr meine Papiere.
„Ich bin Mrs. Burke. Hier ist dein E-Book. Du kannst dir die letzten Einträge aus dem Schularchiv herunterladen. Aber nicht während des Unterrichts“, ermahnte sie mich mit eindringlichem Blick. Ich nahm das Gerät im Empfang und nickte versöhnlich einverstanden.
Mit meinen Sachen unter dem Arm steuerte ich die zweite Reihe auf der Fensterseite an. Dort war der letzte freie Platz.
„Hi, ich bin Melinda Cheney“, streckte mir das freundlich lächelnde Mädchen neben mir die Hand entgegen.
„Ich darf euch kurz etwas zu eurer neuen Mitschülerin erzählen. Sie ist die Enkelin vom alten Chief Swan. Ihre Eltern sind letzten Winter bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Jetzt lebt sie in Forks bei ihren Großeltern. Ich hoffe du fühlst dich bald heimisch“, stellte Mrs. Burke mich der Klasse vor. Ich lächelte verlegen und wollte mich am liebsten unter dem Tisch verkriechen. Überrascht schaute mich Melinda an.
„Dann sind deine Eltern Bella und Edward Cullen? Ähm…ich meine, waren. Oh, wie gedankenlos von mir. Entschuldige.“
Sie wirkte peinlich berührt. Ich spürte ihren Puls rasen und die Röte stieg ihr ins Gesicht.
„Nein, nein. Schon gut. Ist nicht so schlimm. Das heißt, du kanntest sie?“, beruhigte ich sie.
„Nein, aber meine Eltern. Sie waren im gleichen Jahrgang. Und mein Opa hat die beiden damals sogar getraut“, erzählt sie aufgeregt.
„Ehrlich?“, fragte ich überrascht nach.
„Miss Cheney, Miss Cullen? Könnte ich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit bekommen?“, tadelte Mrs. Burke uns.
Wir blickten erschrocken nach vorne und grinsten uns verstohlen an. Hier würde es mir sicher gefallen. Es schien so, als hätte ich auch schon eine Freundin gefunden.
Natürlich war ich heilfroh meinen Vater bei guter Gesundheit wiederzusehen. Die Nachricht, Renesmee und ich würden herkommen, hatte ihn regelrecht in Hochstimmung versetzt. Rebecca und Rachel hatten mich über unseren Vater ständig auf dem Laufenden gehalten, da ich nur ab und zu kurz bei ihm vorbei schauen konnte. Der Abschied war hart für ihn gewesen. Doch er hatte sich mit Charlie arrangiert: >>Bring du mich auf andere Gedanken, dann tu ich das auch<< Genauso, wie sie es schon einige Male in der Vergangenheit gehandhabt hatten. Denn wie heißt es so schön - geteiltes Leid ist halbes Leid.
Das Wiedersehen dann war richtig schön kitschig. Sue hatte gekocht und Kuchen gebacken. Seth brachte mich, was das Rudel betraf, auf den aktuellsten Stand und berichtete mir, dass Bradley gerade erst Vater geworden war. Er hat jetzt eine kleine Tochter, namens Noemie. Auf Nachfrage gestand er mir, dass er sein Deckelchen noch nicht gefunden habe. Dafür hätte er auch gar keine Zeit, stellte er ernüchternd fest. Er renovierte zusammen mit den Jungs seit Wochen die Schule und war auch sonst mehr oder weniger ständig damit beschäftig, den Fortbestand des Reservats zu sichern. Einige der jungen Männer und Frauen machten sich auf den Weg in die Großstädte, und manche Familien sind ganz verschwunden; Alte verstorben und deren Kinder weggezogen. Erfreulicherweise war der nächsten Generation, der nach Seth´s und meiner, das Los des Fiebers erspart geblieben. Ich hoffte, dass das so bleiben würde, auch wenn kurzzeitig wieder Vampire in der Gegend waren. Die Überlegung, Nessie könnte die Veränderung ebenfalls hervorrufen, wollte ich Seth mit Nachdruck verneinen, obwohl ich mir dabei nicht hundertprozentig sicher sein konnte.
Als ich dann zu fortgeschrittener Stunde in meinem alten Jugendbett die Nacht verbrachte, dachte ich an meine Zeit mit Renesmee und den Cullens zurück. Renesmee und ich waren jetzt nun schon so lange zusammen. Mein Übergang vom großen Bruder zum „Freund“ jedoch verlief schleppend. Emmett hatte helfend eingreifen müssen, da ich den entscheidenden Schritt – mir Edwards Radar im Nacken ständig bewusst – lange vor mir her geschoben hatte.
Ich schmunzelte. Rückwirkend betrachtet, war ich ihm eine Menge schuldig. Wir teilten nicht nur dieselben sportlichen Interessen, sondern stellten nach kurzer Zeit fest, dass wir auch vom Typ her derselbe Schlag waren. Er ist mir ein echter Freund geworden, wobei ich mir das anfangs nie hätte vorstellen können. Tja, der Mensch ist ein Gewohnheitstier – der Wolf wohl auch.
Ich konzentrierte mich auf Renesmee. Mit geschlossenen Augen lag ich da und rief mir unseren ersten Kuss wieder in Erinnerung. Ahr, brummte ich.
Natürlich freute sich Billy, mich wieder bei sich zu haben. Doch offen gestanden wäre ich liebend gerne woanders gewesen – bei ihr.
Nessie
Ein Surren drang an mein Ohr, ich schlug die Augen auf blinzelte. Es war heller, als ich es von Forks gewohnt war. Oh, wie lange habe ich denn geschlafen? Noch bevor ich den Gedanken zu Ende denken konnte, klopfte es an der Tür.
„Renesmee, bist du schon wach?“, flüsterte eine tiefe Stimme.
„Ja, Opa. Ich komme gleich.“
Mein Blick fiel auf den Wecker. Es war halb sieben. Eifrig stand ich auf und ging ins Badezimmer, wusch mich und band meine lange Lockenpracht mit einem Gummi zusammen. Ich zog den Rock und den Cardigan, den mir Tante Alice für heute besorgt hatte, an und hopste mit locker federnden Schritten die Stufen hinunter. In der Küche warteten bereits Bella, Edward, Oma und Opa auf mich.
„Guten Morgen, du Langschläfer“, begrüßte mich Dad.
„Setz dich, Liebes. Was möchtest du trinken? Tee oder Kaffee?“, fragte mich Sue, die am Herd stand und Rühreier briet.
„Tee, bitte.“
Ich setzte mich neben Mom.
„Du musst unbedingt Alice ein Bild von dir schicken. Du siehst bezaubernd aus.“ Sie strich mir sanft über die Hand. Es fiel mir immer schwerer sie als meine Mutter zu betrachten. Für mich war sie meine beste Freundin. Und Dad, Edward, ich liebte ihn einfach. Für ihn war ich immer seine kleine Prinzessin. Irgendwann, wohl viel früher als es den beiden lieb war, hatte ich sie bei ihren Vornamen angesprochen, wie die anderen auch. Ich bin mir nicht sicher, ob ihr Euch das vorstellen könnt, wie das ist, wenn man eines Tages feststellen muss, dass man rein äußerlich betrachtet älter sein müsste, als die eigenen Eltern. Es war für mich schon sehr verwirrend und ich bin da hineingewachsen. Wie gesagt: Alles andere als normal.
Nach dem Frühstück standen wir alle an der Tür. Ich verabschiedete mich von Bella und Edward, die wieder nach London abreisen würden.
„Drückt Esme und Carlisle von mir, ja?“, bat ich die beiden.
„Machen wir. So, nun beeil dich. Sonst kommst du an deinem ersten Tag noch zu spät“, hetzte Edward und küsste mich auf die Stirn. Er konnte es einfach nicht lassen. Auch Opa drückte mich und lächelte mir aufmunternd zu. Und schon war ich auf dem Weg.
Es war überraschend warm an diesem Tag. Ich steuerte den alten Toyota von Oma Sue in gemächlichem Tempo durch die verschlafene Kleinstadt, um mir alles genau einzuprägen. Auf dem Parkplatz ergatterte ich buchstäblich den letzten Platz und eilte zum Klassenzimmer. Edward hatte Recht behalten. Ich kam zu spät. Nach kurzem Klopfen öffnete ich die Tür. Die Klasse war schon komplett versammelt und die Lehrerin schaute mich überrascht an.
„Oh, du musst Renesmee Cullen sein, richtig?“
„Ja, entschuldigen Sie die Verspätung.“ Ich trat ein und reichte ihr meine Papiere.
„Ich bin Mrs. Burke. Hier ist dein E-Book. Du kannst dir die letzten Einträge aus dem Schularchiv herunterladen. Aber nicht während des Unterrichts“, ermahnte sie mich mit eindringlichem Blick. Ich nahm das Gerät im Empfang und nickte versöhnlich einverstanden.
Mit meinen Sachen unter dem Arm steuerte ich die zweite Reihe auf der Fensterseite an. Dort war der letzte freie Platz.
„Hi, ich bin Melinda Cheney“, streckte mir das freundlich lächelnde Mädchen neben mir die Hand entgegen.
„Ich darf euch kurz etwas zu eurer neuen Mitschülerin erzählen. Sie ist die Enkelin vom alten Chief Swan. Ihre Eltern sind letzten Winter bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Jetzt lebt sie in Forks bei ihren Großeltern. Ich hoffe du fühlst dich bald heimisch“, stellte Mrs. Burke mich der Klasse vor. Ich lächelte verlegen und wollte mich am liebsten unter dem Tisch verkriechen. Überrascht schaute mich Melinda an.
„Dann sind deine Eltern Bella und Edward Cullen? Ähm…ich meine, waren. Oh, wie gedankenlos von mir. Entschuldige.“
Sie wirkte peinlich berührt. Ich spürte ihren Puls rasen und die Röte stieg ihr ins Gesicht.
„Nein, nein. Schon gut. Ist nicht so schlimm. Das heißt, du kanntest sie?“, beruhigte ich sie.
„Nein, aber meine Eltern. Sie waren im gleichen Jahrgang. Und mein Opa hat die beiden damals sogar getraut“, erzählt sie aufgeregt.
„Ehrlich?“, fragte ich überrascht nach.
„Miss Cheney, Miss Cullen? Könnte ich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit bekommen?“, tadelte Mrs. Burke uns.
Wir blickten erschrocken nach vorne und grinsten uns verstohlen an. Hier würde es mir sicher gefallen. Es schien so, als hätte ich auch schon eine Freundin gefunden.
Zuletzt von esme78 am Fr 11 Mai 2012, 21:15 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Jake
Montagmorgen, zehn nach acht. Ich saß in der Küche und schlurfte Billy´s Bohnenkaffee. Zum Wachwerden war der allerdings nicht gedacht; seit über zwei Stunden war ich schon auf den Beinen. Ich konnte einfach nicht ruhig schlafen. Nach meinem Streifzug durch die Gegend kehrte ich mit knurrendem Magen nachhause zurück. Ich war mit Seth in Kontakt getreten, während ich in Wolfsgestalt umherstreunte (was für ein bescheuertes Wort). Jedenfalls hatte ich mich für halb neun mit ihm an der Schule verabredet, um mir ein genaueres Bild von der Situation im Reservat zu machen. Ich aß das letzten Bissen meines Truthahn Sandwiches und leerte den Kaffee in einem Schluck. Billy beobachtete mich dabei die ganze Zeit stumm grinsend.
„Dad, was ist? Du machst mich nervös“, stellte ich ihn zur Rede.
„Nichts. Lass einem alten Mann die Freude, seinen Sohn voller Stolz beim Frühstück zu zuschauen.“
„Machst du das bei Paul etwa auch immer?“
Paul war zwischenzeitlich mein Schwager. Kaum vorstellbar, ich weiß. Er und meine Schwester Rachel hatten mittlerweile zwei Kinder, Ryan und Peter. Unsere andere Schwester Rebecca hatte mit ihrem samoanischen Surfer eine Tochter – Betzy war ihr Name. Ich war nun schon dreifacher Onkel und Billy dreifacher Opa. Er gefiel sich in seiner neuen Rolle als Opa. Es machte ihm sichtlich Freude. Davon zeugten die unzähligen Bilder der drei, die im ganzen Haus hingen.
„Jake, mach dich nicht lächerlich. Ich hab dich vermisst. Das ist alles.“
Ich knickte ein. Manchmal wollte ich mir am liebsten selbst eine reinhauen. Ich stand auf und umarmte ihn. Er klopfte mir nur auf die Schulter. Sagen brauchte er nichts - ich war eindeutig der Sohn meines Vaters. Kleinlaut grinste ich ihn an und lief nach draußen, vorbei an der Bildergalerie - das größte Bild war meines.
Ich verwandelte mich im Sprung, froh darüber, mich hier vor niemanden verstecken zu müssen, und lief los. Ich heulte einmal auf und machte mich auf den Weg zur Schule, wo Seth bereits auf mich wartete. Neben Seth erwarteten mich Sam, Quil und Embry. Kurzzeitig wurde mir von Freudentränen die Sicht verschleiert. Hinter dem Schulgebäude verwandelte ich mich zurück und zog die Short an. Freudig lief ich den Jungs entgegen, schlug nacheinander bei Quil und Embry ein, und klopfte ihnen kameradschaftlich auf die Schultern.
„Mann, Jake. Schön, dass du wieder da bist“, begann Quil.
„Echt Alter, wir haben dich vermisst“, pflichtete Embry ihm bei.
Sam trat zu mir. Er war sichtlich gealtert; das Lachen, welches er aufsetzte, brachte einige Falten zum Vorschein. Und, oh mein Gott, sah ich da ein paar graue Haare?
„Siehst gut aus, Sam.“
Ich konnte einfach nicht anders. Von oben bis unten betrachtete ich ihn, während ich angestrengt versuchte mein verräterisches Grinsen zu verstecken. Mit abschätzig gestürzten Lippen quittierte er meine kleine Anspielung auf sein Alter, reichte mir aber trotzdem die Hand.
„Es war erstaunlich ruhig hier, seid ihr weggegangen seid. Aber ich fürchte das ist jetzt endgültig vorbei. Hmm?“, konterte er.
Wir lachten schallend und fielen uns in die Arme. Ja, es war verdammt schön wieder zuhause zu sein. Begeistert führten mich die Jungs durch das Schulgebäude. Naja, Gebäude war wohl etwas übertrieben, aber es zählte immerhin fünf Klassenräume, zwei Toiletten, eine kleine Turnhalle und eine Bibliothek, und war somit das größte Haus im Reservat. Die Dielen wurden erneuert, die Wände erstrahlten in neuer Farbe, und in der Turnhalle wurden gerade die neuen Basketballkörbe montiert. Anerkennend pfeifend nahm ich die Veränderungen in Augenschein.
Im Hinterhof, der sich seit meiner Schulzeit hingegen gar nicht verändert hatte, stellte ich dann eine Frage, die ich mir lieber verkniffen hätte.
„Habt ihr toll hingekriegt, aber warum sieht der Rest im Reservat so schäbig aus?“
Seth verschränkte die Arme vor der Brust und zog mürrisch die Augenbrauen zusammen. Mein skeptischer Blick fiel auf Sam, der ebenfalls kalkuliert dreinschaute - um es mal vorsichtig auszudrücken. Ich versuchte es bei Quil und Embry. Ihren Gesichtern sah ich an, dass sie mit einer Antwort rangen; sie wechselten einen kurzen Blick und sahen Seth fragend an. Der schien plötzlich gar nicht mehr so kontrolliert und platze damit heraus.
„Was denkst du dir eigentlich, hä? Wir reißen uns hier den Arsch auf. Opfern Zeit und Nerven und alles was dir dazu einfällt ist: Der Rest sieht schäbig aus?“
Seine Arme zitterten. Oh, oh. Er stand kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Doch Sam griff ein, indem er ihn am Arm packte und beruhigend auf ihn einredete. Embry gab mir jedoch zu verstehen, mich dünn zu machen. Ich zuckte unschuldig mit den Schultern, hielt mich aber nicht an seinen Rat. Was zum Teufel sollte das? Auf diese Erklärung war ich mehr als gespannt.
„Seth, beruhige Dich! Das hat doch keinen Sinn. Er hat es nicht so gemeint. O.K.?“, hörte ich Sams Versuch, ihn runterzubringen. Seth schnaubte nur, riss sich von ihm los und rannte davon. Nicht ohne mir noch einen wutentbrannten Blick zu zuwerfen.
Als er einige Schritte zwischen sich und uns gebracht hatte, verwandelte er sich und verschwand im Dickicht des Waldes.
Ich konnte ihm nur ungläubig hinterher starren.
Montagmorgen, zehn nach acht. Ich saß in der Küche und schlurfte Billy´s Bohnenkaffee. Zum Wachwerden war der allerdings nicht gedacht; seit über zwei Stunden war ich schon auf den Beinen. Ich konnte einfach nicht ruhig schlafen. Nach meinem Streifzug durch die Gegend kehrte ich mit knurrendem Magen nachhause zurück. Ich war mit Seth in Kontakt getreten, während ich in Wolfsgestalt umherstreunte (was für ein bescheuertes Wort). Jedenfalls hatte ich mich für halb neun mit ihm an der Schule verabredet, um mir ein genaueres Bild von der Situation im Reservat zu machen. Ich aß das letzten Bissen meines Truthahn Sandwiches und leerte den Kaffee in einem Schluck. Billy beobachtete mich dabei die ganze Zeit stumm grinsend.
„Dad, was ist? Du machst mich nervös“, stellte ich ihn zur Rede.
„Nichts. Lass einem alten Mann die Freude, seinen Sohn voller Stolz beim Frühstück zu zuschauen.“
„Machst du das bei Paul etwa auch immer?“
Paul war zwischenzeitlich mein Schwager. Kaum vorstellbar, ich weiß. Er und meine Schwester Rachel hatten mittlerweile zwei Kinder, Ryan und Peter. Unsere andere Schwester Rebecca hatte mit ihrem samoanischen Surfer eine Tochter – Betzy war ihr Name. Ich war nun schon dreifacher Onkel und Billy dreifacher Opa. Er gefiel sich in seiner neuen Rolle als Opa. Es machte ihm sichtlich Freude. Davon zeugten die unzähligen Bilder der drei, die im ganzen Haus hingen.
„Jake, mach dich nicht lächerlich. Ich hab dich vermisst. Das ist alles.“
Ich knickte ein. Manchmal wollte ich mir am liebsten selbst eine reinhauen. Ich stand auf und umarmte ihn. Er klopfte mir nur auf die Schulter. Sagen brauchte er nichts - ich war eindeutig der Sohn meines Vaters. Kleinlaut grinste ich ihn an und lief nach draußen, vorbei an der Bildergalerie - das größte Bild war meines.
Ich verwandelte mich im Sprung, froh darüber, mich hier vor niemanden verstecken zu müssen, und lief los. Ich heulte einmal auf und machte mich auf den Weg zur Schule, wo Seth bereits auf mich wartete. Neben Seth erwarteten mich Sam, Quil und Embry. Kurzzeitig wurde mir von Freudentränen die Sicht verschleiert. Hinter dem Schulgebäude verwandelte ich mich zurück und zog die Short an. Freudig lief ich den Jungs entgegen, schlug nacheinander bei Quil und Embry ein, und klopfte ihnen kameradschaftlich auf die Schultern.
„Mann, Jake. Schön, dass du wieder da bist“, begann Quil.
„Echt Alter, wir haben dich vermisst“, pflichtete Embry ihm bei.
Sam trat zu mir. Er war sichtlich gealtert; das Lachen, welches er aufsetzte, brachte einige Falten zum Vorschein. Und, oh mein Gott, sah ich da ein paar graue Haare?
„Siehst gut aus, Sam.“
Ich konnte einfach nicht anders. Von oben bis unten betrachtete ich ihn, während ich angestrengt versuchte mein verräterisches Grinsen zu verstecken. Mit abschätzig gestürzten Lippen quittierte er meine kleine Anspielung auf sein Alter, reichte mir aber trotzdem die Hand.
„Es war erstaunlich ruhig hier, seid ihr weggegangen seid. Aber ich fürchte das ist jetzt endgültig vorbei. Hmm?“, konterte er.
Wir lachten schallend und fielen uns in die Arme. Ja, es war verdammt schön wieder zuhause zu sein. Begeistert führten mich die Jungs durch das Schulgebäude. Naja, Gebäude war wohl etwas übertrieben, aber es zählte immerhin fünf Klassenräume, zwei Toiletten, eine kleine Turnhalle und eine Bibliothek, und war somit das größte Haus im Reservat. Die Dielen wurden erneuert, die Wände erstrahlten in neuer Farbe, und in der Turnhalle wurden gerade die neuen Basketballkörbe montiert. Anerkennend pfeifend nahm ich die Veränderungen in Augenschein.
Im Hinterhof, der sich seit meiner Schulzeit hingegen gar nicht verändert hatte, stellte ich dann eine Frage, die ich mir lieber verkniffen hätte.
„Habt ihr toll hingekriegt, aber warum sieht der Rest im Reservat so schäbig aus?“
Seth verschränkte die Arme vor der Brust und zog mürrisch die Augenbrauen zusammen. Mein skeptischer Blick fiel auf Sam, der ebenfalls kalkuliert dreinschaute - um es mal vorsichtig auszudrücken. Ich versuchte es bei Quil und Embry. Ihren Gesichtern sah ich an, dass sie mit einer Antwort rangen; sie wechselten einen kurzen Blick und sahen Seth fragend an. Der schien plötzlich gar nicht mehr so kontrolliert und platze damit heraus.
„Was denkst du dir eigentlich, hä? Wir reißen uns hier den Arsch auf. Opfern Zeit und Nerven und alles was dir dazu einfällt ist: Der Rest sieht schäbig aus?“
Seine Arme zitterten. Oh, oh. Er stand kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Doch Sam griff ein, indem er ihn am Arm packte und beruhigend auf ihn einredete. Embry gab mir jedoch zu verstehen, mich dünn zu machen. Ich zuckte unschuldig mit den Schultern, hielt mich aber nicht an seinen Rat. Was zum Teufel sollte das? Auf diese Erklärung war ich mehr als gespannt.
„Seth, beruhige Dich! Das hat doch keinen Sinn. Er hat es nicht so gemeint. O.K.?“, hörte ich Sams Versuch, ihn runterzubringen. Seth schnaubte nur, riss sich von ihm los und rannte davon. Nicht ohne mir noch einen wutentbrannten Blick zu zuwerfen.
Als er einige Schritte zwischen sich und uns gebracht hatte, verwandelte er sich und verschwand im Dickicht des Waldes.
Ich konnte ihm nur ungläubig hinterher starren.
Zuletzt von esme78 am Mo 26 Nov 2012, 23:13 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Nessie
Als ich nach der Schule auf direktem Weg zu Billy und Jake fuhr, fiel mir die eine oder andere Veränderung in Forks auf. Erstens: Mr. Newtons Outdoor-Geschäft war zwischenzeitlich geschlossen; an den Schaufenstern klebten noch immer die Final Sale Zettel vom Räumungsverkauf. Zweitens: Die Straßen und Häuser im Reservat waren ziemlich heruntergekommen.
Grübelnd brachte ich den alten Toyota von Oma Sue vor dem kleinen roten Holzhaus zum stehen, und stieg aus. Jake hatte mich bereits erwartet. Schnellen Schrittes lief ich zu ihm und sprang in seine offenen Arme. Obwohl es den ganzen Tag genieselt hatte, trug er kein Hemd, sondern nur seine Jeansshort. Langsam strich ich ihm über die harten Oberarmmuskeln und drückte ihm einen Kuss auf die Brust - er überragte mich ja nur um lächerliche zwanzig Zentimeter. Er gab mir daraufhin einen Kuss auf den Schopf und raunte.
„Endlich ein wenig Zeit für uns.“
Ich lachte zustimmend und fragte: „Und was machen wir jetzt?“
„Lass uns an den Strand gehen. Was hältst du davon?“ Er hatte kurz gezögert, ich schaute ihn fragend an.
„Billy ist da.“, erklärte er mit einer Kopfbewegung Richtung Haus. Er nahm meine Hand und wir rannten zusammen los zum First Beach.
Der Strand war menschenleer. Die einzigen Beobachter waren die kreischenden Möwen und Seeadler, die ihre Kreise am Ufer zogen, und hin und wieder im Sturzflug auf Fischfang gingen. Die Sonne hielt sich vehement hinter dicken Wolken versteckt. Gemächlich schlenderten wir zu einem der kleinen Wattbecken und setzten uns an den Rand, während unsere Beine im Wasser baumelten. Die ganze Zeit über war er still, und wenn er etwas auf meine Fragen antwortete, war er einsilbig. Ich fasste seine Hand.
„Jake, was ist los mit dir? Freust du dich denn gar nicht wieder hier zu sein? Seit Wochen redest du von nichts anderem mehr, und jetzt…?“ Er drehte den Kopf und sah mich an. Er schien seine Worte abzuwägen, also wartete ich.
„Ich weiß es nicht.“, antwortete er schließlich und zuckte mit den Schultern. „Seth. Er war heute irgendwie komisch.“ Er schaute wieder auf die Wellen, dann fügte er an: „Er hätte mich beinahe angefallen.“
Was? Warum sollte er das tun? Mir blieb der Mund offen stehen, das konnte ich mir kaum vorstellen.
„Ach, lass uns von was anderem reden. Wie war dein erster Tag?“, wechselte er schnell das Thema. Mit einem steifen Lachen blickte er mir erwartungsvoll in die Augen. Ich sah seinem Blick jedoch an, dass er mit seinen Gedanken nicht im Reinen war. Er wollte also nicht weiter darüber reden, in Ordnung, aber ich nahm mir vor mein Glück noch mal bei Seth zu versuchen.
„Ich war gleich am ersten Tag zu spät.“, fing ich an von meinem ersten Eindruck, den ich bei meiner Lehrerin hinterlassen hatte, zu berichten. „Diese Mrs. Burke ist ziemlich streng. Ich habe auch schon jemanden kennengelernt. Melinda, meine Banknachbarin. Sie ist die Enkelin von Pfarrer Weber.“, fasste ich den weiteren Tagesverlauf grob zusammen, ließ ihn währenddessen aber nicht aus den Augen. Er spielte gedankenverloren mit einem Stück Alge; fädelte es immer wieder durch seine Finger.
„Das ist doch toll.“, versuchte er begeistert zu klingen. Schluss jetzt damit!
„Krieg ich denn gar keinen Kuss heute?“, maulte ich mit gespieltem Missmut. Es funktionierte; seine Augen leuchteten und er legte seinen Arm um mich. Seine weichen warmen Lippen auf meinen war das schönste auf der ganzen Welt. Ich griff in seine rappelkurzen Haare und gab mich völlig dem Moment hin. Nach kurzer Zeit aber bemerkte ich, dass er nicht mehr ganz bei der Sache war. Seine Gedanken kreisten wohl wieder um Seth. Ich musste ganz schnell herausfinden, was da los war. Denn ich hatte einen Entschluss gefasst, und der geriet ins Wanken, wenn Jake nicht schleunigst etwas lockerer werden würde.
Jake
Den Abend verbrachten wir bei Charlie und Sue, sie hatten mich zum Essen eingeladen. Sue tischte ihren berühmten Bratfisch auf, mit Süßkartoffeln und Gurkensalat. Zum Nachtisch hatte Charlie Schokoladenpudding gemacht - eigenhändig, wohl bemerkt! Ich löffelte gerade die Reste aus meiner Schüssel, als Sue sich räusperte. Wir schauten auf und sie lächelte.
„Ich wollte euch noch etwas sagen.“ Sie blickte uns allen einzeln in die Augen. Was kam denn jetzt?
„Morgen Abend trifft sich der Rat. Jake, du und Renesmee ihr solltet auch anwesend sein.“, verkündete sie. Ich atmete tief durch und zermalmte den Pudding unsinnigerweise zwischen meinen Zähnen. Ich hätte doch wohl erwarten dürfen, dass ich das entweder von Sam oder Seth persönlich gesagt bekomme. Der Unmut über Seths Anfall von heute Morgen wuchs und nistete sich tief in meine Magengrube, sodass mir schlagartig übel wurde. Ich fühlte mich übergangen und aufs buchstäbliche Abstellgleis gestellt. Ich hoffte der morgige Abend würde etwas Licht hinter Seths seltsames Verhalten bringen, denn heute bot sich leider nicht die Gelegenheit dieses Thema anzuschneiden.
Als ich nach der Schule auf direktem Weg zu Billy und Jake fuhr, fiel mir die eine oder andere Veränderung in Forks auf. Erstens: Mr. Newtons Outdoor-Geschäft war zwischenzeitlich geschlossen; an den Schaufenstern klebten noch immer die Final Sale Zettel vom Räumungsverkauf. Zweitens: Die Straßen und Häuser im Reservat waren ziemlich heruntergekommen.
Grübelnd brachte ich den alten Toyota von Oma Sue vor dem kleinen roten Holzhaus zum stehen, und stieg aus. Jake hatte mich bereits erwartet. Schnellen Schrittes lief ich zu ihm und sprang in seine offenen Arme. Obwohl es den ganzen Tag genieselt hatte, trug er kein Hemd, sondern nur seine Jeansshort. Langsam strich ich ihm über die harten Oberarmmuskeln und drückte ihm einen Kuss auf die Brust - er überragte mich ja nur um lächerliche zwanzig Zentimeter. Er gab mir daraufhin einen Kuss auf den Schopf und raunte.
„Endlich ein wenig Zeit für uns.“
Ich lachte zustimmend und fragte: „Und was machen wir jetzt?“
„Lass uns an den Strand gehen. Was hältst du davon?“ Er hatte kurz gezögert, ich schaute ihn fragend an.
„Billy ist da.“, erklärte er mit einer Kopfbewegung Richtung Haus. Er nahm meine Hand und wir rannten zusammen los zum First Beach.
Der Strand war menschenleer. Die einzigen Beobachter waren die kreischenden Möwen und Seeadler, die ihre Kreise am Ufer zogen, und hin und wieder im Sturzflug auf Fischfang gingen. Die Sonne hielt sich vehement hinter dicken Wolken versteckt. Gemächlich schlenderten wir zu einem der kleinen Wattbecken und setzten uns an den Rand, während unsere Beine im Wasser baumelten. Die ganze Zeit über war er still, und wenn er etwas auf meine Fragen antwortete, war er einsilbig. Ich fasste seine Hand.
„Jake, was ist los mit dir? Freust du dich denn gar nicht wieder hier zu sein? Seit Wochen redest du von nichts anderem mehr, und jetzt…?“ Er drehte den Kopf und sah mich an. Er schien seine Worte abzuwägen, also wartete ich.
„Ich weiß es nicht.“, antwortete er schließlich und zuckte mit den Schultern. „Seth. Er war heute irgendwie komisch.“ Er schaute wieder auf die Wellen, dann fügte er an: „Er hätte mich beinahe angefallen.“
Was? Warum sollte er das tun? Mir blieb der Mund offen stehen, das konnte ich mir kaum vorstellen.
„Ach, lass uns von was anderem reden. Wie war dein erster Tag?“, wechselte er schnell das Thema. Mit einem steifen Lachen blickte er mir erwartungsvoll in die Augen. Ich sah seinem Blick jedoch an, dass er mit seinen Gedanken nicht im Reinen war. Er wollte also nicht weiter darüber reden, in Ordnung, aber ich nahm mir vor mein Glück noch mal bei Seth zu versuchen.
„Ich war gleich am ersten Tag zu spät.“, fing ich an von meinem ersten Eindruck, den ich bei meiner Lehrerin hinterlassen hatte, zu berichten. „Diese Mrs. Burke ist ziemlich streng. Ich habe auch schon jemanden kennengelernt. Melinda, meine Banknachbarin. Sie ist die Enkelin von Pfarrer Weber.“, fasste ich den weiteren Tagesverlauf grob zusammen, ließ ihn währenddessen aber nicht aus den Augen. Er spielte gedankenverloren mit einem Stück Alge; fädelte es immer wieder durch seine Finger.
„Das ist doch toll.“, versuchte er begeistert zu klingen. Schluss jetzt damit!
„Krieg ich denn gar keinen Kuss heute?“, maulte ich mit gespieltem Missmut. Es funktionierte; seine Augen leuchteten und er legte seinen Arm um mich. Seine weichen warmen Lippen auf meinen war das schönste auf der ganzen Welt. Ich griff in seine rappelkurzen Haare und gab mich völlig dem Moment hin. Nach kurzer Zeit aber bemerkte ich, dass er nicht mehr ganz bei der Sache war. Seine Gedanken kreisten wohl wieder um Seth. Ich musste ganz schnell herausfinden, was da los war. Denn ich hatte einen Entschluss gefasst, und der geriet ins Wanken, wenn Jake nicht schleunigst etwas lockerer werden würde.
Jake
Den Abend verbrachten wir bei Charlie und Sue, sie hatten mich zum Essen eingeladen. Sue tischte ihren berühmten Bratfisch auf, mit Süßkartoffeln und Gurkensalat. Zum Nachtisch hatte Charlie Schokoladenpudding gemacht - eigenhändig, wohl bemerkt! Ich löffelte gerade die Reste aus meiner Schüssel, als Sue sich räusperte. Wir schauten auf und sie lächelte.
„Ich wollte euch noch etwas sagen.“ Sie blickte uns allen einzeln in die Augen. Was kam denn jetzt?
„Morgen Abend trifft sich der Rat. Jake, du und Renesmee ihr solltet auch anwesend sein.“, verkündete sie. Ich atmete tief durch und zermalmte den Pudding unsinnigerweise zwischen meinen Zähnen. Ich hätte doch wohl erwarten dürfen, dass ich das entweder von Sam oder Seth persönlich gesagt bekomme. Der Unmut über Seths Anfall von heute Morgen wuchs und nistete sich tief in meine Magengrube, sodass mir schlagartig übel wurde. Ich fühlte mich übergangen und aufs buchstäbliche Abstellgleis gestellt. Ich hoffte der morgige Abend würde etwas Licht hinter Seths seltsames Verhalten bringen, denn heute bot sich leider nicht die Gelegenheit dieses Thema anzuschneiden.
esme78- ~Betting with Alice~
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Alter : 46
Anmeldedatum : 31.08.09
Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Ich sehe was, was du nicht siehst.
Nessie
An meinem zweiten Schultag wurde mir die zweifelhafte Ehre zuteil, die heimliche Königin der Schule kennenzulernen. Nachdem ich schon dem Unterricht am Vormittag nur mit einem Ohr zugehört hatte, bemerkte ich sie in der Cafeteria zunächst nicht. Erst als Melinda mich unter dem Tisch in den Oberschenkel knuffte, sah ich auf und folgte ihrem Blick. Da kam sie: Flankiert von „Pseudo-beste-Freundin“ Nummer eins und zwei.
Melinda flüsterte mit gesenktem Kopf: „Das ist Celeste Davis. Sie trainiert die Cheerleader und ist zudem noch mit Lance, dem Football-Kapitän, zusammen.“
Obwohl ich nicht viel auf Aufschneiderinnen gab, befasste ich mich nun etwas näher mit ihr. Sie schritt durch die Tischreihen, als gehörte ihr die ganze Welt. Ihre Kleidung war typisch: Kurzer Rock, enger Pulli und die obligatorische Teamjacke. Das gelb, die Farbe der Schulmannschaft, war das einzige, was an ihrem Outfit nicht passte. In diesem Moment liefen die drei an unserem Tisch vorbei. Ich bemühte mich, unbeteiligt zu wirken, aber es ist mir nicht entgangen, dass Celeste mich abwertend musterte. Melinda verzog den Mund und rollte mit den Augen.
Als die Truppe ihren angestammten Tisch erreicht hatte, nahmen sie Platz. Ich bemerkte, dass keine von ihnen ein Tablett mitgenommen hatte, stattdessen holte Celeste aus ihrem Rucksack einen Joghurt Becher und einen Löffel. Bloß kein Gramm Fett zu viel, grinste ich in mich hinein. Sie warf ihre blonden Locken nach hinten und sah mich direkt an, während sie ihren Heidelbeerjoghurt löffelte. Wenn Blicke töten könnten!
Ich wandte mich gespielt gelangweilt von ihr ab und flüsterte Melinda zurück: „Sogar der Heidelbeerjoghurt passt zu ihrem Lipgloss.“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
„Ist die immer so mies drauf?“, erkundigte ich mich weiter bei ihr. Melinda schüttelte wieder den Kopf, diesmal mit schelmisch blitzenden Augen.
„Nein, ich glaube sie ist eifersüchtig auf dich. Du bist die einzige hier, die hübscher ist als sie selbst“, stellte sie lachend fest.
Ich ging bewusst nicht weiter auf ihre Vermutung ein, weil sie schlicht und ergreifend nicht der Wahrheit entsprach. Erleichtert stellte ich fest, dass Celeste nun jemand anderen gefunden hatte, dem ihre Aufmerksamkeit galt: Lance, wie ich vermutete.
Mit dem Klingeln standen wir auf und wollten unsere Tabletts zurückbringen. Dieser Gang führte leider an ihrem Tisch vorbei. Sie hielt mich am Ärmel fest und presste leise zwischen ihren Zähnen hervor: „Nur das du es weißt. Lance gehört mir! Und im Übrigen der ganze Rest.“
Dann grinste sie mich hämisch an. Ich fragte mich unwillkürlich, ob sie das in zehn Jahren immer noch so sehen würde, wenn sie übergewichtig, mit zwei Kinder auf dem Schoß, in ihrer kleinen Bude hocken würde und registrierte, dass Lance sie wegen einer jüngeren verlassen hatte. Wortlos entriss ich mich ihrem Griff und lief weiter.
Jake
Bevor am Abend das Ratstreffen anstand, zog sich mein Tag mit entsetzlichen Grübeleien hin. Ich stand absichtlich spät auf, um Billys Neugier aus dem Weg zu gehen. Er hatte sich schon gefragt, warum ich gestern Abend so offensichtlich schlecht gelaunt gewesen war. Ich beteuerte ihm, dass alles in Ordnung sei und legte mich gleich hin. Ohne Frühstück verzog ich mich am nächsten Morgen in meine Werkstatt und tat so, als würde ich an der Maschine werkeln. Ich konnte mich sowieso nicht richtig konzentrieren, so räumte ich nur etwas um. Je länger ich aber über die ganze Situation nachdachte, desto schlimmer wurde es. Das ist doch lächerlich! Ich feuerte einen Schraubenschlüssel lautkrachend in die Ecke. Warum sollte ich nicht mit meinen alten Kumpels reden können? Egal, was auch immer da zwischen uns stand, waren wir immer noch ein Rudel. Ich schnappte mir mein Bike und fuhr los.
Mein Weg führte mich zu Sam. Der Garten, den Esme und Sue seinerzeit angelegt hatten, blühte und trug reiche Ernte – dunkelrote Himbeeren, mehr als der kleine Joshua überhaupt essen könnte. Karotten, Salate und sonstiges Grünzeug wuchsen in den kleinen Beeten. Mein Blick schweifte über den Vorgarten zur Veranda, zu der kleinen Bank neben der Tür. Dort saß Emily, vor ihr ein Korb mit Gemüse, welches sie putze. Ein strahlendes Lachen breitete sich über ihr vernarbtes Gesicht aus, das ihrer natürlichen Schönheit keinen Abbruch tat, als sie mich bemerkte.
„Hey, Jake. Es ist so schön, dich wieder zu sehen. Lass dich umarmen.“
Ihrer freundlichen Einladung konnte ich einfach nicht wiederstehen. Sie drückte mich und sah mich dann forschend an.
„Du hast dich kaum verändert. Dein zweites Ich scheint dich auf Schritt und Tritt zu begleiten, hab ich Recht?“, zwinkerte sie mir zu. „Wie geht es Renesmee? Erzähl mal!“
Emily war einfach wunderbar. Sie war wie eine Mutter für mich, auch wenn ich ihr das niemals so sagen würde. Sie verstand auf Anhieb, was mit mir los war, noch ehe ich ein Wort gesagt hatte. Da Sam gerade noch unterwegs war, unterhielt ich mich eine Weile mit ihr.
„Seth hat nur Angst“, sagte sie nach einer Weile. Ich schaute sie ungläubig über den Rand meines Glases hinweg an.
„Warum sollte er denn Angst haben?“ Gerade noch konnte ich den Schluck in die richtige Kehle zwängen.
Sie schaute mich mit großen Augen an, als ob ich mit einem Brett vor dem Kopf herumlaufen würde. Und unter uns gesagt; so langsam kam ich mir auch so vor. So schoss ich einfach ins Blaue hinein. „Er hat doch nicht etwa Angst vor mir?“
Ich versuchte die Sache ins Lächerliche zu ziehen, weil die Vorstellung einfach absurd war.
„Stell dir die Situation umgekehrt vor“, forderte sie mich auf. „Er fürchtet um seine Stellung! Ganz einfach.“
Ich stierte in die Bäume, ohne irgendetwas zu erkennen. Glaubt Seth allen Ernstes ich würde ihm die Position des Leitwolfes streitig machen wollen? Er war mein Stellvertreter und jetzt da ich wieder da war, machte er sich scheinbar seine Gedanken. Aber warum kam er damit nicht zu mir?
Eine Bewegung am äußersten Rand meines Blickfeldes erregte meine Aufmerksamkeit. Ein hochgewachsener Kerl mit hoher Stirn und pechschwarzen Augen kam auf uns zu. Irritiert sah er mich an.
Emily neben mir rief: „Josh, sieh mal wer da ist. Das ist Jake, von dem ich dir schon so viel erzählt habe.“
Mein Blick huschte zwischen ihr und dem jungen Mann hin und her. Ich musste schon ziemlich dämlich dreingeschaut haben, denn Emily prustete vor Lachen und schlug mir auf den Rücken. O.K.. Vergesst, was ich eben über die Himbeeren gesagt habe. Als wir uns gegenüberstanden, und er mir grinsend die Hand zur Begrüßung hinhielt, musste ich sogar den Kopf leicht anheben, um ihm in die Augen blicken zu können.
Nessie
An meinem zweiten Schultag wurde mir die zweifelhafte Ehre zuteil, die heimliche Königin der Schule kennenzulernen. Nachdem ich schon dem Unterricht am Vormittag nur mit einem Ohr zugehört hatte, bemerkte ich sie in der Cafeteria zunächst nicht. Erst als Melinda mich unter dem Tisch in den Oberschenkel knuffte, sah ich auf und folgte ihrem Blick. Da kam sie: Flankiert von „Pseudo-beste-Freundin“ Nummer eins und zwei.
Melinda flüsterte mit gesenktem Kopf: „Das ist Celeste Davis. Sie trainiert die Cheerleader und ist zudem noch mit Lance, dem Football-Kapitän, zusammen.“
Obwohl ich nicht viel auf Aufschneiderinnen gab, befasste ich mich nun etwas näher mit ihr. Sie schritt durch die Tischreihen, als gehörte ihr die ganze Welt. Ihre Kleidung war typisch: Kurzer Rock, enger Pulli und die obligatorische Teamjacke. Das gelb, die Farbe der Schulmannschaft, war das einzige, was an ihrem Outfit nicht passte. In diesem Moment liefen die drei an unserem Tisch vorbei. Ich bemühte mich, unbeteiligt zu wirken, aber es ist mir nicht entgangen, dass Celeste mich abwertend musterte. Melinda verzog den Mund und rollte mit den Augen.
Als die Truppe ihren angestammten Tisch erreicht hatte, nahmen sie Platz. Ich bemerkte, dass keine von ihnen ein Tablett mitgenommen hatte, stattdessen holte Celeste aus ihrem Rucksack einen Joghurt Becher und einen Löffel. Bloß kein Gramm Fett zu viel, grinste ich in mich hinein. Sie warf ihre blonden Locken nach hinten und sah mich direkt an, während sie ihren Heidelbeerjoghurt löffelte. Wenn Blicke töten könnten!
Ich wandte mich gespielt gelangweilt von ihr ab und flüsterte Melinda zurück: „Sogar der Heidelbeerjoghurt passt zu ihrem Lipgloss.“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
„Ist die immer so mies drauf?“, erkundigte ich mich weiter bei ihr. Melinda schüttelte wieder den Kopf, diesmal mit schelmisch blitzenden Augen.
„Nein, ich glaube sie ist eifersüchtig auf dich. Du bist die einzige hier, die hübscher ist als sie selbst“, stellte sie lachend fest.
Ich ging bewusst nicht weiter auf ihre Vermutung ein, weil sie schlicht und ergreifend nicht der Wahrheit entsprach. Erleichtert stellte ich fest, dass Celeste nun jemand anderen gefunden hatte, dem ihre Aufmerksamkeit galt: Lance, wie ich vermutete.
Mit dem Klingeln standen wir auf und wollten unsere Tabletts zurückbringen. Dieser Gang führte leider an ihrem Tisch vorbei. Sie hielt mich am Ärmel fest und presste leise zwischen ihren Zähnen hervor: „Nur das du es weißt. Lance gehört mir! Und im Übrigen der ganze Rest.“
Dann grinste sie mich hämisch an. Ich fragte mich unwillkürlich, ob sie das in zehn Jahren immer noch so sehen würde, wenn sie übergewichtig, mit zwei Kinder auf dem Schoß, in ihrer kleinen Bude hocken würde und registrierte, dass Lance sie wegen einer jüngeren verlassen hatte. Wortlos entriss ich mich ihrem Griff und lief weiter.
Jake
Bevor am Abend das Ratstreffen anstand, zog sich mein Tag mit entsetzlichen Grübeleien hin. Ich stand absichtlich spät auf, um Billys Neugier aus dem Weg zu gehen. Er hatte sich schon gefragt, warum ich gestern Abend so offensichtlich schlecht gelaunt gewesen war. Ich beteuerte ihm, dass alles in Ordnung sei und legte mich gleich hin. Ohne Frühstück verzog ich mich am nächsten Morgen in meine Werkstatt und tat so, als würde ich an der Maschine werkeln. Ich konnte mich sowieso nicht richtig konzentrieren, so räumte ich nur etwas um. Je länger ich aber über die ganze Situation nachdachte, desto schlimmer wurde es. Das ist doch lächerlich! Ich feuerte einen Schraubenschlüssel lautkrachend in die Ecke. Warum sollte ich nicht mit meinen alten Kumpels reden können? Egal, was auch immer da zwischen uns stand, waren wir immer noch ein Rudel. Ich schnappte mir mein Bike und fuhr los.
Mein Weg führte mich zu Sam. Der Garten, den Esme und Sue seinerzeit angelegt hatten, blühte und trug reiche Ernte – dunkelrote Himbeeren, mehr als der kleine Joshua überhaupt essen könnte. Karotten, Salate und sonstiges Grünzeug wuchsen in den kleinen Beeten. Mein Blick schweifte über den Vorgarten zur Veranda, zu der kleinen Bank neben der Tür. Dort saß Emily, vor ihr ein Korb mit Gemüse, welches sie putze. Ein strahlendes Lachen breitete sich über ihr vernarbtes Gesicht aus, das ihrer natürlichen Schönheit keinen Abbruch tat, als sie mich bemerkte.
„Hey, Jake. Es ist so schön, dich wieder zu sehen. Lass dich umarmen.“
Ihrer freundlichen Einladung konnte ich einfach nicht wiederstehen. Sie drückte mich und sah mich dann forschend an.
„Du hast dich kaum verändert. Dein zweites Ich scheint dich auf Schritt und Tritt zu begleiten, hab ich Recht?“, zwinkerte sie mir zu. „Wie geht es Renesmee? Erzähl mal!“
Emily war einfach wunderbar. Sie war wie eine Mutter für mich, auch wenn ich ihr das niemals so sagen würde. Sie verstand auf Anhieb, was mit mir los war, noch ehe ich ein Wort gesagt hatte. Da Sam gerade noch unterwegs war, unterhielt ich mich eine Weile mit ihr.
„Seth hat nur Angst“, sagte sie nach einer Weile. Ich schaute sie ungläubig über den Rand meines Glases hinweg an.
„Warum sollte er denn Angst haben?“ Gerade noch konnte ich den Schluck in die richtige Kehle zwängen.
Sie schaute mich mit großen Augen an, als ob ich mit einem Brett vor dem Kopf herumlaufen würde. Und unter uns gesagt; so langsam kam ich mir auch so vor. So schoss ich einfach ins Blaue hinein. „Er hat doch nicht etwa Angst vor mir?“
Ich versuchte die Sache ins Lächerliche zu ziehen, weil die Vorstellung einfach absurd war.
„Stell dir die Situation umgekehrt vor“, forderte sie mich auf. „Er fürchtet um seine Stellung! Ganz einfach.“
Ich stierte in die Bäume, ohne irgendetwas zu erkennen. Glaubt Seth allen Ernstes ich würde ihm die Position des Leitwolfes streitig machen wollen? Er war mein Stellvertreter und jetzt da ich wieder da war, machte er sich scheinbar seine Gedanken. Aber warum kam er damit nicht zu mir?
Eine Bewegung am äußersten Rand meines Blickfeldes erregte meine Aufmerksamkeit. Ein hochgewachsener Kerl mit hoher Stirn und pechschwarzen Augen kam auf uns zu. Irritiert sah er mich an.
Emily neben mir rief: „Josh, sieh mal wer da ist. Das ist Jake, von dem ich dir schon so viel erzählt habe.“
Mein Blick huschte zwischen ihr und dem jungen Mann hin und her. Ich musste schon ziemlich dämlich dreingeschaut haben, denn Emily prustete vor Lachen und schlug mir auf den Rücken. O.K.. Vergesst, was ich eben über die Himbeeren gesagt habe. Als wir uns gegenüberstanden, und er mir grinsend die Hand zur Begrüßung hinhielt, musste ich sogar den Kopf leicht anheben, um ihm in die Augen blicken zu können.
Zuletzt von esme78 am Fr 11 Mai 2012, 21:26 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Nessie
Der Himmel über Port Angeles war wolkenlos, und es war erstaunlich warm. Meine leichte Jacke wollte ich aber trotzdem nicht ausziehen - ich lasse mich nicht gerne anstarren. Nicht das ihr mich falsch versteht; ich hab an meinem Körper nichts auszusetzten, wirklich nicht. Aber der Umstand, dass ich leicht schimmerte wenn ich der direkten Sonne ausgesetzt war, machte mich leicht paranoid.
Sue und ich waren gerade in zwei Läden und haben neue Schuhe und einige Klamotten erstanden. Als nächstes mussten wir uns um die Lebensmittel kümmern. Wir steuerten den größten Diskounter an und ich bewaffnete mich mit einem Einkaufswagen. Sue griff zielsicher in die Regale, so war der Wagen bald halbgefüllt. Wir liefen durch die Reihen und unterhielten uns über Belanglosigkeiten. Ich hatte den Eindruck, sie sah in mir die verlorene Tochter. Leah, die schon seit einiger Zeit in Brasilien mit ihrem Freund Nahuel lebte, hatte sie vor Monaten das letzte Mal gesehen, erklärte sie mir. Achselzuckend griff sie nach meinen Lieblings-Frühstücksflakes und legte sie zu den anderen Einkäufen. Währenddessen suchte ich in einem Berg Bananen nach reifen, aber nicht braunen Früchten. Da sah ich einen Mann um die vierzig, der geradewegs zu uns kam.
„Sue, das ist doch nicht Renesmee?“ Sein Lächeln wirkte übertrieben, er schien sehr nervös zu sein.
„Oh, hallo Mike. Ja, das ist sie.“ Sue fasste mich an der Schulter und deutete mit der anderen Hand zu dem Fremden.
„Renesmee, das ist Mike Newton.“ Mike Newton? Von ihm hatte ich schon so einiges gehört, doch ich hatte ihn mir etwas anders vorgestellt, um ehrlich zu sein. Dad´s ehemaliger Nebenbuhler, wie Jake ihn immer nannte, sah ziemlich mitgenommen aus. Schlabberlock und ungesunde Hautfarbe. Mit weit aufgerissenen Augen nahm er mich in Anschein, ich fühlte mich doch leicht unwohl dabei.
„Du siehst deinem Vater sehr ähnlich. Naja, bis auf die Augen. Du hast die Augen deiner Mutter, weißt du?“ Irgendwie kam mir das alles bekannt vor, euch nicht auch? Natürlich wusste ich um meine Ähnlichkeit zu meinen Eltern. Ich stellte mich auf noch mehr Smalltalk und abgedroschene Phrasen ein, doch da verzog Mike plötzlich schmerzverzerrt das Gesicht. Sue hielt ihm stützend am Arm.
„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte sie mit besorgtem Blick. Mike sah mir unverwandt in die Augen…und dann kam es über mich.
Schmerzen, unerträglicher Kummer, eine Autobahnbrücke… und Mike, der über das Geländer kletterte und sich nach kurzem Zögern in die Tiefe stürzte….
Ich suchte Halt an dem Obststand und riss einige der Bananen hinunter.
„Nein, geht schon wieder. Danke, Sue“, beteuerte Mike und drehte sich schnell um, ich sah ihn im Augenwinkel wieder verschwinden. Oma Sue drehte sich zu mir und wurde bleich.
„Kleines, was hast du denn? Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.“ Sie hatte keine Ahnung wie Recht sie hatte. Sie stütze mich und blickte Mike kurz hinterher.
„Ist dir schlecht? Nun rede schon, du machst mir Angst!“, redete sie auf mich ein. Ich rutschte auf den Boden, zog die Knie an meinen Oberkörper und umschlang sie mit meinen Armen. Ich hörte durch das Rauschen in meinen Ohren einen Angestellten des Marktes fragen, was denn nur passiert sei. Ich war immer noch nicht im Stande zu reden. Ich schüttelte vorsichtig den Kopf, um dem drohenden Schwindel vorzubeugen. Die beiden halfen mir auf.
Was dann folgte brachte ich nicht mehr zusammen.
Irgendwann fand ich mich in meinem Bett wieder. Jake saß neben mir und hielt meine Hand - ich wusste es noch ehe ich ihn sah. Mühsam kämpfte ich mich wieder an die Oberfläche und als ich mich bereit fühlte, öffnete ich langsam die Augen. Charlie und Sue standen neben dem Bett, ihre Mienen waren angespannt.
„Na endlich! Nessie, was ist denn passiert?“, fragte Charlie. Ich fasste nach Jake´s Unterarm und er half mir mich aufzusetzen. Sue hielt mir ein Glas Wasser hin, welches ich in einem Schluck leerte. Ich versuchte mich zu erinnern; wollte den „Vorfall“rekonstruieren. Einkaufen, Bananen, Mike….Mike!
„Mike!“ Ich hatte meine Stimme wiedergefunden.
„Was ist mit Mike? Er hatte es plötzlich so eilig und du...“ Sue hielt inne und sah mir tief in die Augen. „Was hast du gesehen?“, wurde sie ernst.
„Er.. er hat Schmerzen, das konnte ich deutlich erkennen, unerträgliche Schmerzen. Er will sich umbringen“, wisperte ich kaum verständlich das letzte Wort.
Wir saßen am Küchentisch und Sue schenkte uns dampfenden Kaffee in die Tassen. Charlie lief vor der Küchenzeile hin und her, während er mir Fragen über Mike beantwortete.
„Den Laden musste er vor zwei Jahren schließen. Mr. Newton war nach einem Schlaganfall pflegebedürftig und Mike und seine Mutter mussten ihn in ein Pflegeheim einweisen. Tja, dann hat ihn vor ungefähr einem Jahr noch die Frau verlassen.“ Er schnaubte und fuhr sich mit der Hand durch die ergrauten Haare.
Ich versuchte mir ein Bild von Mikes Gemütszustand zu machen, kam aber zu dem Schluss, dass ich es nicht vermochte. Immer wieder rief ich mir sein schmerzerfülltes Gesicht vor Augen. Ich schüttelte den Kopf, in der Hoffnung, irgendetwas zu sehen, was mir bisher verborgen geblieben war.
„Aber das erklärt nicht seine Schmerzen. Sie müssen heftig sein, wenn sie ihm so sehr zusetzen“, stellte ich nachdenklich fest.
„Er redet nicht viel. Ich war erstaunt, dass er heute im Laden so offen auf uns zukam. Ich hatte gehofft, er würde aus seiner Isolation ausbrechen können. Das war wohl ein Irrtum, wenn er…“, fügte Sue an, und schaute betreten aus dem Fenster.
„Moment mal. Noch ist gar nichts passiert. Was Nessie gesehen hat war vielleicht eine weit entfernte Zukunft. Oder?“ Er schaute mich fragend an. Ich konnte nur mit den Schultern zucken.
„Ich habe keine Ahnung. Ich möchte es auch gar nicht wissen. Ich frage mich, ob wir ihm irgendwie helfen können.“ Ich blickte in drei ratlose Augenpaare. Es blieb uns sowieso keine Zeit mehr weiter darüber nachzudenken, denn wir mussten zum Ratstreffen. Charlie verabschiedete uns.
Der Himmel über Port Angeles war wolkenlos, und es war erstaunlich warm. Meine leichte Jacke wollte ich aber trotzdem nicht ausziehen - ich lasse mich nicht gerne anstarren. Nicht das ihr mich falsch versteht; ich hab an meinem Körper nichts auszusetzten, wirklich nicht. Aber der Umstand, dass ich leicht schimmerte wenn ich der direkten Sonne ausgesetzt war, machte mich leicht paranoid.
Sue und ich waren gerade in zwei Läden und haben neue Schuhe und einige Klamotten erstanden. Als nächstes mussten wir uns um die Lebensmittel kümmern. Wir steuerten den größten Diskounter an und ich bewaffnete mich mit einem Einkaufswagen. Sue griff zielsicher in die Regale, so war der Wagen bald halbgefüllt. Wir liefen durch die Reihen und unterhielten uns über Belanglosigkeiten. Ich hatte den Eindruck, sie sah in mir die verlorene Tochter. Leah, die schon seit einiger Zeit in Brasilien mit ihrem Freund Nahuel lebte, hatte sie vor Monaten das letzte Mal gesehen, erklärte sie mir. Achselzuckend griff sie nach meinen Lieblings-Frühstücksflakes und legte sie zu den anderen Einkäufen. Währenddessen suchte ich in einem Berg Bananen nach reifen, aber nicht braunen Früchten. Da sah ich einen Mann um die vierzig, der geradewegs zu uns kam.
„Sue, das ist doch nicht Renesmee?“ Sein Lächeln wirkte übertrieben, er schien sehr nervös zu sein.
„Oh, hallo Mike. Ja, das ist sie.“ Sue fasste mich an der Schulter und deutete mit der anderen Hand zu dem Fremden.
„Renesmee, das ist Mike Newton.“ Mike Newton? Von ihm hatte ich schon so einiges gehört, doch ich hatte ihn mir etwas anders vorgestellt, um ehrlich zu sein. Dad´s ehemaliger Nebenbuhler, wie Jake ihn immer nannte, sah ziemlich mitgenommen aus. Schlabberlock und ungesunde Hautfarbe. Mit weit aufgerissenen Augen nahm er mich in Anschein, ich fühlte mich doch leicht unwohl dabei.
„Du siehst deinem Vater sehr ähnlich. Naja, bis auf die Augen. Du hast die Augen deiner Mutter, weißt du?“ Irgendwie kam mir das alles bekannt vor, euch nicht auch? Natürlich wusste ich um meine Ähnlichkeit zu meinen Eltern. Ich stellte mich auf noch mehr Smalltalk und abgedroschene Phrasen ein, doch da verzog Mike plötzlich schmerzverzerrt das Gesicht. Sue hielt ihm stützend am Arm.
„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte sie mit besorgtem Blick. Mike sah mir unverwandt in die Augen…und dann kam es über mich.
Schmerzen, unerträglicher Kummer, eine Autobahnbrücke… und Mike, der über das Geländer kletterte und sich nach kurzem Zögern in die Tiefe stürzte….
Ich suchte Halt an dem Obststand und riss einige der Bananen hinunter.
„Nein, geht schon wieder. Danke, Sue“, beteuerte Mike und drehte sich schnell um, ich sah ihn im Augenwinkel wieder verschwinden. Oma Sue drehte sich zu mir und wurde bleich.
„Kleines, was hast du denn? Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.“ Sie hatte keine Ahnung wie Recht sie hatte. Sie stütze mich und blickte Mike kurz hinterher.
„Ist dir schlecht? Nun rede schon, du machst mir Angst!“, redete sie auf mich ein. Ich rutschte auf den Boden, zog die Knie an meinen Oberkörper und umschlang sie mit meinen Armen. Ich hörte durch das Rauschen in meinen Ohren einen Angestellten des Marktes fragen, was denn nur passiert sei. Ich war immer noch nicht im Stande zu reden. Ich schüttelte vorsichtig den Kopf, um dem drohenden Schwindel vorzubeugen. Die beiden halfen mir auf.
Was dann folgte brachte ich nicht mehr zusammen.
Irgendwann fand ich mich in meinem Bett wieder. Jake saß neben mir und hielt meine Hand - ich wusste es noch ehe ich ihn sah. Mühsam kämpfte ich mich wieder an die Oberfläche und als ich mich bereit fühlte, öffnete ich langsam die Augen. Charlie und Sue standen neben dem Bett, ihre Mienen waren angespannt.
„Na endlich! Nessie, was ist denn passiert?“, fragte Charlie. Ich fasste nach Jake´s Unterarm und er half mir mich aufzusetzen. Sue hielt mir ein Glas Wasser hin, welches ich in einem Schluck leerte. Ich versuchte mich zu erinnern; wollte den „Vorfall“rekonstruieren. Einkaufen, Bananen, Mike….Mike!
„Mike!“ Ich hatte meine Stimme wiedergefunden.
„Was ist mit Mike? Er hatte es plötzlich so eilig und du...“ Sue hielt inne und sah mir tief in die Augen. „Was hast du gesehen?“, wurde sie ernst.
„Er.. er hat Schmerzen, das konnte ich deutlich erkennen, unerträgliche Schmerzen. Er will sich umbringen“, wisperte ich kaum verständlich das letzte Wort.
Wir saßen am Küchentisch und Sue schenkte uns dampfenden Kaffee in die Tassen. Charlie lief vor der Küchenzeile hin und her, während er mir Fragen über Mike beantwortete.
„Den Laden musste er vor zwei Jahren schließen. Mr. Newton war nach einem Schlaganfall pflegebedürftig und Mike und seine Mutter mussten ihn in ein Pflegeheim einweisen. Tja, dann hat ihn vor ungefähr einem Jahr noch die Frau verlassen.“ Er schnaubte und fuhr sich mit der Hand durch die ergrauten Haare.
Ich versuchte mir ein Bild von Mikes Gemütszustand zu machen, kam aber zu dem Schluss, dass ich es nicht vermochte. Immer wieder rief ich mir sein schmerzerfülltes Gesicht vor Augen. Ich schüttelte den Kopf, in der Hoffnung, irgendetwas zu sehen, was mir bisher verborgen geblieben war.
„Aber das erklärt nicht seine Schmerzen. Sie müssen heftig sein, wenn sie ihm so sehr zusetzen“, stellte ich nachdenklich fest.
„Er redet nicht viel. Ich war erstaunt, dass er heute im Laden so offen auf uns zukam. Ich hatte gehofft, er würde aus seiner Isolation ausbrechen können. Das war wohl ein Irrtum, wenn er…“, fügte Sue an, und schaute betreten aus dem Fenster.
„Moment mal. Noch ist gar nichts passiert. Was Nessie gesehen hat war vielleicht eine weit entfernte Zukunft. Oder?“ Er schaute mich fragend an. Ich konnte nur mit den Schultern zucken.
„Ich habe keine Ahnung. Ich möchte es auch gar nicht wissen. Ich frage mich, ob wir ihm irgendwie helfen können.“ Ich blickte in drei ratlose Augenpaare. Es blieb uns sowieso keine Zeit mehr weiter darüber nachzudenken, denn wir mussten zum Ratstreffen. Charlie verabschiedete uns.
Zuletzt von esme78 am Fr 08 Jun 2012, 21:54 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Jake
Als Sue, Nessie und ich am Strand eintrafen, waren schon alle versammelt und das Lagerfeuer loderte bereits. Ich fühlte mich in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt. Meine Gedanken kreisten um jenen Sommer, als Bella und ich dem Rat beiwohnten und Billy und Old Quil uns die Legenden erzählten. Ich lächelte unwillkürlich und gleichzeitig versetzte es mir einen kleinen Stich. Etwas hatte sich zu damals verändert. Jemand hatte sich zu damals verändert.
Seth saß neben Billy und Sam, der den Rats Sitz von Old Quil, der leider ins Reich unserer Vorfahren eingegangen war, eingenommen hatte. Sue setze sich zu ihnen. Unschlüssig, wo mein Platz in der Runde war, lief ich an Embry, Quil, Paul und Jared vorbei, Nessie hinter mir herziehend. Die Jungs ruckten zusammen und lächelten uns verlegen an. Nach einem genaueren Blick in die Runde fiel mir auf, dass weder Emily, Kim oder eine der andern Frauen anwesend waren. Uns gegenüber saßen Bradley und Collin, die miteinander tuschelten. Sam´s Räuspern löste mich aus meiner Starre. Er hatte das erste Wort.
„Freunde, der Grund für das heutige Treffen ist zum einen die Rückkehr unseres hochgeschätzten Bruders Jacob.“ Er deutete in meine Richtung und es wurde kurz applaudiert. Mit Mühe rang ich mir ein Lächeln ab.
„Zum anderen muss ich euch über den letzten Stand der Dinge aufklären.“ Einheitliches Schweigen legte sich über die Runde. Was für einen Stand? Und über welche Dinge? Sam bat Jared fortzufahren. Er erhob sich und verschränkte mit bitterer Miene die Arme vor der Brust.
„Die letzten Wochen ist der Fang erneut zurückgegangen. Der zu dieser Jahreszeit erwartete Fischschwarm, ist leider erneut ausgeblieben.“ Ein Raunen ging um das Lagerfeuer. Es ging also um die Fischer Quote. Der nun folgenden Diskussion, konnte ich nur als stummer Zuhörer folgen. Nach kurzer Zeit wurde mir jedoch der Ernst der Lage klar. Ich hatte mich schon gefragt, warum einige der jungen Burschen das Reservat verlassen hatten. Die meisten der ansässigen Familien waren auf den Fischfang angewiesen. Nur wenige arbeiteten außerhalb des Reservats und konnten so den Lebensstandart halten. Der harte Kern, sprich das Rudel, der Rat und deren Familien, harrten aus und hofften auf eine Entspannung der Lage.
Mit einem Mal schämte ich mich meiner Frage, die ich gegenüber den Jungs äußerte. Mit einem Kuss auf Nessie´s Handrücken bat ich sie um Entschuldigung, stand auf und ging zu Seth.
„Hör mal, es tut mir leid.“ Schuldbewusst hielt ihm meine Hand entgegen.
„Du konntest es ja nicht wissen.“ Er erhob sich und legte seine Hand in meine. „Ich hätte nicht so ausrasten sollen.“, fügte er versöhnlich an. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen.
„Allerdings.“ Wir umarmten uns und die Jungs johlten. Erneut war es Sam, der die Band zum Schweigen brachte.
„Ich möchte euch nun bitten, kurz zuzuhören.“ Wir verstummten, Sam fuhr fort: „Jake ist, meines Wissen, nur vorübergehend hier. Deshalb halten wir es für das Beste, im Sinne des Rudels, das Seth den Rang des Leitwolfes weiter behalten sollte.“
Mir schnürte es kurzzeitig die Kehle ab, obwohl ich mit dieser Entscheidung des Rates gerechnet hatte. Jedem einzelnen, Sam, Billy und Sue blickte ich in die Augen und nickte mechanisch.
Ich nahm wieder Platz und verschränkte meine Finger in die meiner Freundin. Sie wusste, dass ich bei ihr Halt suchte, so strich sie mir sanft über meine Hand. Was würde ich nur ohne sie tun? Quil riss mich aus meinen Gedanken, als er mir auf die Schulter klopfte und in mein Ohr flüsterte: „Das heißt aber nicht, dass du nach Seth´s Pfeife tanzt, oder?“ Ich schnaubte verächtlich.
Nessie
Jake war zwar mit der Entscheidung des Rates einverstanden, doch ich konnte ihn mir einfach nicht als Betatier vorstellen. Nachdem Sam die Führung voll und ganz in Seths Hände (oder Pfoten) gelegt hatte, war Paul in den Rang des Betatiers aufgestiegen. Jake und Paul, das hat Potenzial, meinte Embry mit frechem Kichern. Am Ende des Treffens schienen aber alle mit der Situation zufrieden. Das Problem mit den ausbleibenden Fischen war natürlich nicht so einfach wegzudiskutieren.
Nachdenklich lag ich zu später Stunde in meinem Bett und dachte wieder an Mike. Das Buch, welches ich mir vorgenommen hatte, lenkte mich leider nicht ab. Ich stand auf und setzte mich an den Laptop. Ich loggte mich ein und hoffte ein paar Fragen an Carlisle richten zu können. Nach kurzer Zeit waren wir verbunden.
„Nessie, Süße. Kannst du nicht schlafen?“, begrüßte mich Edward. Ich schüttelte den Kopf.
„Schön, dich zu sehen. Ist Carlisle in der Nähe?“ Auf diese Frage reagierte er misstrauisch.
„Stimmt was nicht? Fühlst du dich nicht gut?“ Ich sah wie er den Kopf drehte und nach Mom rief: „Bella, komm mal bitte. Unsere Tochter fragt nach Carlisle.“ Warum holte er nicht einfach Carlisle, dann könnte ich endlich mein Anliegen äußern? Stattdessen tauchte Bella auf dem Bildschirm auf, ihr Blick war fragend.
„Schätzchen, alles in Ordnung bei Euch?“ Ich seufzte.
„Kein Grund zur Sorge. Ich wollte Carlisle nur etwas fragen. Ist er da?“
Widerwillig machten die beiden ihm Platz und traten in den Hintergrund. „Wie kann ich dir behilflich sein?“
„Es geht um Mike Newton.“
Sprachlosigkeit.
„Es geht ihm nicht so besonders“, fuhr ich fort. Carlisle reagierte als Einziger.
„Wie kommst du darauf, Renesmee?“, fragte er. Gute Frage. Ich berichtete von meiner „Eingebung“. Das wiederum hatte nun auch Alice auf den Plan gerufen.
„Ich könnte ihn mal genauer beobachten, wenn dich das beruhigt. Eventuell kann ich euch bald Genaueres dazu sagen.“
Ich zeigte mich mit einem kurzen Nicken mit ihrem Vorschlag einverstanden. Dennoch wollte ich Carlisles Meinung dazu hören.
„Carlisle, er hat starke Schmerzen. Es war sehr offensichtlich, dass er darunter leidet… Er will sich umbringen, fürchte ich.“
Jetzt sah ich betretene ratlose Gesichter. Bella schien geschockt.
„Kannst du das Bild des Schmerzes etwas detaillierter beschreiben?“, fragte mich Carlisle nach einer Weile mit ernster Miene.
Ich überlegte und versuchte es in Worte zu fassen. „Es sah so aus wie Zahnschmerzen, oder Kopfschmerzen.“ Ich konnte ja schlecht auf ihn zu gehen und fragen >Welche Schmerzen sind so schrecklich, dass Sie in früher, oder später Zukunft an Selbstmord denken würden? <.
Da tauchte Alice wieder auf. „Tut mir leid, aber ich kann noch nichts erkennen, was in diese Richtung geht. Er hat den Entschluss wohl noch nicht gefasst“, ließ sie uns wissen.
„Wir hoffen, dass das so bald auch nicht passieren wird“, fügte Carlisle an.
Wir beschlossen, dass es unumgänglich war, doch mit Mike zu reden. Irgendwie. Ich überlegte, ihn mit Charlie und Sue bei Gelegenheit zu besuchen.
Wir verabschiedeten uns und noch ehe ich zehn Sekunden in meinen Kissen lag war ich eingeschlafen.
Als Sue, Nessie und ich am Strand eintrafen, waren schon alle versammelt und das Lagerfeuer loderte bereits. Ich fühlte mich in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt. Meine Gedanken kreisten um jenen Sommer, als Bella und ich dem Rat beiwohnten und Billy und Old Quil uns die Legenden erzählten. Ich lächelte unwillkürlich und gleichzeitig versetzte es mir einen kleinen Stich. Etwas hatte sich zu damals verändert. Jemand hatte sich zu damals verändert.
Seth saß neben Billy und Sam, der den Rats Sitz von Old Quil, der leider ins Reich unserer Vorfahren eingegangen war, eingenommen hatte. Sue setze sich zu ihnen. Unschlüssig, wo mein Platz in der Runde war, lief ich an Embry, Quil, Paul und Jared vorbei, Nessie hinter mir herziehend. Die Jungs ruckten zusammen und lächelten uns verlegen an. Nach einem genaueren Blick in die Runde fiel mir auf, dass weder Emily, Kim oder eine der andern Frauen anwesend waren. Uns gegenüber saßen Bradley und Collin, die miteinander tuschelten. Sam´s Räuspern löste mich aus meiner Starre. Er hatte das erste Wort.
„Freunde, der Grund für das heutige Treffen ist zum einen die Rückkehr unseres hochgeschätzten Bruders Jacob.“ Er deutete in meine Richtung und es wurde kurz applaudiert. Mit Mühe rang ich mir ein Lächeln ab.
„Zum anderen muss ich euch über den letzten Stand der Dinge aufklären.“ Einheitliches Schweigen legte sich über die Runde. Was für einen Stand? Und über welche Dinge? Sam bat Jared fortzufahren. Er erhob sich und verschränkte mit bitterer Miene die Arme vor der Brust.
„Die letzten Wochen ist der Fang erneut zurückgegangen. Der zu dieser Jahreszeit erwartete Fischschwarm, ist leider erneut ausgeblieben.“ Ein Raunen ging um das Lagerfeuer. Es ging also um die Fischer Quote. Der nun folgenden Diskussion, konnte ich nur als stummer Zuhörer folgen. Nach kurzer Zeit wurde mir jedoch der Ernst der Lage klar. Ich hatte mich schon gefragt, warum einige der jungen Burschen das Reservat verlassen hatten. Die meisten der ansässigen Familien waren auf den Fischfang angewiesen. Nur wenige arbeiteten außerhalb des Reservats und konnten so den Lebensstandart halten. Der harte Kern, sprich das Rudel, der Rat und deren Familien, harrten aus und hofften auf eine Entspannung der Lage.
Mit einem Mal schämte ich mich meiner Frage, die ich gegenüber den Jungs äußerte. Mit einem Kuss auf Nessie´s Handrücken bat ich sie um Entschuldigung, stand auf und ging zu Seth.
„Hör mal, es tut mir leid.“ Schuldbewusst hielt ihm meine Hand entgegen.
„Du konntest es ja nicht wissen.“ Er erhob sich und legte seine Hand in meine. „Ich hätte nicht so ausrasten sollen.“, fügte er versöhnlich an. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen.
„Allerdings.“ Wir umarmten uns und die Jungs johlten. Erneut war es Sam, der die Band zum Schweigen brachte.
„Ich möchte euch nun bitten, kurz zuzuhören.“ Wir verstummten, Sam fuhr fort: „Jake ist, meines Wissen, nur vorübergehend hier. Deshalb halten wir es für das Beste, im Sinne des Rudels, das Seth den Rang des Leitwolfes weiter behalten sollte.“
Mir schnürte es kurzzeitig die Kehle ab, obwohl ich mit dieser Entscheidung des Rates gerechnet hatte. Jedem einzelnen, Sam, Billy und Sue blickte ich in die Augen und nickte mechanisch.
Ich nahm wieder Platz und verschränkte meine Finger in die meiner Freundin. Sie wusste, dass ich bei ihr Halt suchte, so strich sie mir sanft über meine Hand. Was würde ich nur ohne sie tun? Quil riss mich aus meinen Gedanken, als er mir auf die Schulter klopfte und in mein Ohr flüsterte: „Das heißt aber nicht, dass du nach Seth´s Pfeife tanzt, oder?“ Ich schnaubte verächtlich.
Nessie
Jake war zwar mit der Entscheidung des Rates einverstanden, doch ich konnte ihn mir einfach nicht als Betatier vorstellen. Nachdem Sam die Führung voll und ganz in Seths Hände (oder Pfoten) gelegt hatte, war Paul in den Rang des Betatiers aufgestiegen. Jake und Paul, das hat Potenzial, meinte Embry mit frechem Kichern. Am Ende des Treffens schienen aber alle mit der Situation zufrieden. Das Problem mit den ausbleibenden Fischen war natürlich nicht so einfach wegzudiskutieren.
Nachdenklich lag ich zu später Stunde in meinem Bett und dachte wieder an Mike. Das Buch, welches ich mir vorgenommen hatte, lenkte mich leider nicht ab. Ich stand auf und setzte mich an den Laptop. Ich loggte mich ein und hoffte ein paar Fragen an Carlisle richten zu können. Nach kurzer Zeit waren wir verbunden.
„Nessie, Süße. Kannst du nicht schlafen?“, begrüßte mich Edward. Ich schüttelte den Kopf.
„Schön, dich zu sehen. Ist Carlisle in der Nähe?“ Auf diese Frage reagierte er misstrauisch.
„Stimmt was nicht? Fühlst du dich nicht gut?“ Ich sah wie er den Kopf drehte und nach Mom rief: „Bella, komm mal bitte. Unsere Tochter fragt nach Carlisle.“ Warum holte er nicht einfach Carlisle, dann könnte ich endlich mein Anliegen äußern? Stattdessen tauchte Bella auf dem Bildschirm auf, ihr Blick war fragend.
„Schätzchen, alles in Ordnung bei Euch?“ Ich seufzte.
„Kein Grund zur Sorge. Ich wollte Carlisle nur etwas fragen. Ist er da?“
Widerwillig machten die beiden ihm Platz und traten in den Hintergrund. „Wie kann ich dir behilflich sein?“
„Es geht um Mike Newton.“
Sprachlosigkeit.
„Es geht ihm nicht so besonders“, fuhr ich fort. Carlisle reagierte als Einziger.
„Wie kommst du darauf, Renesmee?“, fragte er. Gute Frage. Ich berichtete von meiner „Eingebung“. Das wiederum hatte nun auch Alice auf den Plan gerufen.
„Ich könnte ihn mal genauer beobachten, wenn dich das beruhigt. Eventuell kann ich euch bald Genaueres dazu sagen.“
Ich zeigte mich mit einem kurzen Nicken mit ihrem Vorschlag einverstanden. Dennoch wollte ich Carlisles Meinung dazu hören.
„Carlisle, er hat starke Schmerzen. Es war sehr offensichtlich, dass er darunter leidet… Er will sich umbringen, fürchte ich.“
Jetzt sah ich betretene ratlose Gesichter. Bella schien geschockt.
„Kannst du das Bild des Schmerzes etwas detaillierter beschreiben?“, fragte mich Carlisle nach einer Weile mit ernster Miene.
Ich überlegte und versuchte es in Worte zu fassen. „Es sah so aus wie Zahnschmerzen, oder Kopfschmerzen.“ Ich konnte ja schlecht auf ihn zu gehen und fragen >Welche Schmerzen sind so schrecklich, dass Sie in früher, oder später Zukunft an Selbstmord denken würden? <.
Da tauchte Alice wieder auf. „Tut mir leid, aber ich kann noch nichts erkennen, was in diese Richtung geht. Er hat den Entschluss wohl noch nicht gefasst“, ließ sie uns wissen.
„Wir hoffen, dass das so bald auch nicht passieren wird“, fügte Carlisle an.
Wir beschlossen, dass es unumgänglich war, doch mit Mike zu reden. Irgendwie. Ich überlegte, ihn mit Charlie und Sue bei Gelegenheit zu besuchen.
Wir verabschiedeten uns und noch ehe ich zehn Sekunden in meinen Kissen lag war ich eingeschlafen.
Zuletzt von esme78 am Fr 08 Jun 2012, 22:12 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Glücksrad
Jake
Ich konnte lange nicht einschlafen in dieser Nacht. So machte ich mich zu einem nächtlichen Spaziergang auf. Der Mond war beinahe voll und der Himmel war wolkenlos. Die milde Nachtluft kitzelte in meinem Fell. Völlig ziellos zog ich umher, wie lange wusste ich nicht. Als langsam der Morgen dämmerte, streifte ich gerade oberhalb der steilen Klippen von La Push entlang und bewunderte aufs Neue das einzigartige Farbenspiel, das den Horizont mit einem blassrosa Schleier überzog. Von der reinen Seeluft getragen nahm ich eine mir wohl bekannte Spur auf, der ich neugierig folgte. Dort am Strand lief er hin und her, seine gesamte Haltung wirkte gedrückt.
Seth? Was machst du hier um diese Zeit?
Jake? Dieselbe Frage könnte ich dir auch stellen, entgegnete er.
Touché. Konntest du auch nicht schlafen? Statt zu antworteten fuhr er mit der Schnauze durch den feinen Sand. Doch dann schüttelte er sich.
Ich versteh das nicht. Ich meine scheinbar sind wir der einzige Stamm hier an der gesamten Bucht, der kaum noch Fische fängt.
Ich zog den Kopf zurück und spitze meine Ohren. Ich konnte nicht glauben was ich da gerade hörte.
Was willst du damit sagen? , ich war verwirrt.
Ich bin in den letzten Wochen immer wieder mal an der Küste entlang gelaufen. Bis vor einer Woche trieb sich der Schwarm bis vor unseren Grenzen herum, als ob da eine Art unsichtbare Mauer im Wasser schwimmt.
Wir spitzen beide dir Ohren. Es war Jared, der zu uns trottet.
Hey Frühaufsteher, begrüßte er mich. An Seth gewandt meinte er: Warum hast du nicht gleich Jake gefragt, ob er mit auf Erkundung geht und hättest mich schlafen lassen? Du hattest übrigens Recht, Seth. Die Makah scheinen ebenfalls nicht betroffen. Jared legte sich der Länge nach hin und bettete den Kopf zwischen die Pfoten. Wir taten es ihm gleich. Eine ganze Weile schwiegen wir, dann reckte ich den Kopf.
Habt ihr mal mit den Oberhäuptern gesprochen?
Sam und Quil haben es einmal versucht.Sie hatten allerdings nur den Eindruck der Schadenfreude bei ihren Gesprächspartner.Jared zog die Lefzen einseitig hoch, dass es einem müden Grinsen ähnelte.
Mir wurden nun doch langsam die Augen immer schwerer über diese Neuigkeiten, die zu wilden Spekulationen Anlass gaben. Ich verabschiedete mich von den beiden und trottete nach Hause. Schnell duschte ich noch und fiel, mit dem Handtuch um die Hüften, in mein Bett. Ich würde bis spätnachmittags schlafen, war mein letzter Gedanke.
Nessie
Am nächsten Morgen in der dritten Stunde saß ich mit Melinda im Englischunterricht bei Mrs. Burke. Die ließ sich allerdings lange nicht blicken. Während wir warteten schnatterten die meisten. Ich hingegen nahm mir den „Spartaner“, die Schülerzeitung, vom Pult und breitete ihn auf meinem Tisch aus. Auf der Titelseite war die erste Schlagzeige in fetten Lettern:
REPORTER GESUCHT!
Du bist schlagfertig, wortgewandt und hast Lust uns ein bisschen unter die Arme zu greifen? Dann melde dich in der Redaktion, denn wir suchen genau dich.
Neben der Anzeige prangte Uncle Sam mit gestrecktem Zeigefinger, betitelt mit dem wohlbekannten Spruch: „We want You“.
Melinda schaute mir über den Tisch zu, wie ich die Anzeige studierte.
„Hey, hast du Lust? Das wär echt cool, wenn du auch Mitglied der „Spartaner“ werden würdest“, rief sie begeistert.
„Du schreibst in der Schülerzeitung?“, richtete ich meine Frage an sie und deutete auf die Anzeige.
„Schon seit meinem ersten Jahr hier. Ich bin die stellvertretende Chefredakteurin. Ich würde ein gutes Wort für dich einlegen“, bot sie mir mit stolz geschwellter Brust an. Ich stimmte in ihr breites Grinsen ein, als die Klassenzimmertür aufgerissen wurde.
Herein kamen zwei Jungs, die sich ähnelten, wie ein Ei dem anderen – gefolgt (nein, eher getrieben) von Mrs. Burke.
„Alle mal herhören. Das sind Luke und Lucas Mendozza. Sie werden für einige Zeit den Unterricht an unserer Schule besuchen – solange der Wanderzirkus Mendozza vor der Stadt kampieren wird. Ihr dürft euch dort vorne einrichten.“
Wow, das war ja mal eine Einführung. Und ich dachte schon sie wäre über mein Eindringen in Ihre Klasse eschauffiert gewesen. Meine Mitschüler schienen meine Ansicht zu teilen, denn es herrschte gespannte Stille in der Klasse. Mrs. Burke fing gleich mit dem Unterricht an – sie teilte uns einen Überraschungstest aus. In der ersten Reihe angekommen flüsterte sie halblaut: „Bin mal gespannt, was ihr so drauf habt.“
Nach fünfundvierzig unerträglich langen Minuten lief ich mit Melinda zum Spanisch Kurs. Die Mendozza-Zwillinge hatten wohl denselben Stundenplan, denn sie saßen wieder vorne in der ersten Reihe. Ich lächelte ihnen freundlich zu, als ich an ihnen vorbeiging. Einen kleinen Augenblick meinte ich ein Leuchten in ihren Augen zu erahnen.
„Hola, Amigos“, begrüßte uns Mr. Valeska. „Díganos sus nombres.“ Er musterte die beiden.
„Mi Nombre es Luke y este es mi hermano Lucas“, antwortete Luke und deutete auf seinen Bruder.
„Qué hace usted?“, führte Mr. Valeska seine Befragung fort, atmete jedoch genervt auf, als er in die überwiegend fragenden Gesichter der Klasse sah. „Ich denke wir führen die Einführung in Englisch weiter. Bitte.“ Mit erhobener Hand deutete er diesmal auf Lucas.
„Unserer Familie gehört ein kleiner Wanderzirkus. Luke und ich sind die Hochseilartisten. Unser Vater ist der Direktor“, erzählte Lucas mit leichtem Akzent.
„A qué tipo de animales tiene usted? Welche Tiere habt ihr in eurem Zirkus?“, fragte Mr. Valeska nach.
„Wir haben einen Elefanten und zwei Tiger, außerdem noch eine Schlange und mehrere Kaninchen.“
„Maravilloso! Wunderbar!“ Begeistert führte er seinen Unterricht fort.
Nach Unterrichts Schluss begleitete ich Melinda in die Redaktion. Ich wollte mich dort wenigstens einmal umsehen, das konnte ja nicht schaden. Der Raum im Keller der Schule war beinahe leer. In einem Hinterzimmer arbeitet aber noch jemand.
„Gideon!“, rief Melinda nach hinten. Es gab einen mächtigen Knall, gefolgt von einem Schwall von Schimpfwörtern. Wir sahen uns verdutzt an und folgten der fluchenden Stimme. Im Hinterzimmer stand ein großer blonder Mann über einem Monster von Kopierer gebeugt und sammelte Kleinteile zusammen.
„Wir helfen ihnen, tut mir echt leid. Ich wollte sie nicht erschrecken“, beteuerte Melinda.
„Ach was, das Ding stand schon die ganze Zeit schief da. Mist!“, beschwichtige er sie.
„Oh, wer ist das denn?“ Er sah mich erst überrascht an, dann lächelte er freundlich.
„Das ist Renesmee Cullen, Mr. Gobbler. Sie möchte sich für die freie Stelle melden“, stellte sie mich ihm vor.
„Mr. Gobbler.“ Zögerlich reichte ich ihm meine Hand. Sein Grinsen wurde noch breiter und er stellte sich gerade hin.
„Hocherfreut, nenn mich bitte Gideon. Hast du schon Erfahrungen im Schreiben?“, wollte er wissen.
„Um ehrlich zu sein, nein“, gestand ich.
Er spitze den Mund, überlegte kurz und sagte: „Dann müssen wir schleunigst herausfinden was du kannst, nicht wahr?“ Er zwängte sich an uns vorbei und kramte nach etwas auf einem der Schreibtische. Ich schaute Melinda skeptisch an, sie dagegen nickte mir aufmunternd zu.
Er schien das was er suchte gefunden zu haben, denn er reichte mir einen Zettel. Noch bevor ich das Geschriebene lesen konnte, redete er weiter.
„Du hast die reizvolle Aufgabe ein Interview mit den Mendozza-Zwillingen zu führen. Im Stil von „ständig wechselnde Schulen“, „beengtes Wohnen“, oder sowas in der Art. Dir wird schon was einfallen.“ Mit diesen Worten legte er seine Hand auf meine Schulter und führte uns hinaus.
Jake
Ich konnte lange nicht einschlafen in dieser Nacht. So machte ich mich zu einem nächtlichen Spaziergang auf. Der Mond war beinahe voll und der Himmel war wolkenlos. Die milde Nachtluft kitzelte in meinem Fell. Völlig ziellos zog ich umher, wie lange wusste ich nicht. Als langsam der Morgen dämmerte, streifte ich gerade oberhalb der steilen Klippen von La Push entlang und bewunderte aufs Neue das einzigartige Farbenspiel, das den Horizont mit einem blassrosa Schleier überzog. Von der reinen Seeluft getragen nahm ich eine mir wohl bekannte Spur auf, der ich neugierig folgte. Dort am Strand lief er hin und her, seine gesamte Haltung wirkte gedrückt.
Seth? Was machst du hier um diese Zeit?
Jake? Dieselbe Frage könnte ich dir auch stellen, entgegnete er.
Touché. Konntest du auch nicht schlafen? Statt zu antworteten fuhr er mit der Schnauze durch den feinen Sand. Doch dann schüttelte er sich.
Ich versteh das nicht. Ich meine scheinbar sind wir der einzige Stamm hier an der gesamten Bucht, der kaum noch Fische fängt.
Ich zog den Kopf zurück und spitze meine Ohren. Ich konnte nicht glauben was ich da gerade hörte.
Was willst du damit sagen? , ich war verwirrt.
Ich bin in den letzten Wochen immer wieder mal an der Küste entlang gelaufen. Bis vor einer Woche trieb sich der Schwarm bis vor unseren Grenzen herum, als ob da eine Art unsichtbare Mauer im Wasser schwimmt.
Wir spitzen beide dir Ohren. Es war Jared, der zu uns trottet.
Hey Frühaufsteher, begrüßte er mich. An Seth gewandt meinte er: Warum hast du nicht gleich Jake gefragt, ob er mit auf Erkundung geht und hättest mich schlafen lassen? Du hattest übrigens Recht, Seth. Die Makah scheinen ebenfalls nicht betroffen. Jared legte sich der Länge nach hin und bettete den Kopf zwischen die Pfoten. Wir taten es ihm gleich. Eine ganze Weile schwiegen wir, dann reckte ich den Kopf.
Habt ihr mal mit den Oberhäuptern gesprochen?
Sam und Quil haben es einmal versucht.Sie hatten allerdings nur den Eindruck der Schadenfreude bei ihren Gesprächspartner.Jared zog die Lefzen einseitig hoch, dass es einem müden Grinsen ähnelte.
Mir wurden nun doch langsam die Augen immer schwerer über diese Neuigkeiten, die zu wilden Spekulationen Anlass gaben. Ich verabschiedete mich von den beiden und trottete nach Hause. Schnell duschte ich noch und fiel, mit dem Handtuch um die Hüften, in mein Bett. Ich würde bis spätnachmittags schlafen, war mein letzter Gedanke.
Nessie
Am nächsten Morgen in der dritten Stunde saß ich mit Melinda im Englischunterricht bei Mrs. Burke. Die ließ sich allerdings lange nicht blicken. Während wir warteten schnatterten die meisten. Ich hingegen nahm mir den „Spartaner“, die Schülerzeitung, vom Pult und breitete ihn auf meinem Tisch aus. Auf der Titelseite war die erste Schlagzeige in fetten Lettern:
REPORTER GESUCHT!
Du bist schlagfertig, wortgewandt und hast Lust uns ein bisschen unter die Arme zu greifen? Dann melde dich in der Redaktion, denn wir suchen genau dich.
Neben der Anzeige prangte Uncle Sam mit gestrecktem Zeigefinger, betitelt mit dem wohlbekannten Spruch: „We want You“.
Melinda schaute mir über den Tisch zu, wie ich die Anzeige studierte.
„Hey, hast du Lust? Das wär echt cool, wenn du auch Mitglied der „Spartaner“ werden würdest“, rief sie begeistert.
„Du schreibst in der Schülerzeitung?“, richtete ich meine Frage an sie und deutete auf die Anzeige.
„Schon seit meinem ersten Jahr hier. Ich bin die stellvertretende Chefredakteurin. Ich würde ein gutes Wort für dich einlegen“, bot sie mir mit stolz geschwellter Brust an. Ich stimmte in ihr breites Grinsen ein, als die Klassenzimmertür aufgerissen wurde.
Herein kamen zwei Jungs, die sich ähnelten, wie ein Ei dem anderen – gefolgt (nein, eher getrieben) von Mrs. Burke.
„Alle mal herhören. Das sind Luke und Lucas Mendozza. Sie werden für einige Zeit den Unterricht an unserer Schule besuchen – solange der Wanderzirkus Mendozza vor der Stadt kampieren wird. Ihr dürft euch dort vorne einrichten.“
Wow, das war ja mal eine Einführung. Und ich dachte schon sie wäre über mein Eindringen in Ihre Klasse eschauffiert gewesen. Meine Mitschüler schienen meine Ansicht zu teilen, denn es herrschte gespannte Stille in der Klasse. Mrs. Burke fing gleich mit dem Unterricht an – sie teilte uns einen Überraschungstest aus. In der ersten Reihe angekommen flüsterte sie halblaut: „Bin mal gespannt, was ihr so drauf habt.“
Nach fünfundvierzig unerträglich langen Minuten lief ich mit Melinda zum Spanisch Kurs. Die Mendozza-Zwillinge hatten wohl denselben Stundenplan, denn sie saßen wieder vorne in der ersten Reihe. Ich lächelte ihnen freundlich zu, als ich an ihnen vorbeiging. Einen kleinen Augenblick meinte ich ein Leuchten in ihren Augen zu erahnen.
„Hola, Amigos“, begrüßte uns Mr. Valeska. „Díganos sus nombres.“ Er musterte die beiden.
„Mi Nombre es Luke y este es mi hermano Lucas“, antwortete Luke und deutete auf seinen Bruder.
„Qué hace usted?“, führte Mr. Valeska seine Befragung fort, atmete jedoch genervt auf, als er in die überwiegend fragenden Gesichter der Klasse sah. „Ich denke wir führen die Einführung in Englisch weiter. Bitte.“ Mit erhobener Hand deutete er diesmal auf Lucas.
„Unserer Familie gehört ein kleiner Wanderzirkus. Luke und ich sind die Hochseilartisten. Unser Vater ist der Direktor“, erzählte Lucas mit leichtem Akzent.
„A qué tipo de animales tiene usted? Welche Tiere habt ihr in eurem Zirkus?“, fragte Mr. Valeska nach.
„Wir haben einen Elefanten und zwei Tiger, außerdem noch eine Schlange und mehrere Kaninchen.“
„Maravilloso! Wunderbar!“ Begeistert führte er seinen Unterricht fort.
Nach Unterrichts Schluss begleitete ich Melinda in die Redaktion. Ich wollte mich dort wenigstens einmal umsehen, das konnte ja nicht schaden. Der Raum im Keller der Schule war beinahe leer. In einem Hinterzimmer arbeitet aber noch jemand.
„Gideon!“, rief Melinda nach hinten. Es gab einen mächtigen Knall, gefolgt von einem Schwall von Schimpfwörtern. Wir sahen uns verdutzt an und folgten der fluchenden Stimme. Im Hinterzimmer stand ein großer blonder Mann über einem Monster von Kopierer gebeugt und sammelte Kleinteile zusammen.
„Wir helfen ihnen, tut mir echt leid. Ich wollte sie nicht erschrecken“, beteuerte Melinda.
„Ach was, das Ding stand schon die ganze Zeit schief da. Mist!“, beschwichtige er sie.
„Oh, wer ist das denn?“ Er sah mich erst überrascht an, dann lächelte er freundlich.
„Das ist Renesmee Cullen, Mr. Gobbler. Sie möchte sich für die freie Stelle melden“, stellte sie mich ihm vor.
„Mr. Gobbler.“ Zögerlich reichte ich ihm meine Hand. Sein Grinsen wurde noch breiter und er stellte sich gerade hin.
„Hocherfreut, nenn mich bitte Gideon. Hast du schon Erfahrungen im Schreiben?“, wollte er wissen.
„Um ehrlich zu sein, nein“, gestand ich.
Er spitze den Mund, überlegte kurz und sagte: „Dann müssen wir schleunigst herausfinden was du kannst, nicht wahr?“ Er zwängte sich an uns vorbei und kramte nach etwas auf einem der Schreibtische. Ich schaute Melinda skeptisch an, sie dagegen nickte mir aufmunternd zu.
Er schien das was er suchte gefunden zu haben, denn er reichte mir einen Zettel. Noch bevor ich das Geschriebene lesen konnte, redete er weiter.
„Du hast die reizvolle Aufgabe ein Interview mit den Mendozza-Zwillingen zu führen. Im Stil von „ständig wechselnde Schulen“, „beengtes Wohnen“, oder sowas in der Art. Dir wird schon was einfallen.“ Mit diesen Worten legte er seine Hand auf meine Schulter und führte uns hinaus.
Zuletzt von esme78 am Do 07 Feb 2013, 15:02 bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet (Grund : abschließende Korrektur)
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Jake
Ein lautes Heulen ließ mich aus dem Bett fallen. Ich rappelte mich fluchend auf. Beim Blick auf die Uhr war ich sofort hellwach und zog mich hektisch an. Es war bereits drei Uhr nachmittags. Zum einen hatte Nessie bald Schluss, zum anderen wollte ich noch mit Billy sprechen. Ich ging schnell ins Bad und lief dann nach draußen, da ich Dad nirgends entdecken konnte. Am Waldrand tauchten Sam und Paul auf; ich lief ihnen entgegen.
„Jake. Wir treffen uns alle an der Grenze. Billy hat uns gerufen, er will uns etwas mitteilen.“ Ich stand verdattert da, lief den beiden aber dann doch hinterher. Was hatte er denn vor? Es hatte bestimmt etwas mit dem nächtlichen Streifzug von Seth und Jared zu tun. Da fiel mir wieder der Traum ein, aus dem ich eben reichlich unsanft gerissen wurde.
Ich sah jemanden im tiefschwarzen Wald sitzen, ein Rauschen und Flüstern war zu hören. Der Wind trug geisterhafte Schleier durch das Blätterdach.
Dann vernahm ich das laute Heulen, welches mich aus dem Bett geworfen hatte.
Ich blinzelte. Mittlerweile waren wir an der äußersten südlichen Grenze unseres Landes angekommen. Das komplette Rudel war anwesend, in seiner Mitte - mein Vater. Die Stimmung hatte etwas Unheimliches. Dad erhob beide Hände und sprach.
„Meine Freunde. Ich möchte euch darüber in Kenntnis setzten, dass ich in mich kehren werde. Unsere Vorfahren hatten zu fast allen Zeiten mit Problemen von existenziellem Ausmaß zu kämpfen. Jeder Häuptling hat diesen Weg der Selbstfindung gewählt. Ich vertraue auf die Macht von Mutter Natur und werde mich den Elemente unterwerfen und ausharren, bis mir der Geist von Taha Aki widerfährt. Er wird uns helfen.“
Das meinte er doch nicht etwa im Ernst. Er, der ohne Rollstuhl keinen Meter vorwärts kommt, will sich im Wald verschanzen, auf Essen und Trinken verzichten und warten, bis ihm ein lebendiger Geist über den Weg läuft? Er musste den Verstand verloren haben. Ich kniete mich vor ihm hin und starrte ihn entgeistert an. Mir blieb für einige Sekunden regelrecht die Spucke weg, meine Hände krallten sich in die Armlehnen seines Rollstuhles.
„Du bist verrückt, alter Mann“, brachte ich dann hervor, mit einer Wut im Bauch, die unbedingt ins Freie gelassen werden wollte, ohne dass ich Gefahr lief mich in seiner Nähe zu verwandeln. Doch anstatt auf meine Beleidigung mit einer Ohrfeige oder ähnlichem zu reagieren, lächelte er mich nur an. Ich konnte es nicht glauben. Was wollte er damit beweisen? Was versprach er sich davon? Sam kam zu uns und reichte Dad eine Pfeife.
„Es ist also dein voller Ernst?“ Er nahm die Pfeife entgegen und legte mir eine Hand auf das Gesicht.
„Hab Vertrauen, mein Sohn.“ Das waren die letzten Worte, die er an mich richtete.
Ein lautes Heulen ließ mich aus dem Bett fallen. Ich rappelte mich fluchend auf. Beim Blick auf die Uhr war ich sofort hellwach und zog mich hektisch an. Es war bereits drei Uhr nachmittags. Zum einen hatte Nessie bald Schluss, zum anderen wollte ich noch mit Billy sprechen. Ich ging schnell ins Bad und lief dann nach draußen, da ich Dad nirgends entdecken konnte. Am Waldrand tauchten Sam und Paul auf; ich lief ihnen entgegen.
„Jake. Wir treffen uns alle an der Grenze. Billy hat uns gerufen, er will uns etwas mitteilen.“ Ich stand verdattert da, lief den beiden aber dann doch hinterher. Was hatte er denn vor? Es hatte bestimmt etwas mit dem nächtlichen Streifzug von Seth und Jared zu tun. Da fiel mir wieder der Traum ein, aus dem ich eben reichlich unsanft gerissen wurde.
Ich sah jemanden im tiefschwarzen Wald sitzen, ein Rauschen und Flüstern war zu hören. Der Wind trug geisterhafte Schleier durch das Blätterdach.
Dann vernahm ich das laute Heulen, welches mich aus dem Bett geworfen hatte.
Ich blinzelte. Mittlerweile waren wir an der äußersten südlichen Grenze unseres Landes angekommen. Das komplette Rudel war anwesend, in seiner Mitte - mein Vater. Die Stimmung hatte etwas Unheimliches. Dad erhob beide Hände und sprach.
„Meine Freunde. Ich möchte euch darüber in Kenntnis setzten, dass ich in mich kehren werde. Unsere Vorfahren hatten zu fast allen Zeiten mit Problemen von existenziellem Ausmaß zu kämpfen. Jeder Häuptling hat diesen Weg der Selbstfindung gewählt. Ich vertraue auf die Macht von Mutter Natur und werde mich den Elemente unterwerfen und ausharren, bis mir der Geist von Taha Aki widerfährt. Er wird uns helfen.“
Das meinte er doch nicht etwa im Ernst. Er, der ohne Rollstuhl keinen Meter vorwärts kommt, will sich im Wald verschanzen, auf Essen und Trinken verzichten und warten, bis ihm ein lebendiger Geist über den Weg läuft? Er musste den Verstand verloren haben. Ich kniete mich vor ihm hin und starrte ihn entgeistert an. Mir blieb für einige Sekunden regelrecht die Spucke weg, meine Hände krallten sich in die Armlehnen seines Rollstuhles.
„Du bist verrückt, alter Mann“, brachte ich dann hervor, mit einer Wut im Bauch, die unbedingt ins Freie gelassen werden wollte, ohne dass ich Gefahr lief mich in seiner Nähe zu verwandeln. Doch anstatt auf meine Beleidigung mit einer Ohrfeige oder ähnlichem zu reagieren, lächelte er mich nur an. Ich konnte es nicht glauben. Was wollte er damit beweisen? Was versprach er sich davon? Sam kam zu uns und reichte Dad eine Pfeife.
„Es ist also dein voller Ernst?“ Er nahm die Pfeife entgegen und legte mir eine Hand auf das Gesicht.
„Hab Vertrauen, mein Sohn.“ Das waren die letzten Worte, die er an mich richtete.
Zuletzt von esme78 am Fr 08 Jun 2012, 22:31 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Nessie
Als ich zuhause ankam wunderte ich mich, dass Jake sich noch nicht gemeldet hatte. Wir wollten den Nachmittag an seiner Maschine basteln. Nun, aus diesen Plänen würde ohnehin nichts werden, denn ich hatte ja einen Auftrag, den ich möglichst schnell hinter mich bringen wollte. Oma Sue hatte das Essen bereits fertig, doch ich hatte keinen Appetit, zumindest nicht auf Bohnengemüse mit Speck. Ich nahm mir vor in der Abenddämmerung einen kleinen Jagdausflug zu unternehmen. Allein bei dem Gedanken sammelte sich der Speichel in meinem Mund. Ich schluckte krampfhaft und holte tief Luft, konzentriert darauf, die Nummer von Jakes Handy fehlerfrei einzutippen. Wo steckte er bloß?
„Hey, Süße. Bin gleich da?“ Ich verstand ihn kaum zwischen dem lauten Rauschen im Hintergrund.
„Wo um alles in der Welt steckst du? Und was ist das für ein Rauschen?“, brüllte ich ins Telefon.
„Auf dem Weg zu dir. Die Maschine braucht dringend mal eine Überholung, aber das muss jetzt erst mal warten.“ Ich stutze. Als ob er meine Gedanken gelesen hätte.
„O.K., das passt mir gut. Ich hab da noch was zu erledigen und ich wäre froh, wenn du mich begleiten würdest.“ Ich hörte das Geräusch plötzlich Stereo. Ich schaute aus dem Fenster und sah ihn die Straße heranbrausen. Das Klacken in der Leitung verriet mir, dass er aufgelegt hatte. Ich schob mein Handy zusammen und legte es wieder in meine Tasche, dann lief ich die Treppen hinunter. Sue kam aus der Küche, um Jake hereinzulassen.
„Ich geh schon“, rief ich ihr zu und mit einem kurzen Nicken verschwand sie wieder in der Küche. Ich öffnete die Tür, und war geschockt. Jake stand vor mir mit einem Gesicht, wie sieben Tage Regenwetter. Blöder Vergleich, ich weiß.
„Jake? Alles in Ordnung mit dir?“ Zu mehr kam ich gar nicht, denn er drückt mich ganz fest an sich. Irgendetwas war doch da im Busch?
„Komm ich brauch frische Luft … und Bewegung. Was dagegen, wenn ich die Harley hierlasse?“, zog er mich praktisch aus dem Haus. Ich zerrte mit aller Kraft dagegen, ich wollte zumindest meine Tasche noch holen gehen. Seiner Miene nach zu urteilen, hat ihm irgendwas gehörig die Laune verdorben. Ich versprach, mich zu beeilen und rannte die Treppe nach oben.
Hinter den Bäumen verwandelte er sich und ich rannte ihm hinterher. Was immer der Grund für seinen Energieschub war, ich machte das Beste daraus. Es tat mir gut mal wieder zu rennen, bis ich kaum noch Luft bekam. Ich war regelrecht im Rausch, so war es nicht verwunderlich, dass ich mich von einer verführerischen Fährte habe anlocken lassen. Jake folgte mir, als er bemerkte, dass ich mich bereits mitten in der Jagd befand. Meine Nase führte mich zu einem etwa einjährigen Reh. Den Wettlauf mit uns hatte es bereits verloren, noch bevor es sich im Sprung an einem von einem Baumstamm abstehenden Ast verfing und strauchelte. Jake riss am linken Hinterlauf und ich nahm mir die pulsierende Ader am Hals vor.
Unregelmäßig tief atmend stand Jake vor mir. Ich bemühte mich den Kadaver mit Ästen und Flechten zu bedecken und wusch mich an einem kleinen Bach, Jake senkte den Kopf und trank neben mir. Aufmerksam musterte ich ihn. Trotz der Jagd wirkte er deprimiert und traurig. Mit der noch nassen Hand fuhr ich ihm durchs Fell, er zitterte am ganzen Leib.
„Was ist denn los mit dir?“, flüsterte ich, während ich mich an sein warmes Fell schmiegte. Er schloss die Augen und winselte.
Jake
Nach der Jagd, die ich ebenso wie Nessie dringend nötig gehabt hatte, saßen wir auf einer wunderschönen Wiese; ich hatte mich mittlerweile zurück verwandelt. Um sicheren Halt unter mir zu spüren, legte ich mich auf den Rücken, holte tief Luft und fuhr mit den flachen Händen über das feuchte Gras.
„Billy, er geht in den Wald.“ Unwirsch riss ich einige der Grashalme aus dem Boden.
„Was heißt das? Er geht in den Wald?“ Nessie legte sich zu mir und machte es sich in meiner Armbeuge bequem, ich drückt sie sanft an mich.
„Er wartet auf eine Erleuchtung, oder so ähnlich. Ich mache mir Sorgen, um ihn und um den gesamten Stamm.“
Meine Stimme war zittrig, und ich kämpfte mit den Tränen. Sie richtete sich wieder auf und strich mir mit ihren zierlichen Fingern die dummen Tränen aus den Augenwinkeln. Sie senkte ihren Kopf und ihre Lippen berührten meine. Ich ließ alles fallen, schloss die Augen und sog ihren Duft in mich ein.
Jetzt heulte ich wie ein kleines Baby, ich wusste selbst nicht warum, doch ich kam mir nicht dämlich vor. In ihrer Gegenwart brauchte ich mich nicht zu verstellen, und als ob sie mir genau das zu zeigen versuchte, schenkte sie mir ein unglaubliches Lächeln. Ich schlang meine Arme um sie und drehte sie auf den Rücken. Ihre dichten Locken fielen ihr um das Engelsgesicht. Die letzte Strähne, die sich über ihre Augen legte, nahm ich zwischen meine Finger und drehte sie auf.
Urplötzlich wandelte sich mein Kummer in ein Brennen, das mich innerlich zu verglühen drohte. Wir blickten uns tief in die Augen bevor wir uns in einem stürmischen Kuss verloren. Ich spürte sie überall auf mir, die Berührung mit ihrer Haut jagte mir wohlige Schauer über den Rücken. Ich nahm dankbar jedes kleine bisschen, das sie mir schenkte. Meine Gedanken waren bereits so vernebelt, dass ich meine Probleme bald vergessen hatte.
Von diesem Moment an übernahmen die Instinkte die Führung und wir vereinigten uns zu einem einzigen langen Herzschlag, der uns eins werden ließ mit der Umwelt.
Als ich zuhause ankam wunderte ich mich, dass Jake sich noch nicht gemeldet hatte. Wir wollten den Nachmittag an seiner Maschine basteln. Nun, aus diesen Plänen würde ohnehin nichts werden, denn ich hatte ja einen Auftrag, den ich möglichst schnell hinter mich bringen wollte. Oma Sue hatte das Essen bereits fertig, doch ich hatte keinen Appetit, zumindest nicht auf Bohnengemüse mit Speck. Ich nahm mir vor in der Abenddämmerung einen kleinen Jagdausflug zu unternehmen. Allein bei dem Gedanken sammelte sich der Speichel in meinem Mund. Ich schluckte krampfhaft und holte tief Luft, konzentriert darauf, die Nummer von Jakes Handy fehlerfrei einzutippen. Wo steckte er bloß?
„Hey, Süße. Bin gleich da?“ Ich verstand ihn kaum zwischen dem lauten Rauschen im Hintergrund.
„Wo um alles in der Welt steckst du? Und was ist das für ein Rauschen?“, brüllte ich ins Telefon.
„Auf dem Weg zu dir. Die Maschine braucht dringend mal eine Überholung, aber das muss jetzt erst mal warten.“ Ich stutze. Als ob er meine Gedanken gelesen hätte.
„O.K., das passt mir gut. Ich hab da noch was zu erledigen und ich wäre froh, wenn du mich begleiten würdest.“ Ich hörte das Geräusch plötzlich Stereo. Ich schaute aus dem Fenster und sah ihn die Straße heranbrausen. Das Klacken in der Leitung verriet mir, dass er aufgelegt hatte. Ich schob mein Handy zusammen und legte es wieder in meine Tasche, dann lief ich die Treppen hinunter. Sue kam aus der Küche, um Jake hereinzulassen.
„Ich geh schon“, rief ich ihr zu und mit einem kurzen Nicken verschwand sie wieder in der Küche. Ich öffnete die Tür, und war geschockt. Jake stand vor mir mit einem Gesicht, wie sieben Tage Regenwetter. Blöder Vergleich, ich weiß.
„Jake? Alles in Ordnung mit dir?“ Zu mehr kam ich gar nicht, denn er drückt mich ganz fest an sich. Irgendetwas war doch da im Busch?
„Komm ich brauch frische Luft … und Bewegung. Was dagegen, wenn ich die Harley hierlasse?“, zog er mich praktisch aus dem Haus. Ich zerrte mit aller Kraft dagegen, ich wollte zumindest meine Tasche noch holen gehen. Seiner Miene nach zu urteilen, hat ihm irgendwas gehörig die Laune verdorben. Ich versprach, mich zu beeilen und rannte die Treppe nach oben.
Hinter den Bäumen verwandelte er sich und ich rannte ihm hinterher. Was immer der Grund für seinen Energieschub war, ich machte das Beste daraus. Es tat mir gut mal wieder zu rennen, bis ich kaum noch Luft bekam. Ich war regelrecht im Rausch, so war es nicht verwunderlich, dass ich mich von einer verführerischen Fährte habe anlocken lassen. Jake folgte mir, als er bemerkte, dass ich mich bereits mitten in der Jagd befand. Meine Nase führte mich zu einem etwa einjährigen Reh. Den Wettlauf mit uns hatte es bereits verloren, noch bevor es sich im Sprung an einem von einem Baumstamm abstehenden Ast verfing und strauchelte. Jake riss am linken Hinterlauf und ich nahm mir die pulsierende Ader am Hals vor.
Unregelmäßig tief atmend stand Jake vor mir. Ich bemühte mich den Kadaver mit Ästen und Flechten zu bedecken und wusch mich an einem kleinen Bach, Jake senkte den Kopf und trank neben mir. Aufmerksam musterte ich ihn. Trotz der Jagd wirkte er deprimiert und traurig. Mit der noch nassen Hand fuhr ich ihm durchs Fell, er zitterte am ganzen Leib.
„Was ist denn los mit dir?“, flüsterte ich, während ich mich an sein warmes Fell schmiegte. Er schloss die Augen und winselte.
Jake
Nach der Jagd, die ich ebenso wie Nessie dringend nötig gehabt hatte, saßen wir auf einer wunderschönen Wiese; ich hatte mich mittlerweile zurück verwandelt. Um sicheren Halt unter mir zu spüren, legte ich mich auf den Rücken, holte tief Luft und fuhr mit den flachen Händen über das feuchte Gras.
„Billy, er geht in den Wald.“ Unwirsch riss ich einige der Grashalme aus dem Boden.
„Was heißt das? Er geht in den Wald?“ Nessie legte sich zu mir und machte es sich in meiner Armbeuge bequem, ich drückt sie sanft an mich.
„Er wartet auf eine Erleuchtung, oder so ähnlich. Ich mache mir Sorgen, um ihn und um den gesamten Stamm.“
Meine Stimme war zittrig, und ich kämpfte mit den Tränen. Sie richtete sich wieder auf und strich mir mit ihren zierlichen Fingern die dummen Tränen aus den Augenwinkeln. Sie senkte ihren Kopf und ihre Lippen berührten meine. Ich ließ alles fallen, schloss die Augen und sog ihren Duft in mich ein.
Jetzt heulte ich wie ein kleines Baby, ich wusste selbst nicht warum, doch ich kam mir nicht dämlich vor. In ihrer Gegenwart brauchte ich mich nicht zu verstellen, und als ob sie mir genau das zu zeigen versuchte, schenkte sie mir ein unglaubliches Lächeln. Ich schlang meine Arme um sie und drehte sie auf den Rücken. Ihre dichten Locken fielen ihr um das Engelsgesicht. Die letzte Strähne, die sich über ihre Augen legte, nahm ich zwischen meine Finger und drehte sie auf.
Urplötzlich wandelte sich mein Kummer in ein Brennen, das mich innerlich zu verglühen drohte. Wir blickten uns tief in die Augen bevor wir uns in einem stürmischen Kuss verloren. Ich spürte sie überall auf mir, die Berührung mit ihrer Haut jagte mir wohlige Schauer über den Rücken. Ich nahm dankbar jedes kleine bisschen, das sie mir schenkte. Meine Gedanken waren bereits so vernebelt, dass ich meine Probleme bald vergessen hatte.
Von diesem Moment an übernahmen die Instinkte die Führung und wir vereinigten uns zu einem einzigen langen Herzschlag, der uns eins werden ließ mit der Umwelt.
Zuletzt von esme78 am Fr 08 Jun 2012, 22:32 bearbeitet; insgesamt 4-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Nessie
Die einsetzende Abenddämmerung brachte kühle Luft über die Lichtung. Doch wir lagen immer noch, so wie Gott uns schuf, in Mitten von unzähligen Wiesenblumen und lauschten dem Herzschlag des Andern. Grillen zirpten und ganz in der Nähe tummelte sich ein Schwarm Glühwürmchen, der die Szenerie in ein geheimnisvoll romantisches Licht tauchte. Ab und zu rieb mir Jake über den Arm und den Rücken, obwohl mir nicht kalt war. Mein Kopf ruhte auf seiner Brust, die sich in regelmäßigen Abständen hob und senkte. Ich stellte mir vor, wie es in seinem Inneren wohl aussah. Billy würde einem alten indianischen Ritual folgen und sich in die Abgeschiedenheit des Waldes begeben, um in sich zu kehren. (Jake musste mir erst erklären, was es damit auf sich hatte.) Die Sorge um seinen Vater, der die Last der Verantwortung für den gesamten Stamm trug, musste ihm sehr zu schaffen machen. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich ihn das letzte Mal habe weinen sehen.
Ich stützte das Kinn auf die Hände und sah in sein Gesicht. Ich dachte an meinen Entschluss. Die Umstände hatte ich mir zwar ein klein wenig anders vorgestellt, doch worauf sollte ich warten, auf eine bessere Gelegenheit? Wir hatten gerade unglaublich tollen Sex und ich sah keinen Grund, es noch länger auf zu schieben. Innerlich wiederholte ich immer wieder die Worte, die seit einiger Zeit in meinem Kopf herumgeisterten, um nicht allzu nervös zu wirken. Leichter gedacht, als getan.
„Jake?“, meine Stimme hörte sich bei weitem nicht so sicher an, wie ich klingen wollte.
Er legte den freien Arm unter den Kopf und schaute mich mit großen Augen an.
„Ja?“ Natürlich! Seine Stimme war samtweich wie Watte und ich spürte, wie mir immer heißer wurde.
„Ich möchte dich etwas fragen“, begann ich. „Ich finde es ist an der Zeit, dass wir zusammenziehen“, fügte ich schnell an, bevor mich meine Courage wieder im Stich lassen würde. Jetzt hatte ich seine volle Aufmerksamkeit. Er grinste schelmisch und hob eine Augenbraue.
„Hmmh, an den Gedanken könnte ich mich gewöhnen, jeden Tag so mit dir aufzuwachen.“ In seinen Augen blitze es und sein lüsterner Blick wanderte über meinen ganzen Körper. Er richtete sich auf, zog mich an sich und küsste mich zärtlich. Ich schloss unwillkürlich die Augen, er konnte so wahnsinnig gut küssen. Nessie, drück kurz auf die Bremse, versuchte ich wieder Herr meiner Sinne zu werden. So würde ich nie meine Frage loswerden können. Mit immer noch geschlossenen Augen presste ich meine Hände an seine Brust, um etwas Abstand zwischen uns zu bekommen. Als ich meine Augen wieder öffnete, blickte ich in dunkle funkelnde Augen, die mich zu fragen schienen, was um Himmelswillen jetzt wichtiger sein sollte als dieser Kuss. Ich schluckte und suchte wieder nach meinen schön vorbereiteten Worten. Dann nahm ich allen Mut zusammen und fragte:
„Möchtest du mich heiraten, Jacob Black?“
So nun war es raus! Puh! Mein Herz hämmerte gegen die Brust und ließ mich anlaufen, wie eine überreife Tomate. Während ich versuchte meinen Körper wieder auf Normal einzustellen, merkte ich, dass er mir noch nicht geantwortet hatte. Wie viele Sekunden starrte er mich denn jetzt schon so an, mit einem Gesichtsausdruck, den ich schwer einzuordnen vermochte.
„Jake?“
„Ja?“ Was ja? Ja, er war anwesend, oder Ja, er möchte mich zu seiner Frau nehmen? Ich verlor gleich den Verstand! Ich packte ihn bei den Schultern und rüttelte ihn, ich wurde langsam richtig sauer.
„Hast…Bist….Ich meine,…“, stammelte er. O.K. vielleicht hatte ich ihn etwas zu heftig geschüttelt. Doch dann holte er tief Luft und versuchte mir einen halbwegs vollständigen Satz zu präsentieren, das hoffte ich jedenfalls für ihn.
„Ich würde dich liebend gerne heiraten.“ Er schüttelte aber den Kopf dabei - ich war verwirrt.
„Aber sollte nicht ich dich das fragen?“ Oh, mein Gott, war mir das peinlich. Ich hatte überhaupt nicht daran gedacht, ob er sich eventuell übergangen fühlen könnte. Mir war wohl jedes gedachte Wort ins Gesicht geschrieben, denn er streichelte mir sanft über die glühenden Wangen und grinste mich schief an.
„Wow, du hast es geschafft mich zu überrumpeln, Renesmee Carlie Cullen.“ Er griff meine Hände und schwor.
„Ich liebe dich. Ja, ich möchte dein Ehemann werden, dich lieben und ehren, bis ans Ende unserer Tage.“ Mir kullerten die Tränen über die Wangen, doch ich strahlte und fiel ihm um den Hals.
Bingo
Nessie
Es war schon spät, als Jake mich nach Hause brachte. Das Veranda Licht brannte, doch ich hoffte Charlie und Sue würden bereits schlafen. Flüsternd standen wir in der Auffahrt, in einer innigen Umarmung, die keiner von uns so recht aufgeben wollte.
„Es ist wohl besser, wenn ich nach Hause laufe. Es ist schon spät, sonst verhaftet mich Charlie noch wegen nächtlicher Ruhestörung“, kicherte Jake an mein Ohr. „Hmm“, mehr brachte ich nicht heraus, denn er arbeitete sich gerade mit sanften Küssen an meinem Hals hinunter. Plötzlich musste ich kichern. Er hielt inne, löste sich ein wenig aus unserer Umarmung und lugte unter seinen dunklen Wimpern hervor.
„Was?“, wollte er wissen.
„Ich stelle mir gerade Charlies Gesicht vor, wenn ich ihn um die Schlüssel für unser Häuschen bitte“, gluckste ich.
„Ich würde mir eher Sorgen wegen Edward machen“, entgegnete er mir spöttisch grinsend. „Es ist ja schließlich sein Liebesnest gewesen.“
„Ach, du kennst ihn doch. Er ist glücklich, wenn ich glücklich bin“, entgegnete ich. Er hielt jetzt meine beiden Hände fest und wurde wieder ernst.
„Morgen hab ich eine kleine Überraschung für dich. Ich hol dich von der Schule ab, in Ordnung?“
Ich nickte, doch dann fiel mir wieder ein, dass ich ja noch das Interview mit den Zwillingen führen musste.
„Ich hab morgen nach der Schule leider schon etwas vor. Ein Interview für die Schülerzeitung, ich muss zum Zirkus Mendozza. Aber ich schenke dir den Abend, einverstanden?“ Mit einer Mischung aus Bedauern und gespannter Vorfreude schaute ich ihn an. Mein Versprechen schien in milde zu stimmen, denn er verzog nur gespielt mürrisch den Mund und tippte mir auf die Nasenspitze.
„Ich hole dich trotzdem ab. Ich komm einfach mit.“
Er beugte sich zu mir herunter und gab mir einen Gute-Nachtkuss. Ich sah ihm noch nach, als er längst hinter den Bäumen verschwunden war. Kaum hatte ich die Haustür hinter mir geschlossen, stand Charlie hinter mir. Ich drehte mich langsam um und sah in sein leicht säuerliches Gesicht.
„Nessie, du weißt ich lass dir alle Freiheiten. Aber bitte sag wenigsten Bescheid, wenn du länger aus bleibst“, ratterte er seinen Vortrag herunter. Ich schaute beschämt zu Boden, um ihm dann meinen unschlagbaren Augenaufschlag zukommen zu lassen - er wirkte verlässlich, wie immer. Charlies Gesichtszüge entspannten sich wieder und er vergrub die Hände noch tiefer in seinem Morgenmantel.
„Geh jetzt schlafen, morgen ist Schule.“ Ich nickte brav und gab ihm ein Küsschen auf die Wange.
Die einsetzende Abenddämmerung brachte kühle Luft über die Lichtung. Doch wir lagen immer noch, so wie Gott uns schuf, in Mitten von unzähligen Wiesenblumen und lauschten dem Herzschlag des Andern. Grillen zirpten und ganz in der Nähe tummelte sich ein Schwarm Glühwürmchen, der die Szenerie in ein geheimnisvoll romantisches Licht tauchte. Ab und zu rieb mir Jake über den Arm und den Rücken, obwohl mir nicht kalt war. Mein Kopf ruhte auf seiner Brust, die sich in regelmäßigen Abständen hob und senkte. Ich stellte mir vor, wie es in seinem Inneren wohl aussah. Billy würde einem alten indianischen Ritual folgen und sich in die Abgeschiedenheit des Waldes begeben, um in sich zu kehren. (Jake musste mir erst erklären, was es damit auf sich hatte.) Die Sorge um seinen Vater, der die Last der Verantwortung für den gesamten Stamm trug, musste ihm sehr zu schaffen machen. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich ihn das letzte Mal habe weinen sehen.
Ich stützte das Kinn auf die Hände und sah in sein Gesicht. Ich dachte an meinen Entschluss. Die Umstände hatte ich mir zwar ein klein wenig anders vorgestellt, doch worauf sollte ich warten, auf eine bessere Gelegenheit? Wir hatten gerade unglaublich tollen Sex und ich sah keinen Grund, es noch länger auf zu schieben. Innerlich wiederholte ich immer wieder die Worte, die seit einiger Zeit in meinem Kopf herumgeisterten, um nicht allzu nervös zu wirken. Leichter gedacht, als getan.
„Jake?“, meine Stimme hörte sich bei weitem nicht so sicher an, wie ich klingen wollte.
Er legte den freien Arm unter den Kopf und schaute mich mit großen Augen an.
„Ja?“ Natürlich! Seine Stimme war samtweich wie Watte und ich spürte, wie mir immer heißer wurde.
„Ich möchte dich etwas fragen“, begann ich. „Ich finde es ist an der Zeit, dass wir zusammenziehen“, fügte ich schnell an, bevor mich meine Courage wieder im Stich lassen würde. Jetzt hatte ich seine volle Aufmerksamkeit. Er grinste schelmisch und hob eine Augenbraue.
„Hmmh, an den Gedanken könnte ich mich gewöhnen, jeden Tag so mit dir aufzuwachen.“ In seinen Augen blitze es und sein lüsterner Blick wanderte über meinen ganzen Körper. Er richtete sich auf, zog mich an sich und küsste mich zärtlich. Ich schloss unwillkürlich die Augen, er konnte so wahnsinnig gut küssen. Nessie, drück kurz auf die Bremse, versuchte ich wieder Herr meiner Sinne zu werden. So würde ich nie meine Frage loswerden können. Mit immer noch geschlossenen Augen presste ich meine Hände an seine Brust, um etwas Abstand zwischen uns zu bekommen. Als ich meine Augen wieder öffnete, blickte ich in dunkle funkelnde Augen, die mich zu fragen schienen, was um Himmelswillen jetzt wichtiger sein sollte als dieser Kuss. Ich schluckte und suchte wieder nach meinen schön vorbereiteten Worten. Dann nahm ich allen Mut zusammen und fragte:
„Möchtest du mich heiraten, Jacob Black?“
So nun war es raus! Puh! Mein Herz hämmerte gegen die Brust und ließ mich anlaufen, wie eine überreife Tomate. Während ich versuchte meinen Körper wieder auf Normal einzustellen, merkte ich, dass er mir noch nicht geantwortet hatte. Wie viele Sekunden starrte er mich denn jetzt schon so an, mit einem Gesichtsausdruck, den ich schwer einzuordnen vermochte.
„Jake?“
„Ja?“ Was ja? Ja, er war anwesend, oder Ja, er möchte mich zu seiner Frau nehmen? Ich verlor gleich den Verstand! Ich packte ihn bei den Schultern und rüttelte ihn, ich wurde langsam richtig sauer.
„Hast…Bist….Ich meine,…“, stammelte er. O.K. vielleicht hatte ich ihn etwas zu heftig geschüttelt. Doch dann holte er tief Luft und versuchte mir einen halbwegs vollständigen Satz zu präsentieren, das hoffte ich jedenfalls für ihn.
„Ich würde dich liebend gerne heiraten.“ Er schüttelte aber den Kopf dabei - ich war verwirrt.
„Aber sollte nicht ich dich das fragen?“ Oh, mein Gott, war mir das peinlich. Ich hatte überhaupt nicht daran gedacht, ob er sich eventuell übergangen fühlen könnte. Mir war wohl jedes gedachte Wort ins Gesicht geschrieben, denn er streichelte mir sanft über die glühenden Wangen und grinste mich schief an.
„Wow, du hast es geschafft mich zu überrumpeln, Renesmee Carlie Cullen.“ Er griff meine Hände und schwor.
„Ich liebe dich. Ja, ich möchte dein Ehemann werden, dich lieben und ehren, bis ans Ende unserer Tage.“ Mir kullerten die Tränen über die Wangen, doch ich strahlte und fiel ihm um den Hals.
Bingo
Nessie
Es war schon spät, als Jake mich nach Hause brachte. Das Veranda Licht brannte, doch ich hoffte Charlie und Sue würden bereits schlafen. Flüsternd standen wir in der Auffahrt, in einer innigen Umarmung, die keiner von uns so recht aufgeben wollte.
„Es ist wohl besser, wenn ich nach Hause laufe. Es ist schon spät, sonst verhaftet mich Charlie noch wegen nächtlicher Ruhestörung“, kicherte Jake an mein Ohr. „Hmm“, mehr brachte ich nicht heraus, denn er arbeitete sich gerade mit sanften Küssen an meinem Hals hinunter. Plötzlich musste ich kichern. Er hielt inne, löste sich ein wenig aus unserer Umarmung und lugte unter seinen dunklen Wimpern hervor.
„Was?“, wollte er wissen.
„Ich stelle mir gerade Charlies Gesicht vor, wenn ich ihn um die Schlüssel für unser Häuschen bitte“, gluckste ich.
„Ich würde mir eher Sorgen wegen Edward machen“, entgegnete er mir spöttisch grinsend. „Es ist ja schließlich sein Liebesnest gewesen.“
„Ach, du kennst ihn doch. Er ist glücklich, wenn ich glücklich bin“, entgegnete ich. Er hielt jetzt meine beiden Hände fest und wurde wieder ernst.
„Morgen hab ich eine kleine Überraschung für dich. Ich hol dich von der Schule ab, in Ordnung?“
Ich nickte, doch dann fiel mir wieder ein, dass ich ja noch das Interview mit den Zwillingen führen musste.
„Ich hab morgen nach der Schule leider schon etwas vor. Ein Interview für die Schülerzeitung, ich muss zum Zirkus Mendozza. Aber ich schenke dir den Abend, einverstanden?“ Mit einer Mischung aus Bedauern und gespannter Vorfreude schaute ich ihn an. Mein Versprechen schien in milde zu stimmen, denn er verzog nur gespielt mürrisch den Mund und tippte mir auf die Nasenspitze.
„Ich hole dich trotzdem ab. Ich komm einfach mit.“
Er beugte sich zu mir herunter und gab mir einen Gute-Nachtkuss. Ich sah ihm noch nach, als er längst hinter den Bäumen verschwunden war. Kaum hatte ich die Haustür hinter mir geschlossen, stand Charlie hinter mir. Ich drehte mich langsam um und sah in sein leicht säuerliches Gesicht.
„Nessie, du weißt ich lass dir alle Freiheiten. Aber bitte sag wenigsten Bescheid, wenn du länger aus bleibst“, ratterte er seinen Vortrag herunter. Ich schaute beschämt zu Boden, um ihm dann meinen unschlagbaren Augenaufschlag zukommen zu lassen - er wirkte verlässlich, wie immer. Charlies Gesichtszüge entspannten sich wieder und er vergrub die Hände noch tiefer in seinem Morgenmantel.
„Geh jetzt schlafen, morgen ist Schule.“ Ich nickte brav und gab ihm ein Küsschen auf die Wange.
Zuletzt von esme78 am Fr 08 Jun 2012, 22:36 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
esme78- ~Betting with Alice~
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Jake
Das war vielleicht ein Tag. Ich saß noch eine geraume Zeit an den Klippen von La Push und dachte über die vergangenen Stunden nach. Der Mond war beinahe voll. Sein helles Licht drängte sich durch die vereinzelten dicken Wolken, die wie stumme Zeugen unbewegt über der Bucht hingen. Die See war ruhig, der herrliche Sommertag bettete sich sanft auf der seichten Wasseroberfläche, um dann aufs Neue die Sonne, die bald über den Horizont klettern würde, zu begrüßen. Ich atmete die salzige Luft tief ein. Mein Schädel kam mir vor, wie eine riesige Hartplastikkugeln, eine wie sie beim Bingo zum Ziehen der Zahlen verwendet wurde. Unzählige kleinere Kugeln kreisten und donnerten gegen die inneren Wände, um das Loch nach draußen zu finden. Jede dieser Kugeln stand für einen meiner Gedanken. Es war reines Glücksspiel, welcher Gedanke den Weg aus diesem Chaos finden würde.
Plong! Es war Billy. Er saß gerade jetzt da draußen auf einem Felsen, weitab von Telefon, Toilette und trögem Fernsehprogramm. Ich schloss die Augen und sah sein faltiges Gesicht vor mir. Sein Blick war fest, er blinzelte nicht einmal. Ich sollte jetzt an seiner Stelle sein. Er hatte mich nicht mit einbezogen. Er wusste wohl, dass ich versucht hätte, ihm diese Idee auszureden. Vermutlich hätte ich ihn in seinem Zimmer angebunden, bevor er sein Vorhaben in die Tat hätte umsetzten können. Ich seufzte. Eine kleine Brise trug diesen Gedanken über die nächtliche See. Ich schüttelte den Kopf und setzte damit die kleinen Kugeln wieder in Gang.
Plong! Nessie. Ich musste einfach lächeln. Wie sie mich vorhin, wie vom Donner gerührt, angeschaut hatte. Sie hatte mich einfach eiskalt erwischt. Wir kennen uns nun schon so lange und es war klar, dass wir irgendwann heiraten würden. Doch gerade jetzt gab sie sich als siebzehnjährige High-School-Schülerin aus, die bei ihren Großeltern lebt, da ihre Eltern bei einem tragischen Autounfall aus dem Leben geschieden sind - welch ein Irrsinn. Andererseits mussten wir niemandem Rechenschaft ablegen, wir lebten in unserer eigenen Welt. Einer Welt zwischen den Welten. Ich als gefährlicher Wolf im Schafspelz, sie als blutrünstiges Monster im Körper einer Porzellanpuppe. Nun, bei dieser Darstellung kamen wir beide nicht gut weg, aber genau das waren wir nach der landläufigen Meinung. Mein nächster Gedanke/Bingo Ball zeigte sie mir in einem umwerfenden weißen Kleid aus fließendem Stoff, ihre Haarpracht locker hochgesteckt und mit rosigen Wangen, wie sie auf mich zu schritt. Mir liefen abertausende Ameisen den Rücken rauf und runter, bildlich gesprochen. Kurz aber kräftig strich ich mir über die Arme, um die Gänsehaut wieder los zu werden.
Ich bekam plötzlich Hunger; mein Magen knurrte, beinahe so laut wie ich in Wolfsgestalt. Langsam erhob ich mich, streckte die müden Glieder und fuhr mir mit den Händen über die kurzen Haare. Die Morgensonne tauchte den Horizont in milchig trübes Licht, welches sich auf den Schaumkronen hier und da widerspiegelte. Die Möwen zogen wieder mit Gekreische ihre Kreise über den Strand. Es waren aber deutlich weniger, als ich das aus früheren Tagen gewohnt war. Keine Fische, keine Möwen - ganz einfach. Ich wollte nach Hause, aber mir wurde bei dem Gedanken an das verlassene Haus ganz elend. Ich beschloss Rachel und Paul einen Besuch abzustatten, um mich kurzerhand zum Frühstück einzuladen.
Nessie
Am nächsten Morgen saßen wir alle recht schweigsam am Frühstückstisch. Ich schob meine Cornflakes in der Milch hin und her und lauschte dem Geräusch der Tageszeitung, die Charlie hin und wieder umblätterte. Jeder von uns hing seinen Gedanken nach. Charlie wusste natürlich um die Mission seines alten Freundes Billy. Seine Stirn lag in Falten, immer wieder schüttelte er den Kopf und versuchte sich wieder dem Artikel zu widmen, den er schon seit einiger Zeit überlas, ohne den Sinn zu ergreifen. Sue trank ihren Kräutertee und sammelte Brotkrümmen von der Tischdecke und strich diese wieder glatt. Das Klingeln der Haustür durchbrach die drückende Stille. Ich stand auf und eilte zur Tür - es war Seth.
„Guten Morgen, Nessie.“ Er umarmte mich kurz und lief in die Küche. Er kam gerade von der Patrouille; das Rudel durfte Billy zwar in seiner Abgeschiedenheit nicht stören, dennoch liefen sie in Schichten dicht genug in seiner Gegend, um ihm sofort zu Hilfe eilen zu können. Er gönnte sich jetzt aber keine Ruhepause, er wollte heute mit Sam und Sue zur Quileute Seafood Company, um sich mit den Fischern zu besprechen, und vor allem um ihnen Mut zu zusprechen. Mehr konnten sie momentan nicht tun. Ich verabschiedete mich und machte mich auf den Weg zur Schule.
Der Schulalltag kam mir heute unendlich langweilig und im höchsten Maße überflüssig vor, nicht nur weil ich den Stoff schon in- und auswendig konnte. Nein, die Bilder des wunderschönen Abends auf der Lichtung schummelten sich immer wieder zwischen mathematische Formeln und geschichtliche Jahreszahlen. Mrs. Burke teilte uns die Ergebnisse des gestrigen Überraschungstestes aus. Über die fehlerfreien Arbeiten von Luke, Lucas und mir schüttelte sie nur den Kopf.
Irgendwann war der Vormittag dann doch überstanden und wir trafen uns zum Lunch in der Cafeteria. Ich bat Luke und Lucas sich zu uns zu setzten, da sie ein wenig verloren in der Ecke standen. Ein wenig unschlüssig schauten sie sich an, nahmen dann aber doch Platz. So schnell gab ich aber nicht klein bei, sondern suchte das Gespräch.
„Wie lange bleibt ihr denn hier in Forks?“ Ich nahm einen Schluck von meiner Limonade und drehte den Schraubverschluss wieder auf die Flasche. Eben solange schwiegen die beiden mich an.
„Das steht noch nicht fest“, ergriff Lucas schließlich das Wort. „Wir haben den Platz vorerst für drei Wochen zugesichert bekommen.“
„Aha, wann sind denn die Vorstellungen?“, übernahm Melinda. Luke wickelte sein Brot aus dem Papier und reichte seinem Bruder die Hälfte.
„Es sind zwei Vorstellungen. Eine um vier, die andere um acht Uhr“, antwortete Luke. Alle umliegenden Tische hatten ihre Gespräche eingestellt und hörten uns zu. Mit mürrischem Gesicht griff Lucas nach der Stulle. Offenbar konnten sie sich das Essen der Cafeteria nicht leisten, und ihm war das mehr als peinlich. Der Blick, den sie darauf hin von Celeste und ihre Anhängern ernteten, sprach Bände.
„Wer ist das?“ Lucas, dem das natürlich nicht entgangen war, deutete mit einer leichten Kopfbewegung in ihre Richtung.
„Das ist Celeste, die Tochter des Bürgermeisters“, beantwortete Melinda seine Frage. Sie legte sich wirklich ins Zeug. Ich fragte mich schon, ob sie eventuell ein Auge auf einen der beiden geworfen hatte.
„Na, das erklärt einiges“, äußerte sich Luke vieldeutig und biss in sein Brot. Ich schaute Melinda fragend an, sie schaute genauso fragend zurück. Bevor die Pause endete, bat ich die beiden um das Interview, welches ich mit ihnen führen wollte. Wir verabredeten uns für den Nachmittag nach der Vorstellung. Tief enttäuscht stellte Melinda fest, dass sie nicht mitkommen könnte. Ihre Familie erhielt ausgerechnet heute Besuch, und da könnte sie sich nicht einfach verdrücken.
Das war vielleicht ein Tag. Ich saß noch eine geraume Zeit an den Klippen von La Push und dachte über die vergangenen Stunden nach. Der Mond war beinahe voll. Sein helles Licht drängte sich durch die vereinzelten dicken Wolken, die wie stumme Zeugen unbewegt über der Bucht hingen. Die See war ruhig, der herrliche Sommertag bettete sich sanft auf der seichten Wasseroberfläche, um dann aufs Neue die Sonne, die bald über den Horizont klettern würde, zu begrüßen. Ich atmete die salzige Luft tief ein. Mein Schädel kam mir vor, wie eine riesige Hartplastikkugeln, eine wie sie beim Bingo zum Ziehen der Zahlen verwendet wurde. Unzählige kleinere Kugeln kreisten und donnerten gegen die inneren Wände, um das Loch nach draußen zu finden. Jede dieser Kugeln stand für einen meiner Gedanken. Es war reines Glücksspiel, welcher Gedanke den Weg aus diesem Chaos finden würde.
Plong! Es war Billy. Er saß gerade jetzt da draußen auf einem Felsen, weitab von Telefon, Toilette und trögem Fernsehprogramm. Ich schloss die Augen und sah sein faltiges Gesicht vor mir. Sein Blick war fest, er blinzelte nicht einmal. Ich sollte jetzt an seiner Stelle sein. Er hatte mich nicht mit einbezogen. Er wusste wohl, dass ich versucht hätte, ihm diese Idee auszureden. Vermutlich hätte ich ihn in seinem Zimmer angebunden, bevor er sein Vorhaben in die Tat hätte umsetzten können. Ich seufzte. Eine kleine Brise trug diesen Gedanken über die nächtliche See. Ich schüttelte den Kopf und setzte damit die kleinen Kugeln wieder in Gang.
Plong! Nessie. Ich musste einfach lächeln. Wie sie mich vorhin, wie vom Donner gerührt, angeschaut hatte. Sie hatte mich einfach eiskalt erwischt. Wir kennen uns nun schon so lange und es war klar, dass wir irgendwann heiraten würden. Doch gerade jetzt gab sie sich als siebzehnjährige High-School-Schülerin aus, die bei ihren Großeltern lebt, da ihre Eltern bei einem tragischen Autounfall aus dem Leben geschieden sind - welch ein Irrsinn. Andererseits mussten wir niemandem Rechenschaft ablegen, wir lebten in unserer eigenen Welt. Einer Welt zwischen den Welten. Ich als gefährlicher Wolf im Schafspelz, sie als blutrünstiges Monster im Körper einer Porzellanpuppe. Nun, bei dieser Darstellung kamen wir beide nicht gut weg, aber genau das waren wir nach der landläufigen Meinung. Mein nächster Gedanke/Bingo Ball zeigte sie mir in einem umwerfenden weißen Kleid aus fließendem Stoff, ihre Haarpracht locker hochgesteckt und mit rosigen Wangen, wie sie auf mich zu schritt. Mir liefen abertausende Ameisen den Rücken rauf und runter, bildlich gesprochen. Kurz aber kräftig strich ich mir über die Arme, um die Gänsehaut wieder los zu werden.
Ich bekam plötzlich Hunger; mein Magen knurrte, beinahe so laut wie ich in Wolfsgestalt. Langsam erhob ich mich, streckte die müden Glieder und fuhr mir mit den Händen über die kurzen Haare. Die Morgensonne tauchte den Horizont in milchig trübes Licht, welches sich auf den Schaumkronen hier und da widerspiegelte. Die Möwen zogen wieder mit Gekreische ihre Kreise über den Strand. Es waren aber deutlich weniger, als ich das aus früheren Tagen gewohnt war. Keine Fische, keine Möwen - ganz einfach. Ich wollte nach Hause, aber mir wurde bei dem Gedanken an das verlassene Haus ganz elend. Ich beschloss Rachel und Paul einen Besuch abzustatten, um mich kurzerhand zum Frühstück einzuladen.
Nessie
Am nächsten Morgen saßen wir alle recht schweigsam am Frühstückstisch. Ich schob meine Cornflakes in der Milch hin und her und lauschte dem Geräusch der Tageszeitung, die Charlie hin und wieder umblätterte. Jeder von uns hing seinen Gedanken nach. Charlie wusste natürlich um die Mission seines alten Freundes Billy. Seine Stirn lag in Falten, immer wieder schüttelte er den Kopf und versuchte sich wieder dem Artikel zu widmen, den er schon seit einiger Zeit überlas, ohne den Sinn zu ergreifen. Sue trank ihren Kräutertee und sammelte Brotkrümmen von der Tischdecke und strich diese wieder glatt. Das Klingeln der Haustür durchbrach die drückende Stille. Ich stand auf und eilte zur Tür - es war Seth.
„Guten Morgen, Nessie.“ Er umarmte mich kurz und lief in die Küche. Er kam gerade von der Patrouille; das Rudel durfte Billy zwar in seiner Abgeschiedenheit nicht stören, dennoch liefen sie in Schichten dicht genug in seiner Gegend, um ihm sofort zu Hilfe eilen zu können. Er gönnte sich jetzt aber keine Ruhepause, er wollte heute mit Sam und Sue zur Quileute Seafood Company, um sich mit den Fischern zu besprechen, und vor allem um ihnen Mut zu zusprechen. Mehr konnten sie momentan nicht tun. Ich verabschiedete mich und machte mich auf den Weg zur Schule.
Der Schulalltag kam mir heute unendlich langweilig und im höchsten Maße überflüssig vor, nicht nur weil ich den Stoff schon in- und auswendig konnte. Nein, die Bilder des wunderschönen Abends auf der Lichtung schummelten sich immer wieder zwischen mathematische Formeln und geschichtliche Jahreszahlen. Mrs. Burke teilte uns die Ergebnisse des gestrigen Überraschungstestes aus. Über die fehlerfreien Arbeiten von Luke, Lucas und mir schüttelte sie nur den Kopf.
Irgendwann war der Vormittag dann doch überstanden und wir trafen uns zum Lunch in der Cafeteria. Ich bat Luke und Lucas sich zu uns zu setzten, da sie ein wenig verloren in der Ecke standen. Ein wenig unschlüssig schauten sie sich an, nahmen dann aber doch Platz. So schnell gab ich aber nicht klein bei, sondern suchte das Gespräch.
„Wie lange bleibt ihr denn hier in Forks?“ Ich nahm einen Schluck von meiner Limonade und drehte den Schraubverschluss wieder auf die Flasche. Eben solange schwiegen die beiden mich an.
„Das steht noch nicht fest“, ergriff Lucas schließlich das Wort. „Wir haben den Platz vorerst für drei Wochen zugesichert bekommen.“
„Aha, wann sind denn die Vorstellungen?“, übernahm Melinda. Luke wickelte sein Brot aus dem Papier und reichte seinem Bruder die Hälfte.
„Es sind zwei Vorstellungen. Eine um vier, die andere um acht Uhr“, antwortete Luke. Alle umliegenden Tische hatten ihre Gespräche eingestellt und hörten uns zu. Mit mürrischem Gesicht griff Lucas nach der Stulle. Offenbar konnten sie sich das Essen der Cafeteria nicht leisten, und ihm war das mehr als peinlich. Der Blick, den sie darauf hin von Celeste und ihre Anhängern ernteten, sprach Bände.
„Wer ist das?“ Lucas, dem das natürlich nicht entgangen war, deutete mit einer leichten Kopfbewegung in ihre Richtung.
„Das ist Celeste, die Tochter des Bürgermeisters“, beantwortete Melinda seine Frage. Sie legte sich wirklich ins Zeug. Ich fragte mich schon, ob sie eventuell ein Auge auf einen der beiden geworfen hatte.
„Na, das erklärt einiges“, äußerte sich Luke vieldeutig und biss in sein Brot. Ich schaute Melinda fragend an, sie schaute genauso fragend zurück. Bevor die Pause endete, bat ich die beiden um das Interview, welches ich mit ihnen führen wollte. Wir verabredeten uns für den Nachmittag nach der Vorstellung. Tief enttäuscht stellte Melinda fest, dass sie nicht mitkommen könnte. Ihre Familie erhielt ausgerechnet heute Besuch, und da könnte sie sich nicht einfach verdrücken.
Zuletzt von esme78 am Fr 08 Jun 2012, 22:43 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Jake
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es für einen Besuch bei der eigenen Schwester nicht zu früh war, so klopfte ich an der Tür. Peter öffnete mir und sah mich mit großen Augen an. Ich erkannte sehr viel von mir in ihm. Er hatte die gleichen schlaksigen Gliedmaßen und die runden Pausbacken, wie ich sie in seinem Alter hatte. Er stand weiter nur da und schaute mich an.
„Hey Peter, ist deine Mutter da?“ Blöde Frage! Er trug noch seinen Pyjama und war wohl gerade erst aus dem Bett gekrochen, als er mein Klopfen an der Tür hörte. Im nächsten Moment tauchte Rachel hinter ihm auf. Sie wirkte nicht überrascht mich zu so früher Stunde vor ihrer Tür zu sehen. Wir lächelten uns kurz an.
Der Tisch war bereits gedeckt und der Kaffeeduft erfüllte die gemütliche Küche. Sie griff in den Schrank und holte mir eine Kaffeetasse. Ich nahm neben Paul Platz und klammerte mich dankbar an die Tasse. Ich fühlte mich in unsere Kindheit zurückversetzt, bevor unsere Mutter diesen schrecklichen Unfall erlitten hatte. Wir saßen auch jeden Morgen zusammen am Frühstückstisch. Rachel und Rebecca mussten früh die Verantwortung für die Familie übernehmen und ich war heilfroh darüber gewesen. Die beiden waren jetzt in demselben Alter wie unsere Mutter, als sie uns für immer verlassen hatte. Ich schluckte den Kloß, der in meinem Hals steckte, mit Kaffee hinunter. Ich könnte es nicht ertragen auch noch Billy zu verlieren.
Zwanzig vor acht schickte Rachel die Jungs auf den Weg zur Schule. Paul verabschiedete sich von uns, er wollte bei Jared auf dem Campingplatz nach dem Rechten sehen. Es gab da wohl ein Problem mit den sanitären Anlagen. Das Leben im Reservat war mehr noch als sonst auf die Touristen ausgerichtet. Das schöne Sommerwetter rettete zumindest die Saison auf dem Campingplatz, auch das Museum war gut besucht und die Souvenirläden mit den selbstgemachten Alltagsgegenständen, wie Ledertaschen und Haarschmuck, machten gute Umsätze. Rachel nahm wieder neben mir Platz und griff meine Hand. Seufzend schaute sie mich an.
„Ich mache mir auch Sorgen, Jake. Er macht zwar keinen zerbrechlichen Eindruck, doch seine Hüft- und Rückenprobleme wird er ohne seine Medikamente schwer aushalten können. Und was wenn ein Unwetter aufzieht?“ Mein Gesicht verfinsterte sich - sie hatte natürlich Recht.
„Er ist der Häuptling. Es ist seine Entscheidung.“ Ich versuchte mir einzureden, dass es wohl so sein musste, schließlich brauchten wir unbedingt Antworten. Rachel schnaubte verächtlich.
„Typisch Jake. Wenn es unangenehm wird schaltest du auf Durchzug.“
„Du hast ja keine Ahnung, Schwesterherz. Glaubst du mir ist die ganze Sache gleichgültig? Denkst du ich schaue in Ryan und Peters Augen und weiß nicht, dass sie irgendwann auch solche schweren Entscheidungen zu tragen haben?“ Ich stand auf und lief hin und her, von Rachels Blick verfolgt.
„Weiß Becky schon Bescheid?“ Sie sollte schließlich wissen was unser Vater für Dummheiten beging.
Rachel nickte. „Sie kommt morgen früh.“ Ich blieb stehen, stierte aus dem Fenster, und grinste in mich hinein. Rachel betrachtete mein wechselndes Mienenspiel mit Sorge. Ich kam mir schon selbst leicht schizophren vor. Immer noch grinsend setzte ich mich zu ihr an den Tisch, sie zog die Brauen hoch.
„Weißt du wo Moms Verlobungsring ist?“
Nessie
Jake fuhr mit seinem Motorrad an der Schule vor. Ganz offensichtlich hatte er sich erfolgreich dem Röhren angenommen, es hörte sich zwar immer noch nicht astrein an, aber immerhin. Melinda starrte ihn mit offenem Mund an, schließlich hatte sie keine Ahnung wer dieser unglaublich gutaussehende Typ mit dem muskelbepackten Oberkörper auf dem Bike war. Er setzte die Füße auf den Boden, nahm den Helm ab und lächelte mir zu. Gerade in diesem Moment fuhr Celeste mit ihrem kleinen Mini vorbei. Beinahe wäre sie in das vorausfahrende Auto gerauscht, das überraschend zum Stillstand kam. Im allerletzten Moment stieg sie ins Eisen. Mit zusammengebissenen Lippen ging ich auf Jake zu und er küsste mich gleich überschwänglich. Um uns herum raunten alle. Melinda stand da, als wären ihre Beine am Boden festgewachsen. Ich winkte sie zu uns und stellte die beiden einander vor.
„Melinda, das ist mein Freund Jake. Jake, Melinda.“ Die beiden reichten sich die Hand. Aus dem Augenwinkel sah ich noch die leicht verwirrte Celeste davonbrausen.
„Freut mich“, nickte Jake ihr zu, Melinda nickte ebenfalls, brachte aber kaum einen Ton heraus. Ich nahm mir meinen Helm und setzte ihn auf, dann kletterte ich hinter Jake auf die Maschine, die er geräuschvoll startete.
„Viel Spaß“, rief uns Melinda noch hinterher, ich winkte ihr zurück.
Der Zirkus Mendozza hatte sein Zelt auf dem großen Gelände neben Newtons Outdoor-Geschäft etwas außerhalb der Stadt aufgeschlagen. Die Vorstellung lief noch, als wir ankamen. Das Zelt war rot-weiß gestreift und an den Pfeilerspitzen wehten rote Fähnchen im Wind. Im vorderen Bereich stand neben dem Kassenhäuschen ein kleiner Stand, der Zuckerwatte und Popcorn anbot. Links neben dem Zelt hinter einer kleinen Absperrung befanden sich die Tiergehege. Ein kleiner Junge von etwa zehn Jahren trug gerade eine zwei Meter lange Schlange um den Nacken in Richtung hinterer Zelteingang. Ungläubig beobachteten wir das reichlich seltsame Bild, das sich uns da bot.
Rechts im hinteren Bereich waren wohl die Unterkünfte, die für Besucher nicht zugänglich waren. Bei meinem weiteren Blick über das Gelände fiel mir ein kleines blaues Zelt auf, das in der Nähe eines verkümmerten Baumes aufgestellt war. Über dem Eingang hing ein Schild, auf dem „Madame Cassandra“ stand. Wow, eine Hellseherin. Ich zupfte an Jakes Jacke und deutete zu dem kleinen Zelt. Etwas verwirrt folgte er meinem Blick und zog dann verächtlich die Mundwinkel zusammen.
„Madame Cassandra?“, zog er mich auf. „Das ist doch nicht dein Ernst?“
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es für einen Besuch bei der eigenen Schwester nicht zu früh war, so klopfte ich an der Tür. Peter öffnete mir und sah mich mit großen Augen an. Ich erkannte sehr viel von mir in ihm. Er hatte die gleichen schlaksigen Gliedmaßen und die runden Pausbacken, wie ich sie in seinem Alter hatte. Er stand weiter nur da und schaute mich an.
„Hey Peter, ist deine Mutter da?“ Blöde Frage! Er trug noch seinen Pyjama und war wohl gerade erst aus dem Bett gekrochen, als er mein Klopfen an der Tür hörte. Im nächsten Moment tauchte Rachel hinter ihm auf. Sie wirkte nicht überrascht mich zu so früher Stunde vor ihrer Tür zu sehen. Wir lächelten uns kurz an.
Der Tisch war bereits gedeckt und der Kaffeeduft erfüllte die gemütliche Küche. Sie griff in den Schrank und holte mir eine Kaffeetasse. Ich nahm neben Paul Platz und klammerte mich dankbar an die Tasse. Ich fühlte mich in unsere Kindheit zurückversetzt, bevor unsere Mutter diesen schrecklichen Unfall erlitten hatte. Wir saßen auch jeden Morgen zusammen am Frühstückstisch. Rachel und Rebecca mussten früh die Verantwortung für die Familie übernehmen und ich war heilfroh darüber gewesen. Die beiden waren jetzt in demselben Alter wie unsere Mutter, als sie uns für immer verlassen hatte. Ich schluckte den Kloß, der in meinem Hals steckte, mit Kaffee hinunter. Ich könnte es nicht ertragen auch noch Billy zu verlieren.
Zwanzig vor acht schickte Rachel die Jungs auf den Weg zur Schule. Paul verabschiedete sich von uns, er wollte bei Jared auf dem Campingplatz nach dem Rechten sehen. Es gab da wohl ein Problem mit den sanitären Anlagen. Das Leben im Reservat war mehr noch als sonst auf die Touristen ausgerichtet. Das schöne Sommerwetter rettete zumindest die Saison auf dem Campingplatz, auch das Museum war gut besucht und die Souvenirläden mit den selbstgemachten Alltagsgegenständen, wie Ledertaschen und Haarschmuck, machten gute Umsätze. Rachel nahm wieder neben mir Platz und griff meine Hand. Seufzend schaute sie mich an.
„Ich mache mir auch Sorgen, Jake. Er macht zwar keinen zerbrechlichen Eindruck, doch seine Hüft- und Rückenprobleme wird er ohne seine Medikamente schwer aushalten können. Und was wenn ein Unwetter aufzieht?“ Mein Gesicht verfinsterte sich - sie hatte natürlich Recht.
„Er ist der Häuptling. Es ist seine Entscheidung.“ Ich versuchte mir einzureden, dass es wohl so sein musste, schließlich brauchten wir unbedingt Antworten. Rachel schnaubte verächtlich.
„Typisch Jake. Wenn es unangenehm wird schaltest du auf Durchzug.“
„Du hast ja keine Ahnung, Schwesterherz. Glaubst du mir ist die ganze Sache gleichgültig? Denkst du ich schaue in Ryan und Peters Augen und weiß nicht, dass sie irgendwann auch solche schweren Entscheidungen zu tragen haben?“ Ich stand auf und lief hin und her, von Rachels Blick verfolgt.
„Weiß Becky schon Bescheid?“ Sie sollte schließlich wissen was unser Vater für Dummheiten beging.
Rachel nickte. „Sie kommt morgen früh.“ Ich blieb stehen, stierte aus dem Fenster, und grinste in mich hinein. Rachel betrachtete mein wechselndes Mienenspiel mit Sorge. Ich kam mir schon selbst leicht schizophren vor. Immer noch grinsend setzte ich mich zu ihr an den Tisch, sie zog die Brauen hoch.
„Weißt du wo Moms Verlobungsring ist?“
Nessie
Jake fuhr mit seinem Motorrad an der Schule vor. Ganz offensichtlich hatte er sich erfolgreich dem Röhren angenommen, es hörte sich zwar immer noch nicht astrein an, aber immerhin. Melinda starrte ihn mit offenem Mund an, schließlich hatte sie keine Ahnung wer dieser unglaublich gutaussehende Typ mit dem muskelbepackten Oberkörper auf dem Bike war. Er setzte die Füße auf den Boden, nahm den Helm ab und lächelte mir zu. Gerade in diesem Moment fuhr Celeste mit ihrem kleinen Mini vorbei. Beinahe wäre sie in das vorausfahrende Auto gerauscht, das überraschend zum Stillstand kam. Im allerletzten Moment stieg sie ins Eisen. Mit zusammengebissenen Lippen ging ich auf Jake zu und er küsste mich gleich überschwänglich. Um uns herum raunten alle. Melinda stand da, als wären ihre Beine am Boden festgewachsen. Ich winkte sie zu uns und stellte die beiden einander vor.
„Melinda, das ist mein Freund Jake. Jake, Melinda.“ Die beiden reichten sich die Hand. Aus dem Augenwinkel sah ich noch die leicht verwirrte Celeste davonbrausen.
„Freut mich“, nickte Jake ihr zu, Melinda nickte ebenfalls, brachte aber kaum einen Ton heraus. Ich nahm mir meinen Helm und setzte ihn auf, dann kletterte ich hinter Jake auf die Maschine, die er geräuschvoll startete.
„Viel Spaß“, rief uns Melinda noch hinterher, ich winkte ihr zurück.
Der Zirkus Mendozza hatte sein Zelt auf dem großen Gelände neben Newtons Outdoor-Geschäft etwas außerhalb der Stadt aufgeschlagen. Die Vorstellung lief noch, als wir ankamen. Das Zelt war rot-weiß gestreift und an den Pfeilerspitzen wehten rote Fähnchen im Wind. Im vorderen Bereich stand neben dem Kassenhäuschen ein kleiner Stand, der Zuckerwatte und Popcorn anbot. Links neben dem Zelt hinter einer kleinen Absperrung befanden sich die Tiergehege. Ein kleiner Junge von etwa zehn Jahren trug gerade eine zwei Meter lange Schlange um den Nacken in Richtung hinterer Zelteingang. Ungläubig beobachteten wir das reichlich seltsame Bild, das sich uns da bot.
Rechts im hinteren Bereich waren wohl die Unterkünfte, die für Besucher nicht zugänglich waren. Bei meinem weiteren Blick über das Gelände fiel mir ein kleines blaues Zelt auf, das in der Nähe eines verkümmerten Baumes aufgestellt war. Über dem Eingang hing ein Schild, auf dem „Madame Cassandra“ stand. Wow, eine Hellseherin. Ich zupfte an Jakes Jacke und deutete zu dem kleinen Zelt. Etwas verwirrt folgte er meinem Blick und zog dann verächtlich die Mundwinkel zusammen.
„Madame Cassandra?“, zog er mich auf. „Das ist doch nicht dein Ernst?“
Zuletzt von esme78 am Fr 08 Jun 2012, 22:45 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Jake
Immer noch schaute ich dem kleinen Jungen, der eine zentnerschwere Python spazieren trug, nach, da kam Nessie schon mit der nächsten Überraschung.
„Was willst du denn von einer Hellseherin? Ich meine, wer Alice Cullen in der Familie hat braucht doch keine Madame Cassandra?“ Ihr Gesicht wirkte mit einem Mal etwas bekümmert.
„Möchtest du nicht wissen, was die Zukunft für dich bereit hält?“ Jetzt verstand ich gar nichts mehr. O.K. Alice konnte bei Halbwesen wie uns nichts sehen. Der unumstößliche Beweis dafür war, dass sie jetzt nicht schon wie ein Brummkreisel um uns herum wirbelte. Außerdem, wir wussten doch schon, dass uns eine äußerst angenehme Zukunft erwartet. Besorgt schaute ich in ihre großen Augen. Sie wich meinem Blick aus und starrte zu Boden. Ich nahm sie bei den Schultern und zwang sie, mich anzusehen.
„Hey, was ist denn los?“
„Ich..na ja, ich bin mir nicht sicher aber…“, druckste sie herum.
„Aber was?“, hackte ich nach.
„Ich sehe nichts mehr.“ Ich blinzelte und versuchte zu verarbeiteten, was ich da eben gehört hatte. Mechanisch öffneten sich meine Lippen, doch es kam nichts heraus. Da kam sie mir zuvor.
„Seit Mike Newton habe ich nichts mehr gesehen, von niemandem“, gestand sie völlig deprimiert. Und das sagte sie mir erst jetzt? Ich wusste erst nicht ob ich wütend, enttäuscht oder gekränkt reagieren sollte. Nach reiflicher Überlegung entschied ich mich für mitfühlend.
„Das hat doch nichts zu sagen. Oder?“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich habe es anfangs selbst nicht gemerkt. Doch rückblickend betrachtet war der Sturz von Mike das letzte, was ich sah.“ Dann sagte sie etwas, was mich endgültig von ihrem Vorschlag überzeugte.
„Ich möchte zumindest wissen, wie die Sache mit Billy ausgeht.“ Gutes Argument! Außerdem hatten wir noch eine halbe Stunde zu überbrücken.
Das Innere des Zeltes sah genauso aus, wie ich es mir vorgestellt hatte. Mit vor der Brust verschränkten Armen, ließ ich die Atmosphäre auf mich wirken. In der Mitte stand ein runder Tisch mit einer dunklen Samttischdecke, auf der eine Kristallkugel auf einem Ständer stand. An den Seiten standen zwei Regale mit etlichen Büchern und Kristallen. Über uns hing ein Windlicht mit einer kleinen Kerze, die ein schummriges Licht abgab. Der schwere Dunst von Räucherstäbchen wallte durch das spärlich beleuchtete Zelt, und löste Beklemmung in mir aus. Auf einem kleinen Hocker hinter dem Tisch thronte Madame Cassandra, ihre Augen waren geschlossen, die Hände hielt sie mit den Handflächen aneinander gepresst vor ihre schmalen Lippen. Sie schien in meditativem Schlaf versunken, doch plötzlich erhob sich ihre tiefe raue Stimme.
„Hekate? Isis?“ Ihre Augenlider flatterten hektisch.
„Falsch. Einmal dürfen sie noch raten.“ Ich hätte mir schon auf die Zunge beißen müssen, um diese Vorlage nicht auf zugreifen. Doch damit erntete ich einen vorwurfsvollen Blick von meiner Liebsten. Beschwichtigend hob ich die Hände. Madame Cassandra erhob sich und öffnete die Augen. Ihr Blick war glasig und die stahlblauen Augen funkelten eiskalt.
Na toll, auf was für einem Trip war die denn? Es dauerte einen Moment, bis sich ihre Linsen auf uns fokussierten, ihre Miene blieb unverändert. Sie breitete die Arme aus und sagte: „Willkommen bei Madame Cassandra.“ Dann deutete sie mit einer Hand auf die Kugel vor sich, mit der anderen auf einen Stapel Tarot Karten daneben, und zuletzt auf einen kleinen Samtbeutel. Nessie trat vor und deutete auf die Karten. Madame Cassandra nickte und deutete nun wiederum auf eine kleine Box mit einem Schlitz in der Mitte, die auf dem Regal stand, und offenbar als Kasse fungierte.
Nessie zückte ihr Portemonnaie, zog zehn Dollar heraus, und steckte sie in den Schlitz.
Zehn Dollar für einen solchen Mumpitz! Ich glaubte zwar, wie alle Mitglieder des Stammes, an Geister und Übernatürliches, ich war ja selbst ein Teil dieser Mythologie, doch ich hegte starke Zweifel an den Fähigkeiten dieser Frau. Wir ließen uns auf den Stühlen vor dem Tisch nieder, während uns Madame Cassandra sehr genau beobachtete.
Immer noch schaute ich dem kleinen Jungen, der eine zentnerschwere Python spazieren trug, nach, da kam Nessie schon mit der nächsten Überraschung.
„Was willst du denn von einer Hellseherin? Ich meine, wer Alice Cullen in der Familie hat braucht doch keine Madame Cassandra?“ Ihr Gesicht wirkte mit einem Mal etwas bekümmert.
„Möchtest du nicht wissen, was die Zukunft für dich bereit hält?“ Jetzt verstand ich gar nichts mehr. O.K. Alice konnte bei Halbwesen wie uns nichts sehen. Der unumstößliche Beweis dafür war, dass sie jetzt nicht schon wie ein Brummkreisel um uns herum wirbelte. Außerdem, wir wussten doch schon, dass uns eine äußerst angenehme Zukunft erwartet. Besorgt schaute ich in ihre großen Augen. Sie wich meinem Blick aus und starrte zu Boden. Ich nahm sie bei den Schultern und zwang sie, mich anzusehen.
„Hey, was ist denn los?“
„Ich..na ja, ich bin mir nicht sicher aber…“, druckste sie herum.
„Aber was?“, hackte ich nach.
„Ich sehe nichts mehr.“ Ich blinzelte und versuchte zu verarbeiteten, was ich da eben gehört hatte. Mechanisch öffneten sich meine Lippen, doch es kam nichts heraus. Da kam sie mir zuvor.
„Seit Mike Newton habe ich nichts mehr gesehen, von niemandem“, gestand sie völlig deprimiert. Und das sagte sie mir erst jetzt? Ich wusste erst nicht ob ich wütend, enttäuscht oder gekränkt reagieren sollte. Nach reiflicher Überlegung entschied ich mich für mitfühlend.
„Das hat doch nichts zu sagen. Oder?“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich habe es anfangs selbst nicht gemerkt. Doch rückblickend betrachtet war der Sturz von Mike das letzte, was ich sah.“ Dann sagte sie etwas, was mich endgültig von ihrem Vorschlag überzeugte.
„Ich möchte zumindest wissen, wie die Sache mit Billy ausgeht.“ Gutes Argument! Außerdem hatten wir noch eine halbe Stunde zu überbrücken.
Das Innere des Zeltes sah genauso aus, wie ich es mir vorgestellt hatte. Mit vor der Brust verschränkten Armen, ließ ich die Atmosphäre auf mich wirken. In der Mitte stand ein runder Tisch mit einer dunklen Samttischdecke, auf der eine Kristallkugel auf einem Ständer stand. An den Seiten standen zwei Regale mit etlichen Büchern und Kristallen. Über uns hing ein Windlicht mit einer kleinen Kerze, die ein schummriges Licht abgab. Der schwere Dunst von Räucherstäbchen wallte durch das spärlich beleuchtete Zelt, und löste Beklemmung in mir aus. Auf einem kleinen Hocker hinter dem Tisch thronte Madame Cassandra, ihre Augen waren geschlossen, die Hände hielt sie mit den Handflächen aneinander gepresst vor ihre schmalen Lippen. Sie schien in meditativem Schlaf versunken, doch plötzlich erhob sich ihre tiefe raue Stimme.
„Hekate? Isis?“ Ihre Augenlider flatterten hektisch.
„Falsch. Einmal dürfen sie noch raten.“ Ich hätte mir schon auf die Zunge beißen müssen, um diese Vorlage nicht auf zugreifen. Doch damit erntete ich einen vorwurfsvollen Blick von meiner Liebsten. Beschwichtigend hob ich die Hände. Madame Cassandra erhob sich und öffnete die Augen. Ihr Blick war glasig und die stahlblauen Augen funkelten eiskalt.
Na toll, auf was für einem Trip war die denn? Es dauerte einen Moment, bis sich ihre Linsen auf uns fokussierten, ihre Miene blieb unverändert. Sie breitete die Arme aus und sagte: „Willkommen bei Madame Cassandra.“ Dann deutete sie mit einer Hand auf die Kugel vor sich, mit der anderen auf einen Stapel Tarot Karten daneben, und zuletzt auf einen kleinen Samtbeutel. Nessie trat vor und deutete auf die Karten. Madame Cassandra nickte und deutete nun wiederum auf eine kleine Box mit einem Schlitz in der Mitte, die auf dem Regal stand, und offenbar als Kasse fungierte.
Nessie zückte ihr Portemonnaie, zog zehn Dollar heraus, und steckte sie in den Schlitz.
Zehn Dollar für einen solchen Mumpitz! Ich glaubte zwar, wie alle Mitglieder des Stammes, an Geister und Übernatürliches, ich war ja selbst ein Teil dieser Mythologie, doch ich hegte starke Zweifel an den Fähigkeiten dieser Frau. Wir ließen uns auf den Stühlen vor dem Tisch nieder, während uns Madame Cassandra sehr genau beobachtete.
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Treffer und versenkt
Nessie
Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich mal bei einer Wahrsagerin lande. Jake wohl auch nicht, denn er nahm äußerst widerwillig neben mir Platz. Madame Cassandra taxierte uns genau, und ich fragte mich, was sie wohl aus unserer Körpersprache lesen und dann in ihre Karteninterpretation legen würde. Zunächst begnügte sie sich damit mir das Mischen des Kartenstapels zu überlassen. Die Karten waren groß und an den Rändern schon etwas speckig. Ich versuchte nicht an die vielen Hände zu denken, die vorher diese Karten in den Händen hielten. Sorgfältig gemischt gab ich sie ihr wieder. Sie blickte uns fragend an. Nach einer kurzen Stille zog sie verwundert die Augenbrauen hoch und lächelte etwas spöttisch.
„Ich schlage drei Karten vor. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Darauf können wir dann aufbauen, einverstanden?“ Oh, sie hatte auf eine Frage gewartet. Kurz dachte ich an Billy.
„Können sie uns etwas über eine bestimmte Person voraussehen?“, nahm mir Jake die Worte aus dem Mund.
Sie neigte ihren Kopf leicht in seine Richtung und bohrte sich in seine Augen. „Nicht, wenn sie nicht anwesend ist. Dann kann ich schließlich auch keine Karten legen“, stellte sie klar, als ob sie unsere Gedanken gelesen hätte. Jake schielte skeptisch zu mir.
Sie nahm die oberste Karte und legte sie vor mich auf den Tisch.
„Der Eremit. Sie sind ein sehr introvertierter Mensch, auf der Suche nach sich selbst. Auf diesem Wege waren sie oftmals einsam, nein abgeschieden“, verbesserte sie sich mit angestrengt zusammengekniffenen Augen. „Sie haben in der Isolation gelebt und die Zeit genutzt, um innere Reife zu erlangen.“ Erwartungsvoll schaute sie mich an. Ich war noch ganz gefesselt von ihren Worten, als dass ich dies bemerkte hätte.
„Hört sich an wie das Ausreifen eines Schweizer Käses“, warf Jake sarkastisch ein. Doch sie hatte nicht ganz unrecht, mit dem was sie sagte. Jahrelang war ich vor der Außenwelt versteckt worden. Ich wusste manchmal wirklich nicht wer ich bin, und warum ich anders war, als andere. Für seine unqualifizierte Meinung erntete Jake ihren bitterbösen Blick. Hochmütig zückte sie die nächste Karte und legte sie rechts neben die erste.
„Der Hierophant. Ich hatte mich also nicht geirrt“, sprach sie eher zu sich selbst. Sie grinste bis über beide Ohren und präsentierte uns einen goldenen Eckzahn.
„Ich habe die Energie regelrecht gespürt, die Sie in mein Reich getragen haben. Sie scheinen in perfekter Harmonie zwischen den Polen zu schweben. Ihr Chi ist außergewöhnlich kraftvoll.“ Doch dann zog sie einen kleinen Schmollmund - ich hielt den Atem an.
„Sie sind sich aber manchmal nicht sicher, wo Sie stehen. Aber Sie hoffen auf einen Rat, um sich über einige Dinge klar zu werden.“ Ich atmete aus. Damit konnte ich jetzt nicht so viel anfangen. Da ich wieder nicht antwortete, zog sie die letzte Karte.
„Die Welt. Oh, sehr vielversprechend.“ Sie tippte immer wieder mit dem Zeigefinger auf die Karte.
„Sie werden das wichtige Ziel, welches Sie sich gesteckt haben, erreichen, soviel steht fest. Es wird Sie sicherlich freuen zu hören, dass sie alles bekommen, was Sie sich erträumen.“ Sie lugte kurz zu Jake. „Sie erfahren auch die innere Freiheit, die Freiheit des Geistes.“ Mit dem letzen Laut, legte sie die Handflächen wieder zusammen und hob so ihre Hände in die Höhe. In dieser Position verharrte sie kurz und atmete tief durch. Dann nahm sie die Karten wieder zum Stapel zurück und reichte ihn Jake.
Jake
Ihre Aussagen Nessie betreffend, waren mir einerseits zwar einleuchtend, z. B. das mit dem Eremiten, aber der Rest war so eindeutig, wie ein Horoskop in der Tageszeitung. Mich hatte sie damit noch nicht in ihren Bann gezogen. Gelangweilt mischte auch ich den Stapel und gab die Karten zurück. Ohne Umschweife, als ob sie es ebenso wie ich einfach nur hinter sich bringen wollte, zückte sie die erste Karte. Na toll!
„Der Gehängte. Gehe ich Recht in der Annahme, dass Sie die junge Dame in ihrer Isolation begleitet haben? Das lese ich nämlich aus dieser Karte. Sie deutet einen Rückzug aus dem aktiven Leben an, wie etwa aus einem Job oder einer Berufung, die sie aufgegeben haben?“ Treffer! Mir fiel die Kinnlade runter, Nessie griff meine Hand. Ich spürte zwar ihren Druck, war aber zu keiner Reaktion im Stande.
„Dachte ich es mir doch“, schien Madame Cassandra sehr mit sich zufrieden. Die nächste Karte folgte.
„Der Turm. Der Turm ist Symbol für einschneidende Veränderungen. Es herrschen stürmische Zeiten, begleitet von innerer Unruhe. Einiges fällt in sich zusammen wie das buchstäbliche Kartenhaus, veraltete Systeme oder auch Weltanschauungen.“ Wieder Treffer! Mittlerweile bekam ich es mit der Angst zu tun. Sie gewöhnte sich so langsam an unsere Sprachlosigkeit und fuhr mit der letzten Karte fort.
„Das Gericht. Oh, äußerst interessant. Ich kann euch beruhigen, diese stürmischen Zeiten sind nicht von allzu langer Dauer. Es zeichnet sich ein Neuanfang ab, das Ende einer Leidenszeit.“ Hoffentlich Treffer, und somit versenkt.
Nessie
Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich mal bei einer Wahrsagerin lande. Jake wohl auch nicht, denn er nahm äußerst widerwillig neben mir Platz. Madame Cassandra taxierte uns genau, und ich fragte mich, was sie wohl aus unserer Körpersprache lesen und dann in ihre Karteninterpretation legen würde. Zunächst begnügte sie sich damit mir das Mischen des Kartenstapels zu überlassen. Die Karten waren groß und an den Rändern schon etwas speckig. Ich versuchte nicht an die vielen Hände zu denken, die vorher diese Karten in den Händen hielten. Sorgfältig gemischt gab ich sie ihr wieder. Sie blickte uns fragend an. Nach einer kurzen Stille zog sie verwundert die Augenbrauen hoch und lächelte etwas spöttisch.
„Ich schlage drei Karten vor. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Darauf können wir dann aufbauen, einverstanden?“ Oh, sie hatte auf eine Frage gewartet. Kurz dachte ich an Billy.
„Können sie uns etwas über eine bestimmte Person voraussehen?“, nahm mir Jake die Worte aus dem Mund.
Sie neigte ihren Kopf leicht in seine Richtung und bohrte sich in seine Augen. „Nicht, wenn sie nicht anwesend ist. Dann kann ich schließlich auch keine Karten legen“, stellte sie klar, als ob sie unsere Gedanken gelesen hätte. Jake schielte skeptisch zu mir.
Sie nahm die oberste Karte und legte sie vor mich auf den Tisch.
„Der Eremit. Sie sind ein sehr introvertierter Mensch, auf der Suche nach sich selbst. Auf diesem Wege waren sie oftmals einsam, nein abgeschieden“, verbesserte sie sich mit angestrengt zusammengekniffenen Augen. „Sie haben in der Isolation gelebt und die Zeit genutzt, um innere Reife zu erlangen.“ Erwartungsvoll schaute sie mich an. Ich war noch ganz gefesselt von ihren Worten, als dass ich dies bemerkte hätte.
„Hört sich an wie das Ausreifen eines Schweizer Käses“, warf Jake sarkastisch ein. Doch sie hatte nicht ganz unrecht, mit dem was sie sagte. Jahrelang war ich vor der Außenwelt versteckt worden. Ich wusste manchmal wirklich nicht wer ich bin, und warum ich anders war, als andere. Für seine unqualifizierte Meinung erntete Jake ihren bitterbösen Blick. Hochmütig zückte sie die nächste Karte und legte sie rechts neben die erste.
„Der Hierophant. Ich hatte mich also nicht geirrt“, sprach sie eher zu sich selbst. Sie grinste bis über beide Ohren und präsentierte uns einen goldenen Eckzahn.
„Ich habe die Energie regelrecht gespürt, die Sie in mein Reich getragen haben. Sie scheinen in perfekter Harmonie zwischen den Polen zu schweben. Ihr Chi ist außergewöhnlich kraftvoll.“ Doch dann zog sie einen kleinen Schmollmund - ich hielt den Atem an.
„Sie sind sich aber manchmal nicht sicher, wo Sie stehen. Aber Sie hoffen auf einen Rat, um sich über einige Dinge klar zu werden.“ Ich atmete aus. Damit konnte ich jetzt nicht so viel anfangen. Da ich wieder nicht antwortete, zog sie die letzte Karte.
„Die Welt. Oh, sehr vielversprechend.“ Sie tippte immer wieder mit dem Zeigefinger auf die Karte.
„Sie werden das wichtige Ziel, welches Sie sich gesteckt haben, erreichen, soviel steht fest. Es wird Sie sicherlich freuen zu hören, dass sie alles bekommen, was Sie sich erträumen.“ Sie lugte kurz zu Jake. „Sie erfahren auch die innere Freiheit, die Freiheit des Geistes.“ Mit dem letzen Laut, legte sie die Handflächen wieder zusammen und hob so ihre Hände in die Höhe. In dieser Position verharrte sie kurz und atmete tief durch. Dann nahm sie die Karten wieder zum Stapel zurück und reichte ihn Jake.
Jake
Ihre Aussagen Nessie betreffend, waren mir einerseits zwar einleuchtend, z. B. das mit dem Eremiten, aber der Rest war so eindeutig, wie ein Horoskop in der Tageszeitung. Mich hatte sie damit noch nicht in ihren Bann gezogen. Gelangweilt mischte auch ich den Stapel und gab die Karten zurück. Ohne Umschweife, als ob sie es ebenso wie ich einfach nur hinter sich bringen wollte, zückte sie die erste Karte. Na toll!
„Der Gehängte. Gehe ich Recht in der Annahme, dass Sie die junge Dame in ihrer Isolation begleitet haben? Das lese ich nämlich aus dieser Karte. Sie deutet einen Rückzug aus dem aktiven Leben an, wie etwa aus einem Job oder einer Berufung, die sie aufgegeben haben?“ Treffer! Mir fiel die Kinnlade runter, Nessie griff meine Hand. Ich spürte zwar ihren Druck, war aber zu keiner Reaktion im Stande.
„Dachte ich es mir doch“, schien Madame Cassandra sehr mit sich zufrieden. Die nächste Karte folgte.
„Der Turm. Der Turm ist Symbol für einschneidende Veränderungen. Es herrschen stürmische Zeiten, begleitet von innerer Unruhe. Einiges fällt in sich zusammen wie das buchstäbliche Kartenhaus, veraltete Systeme oder auch Weltanschauungen.“ Wieder Treffer! Mittlerweile bekam ich es mit der Angst zu tun. Sie gewöhnte sich so langsam an unsere Sprachlosigkeit und fuhr mit der letzten Karte fort.
„Das Gericht. Oh, äußerst interessant. Ich kann euch beruhigen, diese stürmischen Zeiten sind nicht von allzu langer Dauer. Es zeichnet sich ein Neuanfang ab, das Ende einer Leidenszeit.“ Hoffentlich Treffer, und somit versenkt.
Zuletzt von esme78 am So 10 Jun 2012, 22:08 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Nessie
Dieser Besuch war sehr aufschlussreich, obwohl wir nicht direkt etwas über Billy in Erfahrung bingen konnten. Doch der bald anstehende Neuanfang, von dem sie sprach, stimmte mich hoffnungsvoll. Jake hatte sogar ein kleines Lächeln auf den Lippen, als wir das Zelt verlassen wollten. Wollten! Denn Madame Cassandra hielt mich im letzten Moment zurück, so ging Jake unbemerkt alleine weiter. Ihr Blick hatte etwas Fesselndes, sie stierte mir regelrecht in die Augen.
„Das dritte Auge bleibt solange getrübt, bis sich das Schicksal erfüllen wird.“
Da kam Jake zurück und zog mich an meinem Arm nach draußen. Ich war völlig perplex. Was hatte sie da gerade gesagt? Woher wusste sie von meiner Fähigkeit? Ich hatte es bewusst vermieden sie zu berühren. Das dritte Auge - meinte sie damit meine Gabe? Eine vor meinem Gesicht auftauchende Hand, riss mich aus meinen Gedanken. Es war Jake, der vor mir mit den Fingern schnippte.
„Hey, wo bist du denn?“ Ich schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden.
„Ach nichts“, beteuerte ich ihm.
An uns liefen mit einem Mal viele Menschen vorbei, die zu den geparkten Autos auf dem Parkplatz bei Newton´s eilten - es hatte wieder zu regnen begonnen. Offenbar war die Vorstellung mittlerweile vorbei.
„Hey Renesmee“, riefen die Zwillinge mir schon von Weitem zu. Sie trugen noch ihre Anzüge, die ihre durchtrainierten Körper betonten. Jake baute sich neben mir auf und legte den Arm um meine Schultern. Ich boxte ihm in die Seite und zog ihn mit mir. Wir trafen uns vor dem Eingang, die letzten Besucher schlängelten sich an uns vorbei.
„Wen hast du denn da mitgebracht?“, fragte Lucas.
Nachdem ich Jake den Jungs vorgestellt hatte, führten Luke und Lucas uns zu ihrem Bauwagen. Im Bericht hinter dem Zelt herrschte emsiges Treiben. Es wurde eilig ein provisorisches Dach vor dem größten Waagen gespannt, um den Tisch, der schon für die gesamte Mannschaft gedeckt war, vor dem Regen zu schützen. Ein vom Wetter indes unbeeindruckter Clown auf Stelzen begleitete uns. Er zückte seine schwarze Melone und verbeugte sich tief, ohne auch nur einen Moment ins Wanken zu geraten. Mit pantomimischen Gesten wies er uns zu dem Tisch, wir sollten wohl Platz nehmen. Er kicherte lautlos und stapfte davon. Neben der Reihe von Tischen vertrieben sich zwei Jungs mit Jonglieren die Zeit. Ich erkannte den Jungen mit der Schlange unter ihnen.
„Setzt euch. Mama hat ihr berühmtes Chili gekocht.“ Die beiden verschwanden kurz im Inneren des Wagens, um sich etwas anderes anzuziehen. Kurz darauf kam Mutter Mendozza, mit einem überdimensionalen Topf vor sich haltend, die kleinen Stufen herunter.
„Willkommen, Kinder. Ich hoffe ihr habt Hunger.“ Sie stellte den Topf auf den Tisch und augenblicklich waren alle Plätze um uns herum besetzt.
„Ich bin Maria. Du bist sicher Renesmee und das ist dein Freund?“ Ihr Lachen hatte etwas Ansteckendes. Sie hatte pechschwarze Locken, die sie mit einem Haarband zusammen hielt, da sie ihr sonst wahrscheinlich wild in das rundliche Gesicht hängen würden. Sie reichte mir einen Teller, den ich lächelnd annahm.
„Vielen Dank für die freundliche Einladung. Ja, das ist mein Freund Jake“, bedankte ich mich für das Essen.
Sie hatte Jakes Appetit völlig richtig eingeschätzt und gab ihm eine extra Kelle Chili, ich musste grinsen. Da kamen die Zwillinge zu uns, verteilten Brot an alle und setzten sich uns gegenüber.
„Wenn ihr wollt können wir mit dem Interview beginnen.“ Luke nahm ein Stück Brot, tunkte es in die Chilisauce, und nahm es genüsslich in den Mund. Ich hatte mir gar keine Fragen überlegt, so fragte ich einfach das erste was mir einfiel.
„Wie kommt ihr zu Euren Namen, wenn ich fragen darf?“ Der gesamte Tisch antwortete mit kollektivem Seufzen, manche räusperten sich, weil sie sich beinahe am Chili verschluckten.
„Die Frage geben wir an unseren Vater weiter“, meinte Lucas knapp und deutete auf einen großen kräftig gebauten Mann, der auf uns zu kam.
Sein Gang alleine zeichnete ihn als Oberhaupt der Familie und somit als Direktor aus, er hatte diese gewisse autoritäre Ausstrahlung.
„Junge Dame, darf ich mich vorstellen?“ Er nahm meine Hand und deutete einen Handkuss an. „José Mendozza. Direktor des Zirkus Mendozza. Wir sind ein traditioneller Familienbetrieb in der sechsten Generation. Ich freue mich Euch an unserem Tisch begrüßen zu dürfen.“ Er blickte in die Runde.
„Wie ich schon an der Reaktion meiner Angestellten und Familienmitglieder erkennen durfte, geht es um die Namensgebung der Jungs. Hab ich Recht?“ Er lachte schallend los und hielt sich den stattlichen Bauch, ehe er seinen angestammten Platz am Tisch einnahm. Er breitete die Servierte über seinen Schoß aus und erzählte.
„Kennt ihr Star Wars? Krieg der Sterne, Das Imperium schlägt zurück, oder Die Rückkehr der Jedi-Ritter?“ Er zwirbelte seinen Schnurrbart zwischen den Fingern und schaute uns mit kindlicher Begeisterung an, die seine Augen strahlen ließen.
„Ja, da hab ich schon mal was von gehört“, antwortete Jake, nachdem er den großen Bissen, den er sich eben noch in den Mund geschoben hatte, hinunterschluckte. Das war zwar alles vor meiner Zeit, doch selbstverständlich kannte auch ich die Geschichte von Luke Skywalker und Darth Vader. Mit flammendem Enthusiasmus schwärmte er uns noch von seinen Helden vor. Ich nickte wissend und beobachtete die Zwillinge wie sie mit den Augen rollten. Ich fuhr bei der ersten Gelegenheit mit meinen Fragen fort.
Als nach einer guten Stunde der Regen endlich weniger wurde und alle gesättigt waren, war ich auch alle meine Fragen losgeworden. Alle bis auf eine. Die Runde hatte sich mittlerweile wieder aufgelöst, so saßen nur noch Maria, Luke und Lucas bei uns am Tisch.
„Eure Madame Cassandra…“ Noch ehe ich meine Frage zu Ende stellen konnte, unterbrach mich Maria.
„Ihr habt Cassandra schon kennengelernt? Sie ist fantastisch. Eine echte Roma“, betonte sie ausdrücklich. „Ihre Voraussagungen sind hundertprozentig korrekt. Sie sieht einfach alles.“
Ich lauschte gebannt ihren Worten, die ein weiteres Nachfragen meinerseits überflüssig machte. Ich nahm mir vor Madame Cassandra in den nächsten Tagen erneut aufzusuchen.
„Darf ich euch nun mal eine Frage stellen?“, unterbrach Maria meine Gedanken.
„Was ist dieser Gordon Davis für ein Mensch?“ Ihr Gesichtsausdruck ähnelte dem von Luke gestern in der Cafeteria.
„Ich habe selten einen unfreundlicheren Menschen getroffen, und glaubt mir ich hab schon viele schräge Typen kennengelernt“, fügte sie an.
Das nahm ich ihr auch ab, doch wir mussten ihr leider gestehen, dass wir ihn überhaupt nicht kannten. Von den dreien erfuhren wir, was es für ein Theater um die Genehmigungen für den Zirkus gab. Bürgermeister Davis wollte mit allen Mitteln verhindern, dass die Mendozzas ihr Zelt hier aufbauten.
Dieser Besuch war sehr aufschlussreich, obwohl wir nicht direkt etwas über Billy in Erfahrung bingen konnten. Doch der bald anstehende Neuanfang, von dem sie sprach, stimmte mich hoffnungsvoll. Jake hatte sogar ein kleines Lächeln auf den Lippen, als wir das Zelt verlassen wollten. Wollten! Denn Madame Cassandra hielt mich im letzten Moment zurück, so ging Jake unbemerkt alleine weiter. Ihr Blick hatte etwas Fesselndes, sie stierte mir regelrecht in die Augen.
„Das dritte Auge bleibt solange getrübt, bis sich das Schicksal erfüllen wird.“
Da kam Jake zurück und zog mich an meinem Arm nach draußen. Ich war völlig perplex. Was hatte sie da gerade gesagt? Woher wusste sie von meiner Fähigkeit? Ich hatte es bewusst vermieden sie zu berühren. Das dritte Auge - meinte sie damit meine Gabe? Eine vor meinem Gesicht auftauchende Hand, riss mich aus meinen Gedanken. Es war Jake, der vor mir mit den Fingern schnippte.
„Hey, wo bist du denn?“ Ich schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden.
„Ach nichts“, beteuerte ich ihm.
An uns liefen mit einem Mal viele Menschen vorbei, die zu den geparkten Autos auf dem Parkplatz bei Newton´s eilten - es hatte wieder zu regnen begonnen. Offenbar war die Vorstellung mittlerweile vorbei.
„Hey Renesmee“, riefen die Zwillinge mir schon von Weitem zu. Sie trugen noch ihre Anzüge, die ihre durchtrainierten Körper betonten. Jake baute sich neben mir auf und legte den Arm um meine Schultern. Ich boxte ihm in die Seite und zog ihn mit mir. Wir trafen uns vor dem Eingang, die letzten Besucher schlängelten sich an uns vorbei.
„Wen hast du denn da mitgebracht?“, fragte Lucas.
Nachdem ich Jake den Jungs vorgestellt hatte, führten Luke und Lucas uns zu ihrem Bauwagen. Im Bericht hinter dem Zelt herrschte emsiges Treiben. Es wurde eilig ein provisorisches Dach vor dem größten Waagen gespannt, um den Tisch, der schon für die gesamte Mannschaft gedeckt war, vor dem Regen zu schützen. Ein vom Wetter indes unbeeindruckter Clown auf Stelzen begleitete uns. Er zückte seine schwarze Melone und verbeugte sich tief, ohne auch nur einen Moment ins Wanken zu geraten. Mit pantomimischen Gesten wies er uns zu dem Tisch, wir sollten wohl Platz nehmen. Er kicherte lautlos und stapfte davon. Neben der Reihe von Tischen vertrieben sich zwei Jungs mit Jonglieren die Zeit. Ich erkannte den Jungen mit der Schlange unter ihnen.
„Setzt euch. Mama hat ihr berühmtes Chili gekocht.“ Die beiden verschwanden kurz im Inneren des Wagens, um sich etwas anderes anzuziehen. Kurz darauf kam Mutter Mendozza, mit einem überdimensionalen Topf vor sich haltend, die kleinen Stufen herunter.
„Willkommen, Kinder. Ich hoffe ihr habt Hunger.“ Sie stellte den Topf auf den Tisch und augenblicklich waren alle Plätze um uns herum besetzt.
„Ich bin Maria. Du bist sicher Renesmee und das ist dein Freund?“ Ihr Lachen hatte etwas Ansteckendes. Sie hatte pechschwarze Locken, die sie mit einem Haarband zusammen hielt, da sie ihr sonst wahrscheinlich wild in das rundliche Gesicht hängen würden. Sie reichte mir einen Teller, den ich lächelnd annahm.
„Vielen Dank für die freundliche Einladung. Ja, das ist mein Freund Jake“, bedankte ich mich für das Essen.
Sie hatte Jakes Appetit völlig richtig eingeschätzt und gab ihm eine extra Kelle Chili, ich musste grinsen. Da kamen die Zwillinge zu uns, verteilten Brot an alle und setzten sich uns gegenüber.
„Wenn ihr wollt können wir mit dem Interview beginnen.“ Luke nahm ein Stück Brot, tunkte es in die Chilisauce, und nahm es genüsslich in den Mund. Ich hatte mir gar keine Fragen überlegt, so fragte ich einfach das erste was mir einfiel.
„Wie kommt ihr zu Euren Namen, wenn ich fragen darf?“ Der gesamte Tisch antwortete mit kollektivem Seufzen, manche räusperten sich, weil sie sich beinahe am Chili verschluckten.
„Die Frage geben wir an unseren Vater weiter“, meinte Lucas knapp und deutete auf einen großen kräftig gebauten Mann, der auf uns zu kam.
Sein Gang alleine zeichnete ihn als Oberhaupt der Familie und somit als Direktor aus, er hatte diese gewisse autoritäre Ausstrahlung.
„Junge Dame, darf ich mich vorstellen?“ Er nahm meine Hand und deutete einen Handkuss an. „José Mendozza. Direktor des Zirkus Mendozza. Wir sind ein traditioneller Familienbetrieb in der sechsten Generation. Ich freue mich Euch an unserem Tisch begrüßen zu dürfen.“ Er blickte in die Runde.
„Wie ich schon an der Reaktion meiner Angestellten und Familienmitglieder erkennen durfte, geht es um die Namensgebung der Jungs. Hab ich Recht?“ Er lachte schallend los und hielt sich den stattlichen Bauch, ehe er seinen angestammten Platz am Tisch einnahm. Er breitete die Servierte über seinen Schoß aus und erzählte.
„Kennt ihr Star Wars? Krieg der Sterne, Das Imperium schlägt zurück, oder Die Rückkehr der Jedi-Ritter?“ Er zwirbelte seinen Schnurrbart zwischen den Fingern und schaute uns mit kindlicher Begeisterung an, die seine Augen strahlen ließen.
„Ja, da hab ich schon mal was von gehört“, antwortete Jake, nachdem er den großen Bissen, den er sich eben noch in den Mund geschoben hatte, hinunterschluckte. Das war zwar alles vor meiner Zeit, doch selbstverständlich kannte auch ich die Geschichte von Luke Skywalker und Darth Vader. Mit flammendem Enthusiasmus schwärmte er uns noch von seinen Helden vor. Ich nickte wissend und beobachtete die Zwillinge wie sie mit den Augen rollten. Ich fuhr bei der ersten Gelegenheit mit meinen Fragen fort.
Als nach einer guten Stunde der Regen endlich weniger wurde und alle gesättigt waren, war ich auch alle meine Fragen losgeworden. Alle bis auf eine. Die Runde hatte sich mittlerweile wieder aufgelöst, so saßen nur noch Maria, Luke und Lucas bei uns am Tisch.
„Eure Madame Cassandra…“ Noch ehe ich meine Frage zu Ende stellen konnte, unterbrach mich Maria.
„Ihr habt Cassandra schon kennengelernt? Sie ist fantastisch. Eine echte Roma“, betonte sie ausdrücklich. „Ihre Voraussagungen sind hundertprozentig korrekt. Sie sieht einfach alles.“
Ich lauschte gebannt ihren Worten, die ein weiteres Nachfragen meinerseits überflüssig machte. Ich nahm mir vor Madame Cassandra in den nächsten Tagen erneut aufzusuchen.
„Darf ich euch nun mal eine Frage stellen?“, unterbrach Maria meine Gedanken.
„Was ist dieser Gordon Davis für ein Mensch?“ Ihr Gesichtsausdruck ähnelte dem von Luke gestern in der Cafeteria.
„Ich habe selten einen unfreundlicheren Menschen getroffen, und glaubt mir ich hab schon viele schräge Typen kennengelernt“, fügte sie an.
Das nahm ich ihr auch ab, doch wir mussten ihr leider gestehen, dass wir ihn überhaupt nicht kannten. Von den dreien erfuhren wir, was es für ein Theater um die Genehmigungen für den Zirkus gab. Bürgermeister Davis wollte mit allen Mitteln verhindern, dass die Mendozzas ihr Zelt hier aufbauten.
Zuletzt von esme78 am So 10 Jun 2012, 22:17 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Ein Männlein sitzt im Walde…
Jake
Nachdenklich machen wir uns, nach einer weiteren halben Stunde, wieder auf den Weg. Unterwegs machten wir an einem Lebensmittelladen halt, um eine Flasche Sekt und Erdbeeren zu kaufen. Um etwa sechs Uhr abends trafen wir bei Charlie und Sue ein. Nessie ging nach oben, um ihren Laptop zusammen zupacken. Zwischenzeitlich setzte ich mich zu Charlie auf das Sofa - es liefen gerade die ersten Nachrichten im Fernsehen. Spätestens bei den Wetteraussichten rutschten wir beide unruhig in den Kissen herum. Es wurde für den morgigen Abend ein schweres Gewitter angekündigt.
„Ihr lasst ihn bei diesem Wetter doch nicht etwa alleine da draußen, oder?“ Charlie wurde regelrecht blass um die Nase und nahm einen tiefen Schluck Bier. Ich biss die Zähne aufeinander und spannte die Kiefermuskeln an.
„Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig. Solange er uns nicht irgendwie ein Zeichen zukommen lässt, dürfen wir nicht einschreiten“, stellte ich unmissverständlich klar. Natürlich machte er sich auch seine Gedanken, aber so lagen die Dinge nun mal. Er stand wütend auf und stütze die Hände in die Hüften.
„Das glaube ich einfach nicht. Er würde das nicht überstehen. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass er seit zwei Tagen nichts mehr zu sich genommen hat. Was, wenn er einfach nicht die Kraft mehr hat, um euch eine Nachricht, oder so was in der Art, zukommen zu lassen?“, machte er seinem Unmut Luft und ließ sich wieder in die Kissen fallen.
„Charlie, uns sind die Hände gebunden. Es bleibt uns nichts weiter übrig, als zuversichtlich zu bleiben“, versuchte Sue ihn zu beruhigen. Er antwortete zwar nichts mehr darauf, doch in seinem Gesicht konnte ich erkennen, wie es in ihm arbeitete. Nessie kam die Stufen herunter und sah uns, mehr oder weniger aufgebracht Löcher in die Luft starren. Prüfend lotete sie die Stimmung aus, die Unterhaltung hatte sie selbstverständlich auch von oben verfolgt. Ich sah die Chancen, für unseren romantischen Abend, sich buchstäblich in Rauch auflösen. Doch dann ergriff sie das Wort.
„Charlie, darf ich dich mal was fragen?“ Ob das der richtige Moment war? Charlie hob fragend die Augenbrauen. Nessie setzte sich zwischen uns und nahm seine Hand.
„Es ist zwar noch nicht Freitag, aber…?“ Sie schenkte ihm ihr unschuldigstes Engelslächeln. „Wir wollten heute im Häuschen bleiben, wenn du nichts dagegen hast.“ Charlie räusperte sich und schaute hilfesuchend zu Sue. Sie grinste und zwinkerte ihm zu. Daraufhin brummte er zwar etwas missmutig, sagte dann aber:
„Drei gegen einen, da hab ich wohl schon verloren, oder?“ Nessie gab ihm einen dicken Kuss auf die Wange und schon umspielte ein Lächeln seine Mundwinkel. Sie wusste ganz genau was sie anstellen musste, um ihren Willen zu bekommen. Ich war ihr ja vom ersten Moment an verfallen - nicht das mich das irgendwie gestört hätte.
Wir packten unsere Sachen und fuhren den bekannten Weg zum Cullen Haus entlang. Da es keine direkte Straße zu dem Haus gab, mussten wir das letzte Stück zu Fuß zurücklegen. Mit der einsetzenden Abenddämmerung gab ein Kautz seine Ode an die Nacht zum Besten. Einige Igel krochen aus dem Schutz eines hohlen Baumstammes, um auf Futtersuche zu gehen. Tief im Wald hörte ich das Heulen eines Bruders, der seine Runden ablief; es war Colin. Ich dachte sorgenvoll an das bevorstehende Unwetter, versuchte mich aber wieder zu beruhigen - der kobaltblaue Abendhimmel war immer noch wolkenlos.
Nessie
Als es dann vor uns aus dem Wald wie ein Geisterschiff auftauchte, fühlte ich mich zuhause. Arm in Arm liefen wir den kleinen Kiesweg entlang, an meinem Baumhaus vorbei, zur Tür.
Vor den kleinen Fenstern links und rechts daneben blühten Schafgarbe, Kapuzinerkresse und Rosen in allen erdenklichen Farben. Um die Fenster und die Tür wucherten wilder Wein und Efeu die Fassade empor.
In freudiger Erwartung entriegelte ich das Schloss und trat langsam ein. Jake schaltete das Licht ein, das dem Raum wieder Leben einhauchte. Ich blinzelte und nahm die Atmosphäre in mich auf. Ein kleiner Rückblick in meine Vergangenheit. Der Kamin in der Ecke des Wohnraumes ähnelte einem dunklen Schlund, der anklagend nach seiner Bestimmung verlangte. Die gemütliche Couch, in der wir damals oft stundenlang aneinander gekuschelt lagen und in das prasselnde Feuer geschaut hatten, war mit einem Lacken bedeckt. Einen Augenblick lang war ich in Gedanken versunken.
Ich sah Mom und Dad vor mir sitzen und mich anlächeln. Ohne mein Zutun hob ich leicht meine Hand, um ihnen zu zuwinken.
Jake riss mich aus meiner Träumerei, indem er an mir vorbei in die Küche lief, um den Sekt kühl zustellen. Wie in Zeitlupe lief ich alle Räume ab und blieb überall dort andächtig stehen, wo mich die Erinnerung übermannte. Mein Zimmer, das kleine Badezimmer mit der gusseisernen Badewanne, und zuletzt das Schlafzimmer meiner Eltern. Ich trat nicht ein, sondern blieb an den Türrahmen gelehnt stehen. Jake kam hinter mich und strich mir sachte über die Schultern. Sein Kopf senkte sich und er berührte meinen Nacken.
„Was meinst du? Sollen wir dein altes Zimmer herrichten?“ Sanft massierte er mir die angespannten Nackenmuskeln. Ich nickte, irgendwie behagte mir der Gedanke nicht, dort in diesem Bett zu nächtigen.
Jake machte im Kamin Feuer und ich suchte ein paar Decken zusammen, die ich auf dem Boden vor dem Kamin ausbreitete. Nachdem das Feuer vor sich hin knisterte und das Wohnzimmer wieder bewohnbar aussah, öffnete Jake die Sektflasche. Wild schäumend ergoss sich das Getränk in die bereitgestellten Gläser, die ich geschickt balancierte, um ja nichts zu verschütten.
„Auf uns.“ Wir stießen an und nahmen beide einen kleinen Schluck. Jake lehnte sich auf dem Boden sitzend an die Polster der Couch und nahm mich in seinen Arm. Wir schlangen die Beine, wie die Ranken des Efeus vor dem Haus, zusammen und genossen die Wärme des Feuers. Ich seufzte wohlig und rückte meinen Kopf zurecht.
„Warum hast du Charlie nichts erzählt?“, fragte Jake mich plötzlich. Ich schaute in die sich hoch züngelnden Flammen und antwortete.
„Wir sollten es erst Mom und Dad sagen, und Billy selbstverständlich. Oder, was meinst du?“ Ich nahm einen weiteren Schluck. Er atmete scharf aus.
„Doch, du hast Recht. Aber ich musste jemandem davon erzählen, bitte entschuldige.“ Er gab mit einen Kuss auf die Stirn, ich wiederum sah in stirnrunzelnd an. Wem hatte er es wohl erzählt? Doch keinem der Jungs, da hätte er es ja gleich in die Tageszeitung setzen können. Er verzog leicht das Gesicht, winkelte den freien Arm an und griff sich in die Hosentasche. Mit geschlossener Hand, die er mir dann präsentierte, sagte er leise:
„Ich hätte dir sonst das hier nicht schenken können.“ Er griff mit dem anderen Arm um mich und nahm nun beide Hände zu Hilfe, um ein kleines Holzkästchen zu öffnen. In dem Kästchen steckte ein wunderschöner silberner Ring. Er war ringsum mit geschwungenen Linien graviert, die wie geflochtene Bänder aussahen. Er zog den Ring aus dem Schaumstoff und hielt ihn mir ehrfurchtsvoll hin. Ich wusste nicht was ich sagen sollte.
„Das ist der Verlobungsring meiner Mutter. Rebecca hat ihn getragen und Rachel ebenfalls. Es würde mir sehr viel bedeuten, wenn du ihn jetzt tragen würdest.“ In seinen Worten klang so viel Liebe - mir schossen Tränen in die Augen und meine Nase kribbelte. Ich schluckte und versuchte nicht die Beherrschung zu verlieren. Ich reichte ihm meine zitternde Hand, an dessen Ringfinger er mir den Ring ansteckte. Ich war verwundert darüber, dass er mir passte. Im Schein des Kaminfeuers betrachtete ich ihn mit Stolz und tiefer Dankbarkeit.
„Er ist wunderschön“, brachte ich mühsam hervor. Mit dem Zeigefinger an meinem Kinn schob er mein Gesicht sanft zu sich und lächelte mich an.
„Genauso schön, wie du.“
Wir kamen einander näher und besiegelten dieses Ritual mit einem sanften Kuss, der mehr ein Versprechen, als sexuelle Begierde war. Unser Atem mischte sich mit den Aromen süßer Erdbeeren und dem rauchigen Kaminholz. Jake spießte eine Erdbeere auf und bot sie mir an. Ich nahm die rote Frucht in den Mund und kuschelte mich wieder an seine breite Schulter.
Jake
Nachdenklich machen wir uns, nach einer weiteren halben Stunde, wieder auf den Weg. Unterwegs machten wir an einem Lebensmittelladen halt, um eine Flasche Sekt und Erdbeeren zu kaufen. Um etwa sechs Uhr abends trafen wir bei Charlie und Sue ein. Nessie ging nach oben, um ihren Laptop zusammen zupacken. Zwischenzeitlich setzte ich mich zu Charlie auf das Sofa - es liefen gerade die ersten Nachrichten im Fernsehen. Spätestens bei den Wetteraussichten rutschten wir beide unruhig in den Kissen herum. Es wurde für den morgigen Abend ein schweres Gewitter angekündigt.
„Ihr lasst ihn bei diesem Wetter doch nicht etwa alleine da draußen, oder?“ Charlie wurde regelrecht blass um die Nase und nahm einen tiefen Schluck Bier. Ich biss die Zähne aufeinander und spannte die Kiefermuskeln an.
„Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig. Solange er uns nicht irgendwie ein Zeichen zukommen lässt, dürfen wir nicht einschreiten“, stellte ich unmissverständlich klar. Natürlich machte er sich auch seine Gedanken, aber so lagen die Dinge nun mal. Er stand wütend auf und stütze die Hände in die Hüften.
„Das glaube ich einfach nicht. Er würde das nicht überstehen. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass er seit zwei Tagen nichts mehr zu sich genommen hat. Was, wenn er einfach nicht die Kraft mehr hat, um euch eine Nachricht, oder so was in der Art, zukommen zu lassen?“, machte er seinem Unmut Luft und ließ sich wieder in die Kissen fallen.
„Charlie, uns sind die Hände gebunden. Es bleibt uns nichts weiter übrig, als zuversichtlich zu bleiben“, versuchte Sue ihn zu beruhigen. Er antwortete zwar nichts mehr darauf, doch in seinem Gesicht konnte ich erkennen, wie es in ihm arbeitete. Nessie kam die Stufen herunter und sah uns, mehr oder weniger aufgebracht Löcher in die Luft starren. Prüfend lotete sie die Stimmung aus, die Unterhaltung hatte sie selbstverständlich auch von oben verfolgt. Ich sah die Chancen, für unseren romantischen Abend, sich buchstäblich in Rauch auflösen. Doch dann ergriff sie das Wort.
„Charlie, darf ich dich mal was fragen?“ Ob das der richtige Moment war? Charlie hob fragend die Augenbrauen. Nessie setzte sich zwischen uns und nahm seine Hand.
„Es ist zwar noch nicht Freitag, aber…?“ Sie schenkte ihm ihr unschuldigstes Engelslächeln. „Wir wollten heute im Häuschen bleiben, wenn du nichts dagegen hast.“ Charlie räusperte sich und schaute hilfesuchend zu Sue. Sie grinste und zwinkerte ihm zu. Daraufhin brummte er zwar etwas missmutig, sagte dann aber:
„Drei gegen einen, da hab ich wohl schon verloren, oder?“ Nessie gab ihm einen dicken Kuss auf die Wange und schon umspielte ein Lächeln seine Mundwinkel. Sie wusste ganz genau was sie anstellen musste, um ihren Willen zu bekommen. Ich war ihr ja vom ersten Moment an verfallen - nicht das mich das irgendwie gestört hätte.
Wir packten unsere Sachen und fuhren den bekannten Weg zum Cullen Haus entlang. Da es keine direkte Straße zu dem Haus gab, mussten wir das letzte Stück zu Fuß zurücklegen. Mit der einsetzenden Abenddämmerung gab ein Kautz seine Ode an die Nacht zum Besten. Einige Igel krochen aus dem Schutz eines hohlen Baumstammes, um auf Futtersuche zu gehen. Tief im Wald hörte ich das Heulen eines Bruders, der seine Runden ablief; es war Colin. Ich dachte sorgenvoll an das bevorstehende Unwetter, versuchte mich aber wieder zu beruhigen - der kobaltblaue Abendhimmel war immer noch wolkenlos.
Nessie
Als es dann vor uns aus dem Wald wie ein Geisterschiff auftauchte, fühlte ich mich zuhause. Arm in Arm liefen wir den kleinen Kiesweg entlang, an meinem Baumhaus vorbei, zur Tür.
Vor den kleinen Fenstern links und rechts daneben blühten Schafgarbe, Kapuzinerkresse und Rosen in allen erdenklichen Farben. Um die Fenster und die Tür wucherten wilder Wein und Efeu die Fassade empor.
In freudiger Erwartung entriegelte ich das Schloss und trat langsam ein. Jake schaltete das Licht ein, das dem Raum wieder Leben einhauchte. Ich blinzelte und nahm die Atmosphäre in mich auf. Ein kleiner Rückblick in meine Vergangenheit. Der Kamin in der Ecke des Wohnraumes ähnelte einem dunklen Schlund, der anklagend nach seiner Bestimmung verlangte. Die gemütliche Couch, in der wir damals oft stundenlang aneinander gekuschelt lagen und in das prasselnde Feuer geschaut hatten, war mit einem Lacken bedeckt. Einen Augenblick lang war ich in Gedanken versunken.
Ich sah Mom und Dad vor mir sitzen und mich anlächeln. Ohne mein Zutun hob ich leicht meine Hand, um ihnen zu zuwinken.
Jake riss mich aus meiner Träumerei, indem er an mir vorbei in die Küche lief, um den Sekt kühl zustellen. Wie in Zeitlupe lief ich alle Räume ab und blieb überall dort andächtig stehen, wo mich die Erinnerung übermannte. Mein Zimmer, das kleine Badezimmer mit der gusseisernen Badewanne, und zuletzt das Schlafzimmer meiner Eltern. Ich trat nicht ein, sondern blieb an den Türrahmen gelehnt stehen. Jake kam hinter mich und strich mir sachte über die Schultern. Sein Kopf senkte sich und er berührte meinen Nacken.
„Was meinst du? Sollen wir dein altes Zimmer herrichten?“ Sanft massierte er mir die angespannten Nackenmuskeln. Ich nickte, irgendwie behagte mir der Gedanke nicht, dort in diesem Bett zu nächtigen.
Jake machte im Kamin Feuer und ich suchte ein paar Decken zusammen, die ich auf dem Boden vor dem Kamin ausbreitete. Nachdem das Feuer vor sich hin knisterte und das Wohnzimmer wieder bewohnbar aussah, öffnete Jake die Sektflasche. Wild schäumend ergoss sich das Getränk in die bereitgestellten Gläser, die ich geschickt balancierte, um ja nichts zu verschütten.
„Auf uns.“ Wir stießen an und nahmen beide einen kleinen Schluck. Jake lehnte sich auf dem Boden sitzend an die Polster der Couch und nahm mich in seinen Arm. Wir schlangen die Beine, wie die Ranken des Efeus vor dem Haus, zusammen und genossen die Wärme des Feuers. Ich seufzte wohlig und rückte meinen Kopf zurecht.
„Warum hast du Charlie nichts erzählt?“, fragte Jake mich plötzlich. Ich schaute in die sich hoch züngelnden Flammen und antwortete.
„Wir sollten es erst Mom und Dad sagen, und Billy selbstverständlich. Oder, was meinst du?“ Ich nahm einen weiteren Schluck. Er atmete scharf aus.
„Doch, du hast Recht. Aber ich musste jemandem davon erzählen, bitte entschuldige.“ Er gab mit einen Kuss auf die Stirn, ich wiederum sah in stirnrunzelnd an. Wem hatte er es wohl erzählt? Doch keinem der Jungs, da hätte er es ja gleich in die Tageszeitung setzen können. Er verzog leicht das Gesicht, winkelte den freien Arm an und griff sich in die Hosentasche. Mit geschlossener Hand, die er mir dann präsentierte, sagte er leise:
„Ich hätte dir sonst das hier nicht schenken können.“ Er griff mit dem anderen Arm um mich und nahm nun beide Hände zu Hilfe, um ein kleines Holzkästchen zu öffnen. In dem Kästchen steckte ein wunderschöner silberner Ring. Er war ringsum mit geschwungenen Linien graviert, die wie geflochtene Bänder aussahen. Er zog den Ring aus dem Schaumstoff und hielt ihn mir ehrfurchtsvoll hin. Ich wusste nicht was ich sagen sollte.
„Das ist der Verlobungsring meiner Mutter. Rebecca hat ihn getragen und Rachel ebenfalls. Es würde mir sehr viel bedeuten, wenn du ihn jetzt tragen würdest.“ In seinen Worten klang so viel Liebe - mir schossen Tränen in die Augen und meine Nase kribbelte. Ich schluckte und versuchte nicht die Beherrschung zu verlieren. Ich reichte ihm meine zitternde Hand, an dessen Ringfinger er mir den Ring ansteckte. Ich war verwundert darüber, dass er mir passte. Im Schein des Kaminfeuers betrachtete ich ihn mit Stolz und tiefer Dankbarkeit.
„Er ist wunderschön“, brachte ich mühsam hervor. Mit dem Zeigefinger an meinem Kinn schob er mein Gesicht sanft zu sich und lächelte mich an.
„Genauso schön, wie du.“
Wir kamen einander näher und besiegelten dieses Ritual mit einem sanften Kuss, der mehr ein Versprechen, als sexuelle Begierde war. Unser Atem mischte sich mit den Aromen süßer Erdbeeren und dem rauchigen Kaminholz. Jake spießte eine Erdbeere auf und bot sie mir an. Ich nahm die rote Frucht in den Mund und kuschelte mich wieder an seine breite Schulter.
Zuletzt von esme78 am So 10 Jun 2012, 22:22 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
esme78- ~Betting with Alice~
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Jake
Es war ein absolut unbeschreibliches Gefühl, ihr den Ring über den Finger zu streifen - mir lief tatsächlich eine Gänsehaut über den Rücken. Als sie sich wieder eng an mich kuschelte, musste ich gähnen; sicherheitshalber stellte ich das Sektglas neben mir ab. Der Schlafentzug der letzten Tage machte sich bemerkbar. Meine Augenlider wogen plötzlich Tonnen und ich konnte mich einfach nicht dagegen wehren. So tauchte ich unaufhaltsam ab in den bleiernen Nebel, der mich vollends umhüllte und in einen tiefen Schlaf bettete. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, in der ich in einem Meer aus Gefühlen und Gedanken dahintrieb – völlig entspannt. Ich befand mich in tranceähnlichem Zustand.
>>Da drang ein Rauschen an mein inneres Ohr, ein dumpfes Trommeln ließ meinen Körper vibrieren. Der Horizont hellte sich auf. Erst langsam, ähnlich dem Sonnenaufgang, dann blitzte gleißendes Licht auf und ich sah nichts mehr. Zum Schutz hob ich die Hände vor die Augen, als sich plötzlich etwas von hinten anschlich. Ich spürte einen Luftzug, nur ein kleiner Hauch. Ruckartig drehte ich mich um. Das Flüstern wurde lauter, doch ich konnte keine mir bekannte Stimme herauskristallisieren. Das blendende Licht erstarb und mit ihm verstummten die Flüsterstimmen. Hektisch sah ich mich um, um mich zu orientieren. Ich lief, einem inneren Drang folgend, durch ein Dickicht aus Bäumen, mannshohem Gras und Schlingpflanzen, die nach mir zu greifen schienen. Ich stieß auf eine kleine Lichtung, da saß Billy im Schneidersitz auf einem Beet aus Moos und Farnen. Er hatte die Augen geschlossen, die Pfeife in festem Griff umschlossen. Kleine Rauchwölkchen stiegen auf, der Tabak glomm nur noch schwach.
„Billy?“, sprach ich ihn an. Er öffnete leicht den Mund und sprach zu mir, jedoch nicht mit seiner Stimme. Der tiefe rauchige Bass wirkte verzerrt.
„Euer Schicksal wurde vor langer Zeit besiegelt. Nun wird es zu eurem Verhängnis. Ihr habt den Zorn von Mutter Natur auf euch gezogen.“ Mit der letzen Silbe öffnete Billy die Augen. In seiner Iris spiegelte sich das Antlitz einer Krähe wieder. Erschrocken wich ich zurück, ihr Krächzen ging mir durch Mark und Bein.<<
Nessie
Mit einem lauten Schnarchen fiel Jakes Kopf nach hinten in die Kissen. Na großartig! Irgendwie hatte ich mir den Verlauf des Abends etwas anders vorgestellt. Er hatte wohl nicht viel Schlaf bekommen in der letzten Zeit, verständlicherweise. Ich stand vorsichtig auf, um ihn nicht zu wecken, und deckte ihn zu. Dann machte ich es mir, mit dem Laptop auf dem Schoß, auf dem Sofa bequem. Ich fing an das Interview abzutippen. Solange ich nichts bessere zu tun hatte, konnte ich wenigstens arbeiten. Recht schnell hatte ich eine Seite abgetippt, da blinkte am rechten unteren Rand eine Meldung auf.
>>Alice Cullen hat sich angemeldet<< Ich speicherte den Text auf meinem USB-Stick und wechselte die Seite. Einen Moment später lächelte mir Alice entgegen.
„Na, Süße. Wie geht es euch denn?“
„Gut, danke. Und euch? Wo sind Mom und Dad?“, fragte ich nach.
„Uns geht’s gut, wie immer eigentlich. Als ob sich bei uns irgendetwas verändern würde. Schule, Schule, Schule. Ich hab jetzt mit Latein angefangen. Eine tote Sprache, passend nicht wahr? Aber ihr fehlt uns natürlich. Bella und Edward sind mit Carlisle und Esme zu Besuch bei Eleazar. Ich soll euch schön grüßen.“ Sie redete ohne Punkt und Komma, wie eh und je. Ich schmunzelte, doch sie fuhr unbeeindruckt fort.
„Renée hat übrigens angerufen, sie will sich nochmals von Carlisle untersuchen lassen. Wir haben ihr gesagt, wir würden uns dann bei nächster Gelegenheit in Forks treffen.“ In ihrem Wortschwall brach sie plötzlich ab und blinzelte überrascht.
„Wo bist du eigentlich? Das ist doch das Wohnzimmer des Häuschens, wenn ich nicht irre.“ Ich schaute mich um und kratze mir geistesabwesend mit der Hand die Stirn. Sie stieß einen spitzen Schrei aus und erstarrte. Als mir bewusst wurde, was sie da eben gesehen hatte, ließ ich die Hand schnell wieder sinken.
„Renesmee Carlie Cullen, was ist das da an deiner Hand?“ Ich wusste gar nicht, dass ihre Augen derart scharf aufblitzen konnten.
„Alice, bitte reg dich nicht auf. Charlie weiß Bescheid“, erklärte ich.
„Wie? Du hast ihm erzählt das du und Jake…?“, brachte sie nur kopfschüttelnd heraus.
„Nein!“, wies ich energisch zurück. „Er weiß das wir hier sind, selbstverständlich würde ich Mom und Dad nie übergehen, also halte dich bitte zurück. Tu es für mich.“ Ich bettelte sie regelrecht an, sie verzog nur genervt das Gesicht.
„Wie stellst du dir das vor? Nur gut, dass er ohnehin gerade auf einem anderen Kontinent weilt. Du meine Güte, wie sollte ich das bitte vor Edward geheim halten? Am besten triffst du ihn vor seiner Rückkehr nach London, sonst sehe ich mich gezwungen, die Titel des „Mirror“ auswendig zu lernen, um meine Gedanken zu übertünchen.“ Sie sprudelte nur so. Natürlich hatte sie Recht. Jake schnarchte laut auf.
„Ist das Jake, der mal wieder die Imitation einer Kettensäge zum Besten gibt?“
Da rappelte sich Jake ruckartig neben mir auf. Ich fuhr erschrocken zusammen und der Laptop fiel zu Boden. Gott sei Dank auf die Decken - er lief noch wie ich erleichtert feststellte.
Jake starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an.
„Billy“, keuchte er.
„Was ist denn bei Euch los? Nessie? Jake?“, rief Alice im Hintergrund.
Es war ein absolut unbeschreibliches Gefühl, ihr den Ring über den Finger zu streifen - mir lief tatsächlich eine Gänsehaut über den Rücken. Als sie sich wieder eng an mich kuschelte, musste ich gähnen; sicherheitshalber stellte ich das Sektglas neben mir ab. Der Schlafentzug der letzten Tage machte sich bemerkbar. Meine Augenlider wogen plötzlich Tonnen und ich konnte mich einfach nicht dagegen wehren. So tauchte ich unaufhaltsam ab in den bleiernen Nebel, der mich vollends umhüllte und in einen tiefen Schlaf bettete. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, in der ich in einem Meer aus Gefühlen und Gedanken dahintrieb – völlig entspannt. Ich befand mich in tranceähnlichem Zustand.
>>Da drang ein Rauschen an mein inneres Ohr, ein dumpfes Trommeln ließ meinen Körper vibrieren. Der Horizont hellte sich auf. Erst langsam, ähnlich dem Sonnenaufgang, dann blitzte gleißendes Licht auf und ich sah nichts mehr. Zum Schutz hob ich die Hände vor die Augen, als sich plötzlich etwas von hinten anschlich. Ich spürte einen Luftzug, nur ein kleiner Hauch. Ruckartig drehte ich mich um. Das Flüstern wurde lauter, doch ich konnte keine mir bekannte Stimme herauskristallisieren. Das blendende Licht erstarb und mit ihm verstummten die Flüsterstimmen. Hektisch sah ich mich um, um mich zu orientieren. Ich lief, einem inneren Drang folgend, durch ein Dickicht aus Bäumen, mannshohem Gras und Schlingpflanzen, die nach mir zu greifen schienen. Ich stieß auf eine kleine Lichtung, da saß Billy im Schneidersitz auf einem Beet aus Moos und Farnen. Er hatte die Augen geschlossen, die Pfeife in festem Griff umschlossen. Kleine Rauchwölkchen stiegen auf, der Tabak glomm nur noch schwach.
„Billy?“, sprach ich ihn an. Er öffnete leicht den Mund und sprach zu mir, jedoch nicht mit seiner Stimme. Der tiefe rauchige Bass wirkte verzerrt.
„Euer Schicksal wurde vor langer Zeit besiegelt. Nun wird es zu eurem Verhängnis. Ihr habt den Zorn von Mutter Natur auf euch gezogen.“ Mit der letzen Silbe öffnete Billy die Augen. In seiner Iris spiegelte sich das Antlitz einer Krähe wieder. Erschrocken wich ich zurück, ihr Krächzen ging mir durch Mark und Bein.<<
Nessie
Mit einem lauten Schnarchen fiel Jakes Kopf nach hinten in die Kissen. Na großartig! Irgendwie hatte ich mir den Verlauf des Abends etwas anders vorgestellt. Er hatte wohl nicht viel Schlaf bekommen in der letzten Zeit, verständlicherweise. Ich stand vorsichtig auf, um ihn nicht zu wecken, und deckte ihn zu. Dann machte ich es mir, mit dem Laptop auf dem Schoß, auf dem Sofa bequem. Ich fing an das Interview abzutippen. Solange ich nichts bessere zu tun hatte, konnte ich wenigstens arbeiten. Recht schnell hatte ich eine Seite abgetippt, da blinkte am rechten unteren Rand eine Meldung auf.
>>Alice Cullen hat sich angemeldet<< Ich speicherte den Text auf meinem USB-Stick und wechselte die Seite. Einen Moment später lächelte mir Alice entgegen.
„Na, Süße. Wie geht es euch denn?“
„Gut, danke. Und euch? Wo sind Mom und Dad?“, fragte ich nach.
„Uns geht’s gut, wie immer eigentlich. Als ob sich bei uns irgendetwas verändern würde. Schule, Schule, Schule. Ich hab jetzt mit Latein angefangen. Eine tote Sprache, passend nicht wahr? Aber ihr fehlt uns natürlich. Bella und Edward sind mit Carlisle und Esme zu Besuch bei Eleazar. Ich soll euch schön grüßen.“ Sie redete ohne Punkt und Komma, wie eh und je. Ich schmunzelte, doch sie fuhr unbeeindruckt fort.
„Renée hat übrigens angerufen, sie will sich nochmals von Carlisle untersuchen lassen. Wir haben ihr gesagt, wir würden uns dann bei nächster Gelegenheit in Forks treffen.“ In ihrem Wortschwall brach sie plötzlich ab und blinzelte überrascht.
„Wo bist du eigentlich? Das ist doch das Wohnzimmer des Häuschens, wenn ich nicht irre.“ Ich schaute mich um und kratze mir geistesabwesend mit der Hand die Stirn. Sie stieß einen spitzen Schrei aus und erstarrte. Als mir bewusst wurde, was sie da eben gesehen hatte, ließ ich die Hand schnell wieder sinken.
„Renesmee Carlie Cullen, was ist das da an deiner Hand?“ Ich wusste gar nicht, dass ihre Augen derart scharf aufblitzen konnten.
„Alice, bitte reg dich nicht auf. Charlie weiß Bescheid“, erklärte ich.
„Wie? Du hast ihm erzählt das du und Jake…?“, brachte sie nur kopfschüttelnd heraus.
„Nein!“, wies ich energisch zurück. „Er weiß das wir hier sind, selbstverständlich würde ich Mom und Dad nie übergehen, also halte dich bitte zurück. Tu es für mich.“ Ich bettelte sie regelrecht an, sie verzog nur genervt das Gesicht.
„Wie stellst du dir das vor? Nur gut, dass er ohnehin gerade auf einem anderen Kontinent weilt. Du meine Güte, wie sollte ich das bitte vor Edward geheim halten? Am besten triffst du ihn vor seiner Rückkehr nach London, sonst sehe ich mich gezwungen, die Titel des „Mirror“ auswendig zu lernen, um meine Gedanken zu übertünchen.“ Sie sprudelte nur so. Natürlich hatte sie Recht. Jake schnarchte laut auf.
„Ist das Jake, der mal wieder die Imitation einer Kettensäge zum Besten gibt?“
Da rappelte sich Jake ruckartig neben mir auf. Ich fuhr erschrocken zusammen und der Laptop fiel zu Boden. Gott sei Dank auf die Decken - er lief noch wie ich erleichtert feststellte.
Jake starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an.
„Billy“, keuchte er.
„Was ist denn bei Euch los? Nessie? Jake?“, rief Alice im Hintergrund.
Zuletzt von esme78 am So 10 Jun 2012, 22:26 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Schlaf, Kindlein, schlaf..
Jake
Alle meine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt. Ich spürte den kalten Schweiß, der mir langsam den Rücken hinunterlief. Stoßweise atmete ich ein und wieder aus. Hyperventilierte ich etwa? Nessie kam langsam auf mich zu, sie sah sehr beunruhigt aus. Ich klammerte mich an sie, zwanghaft bemüht mich wieder zu beruhigen. Mein Verstand versuchte meiner physischen Hülle zu vermitteln, dass es nur ein Traum war. Oder war es möglicherweise mehr als das?
„Jake, was ist denn passiert? Nun, sag schon!“
Fünf Minuten später saßen Seth, Sam und Nessie vor mir auf dem Sofa und ließen sich haarklein meinen Traum berichten.
„Euer Schicksal wurde vor langer Zeit besiegelt.“ Sam´s Finger trommelten nervös auf den Beistelltisch, während er meine Worte wiederholte.
„Der Vertrag?“, mutmaßte Seth. Wir sahen uns alle fragend an.
„Ich hole ihn jetzt da raus, ganz gleich was ihr sagt.“ Ich tigerte vor den dreien hin und her und raufte mir die Haare dabei. Je länger ich über all das nachdachte, umso entschlossener wurde ich.
„Jake, das geht nicht. Nur, weil du geträumt hast?“ Seth stellte sich mir in den Weg und ich funkelte ihn böse an. Sam ging zwischen uns.
„Hey, hey! Ruhig, Jungs.“ Ich ließ meine Hände, die ich unbewusst vor dem Oberkörper zu Fäusten geballt hatte, wieder sinken. Seth drehte sich mit zusammengebissenen Zähnen und bebenden Nasenflügeln um. Ruhig bleiben, der hatte Nerven.
„Paul und Quil sind in diesem Moment da draußen. Ihnen ist nichts aufgefallen. Warten wir erst mal bis morgen ab, in Ordnung, Jake?“ Sam redete weiter auf mich ein und ich nickte.
Doch kaum hatte er sich wieder Seth zugewandt, rannte ich los – durch die Tür in den Wald. Noch im Laufen verwandelte ich mich und heulte laut auf. Ein aufgeschreckter Fuchs nahm fiepend Reißaus. Ich ließ mich durch nichts beirren und jagte immer weiter, trieb die Pfoten über den harten Waldboden hinweg, die Fährte von Billy in der Nase. Nach kurzer Zeit meldeten sich Sam und Seth natürlich wieder zu Wort.
Jake, du verdammter Idiot. Was wird das? Seth war mir am Nächsten.
Was hast du erwartet, Seth? Wir kennen doch seinen Dickschädel. Sam hatte Recht, Leitwolf hin oder her, dieser Traum war ein Zeichen und ich musste zu Dad.
Paul und Quil reagierten ebenfalls äußerst überrascht, als sie uns bemerkten.
Was ist passiert? Hey Jungs, klärt uns mal jemand auf? Paul stellte sich uns bald in den Weg. Ich schenkte ihm jedoch keine Aufmerksamkeit, denn in der Ferne flogen einige Krähen lautstark über die Baumwipfel; sehr ungewöhnlich zu dieser nächtlichen Stunde. Wir spitzen die Ohren und rannten geschlossen weiter.
Das Adrenalin pumpte durch meine Adern und ich hörte außer meinem Atem und dem Herzschlag nichts mehr. Mein Sichtfeld ähnelte dem Inneren eines Tornados, der trichterförmige Weg, die verschwommene Umgebung, die mit dem Nichts verschmolz, und die absolute Stille im Zentrum - der Sog zog mich dahin. Nach kurzer Zeit hatten wir ihn erreicht, auch Quil stieß endlich zu uns, der die entgegengesetzte Runde lief. Billy lag zusammengekauert auf dem Boden, er rührte sich nicht, sein Puls war sehr schwach. Die Pfeife lag neben ihm, sie war noch warm. Ich stieß ihn mit der Schnauze an die Stirn, sie war heiß und schweißbenetzt. Ich leckte ihm über die glühende Haut, in der Hoffnung, er würde wieder zu sich kommen.
Was geht hier vor sich?, fragte Quil.
Paul stammelte: Woher wusstet ihr…?
Haltet jetzt mal alle die Klappe!, blaffte ich. Billy reagierte immer noch nicht, mir schnürte es die Kehle zu. Ich verlagerte das Gewicht auf die Hinterpfoten und zwang mich zurück in meine menschliche Gestalt. Nackt, wie ich war, ließ ich mich neben Billy nieder, schob die Arme unter seinen schlaffen Körper und stand mit ihm auf. Begleitet von den Jungs rannte ich zurück nach Hause.
Nessie
Es war frisch an diesem frühen Morgen. Der Rasen war mit unzähligen Tauperlen übersät - es sah aus, als ob die Grashalme weinen würden. Die drückende Stimmung wurde durch die Stille, die sich über die Szenerie gelegt hatte, nur noch verstärkt. Das gesamte Rudel hatte sich vor Billys Haus versammelt, keiner sprach ein Wort. Jake, Rachel, und Sam waren im Haus bei ihm, er war immer noch nicht wieder aus seiner Ohnmacht erwacht. Nachdem die Jungs gestern Nacht so überstürzt davon gerannt waren, hatte ich mit Dad telefoniert. Wir hielten es für das Beste, wenn Carlisle sich um Billy kümmern würde. Sie versprachen sofort anzureisen.
Doch in dem Taxi, welches gerade die Straße herannahte, saß jemand anderes. Es war Rebecca, Rachels Zwillingsschwester. Sie stieg aus und kam direkt auf mich zu.
„Hallo, du musst Renesmee sein, richtig? Ich bin Rebecca.“ Ich nahm zögerlich ihre Hand, die sie mir hinhielt. „Ich hab schon viel von dir gehört.“, fügte sie an.
„Ja, freut mich. Sie sind drin bei Billy.“ Rebecca nickte, lächelte gequält und ging hinein.
Das Taxi, das gerade rückwärts stieß, wäre beinahe in Charlies Streifenwagen gerammt, hätte der nicht im letzen Moment gestoppt. Charlies Gesicht war leichenblass (er wäre beinahe als Vampir durchgegangen) doch nicht wegen dem beinahe Unfall, es war die blanke Sorge um seinen Freund, die sein Gesicht zeichnete. Sue neben ihm sah nicht besser aus. Wildfuchtelnd rangierte er an dem Taxi vorbei, der Fahrer zeigte ihm noch einen Vogel. Charlie jedoch war völlig fixiert und hatte die Beleidung gar nicht registriert, die er sonst sofort hätte ahnden müssen. Schnell fuhr das Taxi davon, der Fahrer schien meine Ansicht zu teilen, und machte sich lieber schnell vom Acker. Mit einem stummen Nicken lief Charlie an mir vorbei ins Haus, Sue legte mir wortlos die Hand auf die Schulter und folgte ihm.
Ich ließ mich mit angezogenen Knien neben Seth nieder, der stur geradeaus starrte. Er bearbeitet einen kleinen Holzstock, indem er die Rinde abzupfte, nur um etwas zu tun zu haben. Sue würde mich heute telefonisch in der Schule entschuldigen, ich hätte mich sowieso auf nichts konzentrieren können. Da regte sich etwas im Hausinneren, unsere Köpfe schnellten zur Tür. Es war Sam, der mit schlürfendem Gang zu uns kam. Ich hatte ihn noch nie so gesehen. Die Haare standen in alle Himmelsrichtungen und er hatte dicke Ränder um die Augen, die vergrämt dreinschauten.
„Und, wie geht’s ihm?“, fragten alle im Chor. Sam schüttelte den Kopf.
„Er ist immer noch nicht bei Bewusstsein, er liegt in einer Art Fieberkoma. Manchmal meint man er spricht einen direkt an, doch dann redet er wieder nur wirres Zeug. Sie versuchen mit Umschlägen das Fieber zu senken, aber er gehört in ein Krankenhaus, meiner Meinung nach.“
Wie aufs Stichwort kam eine dunkle Mercedes-Limousine vor dem Haus zum Stehen. Ohne Zögern stiegen Carlisle und Edward aus. Sie holten die Arzttasche aus dem Kofferraum und liefen, wie Charlie vorhin, kurz nickend ins Haus.
Jake
Alle meine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt. Ich spürte den kalten Schweiß, der mir langsam den Rücken hinunterlief. Stoßweise atmete ich ein und wieder aus. Hyperventilierte ich etwa? Nessie kam langsam auf mich zu, sie sah sehr beunruhigt aus. Ich klammerte mich an sie, zwanghaft bemüht mich wieder zu beruhigen. Mein Verstand versuchte meiner physischen Hülle zu vermitteln, dass es nur ein Traum war. Oder war es möglicherweise mehr als das?
„Jake, was ist denn passiert? Nun, sag schon!“
Fünf Minuten später saßen Seth, Sam und Nessie vor mir auf dem Sofa und ließen sich haarklein meinen Traum berichten.
„Euer Schicksal wurde vor langer Zeit besiegelt.“ Sam´s Finger trommelten nervös auf den Beistelltisch, während er meine Worte wiederholte.
„Der Vertrag?“, mutmaßte Seth. Wir sahen uns alle fragend an.
„Ich hole ihn jetzt da raus, ganz gleich was ihr sagt.“ Ich tigerte vor den dreien hin und her und raufte mir die Haare dabei. Je länger ich über all das nachdachte, umso entschlossener wurde ich.
„Jake, das geht nicht. Nur, weil du geträumt hast?“ Seth stellte sich mir in den Weg und ich funkelte ihn böse an. Sam ging zwischen uns.
„Hey, hey! Ruhig, Jungs.“ Ich ließ meine Hände, die ich unbewusst vor dem Oberkörper zu Fäusten geballt hatte, wieder sinken. Seth drehte sich mit zusammengebissenen Zähnen und bebenden Nasenflügeln um. Ruhig bleiben, der hatte Nerven.
„Paul und Quil sind in diesem Moment da draußen. Ihnen ist nichts aufgefallen. Warten wir erst mal bis morgen ab, in Ordnung, Jake?“ Sam redete weiter auf mich ein und ich nickte.
Doch kaum hatte er sich wieder Seth zugewandt, rannte ich los – durch die Tür in den Wald. Noch im Laufen verwandelte ich mich und heulte laut auf. Ein aufgeschreckter Fuchs nahm fiepend Reißaus. Ich ließ mich durch nichts beirren und jagte immer weiter, trieb die Pfoten über den harten Waldboden hinweg, die Fährte von Billy in der Nase. Nach kurzer Zeit meldeten sich Sam und Seth natürlich wieder zu Wort.
Jake, du verdammter Idiot. Was wird das? Seth war mir am Nächsten.
Was hast du erwartet, Seth? Wir kennen doch seinen Dickschädel. Sam hatte Recht, Leitwolf hin oder her, dieser Traum war ein Zeichen und ich musste zu Dad.
Paul und Quil reagierten ebenfalls äußerst überrascht, als sie uns bemerkten.
Was ist passiert? Hey Jungs, klärt uns mal jemand auf? Paul stellte sich uns bald in den Weg. Ich schenkte ihm jedoch keine Aufmerksamkeit, denn in der Ferne flogen einige Krähen lautstark über die Baumwipfel; sehr ungewöhnlich zu dieser nächtlichen Stunde. Wir spitzen die Ohren und rannten geschlossen weiter.
Das Adrenalin pumpte durch meine Adern und ich hörte außer meinem Atem und dem Herzschlag nichts mehr. Mein Sichtfeld ähnelte dem Inneren eines Tornados, der trichterförmige Weg, die verschwommene Umgebung, die mit dem Nichts verschmolz, und die absolute Stille im Zentrum - der Sog zog mich dahin. Nach kurzer Zeit hatten wir ihn erreicht, auch Quil stieß endlich zu uns, der die entgegengesetzte Runde lief. Billy lag zusammengekauert auf dem Boden, er rührte sich nicht, sein Puls war sehr schwach. Die Pfeife lag neben ihm, sie war noch warm. Ich stieß ihn mit der Schnauze an die Stirn, sie war heiß und schweißbenetzt. Ich leckte ihm über die glühende Haut, in der Hoffnung, er würde wieder zu sich kommen.
Was geht hier vor sich?, fragte Quil.
Paul stammelte: Woher wusstet ihr…?
Haltet jetzt mal alle die Klappe!, blaffte ich. Billy reagierte immer noch nicht, mir schnürte es die Kehle zu. Ich verlagerte das Gewicht auf die Hinterpfoten und zwang mich zurück in meine menschliche Gestalt. Nackt, wie ich war, ließ ich mich neben Billy nieder, schob die Arme unter seinen schlaffen Körper und stand mit ihm auf. Begleitet von den Jungs rannte ich zurück nach Hause.
Nessie
Es war frisch an diesem frühen Morgen. Der Rasen war mit unzähligen Tauperlen übersät - es sah aus, als ob die Grashalme weinen würden. Die drückende Stimmung wurde durch die Stille, die sich über die Szenerie gelegt hatte, nur noch verstärkt. Das gesamte Rudel hatte sich vor Billys Haus versammelt, keiner sprach ein Wort. Jake, Rachel, und Sam waren im Haus bei ihm, er war immer noch nicht wieder aus seiner Ohnmacht erwacht. Nachdem die Jungs gestern Nacht so überstürzt davon gerannt waren, hatte ich mit Dad telefoniert. Wir hielten es für das Beste, wenn Carlisle sich um Billy kümmern würde. Sie versprachen sofort anzureisen.
Doch in dem Taxi, welches gerade die Straße herannahte, saß jemand anderes. Es war Rebecca, Rachels Zwillingsschwester. Sie stieg aus und kam direkt auf mich zu.
„Hallo, du musst Renesmee sein, richtig? Ich bin Rebecca.“ Ich nahm zögerlich ihre Hand, die sie mir hinhielt. „Ich hab schon viel von dir gehört.“, fügte sie an.
„Ja, freut mich. Sie sind drin bei Billy.“ Rebecca nickte, lächelte gequält und ging hinein.
Das Taxi, das gerade rückwärts stieß, wäre beinahe in Charlies Streifenwagen gerammt, hätte der nicht im letzen Moment gestoppt. Charlies Gesicht war leichenblass (er wäre beinahe als Vampir durchgegangen) doch nicht wegen dem beinahe Unfall, es war die blanke Sorge um seinen Freund, die sein Gesicht zeichnete. Sue neben ihm sah nicht besser aus. Wildfuchtelnd rangierte er an dem Taxi vorbei, der Fahrer zeigte ihm noch einen Vogel. Charlie jedoch war völlig fixiert und hatte die Beleidung gar nicht registriert, die er sonst sofort hätte ahnden müssen. Schnell fuhr das Taxi davon, der Fahrer schien meine Ansicht zu teilen, und machte sich lieber schnell vom Acker. Mit einem stummen Nicken lief Charlie an mir vorbei ins Haus, Sue legte mir wortlos die Hand auf die Schulter und folgte ihm.
Ich ließ mich mit angezogenen Knien neben Seth nieder, der stur geradeaus starrte. Er bearbeitet einen kleinen Holzstock, indem er die Rinde abzupfte, nur um etwas zu tun zu haben. Sue würde mich heute telefonisch in der Schule entschuldigen, ich hätte mich sowieso auf nichts konzentrieren können. Da regte sich etwas im Hausinneren, unsere Köpfe schnellten zur Tür. Es war Sam, der mit schlürfendem Gang zu uns kam. Ich hatte ihn noch nie so gesehen. Die Haare standen in alle Himmelsrichtungen und er hatte dicke Ränder um die Augen, die vergrämt dreinschauten.
„Und, wie geht’s ihm?“, fragten alle im Chor. Sam schüttelte den Kopf.
„Er ist immer noch nicht bei Bewusstsein, er liegt in einer Art Fieberkoma. Manchmal meint man er spricht einen direkt an, doch dann redet er wieder nur wirres Zeug. Sie versuchen mit Umschlägen das Fieber zu senken, aber er gehört in ein Krankenhaus, meiner Meinung nach.“
Wie aufs Stichwort kam eine dunkle Mercedes-Limousine vor dem Haus zum Stehen. Ohne Zögern stiegen Carlisle und Edward aus. Sie holten die Arzttasche aus dem Kofferraum und liefen, wie Charlie vorhin, kurz nickend ins Haus.
esme78- ~Betting with Alice~
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Jake
Gerade hatten wir die kalten Umschläge gewechselt, als Carlisle und Edward zu uns kamen. Gott sei Dank!
„Wie geht es ihm?“, fragte der Doc gleich und legte seine Jacke ab.
„Vierzig Komma acht Grad Fieber, wir haben ihn mit kalten Wickeln behandelt. Aber er nimmt nichts zu sich.“ Rachel deutete auf den Kräutertee, den wir nach einem alten Rezept aufgebrüht hatten. Carlisle trat neben Billy, hob leicht seinen Arm an, kniff in seine Haut und ließ wieder los. Vorsichtig bettete er den Arm wieder neben ihn.
„Es ist nicht nur das Fieber, das unbedingt runter muss - er ist dehydriert.“ Er drehte den Kopf und gab Edward in ruhigem Ton Anweisungen.
„Die Infusion mit Kochsalzlösung.“ Edward tat wie ihm geheißen und machte sich an der Tasche zu schaffen. Carlisle sah sich im Zimmer nach einem behelfsmäßigen Ständer o. ä. um, während er die Ärmel seines Hemdes hochkrempelte. Er nahm den Butterfly und das Desinfektionsspray von Edward entgegen und stach in Billys Armbeuge. Dann reichte ihm Edward die vorbereitete Infusionsflasche, die er rasch mit dem Schlauch des Butterflys zusammensteckte. Mit Klebestreifen fixierte er den Butterfly und drehte das Rädchen am oberen Schlauchende voll auf. Die Infusionsflasche wiederum befestigte er am Eisenwinkel des Wandregales. Routiniert fuhr er mit der Untersuchung fort - Überprüfung der Reflexe, Atmung, Puls und Blutdruck.
Mir war der Anblick meines Vaters, wie er so gebrechlich dalag, einfach zu viel. Fluchtartig verließ ich das Zimmer und schloss mich im Badezimmer ein. Die Angst um ihn geißelte mich in einer Starre, wie mir mein angespanntes Spiegelbild verriet. Mit höchster Anstrengung jagte ich mir einen Schwall kaltes Wasser ins Gesicht. Ich blieb einige Zeit schwer atmend über den Waschtisch gebeugt stehen. Die vergangenen vier Stunden saß ich ungerührt auf einem Hocker in der Ecke und konnte dem Treiben um ihn herum nur hilflos zusehen. Ich fühlte mich so klein und unbedeutend wie die Fliege an der Wand. Ich griff nach dem Handtuch und rubbelte mir über das Gesicht.
Schwerfällig verließ ich das Bad und nahm Becky in den Arm, die gerade aus der Küche kam. Sue lief hinter ihr, sie trug ein Tablett mit Tassen und frisch aufgebrühtem Kaffee. Wir folgten ihr nach draußen und gleich kam Nessie zu mir, wir fielen uns stumm in die Arme. Ich erwartete schon wieder Tränen, doch sie wollten nicht kommen. Plötzlich hielt mich jemand an der Schulter fest. Es war Edward, ich hatte ihn weder gesehen noch gehört.
„Jake, du solltest dich hinlegen. Glaub mir es ist besser so.“ Ich schaute ihn nur ungläubig an. Ich war doch nicht der Patient. Der lag da drinnen mit einer Nadel im Arm; mehr tot als lebendig. Edward jedoch ließ keinen Widerspruch zu und zog mich unnachgiebig in mein Zimmer. Nessie und Rachel folgten uns. Ich ließ mich auf mein Bett fallen und starrte teilnahmslos an die Decke. Vielleicht tat mir etwas Schlaf wirklich gut….Aua! Was sollte das denn? Mein Kopf schnellte zu Edward, der mir gerade eine Spritze in den Arm gejagt hatte. Ich bekam nur noch mit, dass er mir sagte, ich würde wohl kein Pflaster brauchen, dann war alles verschwommen und ich war weg.
Nessie
„Was machst du da mit ihm?“ Fassungslos beobachtete ich, wie Edward ihm eine Spritz verpasste. Jakes Blick wurde glasig und die Lider flatterten, bis er dann völlig ruhig in die Kissen fiel.
„Beruhige dich! Es wird alles wieder gut werden.“ Mit den Händen umfasste er meine Oberarme und blickte mir tief in die Augen.
„Ich soll mich beruhigen?“ Ich merkte erst als er mich umarmte, wie ich am ganzen Körper zitterte. Rachel zog Jake die Decke über und deutete uns nach draußen. Widerwillig ließ ich mich von Edward nach draußen begleiten. Die kühle Luft vor dem Haus ließ mich frösteln, ich schlang die Arme um meinen Oberkörper. Carlisle kam auf mich zu und reichte mir eine Tasse dampfenden Kaffee.
„Hier, Kleines. Setz dich.“ Ich griff nach der Tasse und umfasste das warme Porzellan mit beiden Händen - die Wärme breitete sich langsam über die Hände nach oben aus und entspannte meine verkrampften Muskeln. Auf der Treppe der Veranda nahm ich seufzend Platz. Dad setze sich zu mir und legte den Arm um meine Taille.
„Er schläft jetzt ein paar Stunden. Das war einfach nur der Schock.“ Ich sah seinen entschuldigen Blick und musste mir eingestehen, dass er wohl Recht hatte. Ich nahm einen tiefen Schluck der heißen Flüssigkeit, die langsam meine Kehle hinunterfloss, dann stellte ich die Tasse auf die Holzdielen und erhob mich, die Hände in die Hosentaschen vergraben.
„Dad, lass uns ein paar Schritte gehen, ja?“ Ohne ein Wort stand er auf und wir liefen über die Wiese.
„Du brauchst nichts zu sagen, Süße.“ Er grinste mich verschmitzt an. „Rachel hat das schon übernommen – unbewusst natürlich. Außerdem habe Augen im Kopf“, fügte er süffisant hinzu und deutete mit dem Kopf zu meiner Hand.
„Bist du sauer?“ Er schüttelte den Kopf und nahm meine Hand. Er drehte sie in seiner eigenen und begutachtete den Ring.
„Du bist meine Tochter, ich hatte nichts anderes von dir erwartet“, schmunzelte er und drückte mich an sich. „Der Ring steht dir, ehrlich.“ Sein kalter Atem jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken. Mein Blick fiel auf das Haus und ich dachte wieder an Billy.
„Wird Billy es überstehen?“
Er folgte meinem Blick. „Ganz bestimmt. Er ist ein Kämpfer.“
Wir ließen uns auf einem moosbewachsenen Stein nieder und beobachteten die aufgehende Sonne, die langsam verschlafen über die Wipfel kletterte, begleitet vom Gezwitscher der Singvögel. Eine ganze Weile saßen wir so da. Ich beobachtete Edward, der mit geschlossenen Augen den Kopf in die Sonne reckte, und ganz gleichmäßig atmete. Er genoss es jedes Mal in vollen Zügen, die wärmenden Sonnenstrahlen auf seiner Haut zu spüren. Wie immer wenn ich ihn so sah, erfüllte mich ein tiefes Gefühl der Ruhe und des Glücks. Ich konnte mich glücklich schätzen, eine Familie zu haben, die mich liebte, die mir immer zur Seite stehen würde, und vor der ich nichts verbergen musste. Ohne zu zögern kamen er und Carlisle hierher, um Billy zu helfen. Und um Jake zu helfen, den sie, auch ohne seinen Ring an meinem Finger, als einen Teil der Familie betrachteten. Jake hatte nicht das Glück, sich um seine Angehörigen keine Sorgen machen zu müssen – Krankheit oder Tod, mussten wir Cullens nicht fürchten, im Gegensatz zu seinem Vater.
Ich dachte kurz an die Vampirkinder zurück, die wir damals vor Aro gerettet hatten. Sie waren Waisen, schon früh der Mutter beraubt, in blindem Hass erzogen, und dann mit den Scherben ihrer zerbrochenen Welt vom Vater alleingelassen. Eleazar, Garret, Carmen, Kate und Tanya hatten sich ihrer angenommen und ihnen gezeigt, dass es im Leben noch mehr gab als Kampf und Vergeltung. Wir hatten die Halbvampire schon seit einigen Jahren nicht mehr gesehen. Wie sie sich wohl verändert haben?
„Du kannst sie gerne selbst fragen. Esme und Bella sind mit ihnen im Haus“, antwortete er auf meine Gedanken und lugte aus dem Augenwinkel zu mir, um meine Reaktion zu sehen.
„Wow, ich hatte ja keine Ahnung.“
„Das sollte ja auch eine Überraschung werden. Alice konnte sich wohl ausnahmsweise mal zurück halten.“ Ich dachte an unser Gespräch via Laptop. Alice hatte sich also nur unter einem Vorwand gemeldet, und wurde nur durch die Ereignisse hier davon abgehalten mir die Neuigkeit zu verraten. Ich schüttelte leicht den Kopf und schnalzte mit der Zunge. Edward sah mich missbilligend an.
„Sie hat wirklich nichts gesagt, ehrlich.“ Ich hob die drei Finger meiner rechten Hand und nahm Alice somit in Schutz.
„Wir sollten zurück gehen“, meinte Edward ganz unvermittelt. Jetzt hörte auch ich die Rufe, die vom Haus her zu uns hallten.
Gerade hatten wir die kalten Umschläge gewechselt, als Carlisle und Edward zu uns kamen. Gott sei Dank!
„Wie geht es ihm?“, fragte der Doc gleich und legte seine Jacke ab.
„Vierzig Komma acht Grad Fieber, wir haben ihn mit kalten Wickeln behandelt. Aber er nimmt nichts zu sich.“ Rachel deutete auf den Kräutertee, den wir nach einem alten Rezept aufgebrüht hatten. Carlisle trat neben Billy, hob leicht seinen Arm an, kniff in seine Haut und ließ wieder los. Vorsichtig bettete er den Arm wieder neben ihn.
„Es ist nicht nur das Fieber, das unbedingt runter muss - er ist dehydriert.“ Er drehte den Kopf und gab Edward in ruhigem Ton Anweisungen.
„Die Infusion mit Kochsalzlösung.“ Edward tat wie ihm geheißen und machte sich an der Tasche zu schaffen. Carlisle sah sich im Zimmer nach einem behelfsmäßigen Ständer o. ä. um, während er die Ärmel seines Hemdes hochkrempelte. Er nahm den Butterfly und das Desinfektionsspray von Edward entgegen und stach in Billys Armbeuge. Dann reichte ihm Edward die vorbereitete Infusionsflasche, die er rasch mit dem Schlauch des Butterflys zusammensteckte. Mit Klebestreifen fixierte er den Butterfly und drehte das Rädchen am oberen Schlauchende voll auf. Die Infusionsflasche wiederum befestigte er am Eisenwinkel des Wandregales. Routiniert fuhr er mit der Untersuchung fort - Überprüfung der Reflexe, Atmung, Puls und Blutdruck.
Mir war der Anblick meines Vaters, wie er so gebrechlich dalag, einfach zu viel. Fluchtartig verließ ich das Zimmer und schloss mich im Badezimmer ein. Die Angst um ihn geißelte mich in einer Starre, wie mir mein angespanntes Spiegelbild verriet. Mit höchster Anstrengung jagte ich mir einen Schwall kaltes Wasser ins Gesicht. Ich blieb einige Zeit schwer atmend über den Waschtisch gebeugt stehen. Die vergangenen vier Stunden saß ich ungerührt auf einem Hocker in der Ecke und konnte dem Treiben um ihn herum nur hilflos zusehen. Ich fühlte mich so klein und unbedeutend wie die Fliege an der Wand. Ich griff nach dem Handtuch und rubbelte mir über das Gesicht.
Schwerfällig verließ ich das Bad und nahm Becky in den Arm, die gerade aus der Küche kam. Sue lief hinter ihr, sie trug ein Tablett mit Tassen und frisch aufgebrühtem Kaffee. Wir folgten ihr nach draußen und gleich kam Nessie zu mir, wir fielen uns stumm in die Arme. Ich erwartete schon wieder Tränen, doch sie wollten nicht kommen. Plötzlich hielt mich jemand an der Schulter fest. Es war Edward, ich hatte ihn weder gesehen noch gehört.
„Jake, du solltest dich hinlegen. Glaub mir es ist besser so.“ Ich schaute ihn nur ungläubig an. Ich war doch nicht der Patient. Der lag da drinnen mit einer Nadel im Arm; mehr tot als lebendig. Edward jedoch ließ keinen Widerspruch zu und zog mich unnachgiebig in mein Zimmer. Nessie und Rachel folgten uns. Ich ließ mich auf mein Bett fallen und starrte teilnahmslos an die Decke. Vielleicht tat mir etwas Schlaf wirklich gut….Aua! Was sollte das denn? Mein Kopf schnellte zu Edward, der mir gerade eine Spritze in den Arm gejagt hatte. Ich bekam nur noch mit, dass er mir sagte, ich würde wohl kein Pflaster brauchen, dann war alles verschwommen und ich war weg.
Nessie
„Was machst du da mit ihm?“ Fassungslos beobachtete ich, wie Edward ihm eine Spritz verpasste. Jakes Blick wurde glasig und die Lider flatterten, bis er dann völlig ruhig in die Kissen fiel.
„Beruhige dich! Es wird alles wieder gut werden.“ Mit den Händen umfasste er meine Oberarme und blickte mir tief in die Augen.
„Ich soll mich beruhigen?“ Ich merkte erst als er mich umarmte, wie ich am ganzen Körper zitterte. Rachel zog Jake die Decke über und deutete uns nach draußen. Widerwillig ließ ich mich von Edward nach draußen begleiten. Die kühle Luft vor dem Haus ließ mich frösteln, ich schlang die Arme um meinen Oberkörper. Carlisle kam auf mich zu und reichte mir eine Tasse dampfenden Kaffee.
„Hier, Kleines. Setz dich.“ Ich griff nach der Tasse und umfasste das warme Porzellan mit beiden Händen - die Wärme breitete sich langsam über die Hände nach oben aus und entspannte meine verkrampften Muskeln. Auf der Treppe der Veranda nahm ich seufzend Platz. Dad setze sich zu mir und legte den Arm um meine Taille.
„Er schläft jetzt ein paar Stunden. Das war einfach nur der Schock.“ Ich sah seinen entschuldigen Blick und musste mir eingestehen, dass er wohl Recht hatte. Ich nahm einen tiefen Schluck der heißen Flüssigkeit, die langsam meine Kehle hinunterfloss, dann stellte ich die Tasse auf die Holzdielen und erhob mich, die Hände in die Hosentaschen vergraben.
„Dad, lass uns ein paar Schritte gehen, ja?“ Ohne ein Wort stand er auf und wir liefen über die Wiese.
„Du brauchst nichts zu sagen, Süße.“ Er grinste mich verschmitzt an. „Rachel hat das schon übernommen – unbewusst natürlich. Außerdem habe Augen im Kopf“, fügte er süffisant hinzu und deutete mit dem Kopf zu meiner Hand.
„Bist du sauer?“ Er schüttelte den Kopf und nahm meine Hand. Er drehte sie in seiner eigenen und begutachtete den Ring.
„Du bist meine Tochter, ich hatte nichts anderes von dir erwartet“, schmunzelte er und drückte mich an sich. „Der Ring steht dir, ehrlich.“ Sein kalter Atem jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken. Mein Blick fiel auf das Haus und ich dachte wieder an Billy.
„Wird Billy es überstehen?“
Er folgte meinem Blick. „Ganz bestimmt. Er ist ein Kämpfer.“
Wir ließen uns auf einem moosbewachsenen Stein nieder und beobachteten die aufgehende Sonne, die langsam verschlafen über die Wipfel kletterte, begleitet vom Gezwitscher der Singvögel. Eine ganze Weile saßen wir so da. Ich beobachtete Edward, der mit geschlossenen Augen den Kopf in die Sonne reckte, und ganz gleichmäßig atmete. Er genoss es jedes Mal in vollen Zügen, die wärmenden Sonnenstrahlen auf seiner Haut zu spüren. Wie immer wenn ich ihn so sah, erfüllte mich ein tiefes Gefühl der Ruhe und des Glücks. Ich konnte mich glücklich schätzen, eine Familie zu haben, die mich liebte, die mir immer zur Seite stehen würde, und vor der ich nichts verbergen musste. Ohne zu zögern kamen er und Carlisle hierher, um Billy zu helfen. Und um Jake zu helfen, den sie, auch ohne seinen Ring an meinem Finger, als einen Teil der Familie betrachteten. Jake hatte nicht das Glück, sich um seine Angehörigen keine Sorgen machen zu müssen – Krankheit oder Tod, mussten wir Cullens nicht fürchten, im Gegensatz zu seinem Vater.
Ich dachte kurz an die Vampirkinder zurück, die wir damals vor Aro gerettet hatten. Sie waren Waisen, schon früh der Mutter beraubt, in blindem Hass erzogen, und dann mit den Scherben ihrer zerbrochenen Welt vom Vater alleingelassen. Eleazar, Garret, Carmen, Kate und Tanya hatten sich ihrer angenommen und ihnen gezeigt, dass es im Leben noch mehr gab als Kampf und Vergeltung. Wir hatten die Halbvampire schon seit einigen Jahren nicht mehr gesehen. Wie sie sich wohl verändert haben?
„Du kannst sie gerne selbst fragen. Esme und Bella sind mit ihnen im Haus“, antwortete er auf meine Gedanken und lugte aus dem Augenwinkel zu mir, um meine Reaktion zu sehen.
„Wow, ich hatte ja keine Ahnung.“
„Das sollte ja auch eine Überraschung werden. Alice konnte sich wohl ausnahmsweise mal zurück halten.“ Ich dachte an unser Gespräch via Laptop. Alice hatte sich also nur unter einem Vorwand gemeldet, und wurde nur durch die Ereignisse hier davon abgehalten mir die Neuigkeit zu verraten. Ich schüttelte leicht den Kopf und schnalzte mit der Zunge. Edward sah mich missbilligend an.
„Sie hat wirklich nichts gesagt, ehrlich.“ Ich hob die drei Finger meiner rechten Hand und nahm Alice somit in Schutz.
„Wir sollten zurück gehen“, meinte Edward ganz unvermittelt. Jetzt hörte auch ich die Rufe, die vom Haus her zu uns hallten.
Zuletzt von esme78 am Di 18 Dez 2012, 00:19 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
esme78- ~Betting with Alice~
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Alter : 46
Anmeldedatum : 31.08.09
Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Risiko
Jake
Das helle Licht ließ mich blinzeln. Erinnerungsfetzen liefen wie ein schlechter Film an mir vorüber. Mit einem Ruck fuhr ich auf und mit der hastigen Bewegung riss ich ein Glas um, das klirrend zu Boden fiel. Das Geräusch schmerzte in meinen Ohren und ein stechender Schmerz fuhr mir durch die Schläfen. Ich kniff die Augen zusammen und atmete tief durch, dann schlug ich die Decke zur Seite und schwang die Beine über die Bettkante. Als ich festen Boden unter den Füßen spürte, stand ich auf. Gerade fragte ich mich noch, was Edward sich dabei gedacht hatte, als sich das gesamte Zimmer zur Seite neigte.
Mit einem ohrenbetäubenden Knall fand ich mich auf den Bodendielen wieder, die mir die herannahenden Schritte, die sich auf mein Zimmer zu bewegten, in den Ohren hämmern ließen. Als erstes sah ich Rachel, die mir mit der Hand unter den Kopf griff. Andere starke Hände griffen nach meinem Arm und ich wurde wieder in die Vertikale befördert. Leicht wankend schritt ich zurück, um mich auf mein Bett plumpsen zu lassen.
„Die Dosis hätte dich eigentlich für mindestens vier Stunden schlafen lassen sollen.“ Carlisle nahm mich bei den Schultern und sah mich mit verengten Augen skeptisch an. Ich wehrte mich mit kraftlosem Gezappel, bis er schließlich von mir abließ.
„Sei bitte vernünftig. Wir wollen dir doch nur helfen“, bat Carlisle versöhnlich. Mir helfen? Was ist mit Dad?
„Kümmert euch lieber um Billy und doktert nicht an mir herum.“ Mein brummiger Ton zeigte Wirkung. Carlisle nickte und schritt aus dem Zimmer. Ich hielt mich weiter mit den Händen am Bett fest und wartete darauf, dass das Zimmer endlich zum Stillstand kommen würde.
„Sei nicht so ein verdammter Starrkopf, Jake. Er versucht nur uns zu helfen, dir zu helfen. Ich hatte ihn darum gebeten. Du hast uns allen einen ordentlichen Schrecken eingejagt.“
Ich sah sie ungläubig an und hielt mir den Kopf, der mir mit stechenden Kopfschmerzen zu verstehen gab, lieber nicht ruckartig bewegt werden zu wollen. Rachel kniete sich mit bekümmerter Miene auf den Boden, sammelte schweigend die Glasscherben zusammen und verließ das Zimmer. Kopfschüttelnd lief sie an Nessie vorbei, die die Arme vor dem Oberkörper verschränkte und mich vorsichtig ansah.
„Darf ich rein kommen?“
„Natürlich.“ Nessie war alles was ich jetzt brauchte. Sie kam langsam näher und setzte sich auf meinem Schoß. Ihren Arm legte sie um meine Schulter und ließ den Kopf sachte auf meinem ruhen. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf ihre bloße Anwesenheit. Mit den Fingern strich sie gegen den Haarwuchs in meinem Nacken, sodass mir ein Kribbeln durch den Körper fuhr. Ich wurde mit jeder Sekunde ruhiger und klarer im Kopf, doch ich wollte diesen Moment so lange wie möglich auskosten, nachdem ich den vorigen Abend nicht so gestallten konnte, wie ich es eigentlich vor hatte. Ein Klopfen unterbrach unsere Zweisamkeit. Wer um alles…, fluchte ich innerlich. Es war Paul, der den Kopf durch den Türrahmen steckte, hinter ihm standen Seth und Jared.
„Jake, wir müssen jetzt los. Der Campingplatz muss zügig für das vorausgesagte Unwetter geräumt werden. Sam hält uns auf dem Laufenden. Kopf hoch, Bruder.“
Ich nickte zustimmend. Das war nun wirklich das Letzte, was wir gebrauchen konnten: verletzte Urlauber. Über die schlechte Verfassung meines Vaters geriet der eigentliche Grund für seinen Zustand beinahe in Vergessenheit; wir mussten weiter abwarten. Hand in Hand lief ich mit Nessie ins Nebenzimmer zu Dad. Carlisle, der neben dem Bett auf einem Stuhl saß, erhob sich und kam auf uns zu.
„Das Fieber ist gesunken. Seine Werte sind wieder stabil.“ Geräuschvoll atmete ich auf und legte mit einem ehrlichem „Danke, für alles“, die Hand auf seine Schulter. Sein Gesicht erhellte sich.
„Das war doch selbstverständlich. Er kommt bald zu sich, da bin ich mir sicher.“ Darauf musste ich ihn einfach in meine Arme schließen. Für meine ruppige Art von vorhin gehörte mir eigentlich ein gehöriger Tritt in den Allerwertesten. Er hatte uns schon so oft beigestanden. Ich dachte an die Zeit nach dem Kampf gegen die Jungvampire, an jenem schicksalshaften Tag im Juni seinerzeit, zurück, als er mich wieder zusammengeflickt hatte. In der langen Zeit, die ich mit den Cullens verbracht hatte, war er mir wie ein Vater geworden. Ich hielt sehr viel von seiner Meinung und rechnete es ihm sehr hoch an, dass er immer ehrlich mit mir war.
Was aber als Nächstes geschah, machte mir die ungeheure Macht der Elemente wieder mal in aller Deutlichkeit klar. Ich fühlte mich mit einem Mal hundeelend. Irgendetwas regte sich in mir, ein bedrohliches Gefühl, gemischt mit Nervosität und dem Impuls loszustürmen, mich zu verwandeln und laut los zu heulen. Nessie bemerkte meine innerliche Unruhe.
„Jake, was hast du?“ Gute Frage. Ich wechselte mit Carlisle einen vielsagenden Blick, seine Augen verengten sich – er spürte es also auch. Ohne ein Wort zog ich sie mit mir nach draußen, Carlisle folgte uns auf dem Fuße. Draußen erwartete uns ein gespenstisches Stelldichein – das verbliebene Rudel und Edward standen vor dem Haus und starrten gen Himmel.
„Das wird richtig übel“, brummte Sam. Mir stellten sich die Nackenhaare auf und ein Schauer jagte den Nächsten durch meinen Körper. Der tierische Urinstinkt warnte uns vor dem, was sich da zusammenbraute. Ich war der erste, der die Beherrschung verlor; es zerrte mich förmlich in meine zweite Gestalt. Ich kauerte mich mit bebenden Muskeln und durchgestreckten Vorderläufen hin, das Gewicht auf den Hinterläufen gestützt. Dann jaulte ich aus vollem Leib laut auf und reckte das Haupt der Bedrohung entgegen. Nach und nach verwandelten sich auch die anderen und wir rannten los, als wäre der Leibhaftige hinter uns her.
Jake
Das helle Licht ließ mich blinzeln. Erinnerungsfetzen liefen wie ein schlechter Film an mir vorüber. Mit einem Ruck fuhr ich auf und mit der hastigen Bewegung riss ich ein Glas um, das klirrend zu Boden fiel. Das Geräusch schmerzte in meinen Ohren und ein stechender Schmerz fuhr mir durch die Schläfen. Ich kniff die Augen zusammen und atmete tief durch, dann schlug ich die Decke zur Seite und schwang die Beine über die Bettkante. Als ich festen Boden unter den Füßen spürte, stand ich auf. Gerade fragte ich mich noch, was Edward sich dabei gedacht hatte, als sich das gesamte Zimmer zur Seite neigte.
Mit einem ohrenbetäubenden Knall fand ich mich auf den Bodendielen wieder, die mir die herannahenden Schritte, die sich auf mein Zimmer zu bewegten, in den Ohren hämmern ließen. Als erstes sah ich Rachel, die mir mit der Hand unter den Kopf griff. Andere starke Hände griffen nach meinem Arm und ich wurde wieder in die Vertikale befördert. Leicht wankend schritt ich zurück, um mich auf mein Bett plumpsen zu lassen.
„Die Dosis hätte dich eigentlich für mindestens vier Stunden schlafen lassen sollen.“ Carlisle nahm mich bei den Schultern und sah mich mit verengten Augen skeptisch an. Ich wehrte mich mit kraftlosem Gezappel, bis er schließlich von mir abließ.
„Sei bitte vernünftig. Wir wollen dir doch nur helfen“, bat Carlisle versöhnlich. Mir helfen? Was ist mit Dad?
„Kümmert euch lieber um Billy und doktert nicht an mir herum.“ Mein brummiger Ton zeigte Wirkung. Carlisle nickte und schritt aus dem Zimmer. Ich hielt mich weiter mit den Händen am Bett fest und wartete darauf, dass das Zimmer endlich zum Stillstand kommen würde.
„Sei nicht so ein verdammter Starrkopf, Jake. Er versucht nur uns zu helfen, dir zu helfen. Ich hatte ihn darum gebeten. Du hast uns allen einen ordentlichen Schrecken eingejagt.“
Ich sah sie ungläubig an und hielt mir den Kopf, der mir mit stechenden Kopfschmerzen zu verstehen gab, lieber nicht ruckartig bewegt werden zu wollen. Rachel kniete sich mit bekümmerter Miene auf den Boden, sammelte schweigend die Glasscherben zusammen und verließ das Zimmer. Kopfschüttelnd lief sie an Nessie vorbei, die die Arme vor dem Oberkörper verschränkte und mich vorsichtig ansah.
„Darf ich rein kommen?“
„Natürlich.“ Nessie war alles was ich jetzt brauchte. Sie kam langsam näher und setzte sich auf meinem Schoß. Ihren Arm legte sie um meine Schulter und ließ den Kopf sachte auf meinem ruhen. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf ihre bloße Anwesenheit. Mit den Fingern strich sie gegen den Haarwuchs in meinem Nacken, sodass mir ein Kribbeln durch den Körper fuhr. Ich wurde mit jeder Sekunde ruhiger und klarer im Kopf, doch ich wollte diesen Moment so lange wie möglich auskosten, nachdem ich den vorigen Abend nicht so gestallten konnte, wie ich es eigentlich vor hatte. Ein Klopfen unterbrach unsere Zweisamkeit. Wer um alles…, fluchte ich innerlich. Es war Paul, der den Kopf durch den Türrahmen steckte, hinter ihm standen Seth und Jared.
„Jake, wir müssen jetzt los. Der Campingplatz muss zügig für das vorausgesagte Unwetter geräumt werden. Sam hält uns auf dem Laufenden. Kopf hoch, Bruder.“
Ich nickte zustimmend. Das war nun wirklich das Letzte, was wir gebrauchen konnten: verletzte Urlauber. Über die schlechte Verfassung meines Vaters geriet der eigentliche Grund für seinen Zustand beinahe in Vergessenheit; wir mussten weiter abwarten. Hand in Hand lief ich mit Nessie ins Nebenzimmer zu Dad. Carlisle, der neben dem Bett auf einem Stuhl saß, erhob sich und kam auf uns zu.
„Das Fieber ist gesunken. Seine Werte sind wieder stabil.“ Geräuschvoll atmete ich auf und legte mit einem ehrlichem „Danke, für alles“, die Hand auf seine Schulter. Sein Gesicht erhellte sich.
„Das war doch selbstverständlich. Er kommt bald zu sich, da bin ich mir sicher.“ Darauf musste ich ihn einfach in meine Arme schließen. Für meine ruppige Art von vorhin gehörte mir eigentlich ein gehöriger Tritt in den Allerwertesten. Er hatte uns schon so oft beigestanden. Ich dachte an die Zeit nach dem Kampf gegen die Jungvampire, an jenem schicksalshaften Tag im Juni seinerzeit, zurück, als er mich wieder zusammengeflickt hatte. In der langen Zeit, die ich mit den Cullens verbracht hatte, war er mir wie ein Vater geworden. Ich hielt sehr viel von seiner Meinung und rechnete es ihm sehr hoch an, dass er immer ehrlich mit mir war.
Was aber als Nächstes geschah, machte mir die ungeheure Macht der Elemente wieder mal in aller Deutlichkeit klar. Ich fühlte mich mit einem Mal hundeelend. Irgendetwas regte sich in mir, ein bedrohliches Gefühl, gemischt mit Nervosität und dem Impuls loszustürmen, mich zu verwandeln und laut los zu heulen. Nessie bemerkte meine innerliche Unruhe.
„Jake, was hast du?“ Gute Frage. Ich wechselte mit Carlisle einen vielsagenden Blick, seine Augen verengten sich – er spürte es also auch. Ohne ein Wort zog ich sie mit mir nach draußen, Carlisle folgte uns auf dem Fuße. Draußen erwartete uns ein gespenstisches Stelldichein – das verbliebene Rudel und Edward standen vor dem Haus und starrten gen Himmel.
„Das wird richtig übel“, brummte Sam. Mir stellten sich die Nackenhaare auf und ein Schauer jagte den Nächsten durch meinen Körper. Der tierische Urinstinkt warnte uns vor dem, was sich da zusammenbraute. Ich war der erste, der die Beherrschung verlor; es zerrte mich förmlich in meine zweite Gestalt. Ich kauerte mich mit bebenden Muskeln und durchgestreckten Vorderläufen hin, das Gewicht auf den Hinterläufen gestützt. Dann jaulte ich aus vollem Leib laut auf und reckte das Haupt der Bedrohung entgegen. Nach und nach verwandelten sich auch die anderen und wir rannten los, als wäre der Leibhaftige hinter uns her.
Zuletzt von esme78 am Di 18 Dez 2012, 00:21 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
esme78- ~Betting with Alice~
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Nessie
Ein Kribbeln jagte durch meine Glieder; jetzt spürte auch ich die wellenartigen Vorboten des Unwetters, obwohl allem Anschein nach noch alles ruhig war. Als Jake und die anderen sich nacheinander verwandelten und das Geheule mit jedem Meter, den sie sich von uns entfernten, leiser wurde, schauten Edward, Carlisle und ich noch wortlos in den Wald. Ein schrilles Geräusch ließ uns aufhorchen – es war Carlisles Handy.
Am anderen Ende war Alice, die uns vor dem Unwetter warnen wollte. Sie berichtete von ihrer Vision, in der sie ein verheerendes Unwetter sah. Beunruhigt äußerte sie sich über ein Feuer, das am Stadtrand von Forks, wohl durch einen Blitzschlag verursacht, ausbrechen würde. Sofort schoss mir der Zirkus durch den Kopf. Charlie, der von dem Geheule nach draußen gelockt wurde, informierte sofort seinen Hilfssheriff Mark per Funk; die Rettungsmannschaften sollten sich bereit halten. Es lag bereits eine Unwetterwarnung mit Sturmböen vor. Sue und Charlie fuhren zurück nach Forks - es hieß auch die Stadt auf das Wetter vorzubereiten. Edward und Carlisle, die sich beide nicht in der Öffentlichkeit sehen lassen durften, blieben bei den Blacks. Ich machte mich erst einmal auf den Weg zum Haus, um Bella und Esme zu treffen.
Das Wiedersehen mit den beiden, sowie Leighton, Regina, Wyatt, Ranjan, Christopher und Dexter verlief kurz, aber nicht weniger herzlich. Die sechs hatten sich seit unserem letzten Treffen zumindest äußerlich nicht verändert. Vollkommen überrascht war ich allerdings von Leighton und Dexter, die mir händchenhaltend gegenüber standen. Dexter berichtete stolz von Leightons Fortschritte – sie hatte ihre Fähigkeit, Dinge erstarren zu lassen, um ein Vielfaches verstärkt – was ihren herrlichen blauen Augen ein unbeschreibliches Funkeln verlieh. Die beiden gaben ein wunderschönes Paar ab; ich freute mich wirklich für sie. Doch leider gab es momentan Dinge, die keinen weiteren Aufschub duldeten. In aller Kürze besprachen wir die Lage.
Esme machte sich natürlich wieder die größten Sorgen – um Billy, Charlie, das Rudel, die ganzen Bewohner von Forks. Da ich nicht wusste, wann Jake wiederkommen würde, geschweige denn wo er sich gerade befand, beschloss ich alleine zum Zirkus zu gehen, um den Mendozzas zu helfen, so gut ich eben konnte.
„Du gehst auf gar keinen Fall alleine da raus“, machte Bella deutlich klar, und damit war sie nicht alleine.
„Alleine hast du gegen diese Naturgewalten keine Chance. Es sei denn du möchtest das Risiko eingehen, entdeckt zu werden“, gab Esme zu Bedenken.
„Wir werden sie begleiten.“ Ranjan, der sich zu Wort meldete, wurde von den anderen in seinem Vorschlag unterstützt.
Dankbar nickte ich ihnen zu. Mit diesem Vorschlag zeigten sich auch Bella und Esme einverstanden. Sie machten sich zügig daran das große Haus und unser Häuschen für das Wetter zu rüsten. Viel konnten sie nicht ausrichten, doch untätig rumsitzen und die Hände in den Schoß legen waren weder Esmes noch Bellas Charaktereigenschaft.
So trennten wir uns, in der stillen Hoffnung, dass dieser Sturm möglichst rasch an uns vorüberziehen möge.
Jake
Der Rausch, den der Lauf uns bescherte, konnte die Unruhe, die in uns brodelte, nicht mildern. Ohne weiter darüber nachdenken zu müssen liefen wir die festen Routen durch unser Land ab – wie die Motten, die vom Licht angezogen wurden. In La Push angekommen begrüßten uns die laut kreischenden Möwen, die über der unruhigen See im aufbrausenden Wind dahinglitten. Die Wellen schlugen gegen die Bucht; das Grollen wurde in wiederkehrenden Echos über den Strand getragen.
Die dunklen Wolken zogen sich stetig, wie ein Gummiband, zusammen, als würde sich der Himmel ob des Schicksals des gesamten Stammes verdunkeln. Ich versuchte mich zu erinnern, hier schon einmal ein solches Wetter erlebt zu haben. Die Region ist zwar für ihr feuchtes Klima bekannt, doch Stürme wie dieser, der sich hier zusammenbraute, waren sehr selten. Die Folgen der Klimaveränderung treffen uns nun mit voller Härte, oder…. Wollte man uns wirklich für etwas bestrafen, das offenbar schon so lange zurücklag?
Das ist bestimmt nur ein Zufall. Sam kam neben mir zum Stehen. Er reckte die Schnauze in die salzige Luft und schüttelte sich.
Riecht ihr das auch? Ich tat es ihm gleich – er hatte Recht, irgendetwas mischte sich in die Meeresbrise, die der Wind uns entgegen blies.
Vampire? Quil schaute uns an, die Ohren gespitzt, mit wedelndem Schwanz.
Nein. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen Wölfe, oder Coyoten. Sam schüttelte wieder den Kopf.
Ehe ich mich mit einer weiteren Brise davon überzeugen konnte, war nichts mehr davon auszumachen - wie eine Art Fatamorgana. Seltsam. Paul, Seth und Jared, die sich bei uns meldeten, vereitelten ein weiteres Rätselraten. Sie riefen uns zu Hilfe - die Fischerboote mussten gesichert werden. Wir machten uns in schnellen Sprüngen auf den Weg zum Quillayute Fluss, der weiter südlich in den Pazifik mündete - dort in der Nähe des Quilleute Oceanside Resorts befand sich der Fischerhafen.
Nessie
Als wir beim Zirkus ankamen, herrschte dort schon rege Betriebsamkeit. Überdimensionale Eisenheringe, die zusätzlich in den Boden gehämmert wurden, sollten die Seile verstärken. Mit einem LKW wurden die Wägen von den umstehenden Bäumen weggefahren – im Halbkreis um das Zelt herum. Ganz offenbar griff hier eine Hand in die Andere. Für die Zirkusfamilie war dies bestimmt nicht das erste Unwetter, das sie bewältigen mussten. Trotzallem bot ich ihnen im Namen aller unsere Hilfe an.
„Können wir euch irgendwie helfen?“
Maria kam zu uns mit besorgter Miene.
„Was macht ihr denn hier, Kinder? Ihr solltet zuhause sein. Es wird hier bald ziemlich ungemütlich.“ Ihr weiter roter Rock wehte wild umher, als wollte er den Stier, oder vielmehr den Sturm, um den Verstand bringen. Luke und Lucas kamen auch zu uns, als sie mich sahen.
„Wir sind hier bald fertig. Die Tiere fahren wir ins Stadtzentrum; dein Großvater hat uns einen Platz zum Unterstellen angeboten. Wir werden dann in der Gemeindehalle unterkommen. Macht euch keine Sorgen. Wir haben alles im Griff, ehrlich.“ Luke schien keineswegs beunruhigt, was mich auch etwas ruhiger werden ließ.
„Aber der sollte bald hier verschwinden.“ Lucas deutete zum Parkplatz gegenüber der Straße, wo ein einsamer Chrysler stand. „Wäre schade um das schöne Auto.“
Mit dem Mehr an helfenden Händen waren die Anhänger mit den Tiergehegen bald startklar, so verabschiedeten wir uns von den Zwillingen und rannten zurück zum Haus. Der Himmel hatte mittlerweile jedes Licht verschluckt und es begann zu donnern, vereinzelte Blitze tauchten den gewittrigen Himmel in ein seltsames Licht. Der Wald war vollends verstummt – alle Tiere hatten sich in Sicherheit gebracht.
Erleichtert öffneten uns Bella und Esme die gläserne Verandatür und wir versammelten uns im Wohnzimmer.
Ächzend protestierte der eingerostete Mechanismus, als die Stahlwände heruntergelassen wurden.
Ein Kribbeln jagte durch meine Glieder; jetzt spürte auch ich die wellenartigen Vorboten des Unwetters, obwohl allem Anschein nach noch alles ruhig war. Als Jake und die anderen sich nacheinander verwandelten und das Geheule mit jedem Meter, den sie sich von uns entfernten, leiser wurde, schauten Edward, Carlisle und ich noch wortlos in den Wald. Ein schrilles Geräusch ließ uns aufhorchen – es war Carlisles Handy.
Am anderen Ende war Alice, die uns vor dem Unwetter warnen wollte. Sie berichtete von ihrer Vision, in der sie ein verheerendes Unwetter sah. Beunruhigt äußerte sie sich über ein Feuer, das am Stadtrand von Forks, wohl durch einen Blitzschlag verursacht, ausbrechen würde. Sofort schoss mir der Zirkus durch den Kopf. Charlie, der von dem Geheule nach draußen gelockt wurde, informierte sofort seinen Hilfssheriff Mark per Funk; die Rettungsmannschaften sollten sich bereit halten. Es lag bereits eine Unwetterwarnung mit Sturmböen vor. Sue und Charlie fuhren zurück nach Forks - es hieß auch die Stadt auf das Wetter vorzubereiten. Edward und Carlisle, die sich beide nicht in der Öffentlichkeit sehen lassen durften, blieben bei den Blacks. Ich machte mich erst einmal auf den Weg zum Haus, um Bella und Esme zu treffen.
Das Wiedersehen mit den beiden, sowie Leighton, Regina, Wyatt, Ranjan, Christopher und Dexter verlief kurz, aber nicht weniger herzlich. Die sechs hatten sich seit unserem letzten Treffen zumindest äußerlich nicht verändert. Vollkommen überrascht war ich allerdings von Leighton und Dexter, die mir händchenhaltend gegenüber standen. Dexter berichtete stolz von Leightons Fortschritte – sie hatte ihre Fähigkeit, Dinge erstarren zu lassen, um ein Vielfaches verstärkt – was ihren herrlichen blauen Augen ein unbeschreibliches Funkeln verlieh. Die beiden gaben ein wunderschönes Paar ab; ich freute mich wirklich für sie. Doch leider gab es momentan Dinge, die keinen weiteren Aufschub duldeten. In aller Kürze besprachen wir die Lage.
Esme machte sich natürlich wieder die größten Sorgen – um Billy, Charlie, das Rudel, die ganzen Bewohner von Forks. Da ich nicht wusste, wann Jake wiederkommen würde, geschweige denn wo er sich gerade befand, beschloss ich alleine zum Zirkus zu gehen, um den Mendozzas zu helfen, so gut ich eben konnte.
„Du gehst auf gar keinen Fall alleine da raus“, machte Bella deutlich klar, und damit war sie nicht alleine.
„Alleine hast du gegen diese Naturgewalten keine Chance. Es sei denn du möchtest das Risiko eingehen, entdeckt zu werden“, gab Esme zu Bedenken.
„Wir werden sie begleiten.“ Ranjan, der sich zu Wort meldete, wurde von den anderen in seinem Vorschlag unterstützt.
Dankbar nickte ich ihnen zu. Mit diesem Vorschlag zeigten sich auch Bella und Esme einverstanden. Sie machten sich zügig daran das große Haus und unser Häuschen für das Wetter zu rüsten. Viel konnten sie nicht ausrichten, doch untätig rumsitzen und die Hände in den Schoß legen waren weder Esmes noch Bellas Charaktereigenschaft.
So trennten wir uns, in der stillen Hoffnung, dass dieser Sturm möglichst rasch an uns vorüberziehen möge.
Jake
Der Rausch, den der Lauf uns bescherte, konnte die Unruhe, die in uns brodelte, nicht mildern. Ohne weiter darüber nachdenken zu müssen liefen wir die festen Routen durch unser Land ab – wie die Motten, die vom Licht angezogen wurden. In La Push angekommen begrüßten uns die laut kreischenden Möwen, die über der unruhigen See im aufbrausenden Wind dahinglitten. Die Wellen schlugen gegen die Bucht; das Grollen wurde in wiederkehrenden Echos über den Strand getragen.
Die dunklen Wolken zogen sich stetig, wie ein Gummiband, zusammen, als würde sich der Himmel ob des Schicksals des gesamten Stammes verdunkeln. Ich versuchte mich zu erinnern, hier schon einmal ein solches Wetter erlebt zu haben. Die Region ist zwar für ihr feuchtes Klima bekannt, doch Stürme wie dieser, der sich hier zusammenbraute, waren sehr selten. Die Folgen der Klimaveränderung treffen uns nun mit voller Härte, oder…. Wollte man uns wirklich für etwas bestrafen, das offenbar schon so lange zurücklag?
Das ist bestimmt nur ein Zufall. Sam kam neben mir zum Stehen. Er reckte die Schnauze in die salzige Luft und schüttelte sich.
Riecht ihr das auch? Ich tat es ihm gleich – er hatte Recht, irgendetwas mischte sich in die Meeresbrise, die der Wind uns entgegen blies.
Vampire? Quil schaute uns an, die Ohren gespitzt, mit wedelndem Schwanz.
Nein. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen Wölfe, oder Coyoten. Sam schüttelte wieder den Kopf.
Ehe ich mich mit einer weiteren Brise davon überzeugen konnte, war nichts mehr davon auszumachen - wie eine Art Fatamorgana. Seltsam. Paul, Seth und Jared, die sich bei uns meldeten, vereitelten ein weiteres Rätselraten. Sie riefen uns zu Hilfe - die Fischerboote mussten gesichert werden. Wir machten uns in schnellen Sprüngen auf den Weg zum Quillayute Fluss, der weiter südlich in den Pazifik mündete - dort in der Nähe des Quilleute Oceanside Resorts befand sich der Fischerhafen.
Nessie
Als wir beim Zirkus ankamen, herrschte dort schon rege Betriebsamkeit. Überdimensionale Eisenheringe, die zusätzlich in den Boden gehämmert wurden, sollten die Seile verstärken. Mit einem LKW wurden die Wägen von den umstehenden Bäumen weggefahren – im Halbkreis um das Zelt herum. Ganz offenbar griff hier eine Hand in die Andere. Für die Zirkusfamilie war dies bestimmt nicht das erste Unwetter, das sie bewältigen mussten. Trotzallem bot ich ihnen im Namen aller unsere Hilfe an.
„Können wir euch irgendwie helfen?“
Maria kam zu uns mit besorgter Miene.
„Was macht ihr denn hier, Kinder? Ihr solltet zuhause sein. Es wird hier bald ziemlich ungemütlich.“ Ihr weiter roter Rock wehte wild umher, als wollte er den Stier, oder vielmehr den Sturm, um den Verstand bringen. Luke und Lucas kamen auch zu uns, als sie mich sahen.
„Wir sind hier bald fertig. Die Tiere fahren wir ins Stadtzentrum; dein Großvater hat uns einen Platz zum Unterstellen angeboten. Wir werden dann in der Gemeindehalle unterkommen. Macht euch keine Sorgen. Wir haben alles im Griff, ehrlich.“ Luke schien keineswegs beunruhigt, was mich auch etwas ruhiger werden ließ.
„Aber der sollte bald hier verschwinden.“ Lucas deutete zum Parkplatz gegenüber der Straße, wo ein einsamer Chrysler stand. „Wäre schade um das schöne Auto.“
Mit dem Mehr an helfenden Händen waren die Anhänger mit den Tiergehegen bald startklar, so verabschiedeten wir uns von den Zwillingen und rannten zurück zum Haus. Der Himmel hatte mittlerweile jedes Licht verschluckt und es begann zu donnern, vereinzelte Blitze tauchten den gewittrigen Himmel in ein seltsames Licht. Der Wald war vollends verstummt – alle Tiere hatten sich in Sicherheit gebracht.
Erleichtert öffneten uns Bella und Esme die gläserne Verandatür und wir versammelten uns im Wohnzimmer.
Ächzend protestierte der eingerostete Mechanismus, als die Stahlwände heruntergelassen wurden.
Zuletzt von esme78 am Di 18 Dez 2012, 00:22 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
esme78- ~Betting with Alice~
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Twister
Jake
Dieses Unwetter, welches nur seiner Bezeichnung nach kein Hurrikan gewesen war, tobte zwar nur eine halbe Stunde über uns hinweg, doch die Schäden waren verheerend. Von den zahlreichen Fischerbooten am Pier konnten wir nur etwas mehr als die Hälfte retten. Entwurzelte Bäume, abgedeckte Dächer, umgerissene Strommasten und die Verwüstungen in den Straßen bescherten uns einen Anblick des Grauens. Die Feuerwehren waren noch stundenlang damit beschäftigt, einen Brand am Stadtrand von Forks unter Kontrolle zu bekommen. Ein Blitz ist dort wohl eingeschlagen; der Knall war kilometerweit zu hören.
Nachdem sich die Wogen buchstäblich wieder geglättet hatten, ließen wir uns erschöpft an der Außenfassade der Reservats-Schule nieder – auch hier hatte das Dach dem Wetter nicht standgehalten. Die Frustration und die Müdigkeit saß tief. Mit Schwielen und Schrunden an Händen und Füßen betrachteten wir die Schäden.
Der Himmel klarte wieder auf, als wäre nichts gewesen und der Vollmond schenkte uns mit seinem hellen Licht keinen Trost, sondern ein nur noch klareres Bild auf die Verwüstungen.
„Es ist zum Heulen. Jetzt können wir wieder von vorn anfangen.“ Seth vergrub sein Gesicht in den Händen und schüttelte immer wieder den Kopf. Schweigsam betrachteten wir ihn, unfähig etwas darauf zu sagen.
Ich ließ meinen Blick in Richtung Forks schweifen, die dicke Rauchwolke hing wie ein wutschnaubender Drache über den Bäumen. Ich machte mich auf die Suche nach einem Telefon, um Nessie wissen zu lassen, dass es uns gut ginge. Erleichtert begrüßte sie mich, als die Verbindung zustande kam.
„Ich bin so froh deine Stimme zu hören. Wo seid ihr? Wie geht es euch?“ Ich fuhr mir mit der freien Hand über das Gesicht. Meine Augen waren müde und langsam stellten sich die Kopfschmerzen wieder ein.
„Wir sind im Reservat. Wo seid ihr? Hat der Zirkus auch etwas abbekommen?“ Auch mich beruhigte es nur ihre Stimme zu hören; dass es ihr gut ging, war das Allerwichtigste für mich.
„Ich bin mit Charlie beim Zirkus. Erstaunlicherweise ist hier, bis auf einen Riss im Zelt und einem umgestürztem Bauwagen, nichts Schlimmeres passiert. Ganz im Gegensatz zu Newtons Laden gegenüber. Sogar die Lagerhalle steht in Flammen“, berichtete sie.
„Pass auf dich auf. Komm dem Feuer nicht zu nahe! Ich komme zu euch.“ Vampire und Feuer vertrugen sich bekanntermaßen nicht so gut.
„Mach dir keine Sorgen. Wir werden in der Stadt nach dem Rechten sehen. Treffen wir uns später am Haus? Bella, Esme, Christopher, Ranjan und die anderen sind da.“
Ich stimmte zu und verabschiedete mich. Sorgen würde ich mir immer machen, sobald sie nicht in meiner Nähe war.
Nessie
Der arme Mike, dachte ich bei mir, als ich mein Handy wieder in der Tasche verstaute. Ich saß auf der Rückbank vom Streifenwagen und beobachtete aus sicherer Entfernung die Löscharbeiten. Charlie, der nur kurz bei Bella und Esme vorbeischaute, musste wieder los, als der Notruf einging. Ich wollte unbedingt mitkommen, als ich erfuhr, dass der Blitz ganz in der Nähe des Zirkus eingeschlagen hatte.
Der Laden war das Lebenswerk der Familie Newton, und jetzt war nichts mehr davon übrig. Tragisch, denn so wie es aussah, nahm Mikes Schicksal seinen Lauf. Alice hatte seine Selbstmordabsichten zwar noch nicht bestätigt, doch das war wohl nur noch eine Frage der Zeit. Mir schossen tausend Gedanken durch den Kopf; in den letzten Tagen ist so vieles geschehen, Gutes wie Schlechtes.
Die sengende Hitze, die vom Brandort ausstrahlte, wallte bis zu mir herüber und verwandelte die feuchte Umgebungsluft regelrecht in eine Sauna. Charlie kam zu mir, er tupfte sich mit einem Tuch über die schweißnasse Stirn.
„Wir können hier nichts mehr tun. Sie werden es kontrolliert abbrennen lassen. Tja, das war´s dann wohl.“
Ohne weitere Worte setzte er sich ans Steuer und wir fuhren in die Stadt.
Obwohl es mitten in der Nacht war, schlief in Forks keine Menschenseele. Alle waren auf den Beinen und räumten eigenhändig Mülltonnen, abgebrochene Äste und sonstige Gegenstände, die der Sturm mit sich gerissen hatte, weg. Der Weg zur Gemeindehalle war eine einzige Slalomfahrt. Endlich angekommen, machten wir uns mit den anderen Helfern an die Arbeit. Auch Bürgermeister Davis half voller Solidarität tatkräftig mit. Mit seiner stattlichen Größe und der adretten Erscheinung, die selbst mit Gummistiefel und Handschuhen keine Kratzer abbekam, fiel es mir schwer ihn objektiv zu beurteilen. Die Meinung, die die Mendozzas von ihm hatten, musste von Missverständnissen herrühren.
Ich beobachtete ihn, wie er sich angeregt mit Jose Mendozza unterhielt. Ich machte mir mein gutes Gehör zu Nutze und erlaubte mir das Gespräch aus einiger Entfernung zu verfolgen.
„Sie können von Glück reden, dass ihre Tiere nicht Amok gelaufen sind. Ich hätte ihnen das Leben zu Hölle gemacht, Mi señor.“ Der fassungslose Direktor wurde mit dieser Androhung einfach stehen gelassen, denn der Polizeichef störte das vermeintliche „Vier-Augen-Gespräch“.
„Mr. Davis. Der Brandleiter lässt kontrolliert abbrennen. Da ist nicht mehr viel übrig.“
Mit einem Mal verändert sich die Stimmung des Stadtoberhauptes von innerlich brodelnd, hin zu untröstlich - beinahe den Tränen nahe. An dem Mann ist ein Schauspieler verloren gegangen.
„Das hätte ich nicht für Möglich gehalten. Gestern erst habe ich mit Mike Newton die Kaufverträge abgeschlossen. Die Tinte ist noch nicht einmal getrocknet, und dann sowas!“ Theatralisch breitete er die Arme aus.
„Entschuldigen sie mich Charlie. Ich möchte dem Reservat noch einen Besuch abstatten. Der arme gebeutelte Stamm; dort hat es wohl auch noch den Rest erwischt.“
Auf Charlies skeptischen Blick hin, räusperte sich Gordon Davis.
„Nehmen Sie mir das bitte nicht übel, Charlie. Aber sie kennen mich doch, ich nehme kein Blatt vor den Mund.“
Charlie nickte nur mit zusammengezogenen Augenbrauen. Zu gerne hätte ich in diesem Moment nur einen kleinen Blick auf die berufliche Zukunft des Gordon Davis werfen wollen. Doch ich sah nur diesen dreisten Schnösel vor mir, der im Umgang mit Menschen Manieren eines Neandertalers an den Tag legte. Waren die Bewohner von Forks denn alle blind? Oder lag es nur an meiner feinen Sinneswahrnehmung, dass ich ihn - wenn auch auf den zweiten Blick - durchschaut hatte?
Wir beobachteten, wie Gordon Davis in seinen Chrysler stieg und davonfuhr.
Hatte ich nicht noch vor einigen Stunden denselben Wagen auf dem Parkplatz bei Newton´s stehen sehen?
Jake
Dieses Unwetter, welches nur seiner Bezeichnung nach kein Hurrikan gewesen war, tobte zwar nur eine halbe Stunde über uns hinweg, doch die Schäden waren verheerend. Von den zahlreichen Fischerbooten am Pier konnten wir nur etwas mehr als die Hälfte retten. Entwurzelte Bäume, abgedeckte Dächer, umgerissene Strommasten und die Verwüstungen in den Straßen bescherten uns einen Anblick des Grauens. Die Feuerwehren waren noch stundenlang damit beschäftigt, einen Brand am Stadtrand von Forks unter Kontrolle zu bekommen. Ein Blitz ist dort wohl eingeschlagen; der Knall war kilometerweit zu hören.
Nachdem sich die Wogen buchstäblich wieder geglättet hatten, ließen wir uns erschöpft an der Außenfassade der Reservats-Schule nieder – auch hier hatte das Dach dem Wetter nicht standgehalten. Die Frustration und die Müdigkeit saß tief. Mit Schwielen und Schrunden an Händen und Füßen betrachteten wir die Schäden.
Der Himmel klarte wieder auf, als wäre nichts gewesen und der Vollmond schenkte uns mit seinem hellen Licht keinen Trost, sondern ein nur noch klareres Bild auf die Verwüstungen.
„Es ist zum Heulen. Jetzt können wir wieder von vorn anfangen.“ Seth vergrub sein Gesicht in den Händen und schüttelte immer wieder den Kopf. Schweigsam betrachteten wir ihn, unfähig etwas darauf zu sagen.
Ich ließ meinen Blick in Richtung Forks schweifen, die dicke Rauchwolke hing wie ein wutschnaubender Drache über den Bäumen. Ich machte mich auf die Suche nach einem Telefon, um Nessie wissen zu lassen, dass es uns gut ginge. Erleichtert begrüßte sie mich, als die Verbindung zustande kam.
„Ich bin so froh deine Stimme zu hören. Wo seid ihr? Wie geht es euch?“ Ich fuhr mir mit der freien Hand über das Gesicht. Meine Augen waren müde und langsam stellten sich die Kopfschmerzen wieder ein.
„Wir sind im Reservat. Wo seid ihr? Hat der Zirkus auch etwas abbekommen?“ Auch mich beruhigte es nur ihre Stimme zu hören; dass es ihr gut ging, war das Allerwichtigste für mich.
„Ich bin mit Charlie beim Zirkus. Erstaunlicherweise ist hier, bis auf einen Riss im Zelt und einem umgestürztem Bauwagen, nichts Schlimmeres passiert. Ganz im Gegensatz zu Newtons Laden gegenüber. Sogar die Lagerhalle steht in Flammen“, berichtete sie.
„Pass auf dich auf. Komm dem Feuer nicht zu nahe! Ich komme zu euch.“ Vampire und Feuer vertrugen sich bekanntermaßen nicht so gut.
„Mach dir keine Sorgen. Wir werden in der Stadt nach dem Rechten sehen. Treffen wir uns später am Haus? Bella, Esme, Christopher, Ranjan und die anderen sind da.“
Ich stimmte zu und verabschiedete mich. Sorgen würde ich mir immer machen, sobald sie nicht in meiner Nähe war.
Nessie
Der arme Mike, dachte ich bei mir, als ich mein Handy wieder in der Tasche verstaute. Ich saß auf der Rückbank vom Streifenwagen und beobachtete aus sicherer Entfernung die Löscharbeiten. Charlie, der nur kurz bei Bella und Esme vorbeischaute, musste wieder los, als der Notruf einging. Ich wollte unbedingt mitkommen, als ich erfuhr, dass der Blitz ganz in der Nähe des Zirkus eingeschlagen hatte.
Der Laden war das Lebenswerk der Familie Newton, und jetzt war nichts mehr davon übrig. Tragisch, denn so wie es aussah, nahm Mikes Schicksal seinen Lauf. Alice hatte seine Selbstmordabsichten zwar noch nicht bestätigt, doch das war wohl nur noch eine Frage der Zeit. Mir schossen tausend Gedanken durch den Kopf; in den letzten Tagen ist so vieles geschehen, Gutes wie Schlechtes.
Die sengende Hitze, die vom Brandort ausstrahlte, wallte bis zu mir herüber und verwandelte die feuchte Umgebungsluft regelrecht in eine Sauna. Charlie kam zu mir, er tupfte sich mit einem Tuch über die schweißnasse Stirn.
„Wir können hier nichts mehr tun. Sie werden es kontrolliert abbrennen lassen. Tja, das war´s dann wohl.“
Ohne weitere Worte setzte er sich ans Steuer und wir fuhren in die Stadt.
Obwohl es mitten in der Nacht war, schlief in Forks keine Menschenseele. Alle waren auf den Beinen und räumten eigenhändig Mülltonnen, abgebrochene Äste und sonstige Gegenstände, die der Sturm mit sich gerissen hatte, weg. Der Weg zur Gemeindehalle war eine einzige Slalomfahrt. Endlich angekommen, machten wir uns mit den anderen Helfern an die Arbeit. Auch Bürgermeister Davis half voller Solidarität tatkräftig mit. Mit seiner stattlichen Größe und der adretten Erscheinung, die selbst mit Gummistiefel und Handschuhen keine Kratzer abbekam, fiel es mir schwer ihn objektiv zu beurteilen. Die Meinung, die die Mendozzas von ihm hatten, musste von Missverständnissen herrühren.
Ich beobachtete ihn, wie er sich angeregt mit Jose Mendozza unterhielt. Ich machte mir mein gutes Gehör zu Nutze und erlaubte mir das Gespräch aus einiger Entfernung zu verfolgen.
„Sie können von Glück reden, dass ihre Tiere nicht Amok gelaufen sind. Ich hätte ihnen das Leben zu Hölle gemacht, Mi señor.“ Der fassungslose Direktor wurde mit dieser Androhung einfach stehen gelassen, denn der Polizeichef störte das vermeintliche „Vier-Augen-Gespräch“.
„Mr. Davis. Der Brandleiter lässt kontrolliert abbrennen. Da ist nicht mehr viel übrig.“
Mit einem Mal verändert sich die Stimmung des Stadtoberhauptes von innerlich brodelnd, hin zu untröstlich - beinahe den Tränen nahe. An dem Mann ist ein Schauspieler verloren gegangen.
„Das hätte ich nicht für Möglich gehalten. Gestern erst habe ich mit Mike Newton die Kaufverträge abgeschlossen. Die Tinte ist noch nicht einmal getrocknet, und dann sowas!“ Theatralisch breitete er die Arme aus.
„Entschuldigen sie mich Charlie. Ich möchte dem Reservat noch einen Besuch abstatten. Der arme gebeutelte Stamm; dort hat es wohl auch noch den Rest erwischt.“
Auf Charlies skeptischen Blick hin, räusperte sich Gordon Davis.
„Nehmen Sie mir das bitte nicht übel, Charlie. Aber sie kennen mich doch, ich nehme kein Blatt vor den Mund.“
Charlie nickte nur mit zusammengezogenen Augenbrauen. Zu gerne hätte ich in diesem Moment nur einen kleinen Blick auf die berufliche Zukunft des Gordon Davis werfen wollen. Doch ich sah nur diesen dreisten Schnösel vor mir, der im Umgang mit Menschen Manieren eines Neandertalers an den Tag legte. Waren die Bewohner von Forks denn alle blind? Oder lag es nur an meiner feinen Sinneswahrnehmung, dass ich ihn - wenn auch auf den zweiten Blick - durchschaut hatte?
Wir beobachteten, wie Gordon Davis in seinen Chrysler stieg und davonfuhr.
Hatte ich nicht noch vor einigen Stunden denselben Wagen auf dem Parkplatz bei Newton´s stehen sehen?
Zuletzt von esme78 am Sa 29 Dez 2012, 23:58 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
esme78- ~Betting with Alice~
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Re: Nessie & Jake - Zwischen den Welten
Jake
Ich freute mich wirklich Bella und Esme wiederzusehen, doch konnte ich dieser Freude, nach den Ereignissen der letzten Stunden, nur ungenügend Ausdruck verleihen. Wir umarmten uns kurz und übten uns in Smalltalk. Der Besuch aus Denali brachte mir auch keine Ablenkung, immer wieder schaute ich gedankenverloren aus der Fensterfront des Wohnzimmers auf die abgebrochenen Äste der uralten Zedern. Bella kam auf mich zu und legte ihren Arm um meine Schulter.
„Ich fühle mit dir, Jacob. Es wird schon alles wieder gut werden.“
Mit einem Lächeln auf den Lippen unterstrich sie ihre Überzeugung. Ich rang mir ebenfalls ein Lächeln ab. Da kamen mir die Worte von Madame Cassandra wieder in den Sinn – sie hatte mir wirklich Hoffnung gemacht. In diesem Moment allerdings fiel es mir verdammt schwer, zuversichtlich zu sein. Esme versuchte meine Zweifel zu zerstreuen; ihre Worte schöpfte sie offenbar aus reichlich Lebenserfahrung.
„Es geht immer wieder weiter. Im Moment scheint es dir unvorstellbar, aber die Welt dreht sich auch morgen noch und in einiger Zeit wirst du nur noch mit Wehmut an diese Tage zurückdenken, glaub mir. Lass den Kopf nicht hängen, Jacob.“
Ich schaute in Esmes wunderschönes Gesicht, ihr Blick war weich und das Lächeln sprach direkt aus ihrer Seele zu mir. Es gab niemanden der Esme in Sachen Fürsorge und Mitgefühl das Wasser reichen konnte. Dann drückte sie mich an sich. Ich seufzte tief und schluckte all meine Zweifel herunter. Meine Aufgabe war jetzt klar: kämpfen bis zum Schluss, mit allerletzter Kraft.
Nessie, die wenig später mit Charlie zu uns kam, erzählte uns von ihren Beobachtungen.
Charlie zischte: „Mir war der Typ schon immer suspekt. Ich hab ihn ja auch nicht gewählt“, betonte er mit abwehrend erhobenen Händen.
„Ich habe da schon eine Idee, wie wir ihm das Leben etwas schwerer machen könnten.“
Nessie erntete mit dieser Äußerung nicht nur fragende Gesichter. Charlie besann sich natürlich seiner Berufung.
„Wenn du vorhast, was ich denke, dann lass dir eins gesagt sein. Es herrschen in diesem Land Gesetze, an die auch ihr euch zu halten habt.“ Er blickte streng von Nessie zu Bella, Esme und zu den anderen Halbvampiren.
Könnte mir auch mal jemand erklären, was das für eine tolle Idee sein soll?
„So viel Hinterhältigkeit hatte ich dir gar nicht zugetraut“, lobte ich meine Verlobte.
Wow, wie das klingt. Trotz all dieser Schreckensnachrichten gab mir allein die Existenz dieses wundervollen Wesens die Kraft weiterzumachen. Ein Blick in ihre warmen Augen reichte aus, um mich an mein Ziel zu erinnern:ein sorgenfreies langes Leben an ihrer Seite.
Nachdem sie uns ihren Plan unterbreitete, machten wir uns mit Ranjan auf dem Weg zu Billy - wir mussten nur noch eine Person von unserem Vorhaben überzeugen.
Der neue Tag, der mit zarten Sonnenstrahlen zu versuchen schien, die Opfer der Verwüstung etwas aufzuheitern, würde wieder sehr lange werden; soviel stand fest. Zuallererst wollte ich nach Billy sehen, die Trümmer der Nacht versuchte ich so gut es ging auszublenden. Doch das war gar nicht so einfach. Rebecca, die auf mich zu kam, berichtete mir, dass Rachels und Pauls Haus durch das Unwetter beinahe völlig zerstört worden ist. Gott sei Dank ist ihr und den Jungs nichts passiert!
Sie begutachteten gerade was noch von ihren Habseligkeiten zu retten war. Bürgermeister Davis höchstpersönlich, der sich ein Bild von der Lage im Reservat machen wollte, teilte ihnen sein tiefstes Mitgefühl mit, na danke.
Das Gefühlschaos in mir fuhr erneut Achterbahn – hoffentlich würde das alles bald hinter uns liegen.
Ich freute mich wirklich Bella und Esme wiederzusehen, doch konnte ich dieser Freude, nach den Ereignissen der letzten Stunden, nur ungenügend Ausdruck verleihen. Wir umarmten uns kurz und übten uns in Smalltalk. Der Besuch aus Denali brachte mir auch keine Ablenkung, immer wieder schaute ich gedankenverloren aus der Fensterfront des Wohnzimmers auf die abgebrochenen Äste der uralten Zedern. Bella kam auf mich zu und legte ihren Arm um meine Schulter.
„Ich fühle mit dir, Jacob. Es wird schon alles wieder gut werden.“
Mit einem Lächeln auf den Lippen unterstrich sie ihre Überzeugung. Ich rang mir ebenfalls ein Lächeln ab. Da kamen mir die Worte von Madame Cassandra wieder in den Sinn – sie hatte mir wirklich Hoffnung gemacht. In diesem Moment allerdings fiel es mir verdammt schwer, zuversichtlich zu sein. Esme versuchte meine Zweifel zu zerstreuen; ihre Worte schöpfte sie offenbar aus reichlich Lebenserfahrung.
„Es geht immer wieder weiter. Im Moment scheint es dir unvorstellbar, aber die Welt dreht sich auch morgen noch und in einiger Zeit wirst du nur noch mit Wehmut an diese Tage zurückdenken, glaub mir. Lass den Kopf nicht hängen, Jacob.“
Ich schaute in Esmes wunderschönes Gesicht, ihr Blick war weich und das Lächeln sprach direkt aus ihrer Seele zu mir. Es gab niemanden der Esme in Sachen Fürsorge und Mitgefühl das Wasser reichen konnte. Dann drückte sie mich an sich. Ich seufzte tief und schluckte all meine Zweifel herunter. Meine Aufgabe war jetzt klar: kämpfen bis zum Schluss, mit allerletzter Kraft.
Nessie, die wenig später mit Charlie zu uns kam, erzählte uns von ihren Beobachtungen.
Charlie zischte: „Mir war der Typ schon immer suspekt. Ich hab ihn ja auch nicht gewählt“, betonte er mit abwehrend erhobenen Händen.
„Ich habe da schon eine Idee, wie wir ihm das Leben etwas schwerer machen könnten.“
Nessie erntete mit dieser Äußerung nicht nur fragende Gesichter. Charlie besann sich natürlich seiner Berufung.
„Wenn du vorhast, was ich denke, dann lass dir eins gesagt sein. Es herrschen in diesem Land Gesetze, an die auch ihr euch zu halten habt.“ Er blickte streng von Nessie zu Bella, Esme und zu den anderen Halbvampiren.
Könnte mir auch mal jemand erklären, was das für eine tolle Idee sein soll?
„So viel Hinterhältigkeit hatte ich dir gar nicht zugetraut“, lobte ich meine Verlobte.
Wow, wie das klingt. Trotz all dieser Schreckensnachrichten gab mir allein die Existenz dieses wundervollen Wesens die Kraft weiterzumachen. Ein Blick in ihre warmen Augen reichte aus, um mich an mein Ziel zu erinnern:ein sorgenfreies langes Leben an ihrer Seite.
Nachdem sie uns ihren Plan unterbreitete, machten wir uns mit Ranjan auf dem Weg zu Billy - wir mussten nur noch eine Person von unserem Vorhaben überzeugen.
Der neue Tag, der mit zarten Sonnenstrahlen zu versuchen schien, die Opfer der Verwüstung etwas aufzuheitern, würde wieder sehr lange werden; soviel stand fest. Zuallererst wollte ich nach Billy sehen, die Trümmer der Nacht versuchte ich so gut es ging auszublenden. Doch das war gar nicht so einfach. Rebecca, die auf mich zu kam, berichtete mir, dass Rachels und Pauls Haus durch das Unwetter beinahe völlig zerstört worden ist. Gott sei Dank ist ihr und den Jungs nichts passiert!
Sie begutachteten gerade was noch von ihren Habseligkeiten zu retten war. Bürgermeister Davis höchstpersönlich, der sich ein Bild von der Lage im Reservat machen wollte, teilte ihnen sein tiefstes Mitgefühl mit, na danke.
Das Gefühlschaos in mir fuhr erneut Achterbahn – hoffentlich würde das alles bald hinter uns liegen.
Zuletzt von esme78 am So 30 Dez 2012, 00:18 bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet
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