Bis(s) ans Ende der Zeit
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Bis(s) ans Ende der Zeit
Ich wusste, das unser Ende gekommen war.
Wie hatte ich ihm, das nur antun können?
Dann glitt seine Hand in meine. Liebevoll drückte er diese. Ich sah zu ihm herüber. Seine wundervollen Augen lagen auf meinem Gesicht. Doch es lag keine Angst darin oder auch nur ein Vorwurf an mich.
Und in diesem Moment wusste ich, das es egal war. Ich hatte nichts zu bereuen.
Ich bereute nicht, ihn gebissen zu haben. Bereute keinen Moment, den wir zusammen verbracht hatten, war er auch nur so kurz. Denn wir waren zusammen. Und wir würden auch unser Ende zusammen ertragen...
Eine aufwühlende Zeit liegt hinter Deidra und Robin. Doch sie war noch nichts im Vergleich zu der, die ihnen noch bevor steht.
Wer ist diese eigenartige Fremde, die eindeutig etwas zu verbergen versucht?
Diese Story setzt am Ende von Eclipse an und wird in Breaking Dawn weitergeführt. Fortsetzung zu Bis(s) du mein bist!
Vorwort
~Und ich bereue nichts
Nicht einen Schritt, nicht einen Augenblick davon
Auch wenn wenn´s verloren ist, auch wenn´s für uns nicht reicht
Es war doch nichts umsonst
Bereue nicht´s davon~
(Silbermond ~ Ich bereue nichts)
Ich wusste, das unser Ende gekommen war. Die schwarzen Schatten kamen immer näher.
Wie hatte ich ihm, das nur antun können?
Wie hatte ich nur zulassen können, das er sich mit uns opfert?
Warum hatte ich ihn nicht einfach fortgeschickt?
Dann glitt seine Hand in meine. Liebevoll drückte er diese. Ich sah zu ihm herüber. Seine wundervollen Augen lagen auf meinem Gesicht. Doch es lag keine Angst darin oder auch nur ein Vorwurf an mich.
Es war nur unsagbare tiefe Liebe.
Und in diesem Moment wusste ich, das es egal war. Ich hatte nichts zu bereuen.
Ich bereute nicht, ihn damals getroffen zu haben.
Ich bereute nicht, mich in ihn verliebt zu haben.
Ich bereute nicht, ihn gebissen zu haben. Bereute keinen Moment, den wir zusammen verbracht hatten, war er auch nur so kurz. Denn wir waren zusammen. Und wir würden auch unser Ende zusammen ertragen...
Kapitel 1 unwillkommene Post (Teil1)
Meine teure Deidra,
Ich hörte von meiner guten Jane, das sie die große Ehre hatte dich kennen zu lernen.
Sie berichtete mir, das du dich ebenfalls sehr gerne von deinen Gefühlen leiten lässt. Etwas was, durch eine für Unseresgleichen richtige Ernährung und einer starken Führung, gedämpft werden kann.
Du musst lernen, deine Energie besser zu leiten.
Wie gerne würden wir dir diese Führung geben.
Deine Fähigkeiten scheinen besonders interessant. Und es würde mich höchst erfreuen, dich einmal persönlich kennen zu lernen.
Deswegen lade ich dich ebenfalls zu uns nach Volterra ein, sobald auch die gute Bella eine von uns geworden ist.
In Ehrerbietung
Aro
Ich wusste nicht, zum wievielten Male ich diese schnörkeligen Zeilen auf dem schweren Papier las.
Der Brief von Aro war vor ungefähr einer Woche gekommen. Kurz bevor der Fiffi verschwunden war.
Das hatte Bella und auch Robin aus der Bahn geworfen. Denn selbst das Jacob Black seinen besten Freund aus seinem Leben streichen und nicht einmal mehr mit ihm sprechen wollte, änderte nichts an Robins Gefühlen für den dreckigen Flohzirkus. Dieser tat allerdings tatsächlich so, als wäre Robin wirklich gestorben.
Mein Liebster selbst kam mit seiner neugewonnen Unsterblichkeit sehr gut zurecht. Bis jetzt hatte er noch keine schwachen Momente gehabt in denen er Bella oder gar den Chief angreifen wollte. Er ernährte sich ausschließlich von Tierblut und schien davon gesättigt zu werden.
Niemand außer ihn selbst begeisterte das mehr.
Es war fast unglaublich, das Robin sich so gut in meine Familie eingefunden hatte. Und er war glücklicher, als ich ihn je gesehen hatte. Noch waren seine Augen von einer tiefroten Farbe. Inzwischen hatte ich mich weitesgehend daran gewöhnt. Denn trotz der neuen Hülle, war er im Kern immer noch mein Robin. Es kam noch immer vor, das er schüchtern war, wenn er mit meinen Eltern sprach. Oder wenn er versuchte, seine Gefühle klar zu machen.
Da ich ihn so gut kannte, wusste ich ganz genau, in welchen Situationen er noch rot werden würde, wenn er es könnte.
Besonders gut kam Robin mit meinem Bruder Emmett zurecht. Sie hatten den gleichen schrägen Humor und es kam vor, das die beiden sich in den Wald verzogen und Stunden später laut lachend wieder zurück kehrten. Keiner von uns wusste, was sie dann taten.
Sogar Rosalie schien sich irgendwie damit abgefunden zu haben, das Robin nun ein Teil unserer Familie geworden war. Sie ließ ihm seinen Freiraum und sprach wenig mit ihm.
Was bei Rose schon fast mit einer Sympathiebekundung gleich zu setzen war.
Es war also einiges geschehen in der letzten Zeit.
Allen voran lag unser Kampf gegen die Neugeborenen noch garnicht so lange zurück. Wir hatten keine Verluste erlitten. Bis auf die Tatsache, das ich es war, die Robin daraufhin verwandelt hatte.
Jane war nach Forks gekommen. Mit zwei ihrer Schergen.
Davor hatte ich diesen todbringenden Engel noch nie persönlich getroffen. Doch ich hatte sie in einer von Alice Visionen gesehen. Dort war sie unsagbar wütend gewesen. Den Grund hatten wir noch nicht herausgefunden.
Und dann kam dieser Brief von Aro.
Den hatte nicht einmal Alice vorhergesehen.
Durch Edward wusste ich bereits, das die Volturi auch an mir interessiert waren. Allerdings hatte ich keine Lust mich ihnen anzuschließen.
Was sollte ich nun also tun?
Wenn Bella verwandelt wird, müsste ich mit ihr gehen. Denn ich wollte es verhindern, das Aro sich auf den Weg zu uns machen würde. Auf keinen Fall wollte ich das das Oberhaupt der Volturi von Robin erfuhr. Das konnte ich nicht zu lassen. Seine Fähigkeit wäre für die Volturi ebenso von Vorteil. Sie würden ihn bestimmt für sich gewinnen wollen.
Ich atmete tief durch.
"Oh doch, Emmett! Du hast eindeutig geschummelt!" hörte ich Robin laut lachen.
Sofort faltete ich den Brief zusammen und verstaute das schwere Papier in einer Schublade.
Zur Zeit lebte ich mit Robin zusammen in seinem Zimmer, da ich meines in Schutt und Asche gelegt hatte. Meine Mutter nahm dies zum Anlass, mein altes Zimmer unter der Decke weiter auszubauen und es neu einzurichten, da es größer war als das von Robin. Sobald dies also erledigt war, würden wir beide in den Dachstuhl ziehen und meine Mutter konnte sich dann um das Gästezimmer kümmern. Sie war dabei immer voll in ihrem Element.
Ich hatte den Brief in eine Schublade im Kleiderschrank gesteckt, in der Hoffnung, das Robin der Geruch des Papiers nicht so sehr auffallen würde.
Kaum hatte ich das Schriftstück versteckt, öffnete sich die Terrassentür. Ich drehte mich herum und flitzte aus dem Zimmer. Blitzschnell erreichte ich das Wohnzimmer, als Emmett, Jasper und Robin eintraten. Alle drei lachten ausgelassen.
"Hattet ihr Spaß?" fragte ich in die Runde.
Robin sah zu mir. Und wie jedes Mal wenn er mich ansah, war es als würden seine Augen anfangen zu leuchten. Er kam auf mich zu und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen.
"Ja, das hatten wir. Auch wenn Emmett eindeutig geschummelt hat." grinste er breit und sah über die Schulter zu meinem Bruder zurück.
Dieser lächelte unschuldig.
"Ich weiß nicht wovon du redest, Bruderherz!"
Wahrscheinlich war es genau das, was die beiden besonders miteinander verband. Robin betrachtete in Emmett den großen Bruder, den er leider so früh verloren hatte.
Jasper schüttelte nur mit dem Kopf. Wieder wusste ich nicht, was die drei gemacht hatten. Doch Jasper klopfte sich seine Sachen ab und sah mich nun an.
"Ist Alice mit Esme und Rosalie noch bei der Schneiderin?"
Ich nickte. Seit Alice die Erlaubnis hatte, Edwards und Bellas Hochzeit auszurichten, war sie in einer Tour Besorgungen am machen oder plante die perfekte Dekoration. Sie war im Moment kaum zu Hause. Eine Hochzeit mit Menschen und Vampiren musste gut und ausreichend geplant sein.
Ich hatte mich dieses Mal erfolgreich ausklinken können. Der Brief hatte mich völlig aus der Fassung gebracht. Hastig schob ich den Gedanken an diesen zur Seite. Robin sollte nicht mitbekommen, das mich etwas derart beschäftigte. Denn ich dachte bereits über eine Lösung nach.
"Hast du dein Kleid schon?" fragte Robin nun neugierig.
"Ähm... es ist noch nicht ganz fertig. Aber ich brauchte heute nicht mit." antwortete ich ausweichend.
Jasper und Emmett hatten bereits das Wohnzimmer verlassen. Sobald Robin und ich wieder vereint waren, vergassen wir meisten die Welt um uns herum.
Robin verschränkte seine Finger mit meinen und musterte mich eingehend. Wieder einmal konnte ich mich nicht bewegen. Er hatte langsam Routine darin bekommen, seine Fähigkeit zu kontrollieren. Und so kam er leichter an Informationen, die ich versuchte ihm vorzuenthalten.
Er beugte sich weiter zu mir herunter. Seine Lippen waren meinen wieder ganz nahe. Berührten sie fast. Die karmesinroten Augen fixierten mich. Er leckte sich über die Lippen.
"Und jetzt wo wir allein sind," hauchte er und ich schmeckte seinen süßen Atem. "kannst du mir die Wahrheit darüber sagen, warum du wirklich hier geblieben bist, Deidra."
Ich schlug die Augen nieder und räusperte mich.
"Wie kommst du darauf, das ich gelogen habe?!"
Einer meiner Mundwinkel zuckte nach oben. Er legte einen Finger unter mein Kinn und hob mein Gesicht leicht an. Das er stärker war als ich, ließ er mich jedoch noch nicht ein einziges Mal fühlen. Er beugte sich noch etwas weiter zu mir herunter und sah mir tief in die Augen.
"Weil ich dich einfach zu gut kenne, Deidra. Und du scheinst erneut zu vergessen, das ich es erkenne, wenn du lügst." grinste er schelmisch.
Er fixierte mich. Fesselte mich mit seinem Blick. Ich atmete tief durch. Wie sollte ich je vergessen, das er erkannte wenn ich log.
"Also?!" sagte er bestimmter.
Nun seufzte ich.
"Na gut." hauchte ich konfus. Blitzschnell musste ich mir etwas einfallen lassen. "Ich mache mir einige Gedanken. Und sie haben tatsächlich mit dir zu tun, Robin."
Ich bemerkte, wie sich die Starre in meinen Muskeln lockerte und schließlich löste. Langsam wand ich mich ab und setzte mich auf das große Sofa. Robin folgte meiner Bewegung. Er ließ sich neben mir nieder und griff nach meinen Händen.
"Was sind das für Gedanken?"
"Nun ja. Ich mache mir Gedanken um unsere Zukunft. Du hast dich äußerlich um einiges verändert. Wie sollen wir das erklären, ohne eine Krankheit? Und wir können dich nicht einfach sterben lassen. Das würde zu viele Fragen aufwerfen. Ganz zu schweigen davon, das Alice nicht zulassen würde, das wir die Hochzeit verpassen.
Wir befinden uns also in einer verzwickten Lage, wie du siehst.
Was sollen wir also tun?"
Es war gut, das Robin keine Gedanken lesen konnte. Und es war keine komplette Lüge. Denn auch über diese Dinge hatte ich schon vermehrt nachgedacht.
Die Verwandlung war nun gute drei Wochen her. Noch waren Ferien und keiner unser Schulkameraden hatte Robin zu Gesicht bekommen. Wir hatten uns von der Öffentlichkeit fern gehalten. Während der Zeit, hatte ich Robin das Vampirleben näher gebracht. Wir waren durch den Wald gerannt und hatten einfach nur unsere Zeit genossen. Denn da wollte ich noch nicht an einen anderen Morgen denken.
Doch wie sollte es weitergehen? Konnte Robin denn wirklich weiter zur Schule gehen? Auch wenn er eine unglaubliche Selbstbeherrschung hatte, war doch seine äußere Veränderung kaum zu übersehen. Selbst der Chief hatte aus weiter Entfernung skeptische Blicke auf Robin geworfen.
Sein Oberkörper war nun muskulöser und sehniger. Die Haut war glatt wie Marmor und schimmerte wie die Oberfläche einer Perle. Und am deutlichsten war die Veränderung in seinem Gesicht zu sehen. Die Augen waren noch immer blutrot und direkt darunter lagen tiefe lilane Schatten, die aussahen wie Blutergüsse. Seine geschwungenen Lippen waren gerötet und glänzten wie ein glatt polierter Stein in der Sonne. Ein Engel hätte nicht schöner sein können.
"Du denkst darüber nach, Forks für eine Zeit zu verlassen, nicht wahr?" fragte er schließlich.
"Es wäre eine Option, die ich schon in Erwägung gezogen habe." antwortete ich ernst.
"Aber... wo sollten wir denn hin? Sagtest du nicht, das eure Verwandten in Denali..."
Ich sah ihn direkt an.
"Ich dachte auch dieses Mal nicht an Alaska, Robin. Wir müssen fort von hier... und irgendwo neu anfangen. Wir müssten Forks für eine... längere Zeit verlassen..."
Robin stand auf. Er sah auf mich hinab.
"Und was ist, wenn ich aber nicht einfach so gehen will, Deidra? Forks ist das erste Mal, seit ich hierher gezogen bin, mein zu Hause. Ich fühle mich hier endlich wohl. Endlich passe ich genau hierher.
Natürlich verstehe ich, das ich nicht so ohne weiteres weiterleben kann wie bisher. Aber es wird doch eine Möglichkeit geben, das ich für alle sichtbar leben kann. Denn ich will nicht eingesperrt leben."
Ich atmete tief durch und stand ebenfalls auf.
"Ganz ruhig, Robin. Es war nur eine Idee. Ich durch denke nur verschiedene Möglichkeiten." sagte ich beschwichtigend.
Robin atmete tief durch. Er schloss kurz die Augen um sich innerlich wieder zu sammeln. Dann nahm er mein Gesicht in seine Hände und strich mit den Daumen zärtlich über meine Wangen.
"Entschuldige bitte. Ich verstehe dich. Und ich finde es großartig, das du dir Gedanken um unsere Zukunft machst." Er küsste meinen Mundwinkel. "Aber wie wäre es mit einem Kompromiss?"
Kapitel 1 unwillkommene Post (Teil2)
Ich lehnte mich etwas zurück um ihn besser sehen zu können.
"Ein Kompromiss?!" fragte ich skeptisch.
Ein schelmisches Grinsen legte sich auf seine formvollendeten Lippen.
"Ja, so etwas macht man, wenn man sich nicht ganz einigen kann."
Ich rollte mit den Augen. Eindeutig verbrachte er zu viel Zeit mit meinen Brüdern.
"Ach, was du nicht sagst. Und was wäre das für ein Kompromiss?"
Seine ganze Haltung entspannte sich etwas. Er war äußerst erleichtert, das ich ihm die Gelegenheit gab, mir einen Vorschlag zu machen.
"Also," sagte er in einem geschäftsmäßigen Ton und nahm seine Hände wieder zurück. "ich bin bereit Forks für einige Zeit zu verlassen um eine Krankheit vorzutäuschen, die später meine äußerliche Veränderung erklären könnte. Aber ich will noch nicht sterben. Würde ich noch leben, würde ich bald achtzehn werden. Das bedeutet, das ich die Vollmacht für das Geld und das Haus meiner Eltern zurück bekommen. Gerade das Haus will ich nicht aufgeben.
Daher mache ich dir den Vorschlag, das wir verreisen."
Seine Augen leuchteten vor Begeisterung. Ich sah ihn skeptisch an.
"Du willst, das wir verreisen?"
Er nickte euphorisch.
"Ja. Wir könnten... irgendwo hin, wo uns keiner kennt. Wir könnten auch Amerika verlassen. Für einen Trip nach Irland zum Beispiel. Ich würde sehr gerne sehen, wo du aufgewachsen bist. Ich habe auch schon mit Alice und deinem Vater gesprochen. Es gibt dort einen Zirkel der uns solange Unterschlupf gewähren würde. Also wäre das kein Problem. Und Alice findet die Idee toll. Solange wir rechtzeitig zur Hochzeit wieder hier sind, sieht sie keine Einwände dagegen."
Ich lachte etwas unsicher. Er hatte das schon länger geplant, wie es aussah. Sogar Alice und meinen Vater hatte er mit einbezogen. Robin hatte mit einkalkuliert, das wir bei einem anderen Zirkel besser aufgehoben wären, als in einem Hotel.
"Du hast mit Alice gesprochen? Und wir würden solange in einem irischen Zirkel unterkommen?... Du hast das schon länger geplant, nicht wahr?" fragte ich ihn direkt.
Robin nickte erneut und kratzte sich an der Nasenspitze.
"Die Idee der Reise hatten wir doch schon vorher. Aber jetzt erst nimmt es klare Formen an.
Was würde uns nun davon abhalten?!
Ich bin zwar noch ein junger Vampir, aber ich habe nicht vor Menschen anzufallen. Alice hat nichts dergleichen gesehen. Daher bin ich guter Dinge.
Komm schon, Deidra. Lass es uns einfach tun."
Er griff nach meinen Händen und drückte sie an seine Brust. Ich sah tief in seine Augen. Trotz der tiefroten Farbe konnte ich die tiefe Liebe die er für mich empfand darin erkennen. Dieses Gefühl, war noch stärker geworden. Zwar war da der alles verschlingende Durst, der jeden Neugeborenen beherrscht, doch Robin hatte ihn wirklich gut im Griff. Manchmal war ich darauf durchaus neidisch. Dadurch hatte sich sein altes Leben kaum verändert.
Ich atmete tief durch.
"Du glaubst also, das wir das schaffen würden? Wir wären komplett auf uns allein gestellt." sagte ich leicht lächelnd.
"Ja, das glaube ich. Solange du bei mir bist, ist das nicht unmöglich." antwortete er ohne zu zögern.
Ich dachte einen Augenblick lang nach. Dann atmete ich erneut tief durch.
"Also gut. Wagen wir es!" sagte ich schließlich. "Vorher werde ich natürlich noch mit meinem Vater sprechen müssen. Und ich bin mir nicht sicher, ob wir wirklich das Land verlassen sollten, so lange du noch so jung bist. Aber wenn wir das ordentlich planen, sehe ich auch keine... Probleme..."
Kaum hatte ich das gesagt, schlang Robin seine Arme um meine Taille, hob mich hoch und drehte sich mit mir auf der Stelle. Ich musste dabei anfangen zu kichern.
Er stellte mich wieder auf die Füße und beugte sich zu mir herunter. Seine Lippen lagen kurz darauf auf meinen. Fest und verlangend drückte er mich an sich. Wir versanken wieder einmal in unsere eigene kleine Welt. Um uns herum nahmen wir nichts mehr wahr.
Ein Motorengeräusch kam den Haus immer näher. Wir beiden lösten uns voneinander und legten die Köpfe schief um besser zu hören. Doch keiner von uns kannte dieses Geräusch. Es gehörte weder zu Alice Porsche, noch zu Vaters Mercedes. Edward war ohne Auto unterwegs gewesen. Das Auto kam immer näher.
"Könnte das... der Chief sein? Oder jemand vom Jugendamt?" fragte Robin.
Ich schüttelte den Kopf.
"Nein. Weder der Chief noch irgendwer vom Jugendamt weiß, wo man unsere Auffahrt findet, wenn sie nicht hell erleuchtet ist."
Das Geräusch wurde lauter und erreichte seinen Höhepunkt direkt vor unserem Haus. Dann erstarb der Motor und es war wieder ruhig.
"Er hat es tatsächlich getan!" gluckste Emmett eine Etage höher.
Robin und ich zogen die Augenbrauen in die Höhe. Wir nahmen uns bei der Hand und gingen durch das Wohnzimmer um aus dem Haus zu treten. Direkt hinter uns traten auch Emmett und Jasper ebenfalls auf die Veranda.
"Ob Bella das gefallen wird?!" fragte Jasper skeptisch, jedoch nicht ohne zu grinsen.
Ich drehte mich zu meinem Bruder um. Auch meine Lippen zierte ein Lächeln.
"Lust darauf zu wetten, wie Bella darauf reagieren wird, Jazz?"
Er legte kurz den Kopf schief. Dann schlug er ein.
"Ich wette, das Edward es nicht schaffen wird, Bella zu überzeugen."
Wir grinsten uns an und wanden uns wieder um. In diesem Moment stieg Edward aus einem brandneuen Wagen. Es war eine tiefschwarze Großraumlimousine. Ein Mercedes, soweit ich es erkennen konnte.
'Ein Mercedes Guardian! Ich dachte die gäbe es in Amerika noch nicht!'
Robin neben mir staunte über den neuen Wagen. Ich sah aus den Augenwinkeln wie seine Augen über die Formen des Autos wanderten.
Edward sah zu uns freudestrahlend auf. Ein vielsagender Blick flog zu mir und Jasper.
"Ihr könnt wetten, so viel ihr wollt. Aber du wirst verlieren, Jazz. Bella wird diesen Wagen annehmen. Vertrau mir."
Er fuhr schon fast liebkosend mit dem Finger über die Motorhaube dieses Ungetüms. ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah skeptisch zu ihm hinunter.
"Und wie willst du die gute Bella überreden ihren geliebten Truck gegen diese... was wäre wohl das geeignete Wort dafür?" ich legte überlegend eine Finger an meine Unterlippe.
"Bella würde wohl Protzkarre oder Schlachtschiff dazu sagen." grinste Emmett.
"Ja, Schlachtschiff! Was sollte Bella also dazu veranlassen, ihren Truck gegen dieses Vehikel hier, einzutauschen, Edward?" pflichtete ich meinem Bruder bei.
Edward sprang die Stufen zur Veranda hinauf. Direkt neben mir blieb er stehen. Er stupste mir mit dem Zeigefinger leicht gegen die Nasenspitze. Ein schiefes Grinsen lag auf seinen vollen Lippen.
"Oh, sie wird nicht anders können. Wir werden einen Kompromiss schließen, das ich ihr einen neuen Wagen schenken darf, falls ihr Auto jemals den Geist aufgeben sollte. Und dann wird ihr geliebter Truck... früher oder später in den Ruhestand gehen. Schließlich ist er alt."
Robin rührte sich endlich. Er drehte sich zu Edward.
"Aber Bellas Truck läuft einwandfrei. Jake hat ihn super in Schuß gehalten."
Jeder von uns hatte bemerkt, wie Robin bei der Erwähnung des Namen dieser Töle leicht zusammen gezuckt war. Der Name bereitete ihm Schmerzen. Meistens vermied er ihn überhaupt zu erwähnen. Wir redeten nicht über Jacob Black. Was nicht hieß, das Robin nicht oft an ihn dachte.
Das Rudel selbst hatte Robins Entscheidung zur Verwandlung hingenommen. Sam hatte sich einmal danach mit Robin unterhalten. Das war kurz nach der Verwandlung gewesen. Der Rudelführer wollte wissen, wie es Robin ging. Robin hatte ihm erklärt, das es ihm gut ginge und das es auch wirklich sein Wille war, unsterblich zu werden. Damit hatte Sam seine Rechtfertigung.
Jacob jedoch war damit nicht zufrieden gewesen. Einige Tage darauf, war er verschwunden gewesen. Edward hatte ihm trotz aller Umstände, eine Einladung zur Hochzeit geschickt. Das war wohl der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hatte.
Es verging kaum ein Tag, an dem Robin sich keine Sorgen um seinen besten Freund machte.
Und mir bereitete es Schmerzen, das ich eigentlich die Verursacherin dieser Sorgen war.
Edward winkte gelassen ab.
"Der Truck ist eindeutig altersschwach. Das er überhaupt bis jetzt überlebt hat, ist schon verwunderlich."
"Und weil der Truck also bald in den Ruhestand geht, braucht Bella unbedingt einen Wagen, der sogar Raketen abwehren kann?!" fragte Robin grinsend und deutete auf das Auto.
"Du kennst doch Bella. Würde es dich wirklich noch wundern, das sie das Ziel einer Rakete sein könnte?! Es ist nur ein vorläufiges Auto. Wenn sie erst einmal eine von uns ist, wird sie diesen Schutz nicht mehr brauchen." grinste er schief.
Ich schloss kurz die Augen und sah in seinen Gedanken, was er geplant hatte.
Edward kletterte gerade halb in den Motorblock von Bellas Truck. Wahrscheinlich nahm er dort irgendein wichtiges Teil heraus. Und ich konnte bereits einen weiteren Wagen erkennen.
Ich öffnete wieder meine Augen. Das Lächeln auf meinen Lippen wurde größer.
"Du weißt, das ich große Stücke auf dich halte, Edward, aber du kennst dich kaum mit dem Innenleben eines Motors aus. Die Wahrscheinlichkeit, das Bella danach nur noch mehr Gefahr mit diesem Wagen anzieht, ist dann also wesentlich größer. Daher wäre es wohl besser, du würdest Rose bitten, dir zu helfen."
Wieder lachte Emmett laut auf. Ebenfalls wie auch Jasper und Robin.
Edward klopfte Jasper auf die Schulter.
"An deiner Stelle würde ich nicht so lachen, Jasper. Du wirst deine Wette verlieren."
Jasper winkte ab.
"Du wirst Bella nicht überzeugen können. Sie wird genau wissen, das du etwas damit zu tun hast, das ihr Truck nicht mehr läuft."
"Unterschätze mich nicht, Jazz. Wirst schon sehen."
Er drehte sich wieder um und sauste zum Auto. Er stieg wieder ein und fuhr es nun in die Garage. Bella sollte noch nicht sehen. Sonst würde sein Plan womöglich nicht aufgehen.
Emmett und Jasper gingen grinsend wieder ins Haus zurück. Auch ich wollte mich umdrehen und ihnen folgen, doch Robin hielt mich am Handgelenk fest. Verwirrt sah ich zu ihm auf.
Er nahm meine Hand und legte sie auf seine Brust. Genau in der Höhe, in der früher sein Herz geschlagen hatte. Ein Geräusch, das mir manches Mal fehlte. Doch ich versuchte, all diese Dinge zu verdrängen. Ich hatte ihn verdammt. Auch wenn Robin mir keinen einzigen Vorwurf gemacht hatte, wusste ich, das ich niemals eine Absolution bekommen würde. Seine Seele war fort.
Ich atmete tief durch und schlug die Augen etwas nieder. das war etwas was mich noch immer belastete. Doch ich versuchte es vor Robin zu verstecken. Es würde ihn fertig machen, wenn er wüsste, das es mich traurig stimmte, das er sein Leben so früh meinetwegen verloren hatte.
"Ist unsere gemeinsame Zukunft wirklich das einzige was dich so intensiv beschäftigt?" fragte er mich leise.
"Ja." antwortete ich direkt.
Robin beugte sich zu mir hinunter. Sein Duft war nur noch intensiver geworden. Er betörte mich immer noch und ließ meine Sinne vibrieren. Schon als Mensch hatte er es geschafft mich um den Verstand zu bringen.
Ich liebte ihn. Mehr als alles andere auf dieser großen weiten Welt.
"Du bist ein Dickkopf. Aber ich kenne dich gut geung, um zu wissen, das du mir irgendwann die Wahrheit erzählen wirst."
Dabei hauchte er mir einen Kuss auf die Schläfe und drückte mich zärtlich an sich.
Ich ließ es geschehen und drückte mein Gesicht gegen seine Brust.
Natürlich hatte er Recht. Irgendwann musste ich ihm die ganze Wahrheit erzählen.
Doch wie sollte ich ihm erklären, das erneut eine Gefahr für uns besteht? Das wir eventuell Forks für immer verlassen müssten? Das es sogar so sein könnte, das wir ständig auf der Flucht leben müssten?
Bei diesen Gedanken zog sich mein Magen krampfhaft zusammen.
"Ich liebe dich." murmelte er in mein Haar.
"Ich dich auch." hauchte ich und schlang meine Arme noch etwas fester um seine Taille.
Ich wollte im Moment einfach nicht weiter nachdenken. Wir hatten nur so wenig Zeit unsere Liebe unbeschwert zu genießen. Also wollte ich kein Sandkorn davon verschwenden. Denn nur wir beide zählten in diesem Augenblick.
"Ein Kompromiss?!" fragte ich skeptisch.
Ein schelmisches Grinsen legte sich auf seine formvollendeten Lippen.
"Ja, so etwas macht man, wenn man sich nicht ganz einigen kann."
Ich rollte mit den Augen. Eindeutig verbrachte er zu viel Zeit mit meinen Brüdern.
"Ach, was du nicht sagst. Und was wäre das für ein Kompromiss?"
Seine ganze Haltung entspannte sich etwas. Er war äußerst erleichtert, das ich ihm die Gelegenheit gab, mir einen Vorschlag zu machen.
"Also," sagte er in einem geschäftsmäßigen Ton und nahm seine Hände wieder zurück. "ich bin bereit Forks für einige Zeit zu verlassen um eine Krankheit vorzutäuschen, die später meine äußerliche Veränderung erklären könnte. Aber ich will noch nicht sterben. Würde ich noch leben, würde ich bald achtzehn werden. Das bedeutet, das ich die Vollmacht für das Geld und das Haus meiner Eltern zurück bekommen. Gerade das Haus will ich nicht aufgeben.
Daher mache ich dir den Vorschlag, das wir verreisen."
Seine Augen leuchteten vor Begeisterung. Ich sah ihn skeptisch an.
"Du willst, das wir verreisen?"
Er nickte euphorisch.
"Ja. Wir könnten... irgendwo hin, wo uns keiner kennt. Wir könnten auch Amerika verlassen. Für einen Trip nach Irland zum Beispiel. Ich würde sehr gerne sehen, wo du aufgewachsen bist. Ich habe auch schon mit Alice und deinem Vater gesprochen. Es gibt dort einen Zirkel der uns solange Unterschlupf gewähren würde. Also wäre das kein Problem. Und Alice findet die Idee toll. Solange wir rechtzeitig zur Hochzeit wieder hier sind, sieht sie keine Einwände dagegen."
Ich lachte etwas unsicher. Er hatte das schon länger geplant, wie es aussah. Sogar Alice und meinen Vater hatte er mit einbezogen. Robin hatte mit einkalkuliert, das wir bei einem anderen Zirkel besser aufgehoben wären, als in einem Hotel.
"Du hast mit Alice gesprochen? Und wir würden solange in einem irischen Zirkel unterkommen?... Du hast das schon länger geplant, nicht wahr?" fragte ich ihn direkt.
Robin nickte erneut und kratzte sich an der Nasenspitze.
"Die Idee der Reise hatten wir doch schon vorher. Aber jetzt erst nimmt es klare Formen an.
Was würde uns nun davon abhalten?!
Ich bin zwar noch ein junger Vampir, aber ich habe nicht vor Menschen anzufallen. Alice hat nichts dergleichen gesehen. Daher bin ich guter Dinge.
Komm schon, Deidra. Lass es uns einfach tun."
Er griff nach meinen Händen und drückte sie an seine Brust. Ich sah tief in seine Augen. Trotz der tiefroten Farbe konnte ich die tiefe Liebe die er für mich empfand darin erkennen. Dieses Gefühl, war noch stärker geworden. Zwar war da der alles verschlingende Durst, der jeden Neugeborenen beherrscht, doch Robin hatte ihn wirklich gut im Griff. Manchmal war ich darauf durchaus neidisch. Dadurch hatte sich sein altes Leben kaum verändert.
Ich atmete tief durch.
"Du glaubst also, das wir das schaffen würden? Wir wären komplett auf uns allein gestellt." sagte ich leicht lächelnd.
"Ja, das glaube ich. Solange du bei mir bist, ist das nicht unmöglich." antwortete er ohne zu zögern.
Ich dachte einen Augenblick lang nach. Dann atmete ich erneut tief durch.
"Also gut. Wagen wir es!" sagte ich schließlich. "Vorher werde ich natürlich noch mit meinem Vater sprechen müssen. Und ich bin mir nicht sicher, ob wir wirklich das Land verlassen sollten, so lange du noch so jung bist. Aber wenn wir das ordentlich planen, sehe ich auch keine... Probleme..."
Kaum hatte ich das gesagt, schlang Robin seine Arme um meine Taille, hob mich hoch und drehte sich mit mir auf der Stelle. Ich musste dabei anfangen zu kichern.
Er stellte mich wieder auf die Füße und beugte sich zu mir herunter. Seine Lippen lagen kurz darauf auf meinen. Fest und verlangend drückte er mich an sich. Wir versanken wieder einmal in unsere eigene kleine Welt. Um uns herum nahmen wir nichts mehr wahr.
Ein Motorengeräusch kam den Haus immer näher. Wir beiden lösten uns voneinander und legten die Köpfe schief um besser zu hören. Doch keiner von uns kannte dieses Geräusch. Es gehörte weder zu Alice Porsche, noch zu Vaters Mercedes. Edward war ohne Auto unterwegs gewesen. Das Auto kam immer näher.
"Könnte das... der Chief sein? Oder jemand vom Jugendamt?" fragte Robin.
Ich schüttelte den Kopf.
"Nein. Weder der Chief noch irgendwer vom Jugendamt weiß, wo man unsere Auffahrt findet, wenn sie nicht hell erleuchtet ist."
Das Geräusch wurde lauter und erreichte seinen Höhepunkt direkt vor unserem Haus. Dann erstarb der Motor und es war wieder ruhig.
"Er hat es tatsächlich getan!" gluckste Emmett eine Etage höher.
Robin und ich zogen die Augenbrauen in die Höhe. Wir nahmen uns bei der Hand und gingen durch das Wohnzimmer um aus dem Haus zu treten. Direkt hinter uns traten auch Emmett und Jasper ebenfalls auf die Veranda.
"Ob Bella das gefallen wird?!" fragte Jasper skeptisch, jedoch nicht ohne zu grinsen.
Ich drehte mich zu meinem Bruder um. Auch meine Lippen zierte ein Lächeln.
"Lust darauf zu wetten, wie Bella darauf reagieren wird, Jazz?"
Er legte kurz den Kopf schief. Dann schlug er ein.
"Ich wette, das Edward es nicht schaffen wird, Bella zu überzeugen."
Wir grinsten uns an und wanden uns wieder um. In diesem Moment stieg Edward aus einem brandneuen Wagen. Es war eine tiefschwarze Großraumlimousine. Ein Mercedes, soweit ich es erkennen konnte.
'Ein Mercedes Guardian! Ich dachte die gäbe es in Amerika noch nicht!'
Robin neben mir staunte über den neuen Wagen. Ich sah aus den Augenwinkeln wie seine Augen über die Formen des Autos wanderten.
Edward sah zu uns freudestrahlend auf. Ein vielsagender Blick flog zu mir und Jasper.
"Ihr könnt wetten, so viel ihr wollt. Aber du wirst verlieren, Jazz. Bella wird diesen Wagen annehmen. Vertrau mir."
Er fuhr schon fast liebkosend mit dem Finger über die Motorhaube dieses Ungetüms. ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah skeptisch zu ihm hinunter.
"Und wie willst du die gute Bella überreden ihren geliebten Truck gegen diese... was wäre wohl das geeignete Wort dafür?" ich legte überlegend eine Finger an meine Unterlippe.
"Bella würde wohl Protzkarre oder Schlachtschiff dazu sagen." grinste Emmett.
"Ja, Schlachtschiff! Was sollte Bella also dazu veranlassen, ihren Truck gegen dieses Vehikel hier, einzutauschen, Edward?" pflichtete ich meinem Bruder bei.
Edward sprang die Stufen zur Veranda hinauf. Direkt neben mir blieb er stehen. Er stupste mir mit dem Zeigefinger leicht gegen die Nasenspitze. Ein schiefes Grinsen lag auf seinen vollen Lippen.
"Oh, sie wird nicht anders können. Wir werden einen Kompromiss schließen, das ich ihr einen neuen Wagen schenken darf, falls ihr Auto jemals den Geist aufgeben sollte. Und dann wird ihr geliebter Truck... früher oder später in den Ruhestand gehen. Schließlich ist er alt."
Robin rührte sich endlich. Er drehte sich zu Edward.
"Aber Bellas Truck läuft einwandfrei. Jake hat ihn super in Schuß gehalten."
Jeder von uns hatte bemerkt, wie Robin bei der Erwähnung des Namen dieser Töle leicht zusammen gezuckt war. Der Name bereitete ihm Schmerzen. Meistens vermied er ihn überhaupt zu erwähnen. Wir redeten nicht über Jacob Black. Was nicht hieß, das Robin nicht oft an ihn dachte.
Das Rudel selbst hatte Robins Entscheidung zur Verwandlung hingenommen. Sam hatte sich einmal danach mit Robin unterhalten. Das war kurz nach der Verwandlung gewesen. Der Rudelführer wollte wissen, wie es Robin ging. Robin hatte ihm erklärt, das es ihm gut ginge und das es auch wirklich sein Wille war, unsterblich zu werden. Damit hatte Sam seine Rechtfertigung.
Jacob jedoch war damit nicht zufrieden gewesen. Einige Tage darauf, war er verschwunden gewesen. Edward hatte ihm trotz aller Umstände, eine Einladung zur Hochzeit geschickt. Das war wohl der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hatte.
Es verging kaum ein Tag, an dem Robin sich keine Sorgen um seinen besten Freund machte.
Und mir bereitete es Schmerzen, das ich eigentlich die Verursacherin dieser Sorgen war.
Edward winkte gelassen ab.
"Der Truck ist eindeutig altersschwach. Das er überhaupt bis jetzt überlebt hat, ist schon verwunderlich."
"Und weil der Truck also bald in den Ruhestand geht, braucht Bella unbedingt einen Wagen, der sogar Raketen abwehren kann?!" fragte Robin grinsend und deutete auf das Auto.
"Du kennst doch Bella. Würde es dich wirklich noch wundern, das sie das Ziel einer Rakete sein könnte?! Es ist nur ein vorläufiges Auto. Wenn sie erst einmal eine von uns ist, wird sie diesen Schutz nicht mehr brauchen." grinste er schief.
Ich schloss kurz die Augen und sah in seinen Gedanken, was er geplant hatte.
Edward kletterte gerade halb in den Motorblock von Bellas Truck. Wahrscheinlich nahm er dort irgendein wichtiges Teil heraus. Und ich konnte bereits einen weiteren Wagen erkennen.
Ich öffnete wieder meine Augen. Das Lächeln auf meinen Lippen wurde größer.
"Du weißt, das ich große Stücke auf dich halte, Edward, aber du kennst dich kaum mit dem Innenleben eines Motors aus. Die Wahrscheinlichkeit, das Bella danach nur noch mehr Gefahr mit diesem Wagen anzieht, ist dann also wesentlich größer. Daher wäre es wohl besser, du würdest Rose bitten, dir zu helfen."
Wieder lachte Emmett laut auf. Ebenfalls wie auch Jasper und Robin.
Edward klopfte Jasper auf die Schulter.
"An deiner Stelle würde ich nicht so lachen, Jasper. Du wirst deine Wette verlieren."
Jasper winkte ab.
"Du wirst Bella nicht überzeugen können. Sie wird genau wissen, das du etwas damit zu tun hast, das ihr Truck nicht mehr läuft."
"Unterschätze mich nicht, Jazz. Wirst schon sehen."
Er drehte sich wieder um und sauste zum Auto. Er stieg wieder ein und fuhr es nun in die Garage. Bella sollte noch nicht sehen. Sonst würde sein Plan womöglich nicht aufgehen.
Emmett und Jasper gingen grinsend wieder ins Haus zurück. Auch ich wollte mich umdrehen und ihnen folgen, doch Robin hielt mich am Handgelenk fest. Verwirrt sah ich zu ihm auf.
Er nahm meine Hand und legte sie auf seine Brust. Genau in der Höhe, in der früher sein Herz geschlagen hatte. Ein Geräusch, das mir manches Mal fehlte. Doch ich versuchte, all diese Dinge zu verdrängen. Ich hatte ihn verdammt. Auch wenn Robin mir keinen einzigen Vorwurf gemacht hatte, wusste ich, das ich niemals eine Absolution bekommen würde. Seine Seele war fort.
Ich atmete tief durch und schlug die Augen etwas nieder. das war etwas was mich noch immer belastete. Doch ich versuchte es vor Robin zu verstecken. Es würde ihn fertig machen, wenn er wüsste, das es mich traurig stimmte, das er sein Leben so früh meinetwegen verloren hatte.
"Ist unsere gemeinsame Zukunft wirklich das einzige was dich so intensiv beschäftigt?" fragte er mich leise.
"Ja." antwortete ich direkt.
Robin beugte sich zu mir hinunter. Sein Duft war nur noch intensiver geworden. Er betörte mich immer noch und ließ meine Sinne vibrieren. Schon als Mensch hatte er es geschafft mich um den Verstand zu bringen.
Ich liebte ihn. Mehr als alles andere auf dieser großen weiten Welt.
"Du bist ein Dickkopf. Aber ich kenne dich gut geung, um zu wissen, das du mir irgendwann die Wahrheit erzählen wirst."
Dabei hauchte er mir einen Kuss auf die Schläfe und drückte mich zärtlich an sich.
Ich ließ es geschehen und drückte mein Gesicht gegen seine Brust.
Natürlich hatte er Recht. Irgendwann musste ich ihm die ganze Wahrheit erzählen.
Doch wie sollte ich ihm erklären, das erneut eine Gefahr für uns besteht? Das wir eventuell Forks für immer verlassen müssten? Das es sogar so sein könnte, das wir ständig auf der Flucht leben müssten?
Bei diesen Gedanken zog sich mein Magen krampfhaft zusammen.
"Ich liebe dich." murmelte er in mein Haar.
"Ich dich auch." hauchte ich und schlang meine Arme noch etwas fester um seine Taille.
Ich wollte im Moment einfach nicht weiter nachdenken. Wir hatten nur so wenig Zeit unsere Liebe unbeschwert zu genießen. Also wollte ich kein Sandkorn davon verschwenden. Denn nur wir beide zählten in diesem Augenblick.
Kapitel 2 Happy Birthday, Robin! (Teil1)
"Ich bin etwas nervös." sagte Robin leise.
Sanft drückte ich seine Hand.
Das große Klotzartige Gebäude vor uns wirkte recht beeindruckend.
Es war das Jugendamt inmitten von Seattle. Heute war offiziell der Geburtstag von Robin. Heute würde er offiziell volljährig werden. Deswegen hatten wir einen Termin.
Doch wir waren nicht allein her gekommen. Mein Vater sowie meine Mutter begleiteten uns.
"Das wird schon gut gehen, Robin. Wir sind bei dir." flüsterte ich ihm zu.
Robin atmete tief durch. Er hob eine Hand und rieb sich die Augen. Alice hatte ihm Kontaktlinsen besorgt, die seiner Augenfarbe ähnelten. Natürlich konnte keine Kontaktlinse der Welt, auch nur annähernd so schön sein wie das alte tiefe braun seiner Augen. Doch noch waren seine Augen blutrot, auch wenn sie langsam heller wurden. Dieser Vorgang ging bei ihm schneller, als bei jedem anderen von uns.
"Sie brennen etwas." 'Außerdem kann ich nicht richtig sehen. Alles ist so verschwommen.'
"Nach einiger Zeit werden sie sich auch auflösen. Deswegen werden wir versuchen, diesen Termin so rasch wie möglich hinter uns zu bringen. Keine Sorge, Robin."
Mein Vater klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. Robin lächelte schwach.
Meine Mutter trat vor. Sie zupfte ihm den Kragen zurecht und strich ihm die Haare aus dem Gesicht. Dann lächelte sie liebevoll.
"Besser du hältst auch die Luft an, Robin. An Bellas Geruch hast du dich schon gut gewöhnt. Aber fremde Personen könnten vielleicht anziehender wirken."
Robin nickte bestätigend.
Wir alle atmeten noch einmal tief durch. Und ich spürte, wie Robin die Luft anhielt um diese in den Lungen zu speichern. Er umfasste meine Finger etwas fester und gemeinsam traten wir in das Gebäude. Im Inneren herrschte eine bedrückende Atmosphäre, die auch von dem gelegentlichem Telefonklingeln nicht wirklich aufgelockert wurde. Die Luft war abgestanden und hing wie eine Wolke über den Köpfen der verschiedenen Menschen im Raum. An einer kleinen Theke, wahrscheinlich die Rezeption, saß eine gekrümmte kleine Frau. Wir gingen auf sie zu. Da wir uns fast lautlos bewegten, sah sie erst auf, als wir direkt vor ihr standen. Sie schob ihre Brille zurecht und blinzelte kurz.
'Oh... die sind aber hübsch...' dachte sie erstaunt.
In der Tat hatte meine Mutter darauf geachtet, das Robin heute besonders adrett aussah. Er trug eine braune Cordhose mit einem passenden Sportjackett. Darunter trug er ein hellblaues Polohemd. Das Haar hatte er leicht gegelt und doch hing es ihm etwas fransig im Gesicht.
"Ja, bitte. Was kann ich für Sie tun?" fragte die Frau freundlich.
Robin räusperte sich kurz.
"Ähm, mein Name ist Robin Peters. Ich habe einen Termin bei Miss Cromwell. Wegen... wegen der Volljährigkeit."
'Wie dumm! Sie muss mich für einen Idioten halten, so wie ich hier rum stammel!'
Ich hatte genau heraus gehört, wie nervös er wirklich war. Wäre er noch ein Mensch gewesen, wären seine Ohren nun feuerrot angelaufen.
Die Frau jedoch hatte nur die perfekt melodische Stimme gehört, die er nun hatte. Diese gab ihr ein gutes und sicheres Gefühl. Ihre Augen wurden leicht glasig und ein Lächeln legte sich auf ihre schmalen Lippen.
Sie löste widerwillig den Blick von unserer Familie und schaute in ihren Unterlagen nach. Ihr Finger wanderte über verschiedene Zeilen auf einem Blatt Papier. Dann hatte sie seinen Namen entdeckt.
"Oh, da sind sie ja. Robin Peters. Raum 105, zweiter Stock, drittes Büro auf der linken Seite. Nehmen Sie am besten den Aufzug dort drüben."
Sie deutete quer durch das Foyer auf zwei hochpolierte Edelstahltüren.
"Vielen lieben dank für ihre Hilfe." antwortete Robin und nickte ihr zu.
Wir wanden uns ab und gingen auf die Aufzüge zu. Robins Hand legte sich wieder in meine.
"War doch schon garnicht mal so schlecht, Robin." munterte meine Mutter Robin auf.
Er lächelte schief. Die Türen des Aufzuges glitten auf und einige Personen strömten heraus. Sie begutachteten und neugierig. Manche sogar argwöhnisch. Robin war diese Aufmerksamkeit noch nicht gewöhnt. Und er hasste es prinzipiell, das alle Augen auf ihn gerichtet waren. Doch er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen.
Wir stiegen in den Aufzug und fuhren in den zweiten Stock.
Der Flur war dunkel, was die Khakifarbenen Wände nur noch verstärkte. Das Neonlicht flackerte leicht und auch hier war die Luft irgendwie abgestanden. Niemand war auf dem Gang, doch wir konnten deutlich Stimmen durch die geschlossenen Türen hören.
Wir erreichten das dritte Büro auf der linken Seite.
"Atme noch einmal durch." sagte ich leise zu meinem Liebsten.
Robin atmete tief durch und hob die Hand. Sachte klopfte er mit den Knöcheln gegen die Tür vor uns. Drinnen hörte man es rascheln, dann ein Räuspern.
"Herein bitte."
Robin öffnete die Tür. Wir traten in ein kleines hell erleuchtetes Büro. Direkt vor einem Fenster stand ein hölzerner Schreibtisch an dem eine junge Frau saß. Sie stand auf als sie uns erblickte und streckte die Hand aus um uns zu begrüßen. Mein Vater gab ihr kurz die Hand und schob Robin etwas vor.
"Guten Tag, Miss Cromwell. Wir sind wegen Robin Peters hier. Er wird heute volljährig." sagte er ruhig.
Die junge Frau nahm die Hand wieder zurück und bedeutete uns Platz zu nehmen. Vor dem Schreibtisch standen zwei Stühle, an der rechten Wand ein kleines Sofa. Robin und ich setzten uns auf die Stühle, meine Eltern nahmen auf dem Sofa Platz. Die ganze Zeit hatte er meine Hand nicht los gelassen.
"Ja, Robin Peters. Sie... haben ja schon einiges erlebt in ihren jungen Jahren." Sie sah zu Robin." "Sie haben schon ihren Vater und ihren Bruder verloren. Und nun auch noch ihre Mutter. Mein herzliches Beileid dafür.
Und sie haben wohl auch eine ganze Zeit versucht uns an der Nase herum zu führen.
Sie haben großes Glück gehabt, jemanden wie Doktor Cullen zu finden, der sich auch noch um sie gekümmert hat."
Ihr Blick wanderte zu meinen Eltern. Robin folgte ihr und sah wieder zu ihr zurück.
"Ja, Carlisle und Esme sind die großartigsten Personen, die mir je begegnet sind. Ich bin ihnen sehr dankbar."
Miss Cromwell lächelte.
"Und Sie scheinen noch mehr bekommen zu haben, als nur ein Dach über dem Kopf, wenn ich mir sie beide so ansehe."
Nun sah sie mich an. Robin drückte meine Hand.
"Auch Deidra habe ich eine Menge zu verdanken. Ohne sie... wäre ich heute wohl nicht hier."
Ich senkte etwas den Blick. Ja, ohne mich... würde er heute wirklich nicht hier sein.
Die junge Frau nickte und beugte sich wieder über einige Dokumente auf ihrem Schreibtsich.
"Nun denn. Das Haus ihrer Eltern in Forks ist nach dem Tod ihres Vaters in den Besitz ihrer Mutter übergegangen. Durch den Nachlass wurde das Haus auch komplett abbezahlt. Ist das korrekt?"
Ihre grünen Augen sahen zu Robin. Dieser leckte sich über die Lippen.
"Ja, das ist richtig."
Die Frau senkte wieder den Blick auf ihre Unterlagen.
"Ihre Familie hatte keine weiteren Rücklagen. Sie haben noch etwas Geld auf der Bank, doch davon werden Sie nicht ewig leben können. Also, brauchen Sie einen Job. Wir werden noch immer Verantwortung für Sie tragen, solange Sie noch nicht für sich alleine sorgen können."
Mein Vater beugte sich etwas vor.
"Wir sorgen natürlich gerne weiterhin für Robin. Er kann somit sein Geld weiterhin sparen und so sein Leben aufbauen. Es wäre auch in unserem Sinne, wenn Robin nach seinem Abschluss an der High School vielleicht sogar ein College besuchen würde."
Miss Cromwells Blick wurde nun ebenfalls leicht glasig, als sie meinen Vater nun direkt in die Augen sah. Sie fing sich jedoch rasch wieder und lächelte.
"Was für eine edle Haltung von ihnen, Doktor Cullen. Das ist eine wirklich gute Idee. Sie haben bereits genug Erfahrung mit jungen Erwachsenen. Die Wahl des Wohnortes ist natürlich allein Robins Entscheidung. Ansonsten geht es heute allein um ihre Volljährigkeit. Sie erhalten die noch ausstehenden Vollmachten."
Sie öffnete eine Schublade ihres Schreibtisches und zog einige Unterlagen heraus. Ihre Augen flogen über die Papiere. Dann ordnete sie diese und reichte sie über den Tisch an Robin.
"Unterschreiben Sie direkt dort unten, Robin. Damit gehört ihnen dann das Haus. Sowie die restlichen Geldanlagen."
Robin griff nach einem Stift, den sie ihm entgegen hielt. Er setzte den Stift auf das Papier und unterschrieb mit seinem Namen. Miss Cromwell nahm die Papiere und den Stift wieder an sich. Sie stand auf und verstaute die Unterlagen in einem Aktenordner. Immer noch lächelnd wand sie sich wieder um.
"Gut. Dann haben Sie nun alle Verfügungsgewalt, die Sie brauchen. Somit wünsche ich ihnen alles Gute auf ihrem weiteren Lebensweg, Mr Peters."
Sie streckte ihm die Hand entegegen. Robin und ich standen auf, sowie auch meine Eltern. Mein Liebster sah etwas unsicher zu der ihr dargebotenen Hand. Er wechselte einen schnellen Blick mit mir.
"Was soll ich tun?" fragte er leise und schnell.
"Bring es schnell hinter dich. Berühr sie nur kurz." antwortete mein Vater.
Dieses Gespräch ging für einen Menschen viel zu schnell. Miss Cromwell hatte garnichts mitbekommen.
Robin schluckte kurz. Dann streckte er seine Hand aus und berührte nur flüchtig die der jungen Frau hinter dem Schreibtisch.
'Eiskalte Hände. Er scheint ziemlich nervös zu sein.'
Miss Cromwell nahm ihre Hand zurück. Sie griff nach einer anderen Mappe und reichte sie über den Schreibtisch an Robin. Er nahm diese entgegen.
"Hier sind ihre Dokumente."
Die junge Frau brachte uns zur Tür.
"Oh und ich wünsche ihnen alles gute zum Geburtstag." lächelte sie freundlich.
Robin bedankte sich höflich. Dann traten wir aus dem Büro. Vor der Tür atmete Robin erneut tief durch. Meine Mutter wand sich ihm zu und strich ihm mütterlich über die Wange.
"Das hast du sehr gut gemacht, Robin. Wir sind sehr stolz auf dich."
Robins Gesicht entspannte sich etwas. Ich beugte mich zu ihm und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Er lächelte leicht.
"Und wie fühlst du dich?" fragte mein Vater.
"Es... kratzte leicht im Hals, aber... es war nicht schlimmer, als was es bei Bella sonst ist."
Robin fasste sich kurz an die Kehle. Dann atmete er erneut tief durch.
Seine Finger schlossen sich wieder fester um meine. Wir begaben uns auf den Heimweg. Den ganze Weg zurück nach Forks, war Robin ziemlich schweigsam. Seine Gedanken waren verschleiert. Er blinzelte noch ein paar Mal und rieb sich über die Augen. Dann hatten sich auch seine Kontaktlinsen aufgelöst.
Kapitel 2 Happy Birthday, Robin! (Teil2)
Sein Blick war aus dem Fenster gerichtet. Ich sah aus den Augenwinkeln zu ihm herüber.
Doch er schüttelte nur kurz den Kopf.
Forks kam in Sichtweite. Kurz darauf erreichten wir unser Haus.
"Das war ja klar." sagte Robin und deutete aus dem Fenster.
Ich folgte seinem Deut und machte große Augen.
In den Bäumen und auf der Veranda hingen bunte Schleifen und Blumen aus Seidenpapier, sowie blaue Lampions.
"Du wolltest Alice ja freie Hand lassen." sagte ich gelassen.
Wir stiegen aus dem Wagen. Robins Augen wanderten über die Veranda. Er war tief beeindruckt. Kaum hatten wir einen Fuß auf die Veranda gesetzt, tänzelte Alice aus dem Haus. Ein selbstzufriedenes Grinsen lag auf ihren geschwungenen Lippen. Sie klatschte kurz in die Hände und sah auf uns hinab.
"Wie schön, da seid ihr endlich." flötete sie.
"Hast du uns etwa nicht kommen sehen?" fragte Robin skeptisch.
Meine Schwester winkte ab. Sie sprang auf uns zu und griff nach Robins Hand. Ohne weitere Worte, zog sie ihn zur Haustür. Dort blieb sie noch einmal mit ihm stehen. Lächelnd wand sie sich an ihn.
"Mach bitte die Augen zu, Robin. Dort drin wartet eine Überraschung auf dich. Und ich will nicht, das du aus Versehen alle durcheinander bringst."
Robin atmete tief durch und schloss schließlich die Augen. Alice harkte sich bei ihm unter und zog ihn nun ins Haus. Meine Eltern und ich folgten den beiden ins innere des Hauses. Überall brannten Kerzen. Das verbreitete eine angenehme warme Atmosphäre. Alice bugsierte Robin durch den Flur in das große Wohnzimmer. Rund um den ovalen Esstisch standen meine restlichen Geschwister sowie auch Bella. Alle waren elegant angezogen. Wahrscheinlich hatte Alice sie dazu gezwungen, dachte ich grinsend. Auf dem Tisch standen ebenfalls Kerzen. Die Gesichter wurden sanft beleuchtet von dem flackerndem Licht. Alice drehte Robin zum Tisch. Sie tippte ihn an.
"Okay. Du kannst die Augen wieder aufmachen." trällerte sie.
Mein Liebster öffnete die Augen. Sein Blick wanderte über die Gesichter meiner Familie und über den Tisch.
"Alice, du hast sogar eine Torte besorgt?!" fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
Alice grinste schelmisch.
"Die ist nicht echt. Aber ich wollte das es so authentisch wie möglich ist. Ich weiß nicht, wie deine früheren Geburtstage ausgesehen haben."
"Nicht so prunkvoll, wie das hier. Darauf kannst du dich verlassen, Alice." lächelte Robin.
"Nun gut. Wir haben auch Geschenke für dich, Robin. Aber da Deidra," Alice sah mich dabei strafend an. "sagte das wir mit schlichten Geschenken besser ankommen würden, waren wir etwas eingeschränkt."
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und hielt dem Blick meiner Schwester stand.
"Du bist nur eingeschnappt, weil ich dir nicht erlaubt habe, ihm einfach ein Auto zu schenken. Nicht jeder Teenager fährt einen Jaguar. Das wäre doch etwas arg auffällig."
Alice streckte mir kurz die Zunge heraus. Der Rest meiner Familie gluckste leise. Meine Mutter trat vor. Sie hatte ein etwas größeres Paket in der Hand, welches sie nun Robin übergab.
"Das ist doch nicht nötig." sagte er leise.
Meine Mutter schüttelte den Kopf.
"Du gehörst nun zu dieser Familie, Robin. Du bist für mich ein Sohn, wie Edward, Jasper und Emmett. Deswegen mach dir darüber keine Gedanken." sagte sie liebevoll und strich ihm über die Wange.
Robin senkte leicht den Blick. Er atmete tief durch. Dann öffnete er das Paket. Seine Augen wurden groß. Das Paket beinhaltete eine Konzertgitarre. Doch sie war hochpoliert, Mitternachtblau und sein Name war sogar eingraviert worden.
"Sie ist wundervoll." hauchte er ergriffen.
"Deidra hat erwähnt, das du Gitarre spielst." erklärte mein Vater.
Robin sah zu ihm auf.
"Aber ich spiele nicht so gut, das ich so ein teures Instrument brauche."
"Ich vermute jetzt einfach mal, das du allerdings nun eine Ewigkeit Zeit haben wirst, dein Spiel zu perfektionieren, Robin." sagte Edward milde lächelnd.
Mein Liebster lächelte etwas verlegen. Vorsichtig legte er das Instrument auf den Tisch. Er griff nach dem Umschlag, der noch auf dem Tisch lag. Mit flinken Fingern öffnete er diesen.
"Das sind ja Flugtickets."
"Ja. Es ist für eure Reise. Die Idee nach Irland zu reisen, ist eine gute gewesen. Und warum solltet ihr in Amerika bleiben?! Es ist alles bereits geklärt. Wir haben zwar ein Hotel für euch gebucht, doch wenn es euch zu unsicher ist, könnt ihr auch zu Liam, Siobhan und Maggie. Sie würden euch auch aufnehmen. Euer Flug geht bereits morgen Abend."
Mir klappte vor Überraschung der Mund auf. Es war immer schwer mich unvorbereitet zu treffen. Ich hatte zwar mit meiner Familie besprochen, das Robin und ich eine Reise unternehmen wollten, doch nicht wann dies geschehen sollte. Robin allerdings schien mit Alice konkreteres besprochen zu haben. Denn nun sollten wir schon morgen Abend aufbrechen.
"Geht das alles nicht zu schnell, Alice!?" fragte ich skeptisch.
Meine Schwester wand sich an mich. Sie rollte mit den Augen.
"Sieh doch nicht immer gleich alles so schwarz, Deidra. Ihr fliegt morgen Abend. Alles ist bereits geplant. Es ist unser Geschenk. Sämtliche Umkosten gehen auf uns. Ich habe schon eure Sachen gepackt. Und ich dulde auch keine Widerrede."
Alice und ich sahen uns tief in die Augen.
'Vertrau mir! Ich weiß, genau was mit dir in den letzten Wochen los ist, Deidra!' dachte sie eindringlich.
Ich atmete tief durch. Wie hatte ich nur glauben können, das Alice dieser Brief entgangen wäre?! Auch wenn sie tausend Hochzeiten planen würde, würde ihr Fähigkeit trotzdem noch funktionieren.
Schließlich seufzte ich ergeben.
"Na gut." sagte ich.
Robins Gesicht hellte sich auf. Er drehte sich zu mir und schloss mich fest in seine Arme. Seine Lippen lagen bereits auf meinen, bevor ich es überhaupt registrierte. Wie selbstverständlich legten sich meine Arme um seinen Nacken. Ich schloss die Augen und wieder versanken wir in unserer eigenen kleinen Welt. Seine Hände drückten mich sanft an sich. Mein ganzer Körper kribbelte. Ich spürte wie mir heiß und kalt wurde. Zärtlich stupste seine Zunge gegen meine leicht geöffneten Lippen.
"Wenn die beiden so weiter machen, ist es gleich nicht mehr jugendfrei." kicherte Emmett.
Robin und ich fuhren auseinander. Jedes Augenpaar im Raum war auf uns gerichtet. Emmett, Edward und Jasper grinsten sich vielsagend an.
"Etwa neidisch, Em?!" bemerkte Robin schelmisch, drückte mich noch einmal an sich und küsste mich auf die Schläfe.
Rosalie verdrehte die Augen. Innerlich lag ich gerade lachend auf dem Boden.
Und dann war da der andere Teil in mir, der sich gerade etwas geschämt hatte, weil meine Familie bei diesem intimen Moment zu gesehen hatte.
Bella sah mich wissend an. Sie trat einen Schritt nach vorne. Für sie musste diese Party merkwürdig sein. Den letzten Geburtstag den wir hier gefeiert hatten, war der von Bella gewesen, an dem sie beinahe von Jasper angegriffen worden wäre.
"Auch von mir alles Gute zum Geburtstag, Robin. Ich würde dich ja umarmen, aber alle sind der Meinung, das das wohl noch zu früh wäre. Daher fühle dich einfach von mir gedrückt." sagte sie.
Robin fühlte sich geschmeichelt.
"Ich danke euch allen sehr. Es ist schon ewig lange her, das ich mich so gut gefühlt habe." Er griff nach meiner Hand. "Das war eine schöne Überraschung, Alice. Ähm, ich würde nun gerne... noch zum Friedhof. Begleitest du mich?"
Ich nickte ihm zu.
"Vorher würde ich mich aber gerne noch umziehen."
Wir verabschiedeten uns von den anderen. Robin nahm die Gitarre und ich die Flugtickets. Gemeinsam stiegen wir die Treppe hinauf. Im Zimmer angekommen, legte er die Gitarre vorsichtig auf das Bett, was nur noch Zierde war. Ich wand mich an den großen Kleiderschrank und öffnete die Türen. Inzwischen hatten wir nun größtenteils unsere Scheu vor einander abgelegt. Trotzdem war Robin noch immer Gentlemen genug, das er sich umdrehte, wenn ich mich umzog.
Ich schlüpfte in eine schwarze Jeans und knöpfte mir die weiße Bluse auf, die ich getragen hatte. Sanft ließ ich sie zu Boden gleiten. Den Oberkörper nur mit meinen BH bekleidet, beugte ich mich tiefer in den Schrank. Dann zog ich ein grünes Oberteil heraus.
Plötzlich spürte ich, wie Fingerspitzen leicht wie Schmetterlingsflügel über meine Haut strichen. Ich stockte in meinem Tun.
"Warte. Beweg dich nicht." flüsterte Robin.
Weiter strichen seine Finger zart über meinen Rücken. Berührten die Narbe auf meiner Schulter. Er trat näher an mich heran.
"Deine Haut... hat die Farbe von Alabaster. Und trotz dieser Narbe ist sie wunderschön."
Langsam drehte er mich zu sich herum. Seine rechte Hand lag auf der nackten Haut über meiner Hüfte. Es fühlte sich an, als würde ich innerlich in Flammen stehen. Doch es war kein schlechtes Gefühl.
Seine linke Hand legte sich in meinen Nacken und zog mich enger an sich.
"Du weißt garnicht wie dankbar ich dir bin, das wir wirklich verreisen." sagte er leise.
"Es ist dein Geburtstag."
Er lächelte schief.
"Ja, aber trotzdem. In meinem ganzen Leben bin ich noch nie woanders gewesen, als in Amerika. Das wird aufregend. Denkst du nicht?"
Ich schluckte und nickte. Dann beugte er sich zu mir herunter und küsste mich.
Dieser Kuss war leidenschaftlicher als jeder davor. Sofort fing mein Körper wieder an zu kribbeln. Mir wurde heiß und kalt. Robin vertiefte den Kuss noch etwas mehr. Wieder stupste seine Zunge gegen meine und forderte sie zum Tanz.
Und ich ließ mich von diesem Gefühl tragen, das er bei mir auslöste.
Dann löste ich mich langsam von ihm. Etwas erschwerter atmend sah ich zu ihm auf.
"Robin..." hauchte ich, während seine Arme sich fester um mich schlossen.
Er schloss die Augen und lehnte seine Stirn gegen meine.
"Ich weiß, ich weiß. Es ist noch zu früh."
Robin und ich hatten uns noch nicht geliebt. Wir beide befanden es noch zu früh. Robin war noch ein junger Vampir. Im Moment war ich der zerbrechliche Part in unserer Beziehung.
Etwas was ihm durchaus gefiel. Nun konnte er mich beschützen.
Robin war nicht ganz unerfahren in diesen Sachen.
Doch für mich waren dafür diese ganzen Intimitäten neu. Und ich hatte noch nie so viel für jemanden empfunden.
Es war unglaublich, wie die Liebe es schaffte, das man sich total zerbrechlich fühlen konnte, obwohl man unzerstörbar war.
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste sein Kinn.
"Ja, das ist es. Aber auch davon abgesehen, es wäre mir etwas unangenehm, das man in diesem Haus alles hören kann. Oder sogar Gedanken lesen kann."
Er sah mir tief in die Augen. Zärtlich schob er mir einzelne Strähnen aus dem Gesicht.
"Nun ja... wir haben eine Ewigkeit Zeit dafür. Das alles hat keine Eile."
Robin beugte sich noch etwas weiter hinunter und küsste meinen Hals. Tief inhalierte er den Duft meiner Haut.
Widerstrebend ließ er mich los. Ich griff wieder nach dem Oberteil, das ich fallen gelassen hatte. Schnell zog ich es über. Auch Robin hatte sich umgezogen. Er griff nach meiner Hand und gemeinsam verließen wir das Haus.
Dieses Mal liefen wir zu Fuß.
Es klärte einem den Kopf.
Nun würden wir also verreisen. Das erste Mal seit ich unsterblich war, würde ich nach Irland zurück kehren. In das Land in dem ich geboren und aufgewachsen war. Doch war es keine glückliche Vergangenheit.
Ich atmete tief durch.
Vielleicht hatte es nun auch sein gutes, das wir für einige Zeit aus Forks verschwanden. Denn noch immer machte ich mir Sorgen darum, das die Volturi zurück kommen könnten.
Auch wenn Robin nun ebenfalls unsterblich war, so wollte ich ihn doch auf jedenfall beschützen.
Doch er schüttelte nur kurz den Kopf.
Forks kam in Sichtweite. Kurz darauf erreichten wir unser Haus.
"Das war ja klar." sagte Robin und deutete aus dem Fenster.
Ich folgte seinem Deut und machte große Augen.
In den Bäumen und auf der Veranda hingen bunte Schleifen und Blumen aus Seidenpapier, sowie blaue Lampions.
"Du wolltest Alice ja freie Hand lassen." sagte ich gelassen.
Wir stiegen aus dem Wagen. Robins Augen wanderten über die Veranda. Er war tief beeindruckt. Kaum hatten wir einen Fuß auf die Veranda gesetzt, tänzelte Alice aus dem Haus. Ein selbstzufriedenes Grinsen lag auf ihren geschwungenen Lippen. Sie klatschte kurz in die Hände und sah auf uns hinab.
"Wie schön, da seid ihr endlich." flötete sie.
"Hast du uns etwa nicht kommen sehen?" fragte Robin skeptisch.
Meine Schwester winkte ab. Sie sprang auf uns zu und griff nach Robins Hand. Ohne weitere Worte, zog sie ihn zur Haustür. Dort blieb sie noch einmal mit ihm stehen. Lächelnd wand sie sich an ihn.
"Mach bitte die Augen zu, Robin. Dort drin wartet eine Überraschung auf dich. Und ich will nicht, das du aus Versehen alle durcheinander bringst."
Robin atmete tief durch und schloss schließlich die Augen. Alice harkte sich bei ihm unter und zog ihn nun ins Haus. Meine Eltern und ich folgten den beiden ins innere des Hauses. Überall brannten Kerzen. Das verbreitete eine angenehme warme Atmosphäre. Alice bugsierte Robin durch den Flur in das große Wohnzimmer. Rund um den ovalen Esstisch standen meine restlichen Geschwister sowie auch Bella. Alle waren elegant angezogen. Wahrscheinlich hatte Alice sie dazu gezwungen, dachte ich grinsend. Auf dem Tisch standen ebenfalls Kerzen. Die Gesichter wurden sanft beleuchtet von dem flackerndem Licht. Alice drehte Robin zum Tisch. Sie tippte ihn an.
"Okay. Du kannst die Augen wieder aufmachen." trällerte sie.
Mein Liebster öffnete die Augen. Sein Blick wanderte über die Gesichter meiner Familie und über den Tisch.
"Alice, du hast sogar eine Torte besorgt?!" fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
Alice grinste schelmisch.
"Die ist nicht echt. Aber ich wollte das es so authentisch wie möglich ist. Ich weiß nicht, wie deine früheren Geburtstage ausgesehen haben."
"Nicht so prunkvoll, wie das hier. Darauf kannst du dich verlassen, Alice." lächelte Robin.
"Nun gut. Wir haben auch Geschenke für dich, Robin. Aber da Deidra," Alice sah mich dabei strafend an. "sagte das wir mit schlichten Geschenken besser ankommen würden, waren wir etwas eingeschränkt."
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und hielt dem Blick meiner Schwester stand.
"Du bist nur eingeschnappt, weil ich dir nicht erlaubt habe, ihm einfach ein Auto zu schenken. Nicht jeder Teenager fährt einen Jaguar. Das wäre doch etwas arg auffällig."
Alice streckte mir kurz die Zunge heraus. Der Rest meiner Familie gluckste leise. Meine Mutter trat vor. Sie hatte ein etwas größeres Paket in der Hand, welches sie nun Robin übergab.
"Das ist doch nicht nötig." sagte er leise.
Meine Mutter schüttelte den Kopf.
"Du gehörst nun zu dieser Familie, Robin. Du bist für mich ein Sohn, wie Edward, Jasper und Emmett. Deswegen mach dir darüber keine Gedanken." sagte sie liebevoll und strich ihm über die Wange.
Robin senkte leicht den Blick. Er atmete tief durch. Dann öffnete er das Paket. Seine Augen wurden groß. Das Paket beinhaltete eine Konzertgitarre. Doch sie war hochpoliert, Mitternachtblau und sein Name war sogar eingraviert worden.
"Sie ist wundervoll." hauchte er ergriffen.
"Deidra hat erwähnt, das du Gitarre spielst." erklärte mein Vater.
Robin sah zu ihm auf.
"Aber ich spiele nicht so gut, das ich so ein teures Instrument brauche."
"Ich vermute jetzt einfach mal, das du allerdings nun eine Ewigkeit Zeit haben wirst, dein Spiel zu perfektionieren, Robin." sagte Edward milde lächelnd.
Mein Liebster lächelte etwas verlegen. Vorsichtig legte er das Instrument auf den Tisch. Er griff nach dem Umschlag, der noch auf dem Tisch lag. Mit flinken Fingern öffnete er diesen.
"Das sind ja Flugtickets."
"Ja. Es ist für eure Reise. Die Idee nach Irland zu reisen, ist eine gute gewesen. Und warum solltet ihr in Amerika bleiben?! Es ist alles bereits geklärt. Wir haben zwar ein Hotel für euch gebucht, doch wenn es euch zu unsicher ist, könnt ihr auch zu Liam, Siobhan und Maggie. Sie würden euch auch aufnehmen. Euer Flug geht bereits morgen Abend."
Mir klappte vor Überraschung der Mund auf. Es war immer schwer mich unvorbereitet zu treffen. Ich hatte zwar mit meiner Familie besprochen, das Robin und ich eine Reise unternehmen wollten, doch nicht wann dies geschehen sollte. Robin allerdings schien mit Alice konkreteres besprochen zu haben. Denn nun sollten wir schon morgen Abend aufbrechen.
"Geht das alles nicht zu schnell, Alice!?" fragte ich skeptisch.
Meine Schwester wand sich an mich. Sie rollte mit den Augen.
"Sieh doch nicht immer gleich alles so schwarz, Deidra. Ihr fliegt morgen Abend. Alles ist bereits geplant. Es ist unser Geschenk. Sämtliche Umkosten gehen auf uns. Ich habe schon eure Sachen gepackt. Und ich dulde auch keine Widerrede."
Alice und ich sahen uns tief in die Augen.
'Vertrau mir! Ich weiß, genau was mit dir in den letzten Wochen los ist, Deidra!' dachte sie eindringlich.
Ich atmete tief durch. Wie hatte ich nur glauben können, das Alice dieser Brief entgangen wäre?! Auch wenn sie tausend Hochzeiten planen würde, würde ihr Fähigkeit trotzdem noch funktionieren.
Schließlich seufzte ich ergeben.
"Na gut." sagte ich.
Robins Gesicht hellte sich auf. Er drehte sich zu mir und schloss mich fest in seine Arme. Seine Lippen lagen bereits auf meinen, bevor ich es überhaupt registrierte. Wie selbstverständlich legten sich meine Arme um seinen Nacken. Ich schloss die Augen und wieder versanken wir in unserer eigenen kleinen Welt. Seine Hände drückten mich sanft an sich. Mein ganzer Körper kribbelte. Ich spürte wie mir heiß und kalt wurde. Zärtlich stupste seine Zunge gegen meine leicht geöffneten Lippen.
"Wenn die beiden so weiter machen, ist es gleich nicht mehr jugendfrei." kicherte Emmett.
Robin und ich fuhren auseinander. Jedes Augenpaar im Raum war auf uns gerichtet. Emmett, Edward und Jasper grinsten sich vielsagend an.
"Etwa neidisch, Em?!" bemerkte Robin schelmisch, drückte mich noch einmal an sich und küsste mich auf die Schläfe.
Rosalie verdrehte die Augen. Innerlich lag ich gerade lachend auf dem Boden.
Und dann war da der andere Teil in mir, der sich gerade etwas geschämt hatte, weil meine Familie bei diesem intimen Moment zu gesehen hatte.
Bella sah mich wissend an. Sie trat einen Schritt nach vorne. Für sie musste diese Party merkwürdig sein. Den letzten Geburtstag den wir hier gefeiert hatten, war der von Bella gewesen, an dem sie beinahe von Jasper angegriffen worden wäre.
"Auch von mir alles Gute zum Geburtstag, Robin. Ich würde dich ja umarmen, aber alle sind der Meinung, das das wohl noch zu früh wäre. Daher fühle dich einfach von mir gedrückt." sagte sie.
Robin fühlte sich geschmeichelt.
"Ich danke euch allen sehr. Es ist schon ewig lange her, das ich mich so gut gefühlt habe." Er griff nach meiner Hand. "Das war eine schöne Überraschung, Alice. Ähm, ich würde nun gerne... noch zum Friedhof. Begleitest du mich?"
Ich nickte ihm zu.
"Vorher würde ich mich aber gerne noch umziehen."
Wir verabschiedeten uns von den anderen. Robin nahm die Gitarre und ich die Flugtickets. Gemeinsam stiegen wir die Treppe hinauf. Im Zimmer angekommen, legte er die Gitarre vorsichtig auf das Bett, was nur noch Zierde war. Ich wand mich an den großen Kleiderschrank und öffnete die Türen. Inzwischen hatten wir nun größtenteils unsere Scheu vor einander abgelegt. Trotzdem war Robin noch immer Gentlemen genug, das er sich umdrehte, wenn ich mich umzog.
Ich schlüpfte in eine schwarze Jeans und knöpfte mir die weiße Bluse auf, die ich getragen hatte. Sanft ließ ich sie zu Boden gleiten. Den Oberkörper nur mit meinen BH bekleidet, beugte ich mich tiefer in den Schrank. Dann zog ich ein grünes Oberteil heraus.
Plötzlich spürte ich, wie Fingerspitzen leicht wie Schmetterlingsflügel über meine Haut strichen. Ich stockte in meinem Tun.
"Warte. Beweg dich nicht." flüsterte Robin.
Weiter strichen seine Finger zart über meinen Rücken. Berührten die Narbe auf meiner Schulter. Er trat näher an mich heran.
"Deine Haut... hat die Farbe von Alabaster. Und trotz dieser Narbe ist sie wunderschön."
Langsam drehte er mich zu sich herum. Seine rechte Hand lag auf der nackten Haut über meiner Hüfte. Es fühlte sich an, als würde ich innerlich in Flammen stehen. Doch es war kein schlechtes Gefühl.
Seine linke Hand legte sich in meinen Nacken und zog mich enger an sich.
"Du weißt garnicht wie dankbar ich dir bin, das wir wirklich verreisen." sagte er leise.
"Es ist dein Geburtstag."
Er lächelte schief.
"Ja, aber trotzdem. In meinem ganzen Leben bin ich noch nie woanders gewesen, als in Amerika. Das wird aufregend. Denkst du nicht?"
Ich schluckte und nickte. Dann beugte er sich zu mir herunter und küsste mich.
Dieser Kuss war leidenschaftlicher als jeder davor. Sofort fing mein Körper wieder an zu kribbeln. Mir wurde heiß und kalt. Robin vertiefte den Kuss noch etwas mehr. Wieder stupste seine Zunge gegen meine und forderte sie zum Tanz.
Und ich ließ mich von diesem Gefühl tragen, das er bei mir auslöste.
Dann löste ich mich langsam von ihm. Etwas erschwerter atmend sah ich zu ihm auf.
"Robin..." hauchte ich, während seine Arme sich fester um mich schlossen.
Er schloss die Augen und lehnte seine Stirn gegen meine.
"Ich weiß, ich weiß. Es ist noch zu früh."
Robin und ich hatten uns noch nicht geliebt. Wir beide befanden es noch zu früh. Robin war noch ein junger Vampir. Im Moment war ich der zerbrechliche Part in unserer Beziehung.
Etwas was ihm durchaus gefiel. Nun konnte er mich beschützen.
Robin war nicht ganz unerfahren in diesen Sachen.
Doch für mich waren dafür diese ganzen Intimitäten neu. Und ich hatte noch nie so viel für jemanden empfunden.
Es war unglaublich, wie die Liebe es schaffte, das man sich total zerbrechlich fühlen konnte, obwohl man unzerstörbar war.
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste sein Kinn.
"Ja, das ist es. Aber auch davon abgesehen, es wäre mir etwas unangenehm, das man in diesem Haus alles hören kann. Oder sogar Gedanken lesen kann."
Er sah mir tief in die Augen. Zärtlich schob er mir einzelne Strähnen aus dem Gesicht.
"Nun ja... wir haben eine Ewigkeit Zeit dafür. Das alles hat keine Eile."
Robin beugte sich noch etwas weiter hinunter und küsste meinen Hals. Tief inhalierte er den Duft meiner Haut.
Widerstrebend ließ er mich los. Ich griff wieder nach dem Oberteil, das ich fallen gelassen hatte. Schnell zog ich es über. Auch Robin hatte sich umgezogen. Er griff nach meiner Hand und gemeinsam verließen wir das Haus.
Dieses Mal liefen wir zu Fuß.
Es klärte einem den Kopf.
Nun würden wir also verreisen. Das erste Mal seit ich unsterblich war, würde ich nach Irland zurück kehren. In das Land in dem ich geboren und aufgewachsen war. Doch war es keine glückliche Vergangenheit.
Ich atmete tief durch.
Vielleicht hatte es nun auch sein gutes, das wir für einige Zeit aus Forks verschwanden. Denn noch immer machte ich mir Sorgen darum, das die Volturi zurück kommen könnten.
Auch wenn Robin nun ebenfalls unsterblich war, so wollte ich ihn doch auf jedenfall beschützen.
Kapitel 3 Bis in alle Ewigkeit (Teil1)
Robin und ich gingen nach dem Besuch auf dem Friedhof noch ausgiebig auf die Jagd. Wir entfernten uns etwas weiter von Forks um größere Tiere zu erlegen. Daher kamen wir auch erst am späten Nachmittag zurück nach Forks.
Robin und ich schlenderten schließlich langsamer zu unserem Haus zurück. Seine Augen strahlten in einem satten Rot Ton, während meiner die Farbe von flüssigem Gold hatten. Trotz dieser Augen, konnte ich mich immer wieder in seinem Blick verlieren und den Rest der Welt einfach vergessen.
"Da seid ihr ja endlich!" hallte eine angesäuerte Glockenklare Stimme zu uns herüber.
Alice hatte bereits nervös mit dem Fuß gewippt, als wir das Haus endlich erreichten. Hastig hatte sie uns nach oben gescheucht, damit wir uns noch umzogen. Anschließend schubste sie uns geradezu in den Wagen meines Vaters, während der Rest meiner Geschwister in ihre eigenen Wagen stiegen. Alice schlug unsere Tür zu und rutschte eilig auf die Rückbank des silbernen Volvos meines Bruders.
So fuhren Robin und ich im Wagen meines Vaters zum Flughafen nach Seattle. Den ganzen Weg, war er still. Er wirkte leicht angespannt. Schließlich war es das erste Mal, das er verreiste und dabei Amerika verließ.
Nach einer recht schweigsamen Fahrt, erreichten wir den Flughafen. Mein Vater lenkte den Wagen auf den Parkplatz. Robin und ich stiegen aus, während mein Vater nun unser Gepäck aus dem Kofferraum zog. Ich hatte Alice gerade noch überredet, das wir nicht mehr als jeder einen Koffer brauchen würden. Wir hatten ja auch noch unser Handgepäck. Je weniger wir dabei hatten, desto weniger würde man uns Aufmerksamkeit schenken.
Der Rest meiner Familie hatte ebenfalls geparkt und gesellte sich zu uns. Emmett hatte sogar einen Gepäckwagen besorgt. Wir hatten zwar keine Probleme damit, es selbst zu tragen, doch wir wollten nicht auffallen. Jasper und Robin packten die beiden Koffer auf den Wagen. Anschließend schob Robin ihn vor sich her. Seine andere Hand suchte meine und gemeinsam suchten wir unser Terminal.
Als wir es schließlich gefunden hatten, blieben wir stehen. Meine Geschwister und meine Eltern reihten sich vor mir und Robin auf. Sogar Bella war mitgekommen um uns zu verabschieden. Ich sah auf die Uhr.
"Wir müssen gleich einchecken."
Robin nickte.
Meine Mutter trat vor. Sie nahm erst mich in die Arme, küsste mich auf die Wange, dann tat sie dasselbe bei Robin.
"Achtet gut auf euch. Und ruft uns an, sobald ihr gelandet seid." sagte sie leise und strich uns noch einmal über die Wange.
Auch mein Vater gab mir einen Kuss auf die Stirn. Robin klopfte er auf die Schulter. Rosalie hatte erst die Arme verschränkt, während wir anderen uns alle voneinander verabschiedeten. Meine Mutter sah sie strafend an und Emmett gab ihr einen leichten Schubs. Meine Schwester seufzte, ließ die Arme sinken und verabschiedete sich nun ebenfalls. Meine drei Brüder nahmen mich nacheinander in ihre Arme, Emmett hob mich sogar einige Zentimeter vom Boden hoch, und küssten meine Stirn, sowie mein Vater es getan hatte. Danach zogen sie Robin etwas zur Seite, während ich mich noch mit meinen Eltern unterhielt.
Robin sah leicht skeptisch zu den dreien auf.
"Also, Robin," fing Jasper an.
"Wir kennen Deidra nun schon eine ganze Weile." fuhr Edward mit einem schiefen Grinsen fort.
"Und in gewisser Weise, ist sie uns auch ans Herz gewachsen." feixte Emmett.
"Daher," sagte Jasper und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "müssen wir dich bitten,"
"Zu versuchen uns unsere kleine Schwester wieder heil zurück zu bringen." beendete Edward den Satz.
Emmetts Lächeln wurde noch breiter. "Wie gesagt, du sollst es zumindest versuchen!"
Robins Augen, heute trug er wieder Kontaktlinsen, wurden groß. Dann musste er auch anfangen zu lachen.
"Ich werde sehen, was ich tun kann."
Die vier schlugen gegenseitig ein.
ich verdrehte die Augen, wand mich an meine Brüder und streckte ihnen die Zunge heraus.
"Ach, große Brüder! Ich liebe euch auch!" sagte ich sarkastisch.
Das Lachen wurde noch lauter.
Alice drückte gerade Robin zur Verabschiedung, als sie die Augen plötzlich zu Schlitzen verengte und meinen Liebsten auf Armlänge zurück schob. Sie sah ihn skeptisch an.
"Nein, nein, nein! Oh, Robin! Ich warne dich! Mach keine Dummheiten! So etwas kannst du nicht tun, wenn ich nicht dabei bin!"
Alle Augen richteten sich nun auf Alice. Diese hielt Robin an den Schultern fest und fixierte ihn mit einem harten Blick aus ihren goldenen Augen. Ihre marmorne Stirn hatte sie in Falten gelegt. Ich zog eine Augenbraue in die Höhe.
"Was meinst du Alice? Sollten wir nicht abreisen?" fragte ich sie.
Die Elfe schüttelte den Kopf.
"Nein. Ich habe nur... Ringe gesehen."
"Wahrscheinlich hast du dich da vertan, Alice. Was sollte ich mit Ringen? Du bist bestimmt durcheinander und du hast mich und Deidra vielleicht mit Edward und Bella verwechselt." antwortete Robin sogleich.
Durchdringend sah er Alice an. Meine Schwester kratzte sich an der Nasenspitze und verzog das Gesicht.
"Nein! Ich glaube, das warst eindeutig du, Robin!"
"Alice," ging ich nun dazwischen. "ist es denn wirklich so abwegig, das du dich da einfach vertan haben könntest?! In den letzten Wochen sind deine Visionen auch verschwommen gewesen. Und du hast im Moment mit der Hochzeit doch einiges um die Ohren. Liegt es da nicht nahe, das du da Ringe gesehen hast?!"
Meine Schwester sah Robin weiterhin durchdringend an. Dann zuckte sie jedoch mit den Schultern.
"Wahrscheinlich hast du Recht. So kurz vor der Hochzeit, kann das natürlich möglich sein."
Sie drückte Robin noch einmal kurz. Dann wand sie sich an mich.
"Nun zu uns, Deidra." trällerte sie fröhlich.
Alice nahm mich fest in die Arme. Sie beugte sich dabei nah zu meinem Ohr. Ihr leicht blumiger Duft wehte zu mir herüber und ich konnte deutlich ihren Atem auf meiner Haut spüren.
"Es ist gut, das ihr fort geht. Aro wird nicht ewig warten. Und irgendwann wird er verlangen, das du zu ihm kommen sollst. Aber diese Reise ist für dich und Robin äußerst wichtig. Du wirst schon sehen. Genieße es einfach." flüsterte sie ganz leise, das nur ich sie hören konnte.
Dann löste sie sich wieder von mir.
"Habt viel Spaß in Irland. Grüßt Siobahn, Liam und Maggie von uns. Und tragt eure Telefone immer bei euch."
Robin griff nach meiner Hand. Er lächelte mich an. Wie immer spürte ich die Liebe in seinem Blick. Wir beide atmeten tief durch. Ich blickte erneut auf die große Uhr über der Anzeigentafel.
"Wir sollten einchecken." sagte ich leise.
Meine Mutter nickte und drückte uns beide erneut. Bella stand neben Edward. Sie hob ihre Hand und winkte uns, als wir uns ab wanden um zum Check - inn zu gehen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, als wir meine Familie hinter der Glasscheibe zurück ließen. Ich konnte deutlich sehen, das meine Mutter damit kämpfte, nicht allzu bedrückt zu sein. Sie liebte uns so sehr. Jede noch so kurze Trennung, war für sie immer schwer zu ertragen.
Schweren Herzens wanden wir uns ab.
Nachdem wir das Check inn hinter uns hatten, dauerte es noch eine Weile, bevor wir das Flugzeug besteigen durften. Robin und ich setzten uns etwas Abseits. Wir hatten darauf geachtet, nicht zu auffällig zu wirken. Nicht das uns sowieso alle Augen folgten.
Robin sah zu mir herüber.
"Alles in Ordnung?" fragte er leise.
Ich blickte auf. Er hielt meine Hand und musterte mich eingehend. Ich nickte zögerlich.
"Ja. Ich bin nur... nervös. Das ist alles. Es ist schon eine ganze Weile her, das ich so eine Reise unternommen habe."
Er fing an zu lächeln.
"Verständlich. Diesmal geht es allerdings in die andere Richtung und die Reisezeit ist um einiges kürzer als damals."
Robin beugte sich zu mir herüber und küsste mich beruhigend auf die Wange.
Ich wollte Robin nicht beunruhigen. Noch immer war ich von Alice Worten verwirrt. Sie wusste immer was zu tun war. Bis heute, habe ich es noch nie eine ihrer Ideen angezweifelt. Und wenn sie es für gut befand, das ich und Robin verreisen sollten, sollte ich mich dem auch fügen. Zudem war sie der Ansicht, das diese Reise für uns beide sehr wichtig sein würde. Ich fragte mich, was uns erwarten würde.
Dann ertönte ein Gong und eine Ansage die verkündete, das wir nun das Flugzeug besteigen konnten. Wir standen auf und begaben uns zum Gate.
Mir hätte klar sein müssen, das Alice uns in der ersten Klasse unterbringen würde. Wieder wurden wir interessiert gemustert, als wir uns zu unseren Plätzen begaben. Da wir noch als Teenager durchgingen, fanden es einige Leute um uns herum merkwürdig, das wir ganz alleine verreisten.
Robin nahm an Fenster Platz, ich am Gang.
Der Flug bis zu unserem ersten und einzigem Zwischenhalt war recht ereignislos. Jedes mal wenn die Stewardess zu uns kam, wimmelte ich sie freundlich ab. Hin und wieder, stand Robin auf um seine Kontaktlinsen zu wechseln.
Nach einigen weiteren Stunden rutschte ich im Sitz etwas zu Recht und sah zu Robin hinüber. Dieser hatte ein Buch aufgeschlagen und las mit höchster Konzentration. Er war völlig von dem Buch gefangen. Sehr wahrscheinlich, war es demnach ein Buch über irgendetwas mystisches. Auch wenn er nun selbst ein Teil dieser Welt war, war sein Interesse daran nicht abgeebbt. Eher noch das Gegenteil war der Fall.
"Was liest du da? Etwa wieder ein Sachbuch?" fragte ich interessiert und tippte gegen das Buch auf seinem Schoß.
Robin sah auf.
"Eines meiner Lieblingsbücher. Und dieses Mal ist es kein Sachbuch über Mythen und Legenden. Dieses Buch hat mir meine Mutter geschenkt." Er markierte die Stelle im Buch, indem er eine Ecke umknickte und schloss es. Dann hielt er es hoch, damit ich es besser sehen konnte. "Es ist von Carrie von Stephen King."
Ich zog eine Augenbraue in die Höhe.
"Du liest ein Horrorbuch?"
Er lächelte leise.
"Eigentlich bin ich eher von Carries Gabe fasziniert. Telekinese muss manchmal echt praktisch sein. Ich meine eure Fähigkeiten sind auch nicht gerade übel."
"Gedanken lesen zu können ist auch nicht gerade immer von Vorteil. Es ist nicht manchmal nicht schön, zu wissen, was andere von einem denken." antwortete ich knapp.
Robin senkte kurz den Blick. Ich wusste, das es ihm noch immer unangenehm war, das ich genau wusste, was er damals alles über mich gedacht hatte. Damals wusste er noch nicht das ich alles hören konnte. Ich machte ihm daraus nie einen Vorwurf.
Robin sah wieder auf.
"Gibt es eigentlich auch unter Vampiren welche, die physische Kräfte haben? Ich meine so etwas wie Telekinese zum Beispiel."
Ich nickte.
"Ja, Kate hat die Fähigkeit ihren Körper unter Strom zu setzen. Sie versucht schon länger, diese Gabe auszubauen. Mein Vater erzählte mir, das es wohl noch irgendwo einen von Unseresgleichen geben soll, der sogar die Elemente unter seiner Kontrolle hat. Aber, Telekinese habe ich noch bei keinem angetroffen."
Robin sah wieder auf sein Buch.
"Wow. So jemanden würde ich wirklich gerne mal kennen lernen. Das muss ein echt erhabenes Gefühl sein, so etwas zu können."
Ich legte ihm eine Hand auf seine.
"Deine Fähigkeit ist doch auch nicht gerade von schlechten Eltern, Robin. Und wer weiß, irgendwann einmal lernen wir bestimmt die anderen Zirkel der Welt kennen. Dies hier muss ja nicht unsere letzte Reise gewesen sein. Hast du vergessen, wie viel Zeit uns zur Verfügung steht?" sagte ich mit einem verschmitzten Lächeln.
Er grinste nun wieder ebenfalls.
"Ja, da hast du natürlich Recht. Wir haben eine Ewigkeit zusammen."
Er sah nun aus dem Fenster.
Ich leckte mir über die Lippen.
"Robin, was meinte Alice eigentlich mit ihrer Warnung?" fragte ich schließlich.
Ich kannte Alice lange genug um zu wissen, das sie so etwas nicht einfach daher sagen würde, wenn sie es nicht ernst meinte. Egal, was ich darauf gesagt hatte. Ich hatte Alice Blick gesehen.
Robin löste seinen Blick vom Fenster. Er drehte den Kopf wieder zu mir.
"Eine Warnung?!...Oh, du meinst wegen der Ringe."
Ich nickte und drehte mich im Sitz zu ihm herum.
"Ja... Genau das meine ich."
Robin schluckte kurz und leckte sich über die Lippen. Dann zeichnete sich ein schiefes Lächeln auf seinem perfektem Gesicht ab. Er legte seine rechte Hand auf meine linke.
"Oh das." Robin sah mich direkt an. "Alice hat Ringe gesehen. Das stimmt. Aber sie hat sie in einem anderen Zusammenhang gesehen."
Ich rutschte noch etwas mehr auf meinem Sitz zu Recht.
"Du hast also wirklich Ringe dabei?! Heißt das etwa... Soll das heißen, das du vorhast..."
Robin legte mir einen Finger auf die Lippen und brachte mich zum schweigen. Er griff in die Brusttasche seines Hemdes. Zum Vorschein traten zwei goldene Ringe. Der eine etwas größer als der andere.
"Ich habe nicht vor, dich zu bitten mich zu heiraten, Deidra. Noch nicht. Das hier sind die Eheringe meiner Eltern. Sie sind meine Glücksbringer. Als mein Vater starb, hat meine Mutter mir den Ring meines Vaters gegeben. Er sollte mich beschützen. Und vor ihrem eigenen Tod gab sie mir ihren eigenen Ring. Seitdem trage ich sie immer bei mir. Auch als du mich gebissen hast, hatte ich sie in meiner Tasche. Was nur noch deutlicher beweist, was für ein Glück sie mir gebracht haben.
Eigentlich wollte ich dir schon früher den Ring meiner Mutter schenken. Aber du warst Welten von mir entfernt. Du warst... mehr als ich mir erträumt hatte. Wie ein Engel. Und was war ich schon dagegen?!"
"Robin..." sagte ich leise.
Er sah mir tief in die Augen.
"Jetzt sind wir auf einer Augenhöhe, Deidra. Ich bin nun genauso wie du."
Ich senkte daraufhin den Blick. Das war ein empfindlicher Punkt. Ja. Er war genauso wie ich. Ich hatte ihn zu dem gemacht, was er heute war. Ich hatte ihm seiner Zukunft beraubt. Was für ein abartiger Preis, damit ich ihn nicht verlieren musste.
Robin legte mir einen Finger unter das Kinn und hob mein Gesicht wieder an.
"Du bist alles was ich will. Und egal was du darüber denkst oder was du sagst, für mich bist auch du ein Glücksbringer. Deswegen will ich das du ihn trägst. Jeder soll sehen, das die hübscheste Frau der Welt zu mir gehört."
Er schob sanft den schmalen goldenen Ring über meinen linken Ringfinger. Ein kleiner Diamant war darin eingelassen. Robin hob meine Hand an und küsste sie. Dann betrachtete er den Ring.
Kapitel 3 Bis in alle Ewigkeit (Teil2)
"Weißt du, als mein Vater meine Mutter bat ihn zu heiraten, hatte er nicht viel Geld. Sie gingen beide noch aufs College. Also konnte er sich keinen Verlobungsring leisten. Er hat um ihre Hand mit einem Zwiebelring angehalten." Er kicherte leise. "Dafür versprach er ihr, das sie einen wertvolleren Ring bekommen würde, wenn sie ihn erst heiraten würde. Meine Mutter hat immer erzählt, das mein Vater Angst hatte, sie würde ihn nicht wollen. Sie hat gelächelt. Natürlich hat sie zugestimmt. Und als er endlich mehr Geld verdiente, kaufte er diese beiden Eheringe.
Oh, und schau mal, was er in die beiden Ringe hat eingravieren lassen."
Er hob den Ring seines Vaters gegen das Licht, so das man eine Gravur erkennen konnte. Ich beugte mich etwas weiter zu ihm herüber. In schnörkeliger Schrift stand: Bis in alle Ewigkeit.
"Bis in alle Ewigkeit...wow..." hauchte ich.
Er griff nach meiner anderen Hand.
"Es passt. Denkst du nicht? Versteh mich nicht falsch. Irgendwann will ich dich bestimmt einmal heiraten, Deidra. Aber wir haben dafür eine Ewigkeit Zeit."
Ich lächelte leise. Der Gedanke war schön, auch wenn er mich etwas nervös machte. Doch die Geschichte, die er mir erzählt hatte, gefiel mir. Ich verstand, warum ihm die Ringe so viel bedeuteten.
Robins Blick wanderte wieder aus dem Fenster.
"Wow. Ich kann jeden einzelnen Tropfen erkennen, der in dieser Wolke hängt."
Ich beugte mich zu ihm herüber und sah ebenfalls hinaus. Robin legte mir einen Arm um die Schultern und küsste mein Haar.
'Was für ein niedliches Paar.'
Ich sah mich nicht um, wer diesen Gedanken hatte. Gerade genoss ich diese Zwischenzeit mit meinem Liebsten.
Irgendwann wollte er mich heiraten. Innerlich wärmte mich dieser Gedanke und machte mich glücklich.
Emmett und Rosalie hatten schon öfters geheiratet. Bei ihnen war es schon nichts außergewöhnliches mehr. Es war nur noch eine Show. Natürlich liebten sie sich sehr. Doch es war einfach nur noch für die Menschen.
Anders war es bei Alice und Jasper. Sie hatten nur ein einziges Mal geheiratet. Sehr intim. Und sie hatten aus dem einzigen Grund getan, um ihrer Beziehung eine tiefere Bedeutung zu geben. Es war wunderschön. Auch diese hatte Alice selbst geplant. Also war es garnicht verwunderlich, das diese Hochzeit einfach traumhaft gewesen war. Doch beide wollten nicht noch einmal heiraten.
Vielleicht war das der Grund, warum Alice jede Party so unglaublich gerne ausrichtete.
Wir beide saßen eng umschlungen auf unseren Plätzen und warteten auf das Ende der Flugreise. Nach mehreren Stunden ging das Flugzeug in den Sinkflug. Ich beugte mich noch weiter zu Robin hinüber und sah aus dem Fenster. Der Anblick überwältigte mich fast. Ich hatte beinah vergessen, wie grün meine alte Heimat wirklich war. Da waren die großen Felder auf denen Kühe und Schafe weideten. Vögel in den verschiedensten Größen flogen darüber hinweg.
Mit einem Mal fühlte ich einen Kloß in meinem Hals. Es war noch immer wunderschön. Als ich Irland verlassen hatte, war es teilweise vom ersten Weltkrieg zerstört gewesen.
"Du bist zu Hause." flüsterte Robin in mein Ohr.
Ich sagte darauf nichts. Die Maschine landete schließlich.
Langsam erhoben wir uns, als das Flugzeug zum Stillstand kam. Wir warteten bis die meisten Passagiere ausgestiegen waren. Ich nahm mein Handgepäck und schulterte es. Dabei fiel mein Blick auf meine linke Hand. Der Ring fühlte sich merkwürdig perfekt an. Er passte wie angegossen. Ein sanftes Lächeln glitt über meine Lippen.
Wir verließen das Flugzeug. Nachdem wir unser Gepäck geholt hatten, machten wir uns auf den Weg den Flughafen zu verlassen. Mit einem Mal war ich nervös. Ich fing an in meiner Tasche zu kramen.
"Was tust du da?" fragte Robin mich neugierig.
"Wir sollten daheim anrufen. Mutter macht sich sonst Sorgen." sagte ich zerstreut.
Robin nahm meine linke Hand in seine. Ich sah von meiner Tasche auf.
"Das können wir auch noch, wenn wir im Hotel sind. Sieh dich doch erst einmal um."
Er deutete aus den Glastüren hinaus.
Und nun sah ich zum ersten Mal mit voller Aufmerksamkeit durch die Scheiben. Eine Metropole tummelte sich dort draußen. Wie versteinert blieb ich stehen. Meine rechte Hand war noch in meiner Tasche. Ich schluckte kurz. Robin zog mich weiter mit sich.
"Komm, mein Herz. Irland erwartet uns."
Ich ließ mich von Robin durch die Glastüren ziehen.
Die Luft war frisch, wie nach einem Regenguss. Und trotz der Stadt, die nicht weit entfernt war, konnte man das Gras riechen. Die Sonne versteckte sich hinter einer Wolkendecke. Ein perfekter Tag also. Während meine Augen umher wanderten, besorgte Robin unseren Mietwagen. Es war ein kleiner Mini Cooper. Wir packten unsere Koffer in den Kofferraum.
Robin setzte sich hinter das Steuer und wir fuhren los. Völlig selbstsicher fand er den Weg zu unserem Hotel, während ich die Umgebung auf mich wirken ließ. Ich sah zu ihm herüber.
"Du weißt ja sehr genau, wo wir hin müssen, Robin."
Er lächelte schief.
"Nun ja, Alice hat mit mir schon besprochen gehabt, wo unsere Reise hin gehen wird. Du musstest nur noch überzeugt werden. Ich habe mir zu Hause schon eingeprägt, wie unser Weg zum Hotel aussieht."
"Ihr beide habt mich ausgetrickst!" stellte ich trocken fest.
"Nein. Wir haben nur die richtigen Argumente gehabt."
Wir fuhren weiter durch die Stadt. Nach einer Weile erreichten wir unser Hotel. Es war ein hübsches Gebäude. Direkt davor waren kleine Ziersträucher gepflanzt. Kaum kam unser Wagen zum stehen, kam ein Page um unser Gepäck aus dem Kofferraum zu holen. Robin kam auf meine Seite und hielt mir die Tür auf. Er reichte mir seine Hand und zog mich sanft aus meinem Sitz. Wir folgten dem Pagen, während unser Wagen geparkt wurde. Der Page lief vor uns her und führte uns in ein helles Foyer. Hohe Decken und ein bernsteinfarbener Anstrich vermittelten eine warme Atmosphäre. Einige Bilder hingen an den Wänden. Alles sah edel aus. Was anderes hatte ich von Alice auch nicht erwartet.
Eine Glocke ertönte und ein junger Mann trat hinter die Rezeption. Er lächelte freundlich, als er uns erblickte.
"Einen schönen Tag und willkommen in unserem Haus. Wie kann ich ihnen behilflich sein?"
"Guten Tag. Wir sind Robin Peters und Deidra Aideen Cullen. Alice Cullen hat für uns reserviert."
Der junge Mann tippte unsere Namen in seinen Computer. Dann wand er sich wieder an uns.
"Ah, Sie sind aus Amerika. Willkommen in Irland." Er sah noch einmal auf den Bildschirm. "Wenn ich es jedoch anmerken darf, Miss Cullen, sie haben doch einen leichten irischen Akzent. Und auch ihr Name lässt auf irische Wurzeln zurück führen. Stammen Sie von der grünen Insel oder haben Sie eine Weile bei uns gelebt?"
Ich strich mir das Haar zurück und blickte den Concierge direkt an. Trotz der ganzen Zeit, die ich schon in Amerika lebte, hatte ich den irischen Akzent nie ganz ablegen können. Wollte auch dieses Stück meines alten Lebens und meiner alten Heimat nicht weggeben. Auch wenn mein Haar und meine Haut dem typischen Klischees Irlands entsprachen.
Ich atmete kurz durch, bevor ich antwortete. Sofort schmeckte ich die Luft die aus der Lüftung kam in meinem Mund. Sie war leicht parfümiert und ich konnte das Aroma von Zitrone auf meiner Zunge schmecken.
"Ich... lebte eine Weile in Dublin. Aber das ist schon eine ganze Weile her. Die Stadt hat sich ganz schön verändert." antwortete ich.
Der Concierge nickte freundlich. Er drehte sich herum und holte eine Schlüsselkarte, die er anschließend an uns übergab.
"Dann wünsche ich ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserem Hause. Der Page wird sie und ihr Gepäck auf ihr Zimmer bringen."
Wir nickten ihm lächelnd zu. Er deutete auf den Pagen der uns führen würde. Dieser bestieg mit uns den Aufzug am Ende des Foyers und drückte auf den obersten Knopf. Die oberste Etage war leer. Es gab nur zwei Türen. Wir liefen auf die Tür an einem Ende des Ganges zu. Wir öffneten diese mit unserer Schlüsselkarte. Die Tür schwang auf. Vor uns erschien ein riesiges Entreè. Direkt dahinter lag ein riesengroßes Loft. Doch alles war offen. So wie in unserem Haus in Forks. Ich trat weiter ein. Mir direkt gegenüber waren große Fenster an denen ein Balkon anschloß. Wir waren weit über der Stadt.
Robin gab in der Zwischenzeit dem Pagen etwas Trinkgeld. Kurz darauf waren wir allein. Langsam streifte ich durch das Loft. Direkt hinter mir war Robin. Alles war stimmig eingerichtet und durch die großen Fenster war alles sehr hell und freundlich.
Vor mir stand ein King - Size Bett. Ich blieb stehen und streifte die Jacke ab. Robin trat hinter mich und legte seine Arme um mich. Er lehnte sein Kinn auf meine Schulter.
"Wie findest du es?" fragte er leise.
Ich lehnte mich näher an ihn und legte meine Hände auf seine.
"Es ist wunderschön hier. Aber von Alice habe ich auch nichts anderes erwartet."
Robin nickte. Er drehte den Kopf und küsste meine Schläfe.
"Wir...", ganz langsam drehte er mich zu sich herum. "sind das erste Mal... vollkommen alleine..."
Leicht beugte er sich zu mir hinunter. Sanft legten sich seine weichen Lippen auf meine. Wie immer wenn er mich küsste, verschwand die Realität um mich herum. Das hier war alles, was ich wollte. Alles was ich brauchte. Es war mehr wie ein Traum der wahr geworden war. Manchmal wollte ich nicht glauben, das mir dieses Glück gegönnt war, womit ich diese Perfektion verdient hatte.
Ein Klingeln unterbrach unseren Kuss. Blitzschnell hatte Robin sein Telefon am Ohr.
"Hey Alice." grinste Robin. "Du und stören?! Wie kommst du nur darauf?! Wir sind gerade angekommen. Das Hotel ist großartig. Aber wie sollte es bei dir auch anders sein?" Er verstummte und verdrehte kurz die Augen. Dann reichte er mir das Telefon. "Alice will mit dir sprechen."
Ich schob die Augenbrauen zusammen und nahm ihm das Handy ab.
"Alice?!"
"Du! Bist! Verlobt!" schallte ihre Sopranstimme direkt in meinen Ohren.
"Warte, warte, warte! Du hast da etwas übersehen, Alice! Oder eher gesagt, du hast da etwas falsch gedeutet. Ich bin nicht mit Robin verlobt." beruhigte ich meine Schwester, oder ich versuchte er zumindest.
"Dann hat er dir also keinen Ring an den Finger gesteckt? Er ist schmal, golden und ein Diamant ziert ihn!" sagte Alice spitz.
Meine Augen wanderten zu dem Ring an meiner Hand.
"Genau diesen hat er mir geschenkt, Alice. Da hast du Recht. Aber er ist nur ein Glücksbringer. Robin hat mich nicht gebeten, ihn zu heiraten. Also beruhige dich wieder, Alice. Niemals würden wir es wagen, solch einen Moment ohne deine Anwesenheit zu feiern. Schließlich würdest du so etwas niemals verzeihen."
Alice atmete etwas erleichtert am anderen Ende durch.
"Esme möchte gerne mit euch sprechen." trällerte sie daraufhin fröhlicher.
Ich hörte wie sie den Hörer weiter reichte.
"Liebling, wie geht es euch? Wie war euer Flug? Gefällt es euch in Irland?" löcherte meine Mutter mich gleich mit Fragen.
"Uns geht es gut, Mutter. Der Flug war angenehm und Irland hat sich doch verändert, seitdem ich das letzte Mal hier war. Aber ich denke es wird mir trotzdem gefallen." antwortete ich.
Deutlich konnte ich spüren, wie meine Mutter sich nun in Forks etwas entspannte. Sie hatte garantiert nur darauf gewartet, das wir uns meldeten. Sie hat Alice Vision bestimmt als Vorwand genommen, um uns anzurufen. Egal wie viel Vorbereitung noch zu erledigen war. Sie liebte uns alle zu sehr, als das sie sich keine Sorgen um uns machen würde. Es war ihr meist lieber, das wir alle in der Nähe waren.
"Das freut mich für euch. Wie geht es Robin?"
"Warte, ich gebe ihn dir. Dann kannst du ihn selbst fragen. Ich liebe dich."
Ich nahm den Hörer vom Ohr und reichte ihn an meinen Liebsten. Dieser nahm ihn entgegen.
"Es geht mir gut, Esme... Ich habe keinen Durst... Wahrscheinlich Morgen. Wir wollen ja den Schein wahren... ja, das werden wir tun. Grüße bitte alle anderen. Und sag Bella, das Seth mich anrufen soll, sobald es etwas neues von... wenn es etwas neues gibt." Er schluckte kurz. Beinahe wäre ihm der Name herausgerutscht. "Also, wir werden uns die nächsten Tage wieder melden... Ja, wir passen auf uns auf. Macht es gut."
Robin legte auf. Ich atmete tief durch und ging auf den großen Balkon zu. Ich öffnete die Glastüren und trat nach draußen. Es war mehr eine Terrasse, als was es sein Balkon war. Vor der Brüstung blieb ich stehen. Weit unter uns, schlängelten sie die blebten Straßen Dublins dahin. Mir war noch garnicht aufgefallen, das sich direkt auf der anderen Straßenseite ein großer Park befand. Ich erkannte diesen Park. Es gab ihn auch schon zu meiner Lebzeit. War der Zufluchtsort meiner Kindheit.
"Eine atemberaubende Aussicht." sagte Robin hinter mir.
"Ja... Oh, Edward." hauchte ich.
"Was hat er getan?" fragte Robin neugierig und griff nach meiner linken Hand.
Ich deutete auf den Park.
"Den muss Edward in meinen Gedanken gesehen haben. Es ist der Phoenix Park. Ich... ich habe früher sehr viel Zeit in diesem Park verbracht. Als ich aus dem Waisenhaus immer wieder davon gelaufen bin, habe ich mich dort versteckt. Es gab dort kaum eine Ecke, die ich nicht kannte. Ich liebte den Park. Dort waren alle meine Probleme weit weg. Dort träumte ich von einem besseren Leben. Der Park war mein Zufluchtsort.
Manchmal, als ich noch ein junger Vampir war, dachte ich an diesen Park zurück. Und als wir das erste Mal nach Forks kamen, erinnerte mich dort alles an den Phoenix Park. Wahrscheinlich fühlte ich mich deshalb dort immer besonders wohl. Edward muss Alice davon erzählt haben. Unglaublich, das er sich trotz allem noch darum bemüht hat."
Meine Augen wanderten über das satte grün der Bäume. Das diffuse Licht, das durch die Wolkendecke brach, glitzerte in der leicht feuchten Luft und tanzte auf dem Blätterdach.
Robin sah ebenfalls hinaus auf den Park. Dann senkte er kurz den Blick.
"Darf... darf ich dich was fragen?" sagte er leise.
Ich sah zu ihm herüber.
"Natürlich darfst du das, Robin."
Er leckte sich kurz über die Lippen.
"Du schienst erst etwas... schockiert zu sein, als ich dir den Ring zeigte. Wieso?"
Ich drehte mich komplett zu ihm und atmete hörbar aus.
"Ich war nicht... schockiert. Nur überrascht." Mein Blick wanderte zu dem Ring an meiner Hand. "Zu meiner Lebzeit, war es normal in meinem Alter schon verheiratet zu sein und eventuell soagr schon Kinder zu haben. Für mich hat das alles eine andere Bedeutung.
Was nicht heißen soll, das ich dich nicht heiraten wollen würde. Doch ich denke, das wir beide nicht unbedingt die Institution der Ehe brauchen. Das ist einfach ein Teil... meines alten Lebens. Ein Teil, der eigentlich mit mir zusammen gestorben ist. Es gab kaum Momente in meinem langen Leben, das ich darüber nachdachte, wie es wäre verheiratet zu sein.
Du und ich... das ist etwas ganz besonderes.
Und ich liebe dich auch so. Ohne Trauschein."
Ich küsste ihn auf das Kinn.
Robin atmete tief durch.
"Ich liebe dich auch. Und ich denke... ja genauso. Aber", er verschränkte seine Finger fester mit meinen und sah auf mich hinab. "ich kann einfach nichts... dagegen tun, das ich mir selbst ab und zu die Frage stelle... wenn... wenn Nicolas dich damals gefragt hätte..."
Sobald klar war, was für Gedanken er sich machte, stellte ich mich auf die Zehenspitzen und brachte ihn mit einem Kuss zum schweigen. Robin war davon so überrascht, das er kurz versteifte, dann jedoch die Augen schloß. Sanft löste ich mich wieder von seinen Lippen und rollte zurück auf meine Hacken.
"Nicolas Finnigan... war jemand ganz anderes als du, Robin. Zwischen euch beiden besteht ein großer Unterschied." sagte ich leise.
"Aber du sagtest, das ich genauso für dich rieche, wie er damals. Was besteht zwischen uns schon für ein Unterschied? Wir beide..."
"Nun, da wäre der offensichtlichste Grund." meine Augen suchten die seinen und fixierten ihn. "Ich habe Nicolas getötet!"
"Da besteht kein wirklicher Unterschied zwischen uns. Ich bin ebenfalls tot."
"Nein. Dich habe ich gebissen und du wurdest dadurch verwandelt. Nicolas habe ich getötet, weil ich durstig war. Für ihn gab es... keine Rettung mehr."
Robin strich mir eine Strähne aus den Augen.
"Aber sagen wir, diesen verhängnisvollen Unfall hätte es damals nicht gegeben..."
Ich hob eine Hand und legte ihm diese auf die Wange.
"Es wäre egal gewesen, denn sobald ich dich gesehen hätte, hätte ich ihn nicht mehr gewollt. Meine Liebe zu dir ist viel stärker, als es die zu ihm jemals war. Ich war mir zu Anfang nicht sicher, das gebe ich zu. Doch nun kann ich es aus der Tiefe meines Herzens sagen, das niemand ausser dir, dieses Herz füllen kann. Dich habe ich nicht getötet, sondern verwandelt. Welchen größeren Beweis meiner Liebe kann es also geben?! Ich habe den Durst bezwungen um dich bei mir zu behalten. Es war sehr egoistisch, aber es war die einzige Möglichkeit dich zu nicht zu verlieren.
Du musst verstehen, das es für mich nicht schöneres gibt, als einfach nur hier mit dir zusammen zu sein. Wie könnte es irgendwie besser gehen, als das hier?" Ich sah auf den Ring an meinem Finger. "Und ich will nur mit dir zusammen sein. Bis in alle Ewigkeit."
Robin legte seine Hand auf meine. Er drehte leicht den Kopf und küsste meine Handfläche.
"Und ich will es auch mit dir, Deidra. Aber nicht bis in alle Ewigkeit. Das ist mir zu wenig. Eher bis ans Ende der Zeit."
Er lächelte mich liebevoll an. Seine Augen strahlten vor Glück. Wie Rubine in der Sonne, da die Kontaktlinsen sich inzwischen wieder aufgelöst hatten. Wie immer wenn er mich so ansah, wurden meine Knie weich und in meinem Kopf war völlige Leere. Und beinah glaubte ich, das dieser Blick, mein stilles Herz hätte wieder zum schlagen bringen können.
"Ja. Bis ans Ende der Zeit klingt sehr verlockend." grinste ich. Dann wurde ich wieder ernst und legte meine Hand auf seine Brust. "Und hat Seth schon was von... ihm gehört?"
Robins Blick wurde augenblicklich trauriger und sein Körper versteifte sich. Er schüttelte den Kopf.
"Nein. Weder Seth noch Bella haben etwas gehört."
Er legte die Stirn in Falten.
"Robin..."
"Ähm, es wird ...ihm schon gut gehen. Er wird sich wieder einkriegen. Auch wenn er nicht mehr mit mir befreundet sein will, wird er Bella nicht so verletzen, indem er nie wieder auftaucht."
Ich wusste nicht, ob er das mehr zu sich selbst sagte. Er starrte dabei über die Brüstung. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, das er, auch wenn er seine Gedanken vor mir versteckte, in diesem Moment an seinen besten Freund dachte. Und wieder einmal fühlte ich mich schuldig. Es war meine Schuld, das Jacob nicht mehr mit sprach. Ich hatte ihn, ohne ihn zu fragen, dazu gezwungen nun mit den Wölfen verfeindet zu sein. Sie waren früher einmal ebenfalls seine Familie. Und er hatte keine Möglichkeit mehr, sich umzuentscheiden.
"Robin, er wird früher oder später wieder mit dir reden..."
Er schüttelte den Kopf.
"Deidra, es ist schon gut. Wir... sind nun wohl keine Freunde mehr. Er hat das entschieden, nicht ich. Ich will nur, das es ihm gut geht. Das ist alles. Schließlich hat er so viel für mich getan. Auch wenn er mich als Feind betrachtet, wünsche ich mir, das er endlich Frieden findet. Und damit das klar ist," er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. "ich habe mich für dich entschieden. Und ich würde es immer wieder tun."
Ich konnte nicht verhindern, das ein Lächeln auf meinem Gesicht erschien. Robin küsste meine Nasenspitze.
"Wann wollen wie den irischen Zirkel besuchen?"
Das fragte er eindeutig um abzulenken. Ich seufzte und ließ das Thema fallen.
"Ich dachte, das wir uns morgen auf den Weg zu ihnen machen. Vater sagte, das sie etwas ausserhalb von Dublin leben. Sie sind zivilisierter, als die meisten Nomaden, da sie ein festes Quartier haben. Und erschrecke dich nicht, diese Vampire leben anders als wir. Sie bevorzugen die natürliche Nahrungsbeschaffung. Doch sie machten meinem Vater nie einen Vorwurf daraus, das er anders lebt."
Robin nickte mir zu.
"Wenn wir das erledigt haben, können wir uns dann anderen Dingen zuwenden, nicht wahr?!" wieder grinste er schief. "Ich habe da noch etwas, was ich dir sehr gerne zeigen würde. Aber dafür brauchen wir etwas Zeit und Ruhe. Deswegen warten wir damit, bis nach unserem Besuch bei dem Zirkel."
Fragend sah ich zu ihm auf. Doch er verschleierte seine Gedanken und lächelte weiter. Manchmal könnte ich Edward dafür erwürgen, das er Robin diesen Trick gezeigt hatte.
Ohne weiter darauf einzugehen, schlossen seine Arme sich fester um mich und seine weichen süßen Lippen legten sich auf meine.
Wie von selbst legten sich meine Arme um seinen Nacken. Gemeinsam versanken wir in diesen wundervollen leidenschaftlichen Kuss, während die Sonne, verdeckt von der einer dünnen Wolkendecke, langsam hinter dem Park meiner Kindheit unterging und uns beide ganz sanft glitzern ließ.
Oh, und schau mal, was er in die beiden Ringe hat eingravieren lassen."
Er hob den Ring seines Vaters gegen das Licht, so das man eine Gravur erkennen konnte. Ich beugte mich etwas weiter zu ihm herüber. In schnörkeliger Schrift stand: Bis in alle Ewigkeit.
"Bis in alle Ewigkeit...wow..." hauchte ich.
Er griff nach meiner anderen Hand.
"Es passt. Denkst du nicht? Versteh mich nicht falsch. Irgendwann will ich dich bestimmt einmal heiraten, Deidra. Aber wir haben dafür eine Ewigkeit Zeit."
Ich lächelte leise. Der Gedanke war schön, auch wenn er mich etwas nervös machte. Doch die Geschichte, die er mir erzählt hatte, gefiel mir. Ich verstand, warum ihm die Ringe so viel bedeuteten.
Robins Blick wanderte wieder aus dem Fenster.
"Wow. Ich kann jeden einzelnen Tropfen erkennen, der in dieser Wolke hängt."
Ich beugte mich zu ihm herüber und sah ebenfalls hinaus. Robin legte mir einen Arm um die Schultern und küsste mein Haar.
'Was für ein niedliches Paar.'
Ich sah mich nicht um, wer diesen Gedanken hatte. Gerade genoss ich diese Zwischenzeit mit meinem Liebsten.
Irgendwann wollte er mich heiraten. Innerlich wärmte mich dieser Gedanke und machte mich glücklich.
Emmett und Rosalie hatten schon öfters geheiratet. Bei ihnen war es schon nichts außergewöhnliches mehr. Es war nur noch eine Show. Natürlich liebten sie sich sehr. Doch es war einfach nur noch für die Menschen.
Anders war es bei Alice und Jasper. Sie hatten nur ein einziges Mal geheiratet. Sehr intim. Und sie hatten aus dem einzigen Grund getan, um ihrer Beziehung eine tiefere Bedeutung zu geben. Es war wunderschön. Auch diese hatte Alice selbst geplant. Also war es garnicht verwunderlich, das diese Hochzeit einfach traumhaft gewesen war. Doch beide wollten nicht noch einmal heiraten.
Vielleicht war das der Grund, warum Alice jede Party so unglaublich gerne ausrichtete.
Wir beide saßen eng umschlungen auf unseren Plätzen und warteten auf das Ende der Flugreise. Nach mehreren Stunden ging das Flugzeug in den Sinkflug. Ich beugte mich noch weiter zu Robin hinüber und sah aus dem Fenster. Der Anblick überwältigte mich fast. Ich hatte beinah vergessen, wie grün meine alte Heimat wirklich war. Da waren die großen Felder auf denen Kühe und Schafe weideten. Vögel in den verschiedensten Größen flogen darüber hinweg.
Mit einem Mal fühlte ich einen Kloß in meinem Hals. Es war noch immer wunderschön. Als ich Irland verlassen hatte, war es teilweise vom ersten Weltkrieg zerstört gewesen.
"Du bist zu Hause." flüsterte Robin in mein Ohr.
Ich sagte darauf nichts. Die Maschine landete schließlich.
Langsam erhoben wir uns, als das Flugzeug zum Stillstand kam. Wir warteten bis die meisten Passagiere ausgestiegen waren. Ich nahm mein Handgepäck und schulterte es. Dabei fiel mein Blick auf meine linke Hand. Der Ring fühlte sich merkwürdig perfekt an. Er passte wie angegossen. Ein sanftes Lächeln glitt über meine Lippen.
Wir verließen das Flugzeug. Nachdem wir unser Gepäck geholt hatten, machten wir uns auf den Weg den Flughafen zu verlassen. Mit einem Mal war ich nervös. Ich fing an in meiner Tasche zu kramen.
"Was tust du da?" fragte Robin mich neugierig.
"Wir sollten daheim anrufen. Mutter macht sich sonst Sorgen." sagte ich zerstreut.
Robin nahm meine linke Hand in seine. Ich sah von meiner Tasche auf.
"Das können wir auch noch, wenn wir im Hotel sind. Sieh dich doch erst einmal um."
Er deutete aus den Glastüren hinaus.
Und nun sah ich zum ersten Mal mit voller Aufmerksamkeit durch die Scheiben. Eine Metropole tummelte sich dort draußen. Wie versteinert blieb ich stehen. Meine rechte Hand war noch in meiner Tasche. Ich schluckte kurz. Robin zog mich weiter mit sich.
"Komm, mein Herz. Irland erwartet uns."
Ich ließ mich von Robin durch die Glastüren ziehen.
Die Luft war frisch, wie nach einem Regenguss. Und trotz der Stadt, die nicht weit entfernt war, konnte man das Gras riechen. Die Sonne versteckte sich hinter einer Wolkendecke. Ein perfekter Tag also. Während meine Augen umher wanderten, besorgte Robin unseren Mietwagen. Es war ein kleiner Mini Cooper. Wir packten unsere Koffer in den Kofferraum.
Robin setzte sich hinter das Steuer und wir fuhren los. Völlig selbstsicher fand er den Weg zu unserem Hotel, während ich die Umgebung auf mich wirken ließ. Ich sah zu ihm herüber.
"Du weißt ja sehr genau, wo wir hin müssen, Robin."
Er lächelte schief.
"Nun ja, Alice hat mit mir schon besprochen gehabt, wo unsere Reise hin gehen wird. Du musstest nur noch überzeugt werden. Ich habe mir zu Hause schon eingeprägt, wie unser Weg zum Hotel aussieht."
"Ihr beide habt mich ausgetrickst!" stellte ich trocken fest.
"Nein. Wir haben nur die richtigen Argumente gehabt."
Wir fuhren weiter durch die Stadt. Nach einer Weile erreichten wir unser Hotel. Es war ein hübsches Gebäude. Direkt davor waren kleine Ziersträucher gepflanzt. Kaum kam unser Wagen zum stehen, kam ein Page um unser Gepäck aus dem Kofferraum zu holen. Robin kam auf meine Seite und hielt mir die Tür auf. Er reichte mir seine Hand und zog mich sanft aus meinem Sitz. Wir folgten dem Pagen, während unser Wagen geparkt wurde. Der Page lief vor uns her und führte uns in ein helles Foyer. Hohe Decken und ein bernsteinfarbener Anstrich vermittelten eine warme Atmosphäre. Einige Bilder hingen an den Wänden. Alles sah edel aus. Was anderes hatte ich von Alice auch nicht erwartet.
Eine Glocke ertönte und ein junger Mann trat hinter die Rezeption. Er lächelte freundlich, als er uns erblickte.
"Einen schönen Tag und willkommen in unserem Haus. Wie kann ich ihnen behilflich sein?"
"Guten Tag. Wir sind Robin Peters und Deidra Aideen Cullen. Alice Cullen hat für uns reserviert."
Der junge Mann tippte unsere Namen in seinen Computer. Dann wand er sich wieder an uns.
"Ah, Sie sind aus Amerika. Willkommen in Irland." Er sah noch einmal auf den Bildschirm. "Wenn ich es jedoch anmerken darf, Miss Cullen, sie haben doch einen leichten irischen Akzent. Und auch ihr Name lässt auf irische Wurzeln zurück führen. Stammen Sie von der grünen Insel oder haben Sie eine Weile bei uns gelebt?"
Ich strich mir das Haar zurück und blickte den Concierge direkt an. Trotz der ganzen Zeit, die ich schon in Amerika lebte, hatte ich den irischen Akzent nie ganz ablegen können. Wollte auch dieses Stück meines alten Lebens und meiner alten Heimat nicht weggeben. Auch wenn mein Haar und meine Haut dem typischen Klischees Irlands entsprachen.
Ich atmete kurz durch, bevor ich antwortete. Sofort schmeckte ich die Luft die aus der Lüftung kam in meinem Mund. Sie war leicht parfümiert und ich konnte das Aroma von Zitrone auf meiner Zunge schmecken.
"Ich... lebte eine Weile in Dublin. Aber das ist schon eine ganze Weile her. Die Stadt hat sich ganz schön verändert." antwortete ich.
Der Concierge nickte freundlich. Er drehte sich herum und holte eine Schlüsselkarte, die er anschließend an uns übergab.
"Dann wünsche ich ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserem Hause. Der Page wird sie und ihr Gepäck auf ihr Zimmer bringen."
Wir nickten ihm lächelnd zu. Er deutete auf den Pagen der uns führen würde. Dieser bestieg mit uns den Aufzug am Ende des Foyers und drückte auf den obersten Knopf. Die oberste Etage war leer. Es gab nur zwei Türen. Wir liefen auf die Tür an einem Ende des Ganges zu. Wir öffneten diese mit unserer Schlüsselkarte. Die Tür schwang auf. Vor uns erschien ein riesiges Entreè. Direkt dahinter lag ein riesengroßes Loft. Doch alles war offen. So wie in unserem Haus in Forks. Ich trat weiter ein. Mir direkt gegenüber waren große Fenster an denen ein Balkon anschloß. Wir waren weit über der Stadt.
Robin gab in der Zwischenzeit dem Pagen etwas Trinkgeld. Kurz darauf waren wir allein. Langsam streifte ich durch das Loft. Direkt hinter mir war Robin. Alles war stimmig eingerichtet und durch die großen Fenster war alles sehr hell und freundlich.
Vor mir stand ein King - Size Bett. Ich blieb stehen und streifte die Jacke ab. Robin trat hinter mich und legte seine Arme um mich. Er lehnte sein Kinn auf meine Schulter.
"Wie findest du es?" fragte er leise.
Ich lehnte mich näher an ihn und legte meine Hände auf seine.
"Es ist wunderschön hier. Aber von Alice habe ich auch nichts anderes erwartet."
Robin nickte. Er drehte den Kopf und küsste meine Schläfe.
"Wir...", ganz langsam drehte er mich zu sich herum. "sind das erste Mal... vollkommen alleine..."
Leicht beugte er sich zu mir hinunter. Sanft legten sich seine weichen Lippen auf meine. Wie immer wenn er mich küsste, verschwand die Realität um mich herum. Das hier war alles, was ich wollte. Alles was ich brauchte. Es war mehr wie ein Traum der wahr geworden war. Manchmal wollte ich nicht glauben, das mir dieses Glück gegönnt war, womit ich diese Perfektion verdient hatte.
Ein Klingeln unterbrach unseren Kuss. Blitzschnell hatte Robin sein Telefon am Ohr.
"Hey Alice." grinste Robin. "Du und stören?! Wie kommst du nur darauf?! Wir sind gerade angekommen. Das Hotel ist großartig. Aber wie sollte es bei dir auch anders sein?" Er verstummte und verdrehte kurz die Augen. Dann reichte er mir das Telefon. "Alice will mit dir sprechen."
Ich schob die Augenbrauen zusammen und nahm ihm das Handy ab.
"Alice?!"
"Du! Bist! Verlobt!" schallte ihre Sopranstimme direkt in meinen Ohren.
"Warte, warte, warte! Du hast da etwas übersehen, Alice! Oder eher gesagt, du hast da etwas falsch gedeutet. Ich bin nicht mit Robin verlobt." beruhigte ich meine Schwester, oder ich versuchte er zumindest.
"Dann hat er dir also keinen Ring an den Finger gesteckt? Er ist schmal, golden und ein Diamant ziert ihn!" sagte Alice spitz.
Meine Augen wanderten zu dem Ring an meiner Hand.
"Genau diesen hat er mir geschenkt, Alice. Da hast du Recht. Aber er ist nur ein Glücksbringer. Robin hat mich nicht gebeten, ihn zu heiraten. Also beruhige dich wieder, Alice. Niemals würden wir es wagen, solch einen Moment ohne deine Anwesenheit zu feiern. Schließlich würdest du so etwas niemals verzeihen."
Alice atmete etwas erleichtert am anderen Ende durch.
"Esme möchte gerne mit euch sprechen." trällerte sie daraufhin fröhlicher.
Ich hörte wie sie den Hörer weiter reichte.
"Liebling, wie geht es euch? Wie war euer Flug? Gefällt es euch in Irland?" löcherte meine Mutter mich gleich mit Fragen.
"Uns geht es gut, Mutter. Der Flug war angenehm und Irland hat sich doch verändert, seitdem ich das letzte Mal hier war. Aber ich denke es wird mir trotzdem gefallen." antwortete ich.
Deutlich konnte ich spüren, wie meine Mutter sich nun in Forks etwas entspannte. Sie hatte garantiert nur darauf gewartet, das wir uns meldeten. Sie hat Alice Vision bestimmt als Vorwand genommen, um uns anzurufen. Egal wie viel Vorbereitung noch zu erledigen war. Sie liebte uns alle zu sehr, als das sie sich keine Sorgen um uns machen würde. Es war ihr meist lieber, das wir alle in der Nähe waren.
"Das freut mich für euch. Wie geht es Robin?"
"Warte, ich gebe ihn dir. Dann kannst du ihn selbst fragen. Ich liebe dich."
Ich nahm den Hörer vom Ohr und reichte ihn an meinen Liebsten. Dieser nahm ihn entgegen.
"Es geht mir gut, Esme... Ich habe keinen Durst... Wahrscheinlich Morgen. Wir wollen ja den Schein wahren... ja, das werden wir tun. Grüße bitte alle anderen. Und sag Bella, das Seth mich anrufen soll, sobald es etwas neues von... wenn es etwas neues gibt." Er schluckte kurz. Beinahe wäre ihm der Name herausgerutscht. "Also, wir werden uns die nächsten Tage wieder melden... Ja, wir passen auf uns auf. Macht es gut."
Robin legte auf. Ich atmete tief durch und ging auf den großen Balkon zu. Ich öffnete die Glastüren und trat nach draußen. Es war mehr eine Terrasse, als was es sein Balkon war. Vor der Brüstung blieb ich stehen. Weit unter uns, schlängelten sie die blebten Straßen Dublins dahin. Mir war noch garnicht aufgefallen, das sich direkt auf der anderen Straßenseite ein großer Park befand. Ich erkannte diesen Park. Es gab ihn auch schon zu meiner Lebzeit. War der Zufluchtsort meiner Kindheit.
"Eine atemberaubende Aussicht." sagte Robin hinter mir.
"Ja... Oh, Edward." hauchte ich.
"Was hat er getan?" fragte Robin neugierig und griff nach meiner linken Hand.
Ich deutete auf den Park.
"Den muss Edward in meinen Gedanken gesehen haben. Es ist der Phoenix Park. Ich... ich habe früher sehr viel Zeit in diesem Park verbracht. Als ich aus dem Waisenhaus immer wieder davon gelaufen bin, habe ich mich dort versteckt. Es gab dort kaum eine Ecke, die ich nicht kannte. Ich liebte den Park. Dort waren alle meine Probleme weit weg. Dort träumte ich von einem besseren Leben. Der Park war mein Zufluchtsort.
Manchmal, als ich noch ein junger Vampir war, dachte ich an diesen Park zurück. Und als wir das erste Mal nach Forks kamen, erinnerte mich dort alles an den Phoenix Park. Wahrscheinlich fühlte ich mich deshalb dort immer besonders wohl. Edward muss Alice davon erzählt haben. Unglaublich, das er sich trotz allem noch darum bemüht hat."
Meine Augen wanderten über das satte grün der Bäume. Das diffuse Licht, das durch die Wolkendecke brach, glitzerte in der leicht feuchten Luft und tanzte auf dem Blätterdach.
Robin sah ebenfalls hinaus auf den Park. Dann senkte er kurz den Blick.
"Darf... darf ich dich was fragen?" sagte er leise.
Ich sah zu ihm herüber.
"Natürlich darfst du das, Robin."
Er leckte sich kurz über die Lippen.
"Du schienst erst etwas... schockiert zu sein, als ich dir den Ring zeigte. Wieso?"
Ich drehte mich komplett zu ihm und atmete hörbar aus.
"Ich war nicht... schockiert. Nur überrascht." Mein Blick wanderte zu dem Ring an meiner Hand. "Zu meiner Lebzeit, war es normal in meinem Alter schon verheiratet zu sein und eventuell soagr schon Kinder zu haben. Für mich hat das alles eine andere Bedeutung.
Was nicht heißen soll, das ich dich nicht heiraten wollen würde. Doch ich denke, das wir beide nicht unbedingt die Institution der Ehe brauchen. Das ist einfach ein Teil... meines alten Lebens. Ein Teil, der eigentlich mit mir zusammen gestorben ist. Es gab kaum Momente in meinem langen Leben, das ich darüber nachdachte, wie es wäre verheiratet zu sein.
Du und ich... das ist etwas ganz besonderes.
Und ich liebe dich auch so. Ohne Trauschein."
Ich küsste ihn auf das Kinn.
Robin atmete tief durch.
"Ich liebe dich auch. Und ich denke... ja genauso. Aber", er verschränkte seine Finger fester mit meinen und sah auf mich hinab. "ich kann einfach nichts... dagegen tun, das ich mir selbst ab und zu die Frage stelle... wenn... wenn Nicolas dich damals gefragt hätte..."
Sobald klar war, was für Gedanken er sich machte, stellte ich mich auf die Zehenspitzen und brachte ihn mit einem Kuss zum schweigen. Robin war davon so überrascht, das er kurz versteifte, dann jedoch die Augen schloß. Sanft löste ich mich wieder von seinen Lippen und rollte zurück auf meine Hacken.
"Nicolas Finnigan... war jemand ganz anderes als du, Robin. Zwischen euch beiden besteht ein großer Unterschied." sagte ich leise.
"Aber du sagtest, das ich genauso für dich rieche, wie er damals. Was besteht zwischen uns schon für ein Unterschied? Wir beide..."
"Nun, da wäre der offensichtlichste Grund." meine Augen suchten die seinen und fixierten ihn. "Ich habe Nicolas getötet!"
"Da besteht kein wirklicher Unterschied zwischen uns. Ich bin ebenfalls tot."
"Nein. Dich habe ich gebissen und du wurdest dadurch verwandelt. Nicolas habe ich getötet, weil ich durstig war. Für ihn gab es... keine Rettung mehr."
Robin strich mir eine Strähne aus den Augen.
"Aber sagen wir, diesen verhängnisvollen Unfall hätte es damals nicht gegeben..."
Ich hob eine Hand und legte ihm diese auf die Wange.
"Es wäre egal gewesen, denn sobald ich dich gesehen hätte, hätte ich ihn nicht mehr gewollt. Meine Liebe zu dir ist viel stärker, als es die zu ihm jemals war. Ich war mir zu Anfang nicht sicher, das gebe ich zu. Doch nun kann ich es aus der Tiefe meines Herzens sagen, das niemand ausser dir, dieses Herz füllen kann. Dich habe ich nicht getötet, sondern verwandelt. Welchen größeren Beweis meiner Liebe kann es also geben?! Ich habe den Durst bezwungen um dich bei mir zu behalten. Es war sehr egoistisch, aber es war die einzige Möglichkeit dich zu nicht zu verlieren.
Du musst verstehen, das es für mich nicht schöneres gibt, als einfach nur hier mit dir zusammen zu sein. Wie könnte es irgendwie besser gehen, als das hier?" Ich sah auf den Ring an meinem Finger. "Und ich will nur mit dir zusammen sein. Bis in alle Ewigkeit."
Robin legte seine Hand auf meine. Er drehte leicht den Kopf und küsste meine Handfläche.
"Und ich will es auch mit dir, Deidra. Aber nicht bis in alle Ewigkeit. Das ist mir zu wenig. Eher bis ans Ende der Zeit."
Er lächelte mich liebevoll an. Seine Augen strahlten vor Glück. Wie Rubine in der Sonne, da die Kontaktlinsen sich inzwischen wieder aufgelöst hatten. Wie immer wenn er mich so ansah, wurden meine Knie weich und in meinem Kopf war völlige Leere. Und beinah glaubte ich, das dieser Blick, mein stilles Herz hätte wieder zum schlagen bringen können.
"Ja. Bis ans Ende der Zeit klingt sehr verlockend." grinste ich. Dann wurde ich wieder ernst und legte meine Hand auf seine Brust. "Und hat Seth schon was von... ihm gehört?"
Robins Blick wurde augenblicklich trauriger und sein Körper versteifte sich. Er schüttelte den Kopf.
"Nein. Weder Seth noch Bella haben etwas gehört."
Er legte die Stirn in Falten.
"Robin..."
"Ähm, es wird ...ihm schon gut gehen. Er wird sich wieder einkriegen. Auch wenn er nicht mehr mit mir befreundet sein will, wird er Bella nicht so verletzen, indem er nie wieder auftaucht."
Ich wusste nicht, ob er das mehr zu sich selbst sagte. Er starrte dabei über die Brüstung. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, das er, auch wenn er seine Gedanken vor mir versteckte, in diesem Moment an seinen besten Freund dachte. Und wieder einmal fühlte ich mich schuldig. Es war meine Schuld, das Jacob nicht mehr mit sprach. Ich hatte ihn, ohne ihn zu fragen, dazu gezwungen nun mit den Wölfen verfeindet zu sein. Sie waren früher einmal ebenfalls seine Familie. Und er hatte keine Möglichkeit mehr, sich umzuentscheiden.
"Robin, er wird früher oder später wieder mit dir reden..."
Er schüttelte den Kopf.
"Deidra, es ist schon gut. Wir... sind nun wohl keine Freunde mehr. Er hat das entschieden, nicht ich. Ich will nur, das es ihm gut geht. Das ist alles. Schließlich hat er so viel für mich getan. Auch wenn er mich als Feind betrachtet, wünsche ich mir, das er endlich Frieden findet. Und damit das klar ist," er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. "ich habe mich für dich entschieden. Und ich würde es immer wieder tun."
Ich konnte nicht verhindern, das ein Lächeln auf meinem Gesicht erschien. Robin küsste meine Nasenspitze.
"Wann wollen wie den irischen Zirkel besuchen?"
Das fragte er eindeutig um abzulenken. Ich seufzte und ließ das Thema fallen.
"Ich dachte, das wir uns morgen auf den Weg zu ihnen machen. Vater sagte, das sie etwas ausserhalb von Dublin leben. Sie sind zivilisierter, als die meisten Nomaden, da sie ein festes Quartier haben. Und erschrecke dich nicht, diese Vampire leben anders als wir. Sie bevorzugen die natürliche Nahrungsbeschaffung. Doch sie machten meinem Vater nie einen Vorwurf daraus, das er anders lebt."
Robin nickte mir zu.
"Wenn wir das erledigt haben, können wir uns dann anderen Dingen zuwenden, nicht wahr?!" wieder grinste er schief. "Ich habe da noch etwas, was ich dir sehr gerne zeigen würde. Aber dafür brauchen wir etwas Zeit und Ruhe. Deswegen warten wir damit, bis nach unserem Besuch bei dem Zirkel."
Fragend sah ich zu ihm auf. Doch er verschleierte seine Gedanken und lächelte weiter. Manchmal könnte ich Edward dafür erwürgen, das er Robin diesen Trick gezeigt hatte.
Ohne weiter darauf einzugehen, schlossen seine Arme sich fester um mich und seine weichen süßen Lippen legten sich auf meine.
Wie von selbst legten sich meine Arme um seinen Nacken. Gemeinsam versanken wir in diesen wundervollen leidenschaftlichen Kuss, während die Sonne, verdeckt von der einer dünnen Wolkendecke, langsam hinter dem Park meiner Kindheit unterging und uns beide ganz sanft glitzern ließ.
Kapitel 4 Überraschung (Teil1)
Ich trat vor den Spiegel. Er war noch leicht beschlagen, von der heißen Dusche unter der ich noch vor wenigen Minuten gestanden hatte. Ich fuhr mit der Hand darüber um mich in ihm sehen zu können. Meine Haut war nun leicht rosig. Dadurch hatte es den Anschein, ich wäre lebendiger. Ich lächelte bei diesem Vergleich. Meine Augen stachen deutlicher hervor. Sie hatten noch immer einen satten goldenen Farbton. Ich schlüpfte in meine blaue Jeans und zog mir ein rotes Top über den Kopf.
Schnell föhnte ich mir meine Haare und legte leichtes Make - up auf. Ich warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel. Es war natürlich nicht sehr einfach, nicht aufzufallen, doch ich tat mein bestes um als gewöhnlicher Teenager durchzugehen.
Dann straffte ich meine Schultern und verließ das Badezimmer.
Robin saß im Schneidersitz auf dem großen Bett. Und wieder glaubte ich, das durch seine bloße Anwesenheit, mein stummes Herz wieder anfangen müsste zu schlagen.
Heute trug er eine dunkle Jeans und ein enganliegendes schwarzes Shirt, das seine neue Statur deutlich hervor hob und sie betonte. Sein Haar hing ihm wieder fransig ins Gesicht. Seine perfekten und anbetungswürdigen Lippen zierte ein breites Lächeln.
Das Bett war völlig verwühlt. Fragend sah ich ihn an.
"Ich dachte mir, das es zumindest so aussehen sollte, als hätten wir darin geschlafen." sagte er grinsend und breitete die Arme bedeutend aus.
Ich lächelte ebenfalls.
Dann betrachtete er mich von oben bis unten.
"Du siehst wieder einmal umwerfend aus."
Nun wurde ich etwas verlegen.
"Wir wollen doch auch einen guten Eindruck machen. Schließlich soll später nichts auf meine Eltern zurück fallen." sagte ich, während ich mein Top zurecht zupfte.
Robin sprang elegant vom Bett und landete neben mir. Er unterbrach meine nervösen Hände.
"Sie werden von dir begeistert sein." hauchte er in mein Ohr und küsste sanft mein Ohrläppchen.
Seine Hand glitt in meine und gemeinsam verließen wir das Hotelzimmer. Die Lobby des Hotels war heute gut besucht. Anscheinend war eine größere Reisgruppe eingetroffen. Ich verstand allerdings kein Wort von dem, was sie dachten.
Der Portier lächelte uns freundlich an, als wir Richtung Ausgang liefen. Viele Augen folgten uns. Robins Finger schlossen sich fester um meine. Vor der Tür atmete er tief durch. Es machte ihn noch immer etwas nervös, sich unter Menschen zu bewegen. Aber nicht, weil er Angst hatte ihnen etwas an zu tun. Es war doch eher so, das ihm die neue Aufmerksamkeit wegen seiner Person unangenehm war.
Ein Page sah uns und lief los um unseren Wagen zu holen. Kurz darauf fuhr unser Wagen vor. Robin hielt mir die Tür auf, bevor er selbst auf der Fahrerseite einstieg.
"Wo genau fahren wir nun hin?" fragte er mich, sobald wir auf der Straße waren.
Ich sah ihn an. Seitdem er verwandelt worden war, war er irgendwie selbstbewusster gewesen. Wahrscheinlich lag es nun daran, das er jetzt das Gefühl hatte, das wir tatsächlich auf einer Augenhöhe waren. Doch an seinem Fahrstil hatte sich dafür rein garnichts verändert. Er fuhr noch immer vorsichtig und achtete genaustens auf die vor ihm liegende Straße, obwohl er nun die schnellsten Reflexe hatte.
Ich musste dabei lächeln und legte meine Hand auf sein Knie.
"Fahr erst einmal Dublin heraus. Wir müssen nach Hollystown. Das ist ein kleines Dorf nicht weit von hier. Von dort aus werden wir noch ein Stück laufen müssen. Der irische Zirkel lebt zurück gezogen. Sie kommen selten in die Stadt." antwortete ich.
Robin nickte und lenkte den Wagen aus der Stadt hinaus. Sofort sah man weite grüne Flächen. Alles wurde ländlicher. Die Fahrt dauerte gute zwanzig Minuten, bis wir Hollystown erreichten. Robin parkte unseren Wagen am Straßenrand.
Blitzschnell kam er um das Auto herum und öffnete mir die Tür. Er reichte mir seine Hand und half mir aus dem Wagen. Es war immer wieder beeindruckend, das man nicht allzu weit aus Dublin herausfahren musste um etwas ländliches zu sehen.
Genauso wie Dublin selbst, hatte jedes Dorf seinen eigenen Charme. Keines der Gebäude sah genau gleich aus. Manchmal waren sie schon fast windschief. Und sie waren in den verschiedensten Farben gestrichen.
Robin neben mir inhalierte tief die Luft um uns herum. Er sah mich an.
"Wohin müssen wir nun?" fragte er.
Ich schloss kurz die Augen und konzentrierte mich. Da ich den irischen Zirkel noch nie persönlich getroffen hatte, war es schwerer sie zu orten. Auch ihr Geruch war mir noch nicht vertraut. Ich atmete weiterhin tief ein. Dann nahm ich eine Fährte auf. Sie zog sich von Osten nach Süden. Ich öffnete die Augen.
"Dort entlang." sagte ich und deutete quer über ein Feld.
Die Straße auf der wir standen, war wenig besucht. Die Luft war feucht und leicht nebelig. Einige Passanten musterten uns neugierig. Obwohl ich noch immer aussah wie eine Landsmännin, bemerkten die Iren trotzdem einen Unterschied an mir.
Erneut atmete ich tief durch und schloss meine Hand fester um die meines Liebsten. Wir schlenderten über die Straße und liefen über einen kleinen Feldweg. Der kleine Feldweg schlängelte sich durch das Feld und ging um kleine Hügel herum. Als wir außer Sichtweite der Menschen waren, liefen wir schneller.
Nach einer Weile stoppte ich. Robin neben mir genauso. Er sah mich an.
"Sind wir da?"
"Fast."
Robin reckte die Nase leicht in die Luft. Nun bemerkte auch er, den Geruch des anderen Zirkels. Ich stellte mich direkt vor ihn und sah zu ihm auf.
"Hör zu, Robin. Was ich dir jetzt sage, ist sehr wichtig. Du wirst das erste Mal auf andere unserer Art treffen. Sie werden anders riechen und sich anders verhalten, als unsere Familie. Es sind Nomaden.
Daher bitte ich dich um folgendes, Robin: Verhalte dich ruhig, gib ihnen keine schnippischen Antworten, denn sie könnten es für eine Kampfauforderung halten.
Wie gesagt, sie sind anders als wir.
Ich hoffe, das wir zuerst auf Maggie treffen." erklärte ich ihm.
Robin zog eine Augenbraue in die Höhe.
"Wieso? Sind die anderen denn gefährlich?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Sie sind nicht direkt gefährlich. Aber... der irische Zirkel ist mir persönlich noch nie begegnet. Sie wissen nicht, wie wir aussehen, Robin. Maggie hat eine besondere Fähigkeit. Sie kann erkennen, ob jemand lügt.
Nomaden verteidigen ihre Gebiete. Demnach könnten wir als Bedrohung gelten.
Also versuche dich unter Kontrolle zu halten."
Er nickte verständnisvoll. Robin wusste genug über unsere Welt, doch ich wollte, das ihm klar war, wie wichtig es war, das er sich an diese Regeln hielt.
Wir beide wussten nicht, wie Robin reagieren würde, wenn er fremde Vampire treffen wird.
Ich stellte mich kurz auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Dann wand ich mich mit ihm um und rannte weiter über das Feld.
In einiger Entfernung konnte ich eine Erhebung erkennen. Wir verlangsamten unsere Schritte und liefen schließlich in menschlicher Geschwindigkeit weiter.
Plötzlich blieb Robin wie angewurzelt stehen.
'Fremde!' schallte es in meinem Kopf in mehreren Stimmfarben.
Etwa zwanzig Meter vor uns, stand ein männlicher Vampir, direkt dahinter zwei weibliche. Die eine groß gewachsen und imposant, die andere etwas kleiner mit wilden roten Locken. Jeder einzelne hatte rubinrote Augen. Der Mann musste Liam sein. Er hatte sich niedergekauert und belagerte uns. Bereit seinen Zirkel zu verteidigen. Die dunkelhaarige große Frau war demnach wahrscheinlich Siobhan. Sie wirkte majestätisch. Auch sie war leicht vorgebeugt uns beobachtete uns. Der rotgelockte Vampir konnte dann nur noch Maggie sein. Alle drei starrten uns durchdringend an, bewegten sich jedoch keinen Zentimeter. Es war, als würden sie auf unseren nächsten Schritt warten.
Ich hatte die drei so sehr angestarrt, das ich kaum mitbekam, wie Robin sich vor mich schob und in Kauerstellung ging. Aus seiner Brust drang ein tiefes Grollen. Es war das erste Mal, das ich dies an ihm hörte. Noch nie hatte Robin gefährlicher gewirkt. Er schien bereit, den Zirkel vor uns anzugreifen, sollten sie sich rühren.
'Ich kann mich nicht bewegen! Aber ich werde nicht kampflos aufgeben. Niemand wird Siobhan oder Maggie etwas tun!'
'Keiner bedroht Deidra! Dieses Mal kann ich sie beschützen!'
Ich sah von dem irischen Zirkel vor uns, zu Robin der noch immer in Angriffshaltung vor mir stand und Liam und seine Gefährtinnen mit seinem Blick fixierte.
Dann wurde es mir klar. Robin paralysierte den irischen Zirkel, damit sie sich nicht bewegen konnten. Er tat dies um mich zu schützen. Langsam trat ich einen Schritt vor. Liams rote Augen hefteten sich auf mich.
"Wer seid ihr? Und was tut ihr in unserem Gebiet?"
"Ich bin Deidra Aideen Cullen. Das hier ist mein Gefährte Robin Peters. Mein Vater Carlisle Cullen hat euch über unseren Besuch informiert." sagte ich ruhig.
Die junge Frau mit den wilden roten Locken richtete sich etwas auf. Anscheinend hatte Robin seine Kraft auf Liam konzentriert. Er war die größte Gefahr.
"Sie sagt die Wahrheit, Liam. Sie gehören zu Carlisle."
Das war nun also tatsächlich Maggie. Sie wirkte körperlich jünger als Liam und Siobhan, doch auch älter als ich. Meine Vermutung war, das sie als junge Erwachsene verwandelt worden war. Vielleicht war sie Anfang zwanzig.
Siobhan sah zu Liam und stand nun ebenfalls wieder aufrecht.
"Richte dich wieder auf. Sie sind keine Bedrohung." sagte nun Siobhan.
Liam drehte den Kopf in ihre Richtung.
"Das würde ich ja gerne. Aber ich kann mich nicht von der Stelle rühren. Sagt, könnt ihr das etwa?! Es ist als würde mich etwas mit aller Kraft nieder drücken."
"Ähm," meldete ich mich leicht zögerlich zu Wort. "das wird wohl an Robin liegen. Er hat die Fähigkeit, Personen zu paralysieren und zu verwirren. Diese Gabe hat er noch nicht richtig unter Kontrolle. Seine Gefühle leiten ihn darin noch zu sehr."
Ich legte Robin nun eine Hand beruhigend auf den Arm. Dieser sah aus den Augenwinkeln zu mir herüber.
"Robin, lass sie gehen. Du brauchst mich nicht zu beschützen. Alles ist in Ordnung."
"Niemand darf dir etwas antun!" knurrte er.
Sanft fasste ich sein Kinn und zwang ihn mich anzusehen. Seine Augen verrieten, das er Angst um meine Sicherheit hatte. Diesen Ausdruck hatte ich bereits einmal an ihm gesehen. Doch damals war er noch nicht in der Lage gewesen, mich zu beschützen.
Ich konnte nicht anders, als mich gerade etwas geschmeichelt zu fühlen.
Besser konnte er seine Liebe für mich kaum beweisen.
"Es ist schon in Ordnung, mein Liebster. Sie werden mir nichts tun. Und dir auch nicht. Ich kann es in ihren Gedanken sehen. Lass sie also bitte gehen."
Robin blickte mich einige Augenblicke lang an. Dann spürte ich, wie die Anspannung von ihm ab fiel. Er richtete sich komplett auf und fuhr sich kurz durch das dunkelblonde Haar.
Liam, Siobhan und Maggie bewegten sich wieder aufrechter und sahen uns an.
Ich beugte mich zu Robins Ohr heran.
"Danke." flüsterte ich liebevoll und küsste sein Ohrläppchen.
Er schloss die Augen und atmete kurz durch. Robin drehte sich zu Liam um.
"Entschuldigt bitte. Aber wenn es um Deidras Sicherheit geht, übernehmen wohl oder übel meine Instinkte das Kommando über mein Handeln. Es ist noch ziemlich neu für mich, das ich nun stark genug bin um sie auch wirklich beschützen zu können. Und ihr seid die ersten fremden Vampire die ich nun treffe." sagte Robin entschuldigend.
Liam grunzte nur kurz und stellte sich nun direkt neben Siobhan. Maggie straffte ihre Schultern und kam auf uns zu. Ihre roten Locken hüpften bei jedem ihrer federnden Schritte. Sie trug ein grünes Baumwollkleid und einen braunen Poncho. Die Kleidung sah bereits abgetragen aus. Was wahrscheinlich daran lag, das sie diese Kleidung auch bei der Jagd trug. Ihre Augen suchten meine. Direkt vor uns blieb sie stehen und lächelte.
"Du bist also die junge Deidra. Ich habe von dir und deinen Fähigkeiten bereits gehört. Carlisle hat uns regelmäßig geschrieben, seit wir ihn damals getroffen haben.
Eine Gedankenlesende Trackerin. Was für ein ungemeiner Vorteil. Kein Wunder, das du uns so einfach finden konntest."
Ich senkte etwas verlegen den Blick. Es war mir immer etwas unangenehm, das ich für meine Gabe bewundert wurde. Maggie löste den Blick von mir und wand sich an Robin.
"Und du bist wirklich bemerkenswert, Robin. Du bist noch recht jung. Wie alt bist du, wenn ich dich das fragen darf?"
"Ich hatte erst vor kurzem Geburtstag. Diese Reise war ein Geschenk zu meinem achtzehnten." antwortete er ruhig.
Maggie lächelte weiter.
"Ich meinte eigentlich, wie lange du einer von uns bist."
Siobhan und Liam lauschten aufmerksam unserer Unterhaltung. Sie sagten nichts. Doch Liam beobachtete Robin aufmerksam, wartete ab ob er doch noch angreifen musste.
Robin strich sich erneut durch das Haar.
"Ich bin erst seit wenigen Wochen ein Vampir." sagte er schließlich gerade heraus.
Der irische Zirkel machte große Augen. Siobhan trat einen Schritt vor.
"Du bist er seit wenigen Wochen einer von uns und bist schon so beherrscht?! Das klingt fast unglaublich. Carlisle hat darüber nichts verlauten lassen. Er muss ein großes Vertrauen in dich haben. Und wie mutig von euch, eine solche Reise zu unternehmen." erklang ihre melodische Stimme.
"Wir erlauben dir allerdings nicht in unserem Gebiet zu jagen! Für uns drei ist schon kaum genug vorhanden, ohne das zu viele Fragen gestellt werden." brummte Liam.
Robin straffte seine Haltung und sah entschlossen zu ihm herüber.
"Ich habe nicht vor, eure Beute zu jagen! Ich ernähre mich nicht von Menschenblut. Seit meiner Verwandlung trinke ich nur Tierblut." sagte Robin völlig selbstsicher.
Wieder starrten alle außer mir Robin fassungslos an. Für jeden unserer Art war es erstaunlich, einen jungen Vampir zu treffen, der nicht der Versuchung des Menschblutes erlegen war. Es gab kaum einen Untoten, der nicht mindestens einmal davon probiert hatte. Die meisten tranken menschliches Blut, nachdem sie frisch verwandelt worden waren.
Doch Robin hatte nicht einmal das gewollt.
Ich kam nicht umhin, wieder ein bisschen Stolz auf ihn zu sein. Das war nur ein weiterer Beweis dafür, wie besonders Robin doch war.
"Du bist erst wenige Wochen alt und ernährst dich bereits jetzt nur von Tierblut?! Das ist unfassbar!" murmelte Liam leicht beeindruckt.
"Aber er sagt die Wahrheit. Wirklich unglaublich. Und wiederum auch sehr beeindruckend. Wie deine ganze Person, Robin. Deine Fähigkeit... sehr praktisch, wenn ich das so sagen darf." lächelte Maggie.
Ich konnte auch mir ein Lächeln nicht verkneifen. Robin passte in der Tat gut in unsere Welt. Und perfekt in unsere Familie. Ich liebte es, ihn an meiner Seite zu wissen. Dort würde er für immer bleiben.
"Wie wäre es, wenn wir euch unser Quartier zeigen. Schließlich muss es dich doch interessieren, Robin, wie andere Vampire leben." sagte Siobhan freundlich.
Robin nahm meine Hand in seine und nickte Siobhan zu. Sie erreichte Liam der ebenfalls ihre Hand ergriff und gemeinsam liefen sie vorraus.
Maggie kam neben mich und harkte sich bei mir unter. Ihr Haar war etwas heller als meines und einige Strähnen leuchteten wie gesponnenes Gold. Trotz der blutroten Augen, hatte Maggie etwas sehr liebreizendes an sich.
"Ihr müsste Liam entschuldigen. Er ist überaus vorsichtig, wenn es um unsere Sicherheit geht. Ähnlich wie bei dir, Robin, nehmen dann seine Instinkte Überhand.
Ich dagegen freue mich wirklich euch kenne zu lernen. Es kommt nicht oft vor das wir Besuch bekommen." Sie seufzte. "Wenn du eine Ewigkeit mit Liam verbracht hast, bist du über jede Abwechslung mehr als froh."
Ich sah zu ihr herüber.
"Ich weiß ganz genau, was du meinst, Maggie. Rosalie ist auch kein leichter Umgang." grinste ich.
Maggie lachte Glockenhell auf. Irgendwie schienen wir auf einer Wellenlänge zu liegen. Es gab jemanden mit dem ich mich auf Anhieb so gut verstand.
Sie lief weiter neben uns her. Die Erhebung, die ich eben schon gesehen hatte, wurde größer. Nun erkannte ich, das es ein Haus war, das über und über mit Efeu und Moos bewachsen war. Es hatte sich der natürlichen Umgebung angepasst und war für ein menschliches Auge kaum zu erkennen.
Kapitel 4 Überraschung (Teil2)
Durch die Wildheit, hatte es seinen eigenen Charme.
"Ein hübsches kleines Haus." sagte Robin.
"Danke. Wir fanden es vor einigen Jahrzehnten. Es schützt uns vor den Elementen und ebenso vor neugierigen Augen." antwortete Siobhan.
Wir betraten das kleine Steinhaus. Anders als bei uns, stand hier kein überflüssiges Möbelstück und es war nicht lichtdurchflutet. Alles war rein pragmatisch eingerichtet. Stühle und Tische standen in der Mitte des Raumes, was wohl früher einmal der Wohnraum gewesen war. In einer Ecke stand ein kaputter Herd, der wohl früher einmal mit Gas betrieben worden war. Weiter hinten waren zwei weitere Zimmer. Daraus schloss ich, das eines Liam und Siobhan und das andere Maggie gehörte.
"Dann erzählt doch einmal, wie ihr euch gefunden habt." sagte Siobhan und stützte ihren Kopf auf ihre Hand.
Robin legte einen Arm um mich und sah mich kurz an. Dann begann er zu erzählen. Ab und an ergänzte ich seine Geschichte. Er erzählte, wie wir uns das erste Mal gesehen hatten und wie unsere erste Unterhaltung abgelaufen war, bis hin zu dem Punkt, an dem ich ihn verwandelt hatte.
Die drei hörten aufmerksam zu. Besonders beeindruckt waren sie davon, das Robin bereits als Mensch sehr gut über unsere Welt informiert gewesen war. Was wir allerdings ausließen, waren die Wölfe aus La Push.
Es gab viele Vampire, die die Wölfe sofort töten würden. Keiner verstand, warum wir einen Vertrag mit ihnen schließen sollten. Und keiner wusste, das einige von ihnen in Forks lebten.
Auch wenn ich sehr gut ohne diese Zeckenteppiche leben konnte, so wusste ich jedoch, das es ihnen gegenüber nicht fair wäre, sie für das zu verurteilen, was sie nun einmal waren. Sie beschützten Forks und deren Bewohner vor Vampiren. Das war ihre Aufgabe. Und das konnte ich ihnen nicht vorwerfen.
So verbrachten wir einige Stunden bei den irischen Vampiren. Es war merkwürdig und doch vertraut. So als wäre man bei sehr entfernten Verwandten zu Besuch. Siobhan, Liam und Maggie waren wirklich nett zu uns. Besonders Maggie schien besonders interessiert an unseren Geschichten.
Ich wusste, wie es sich an fühlte, wenn man mit Paaren zusammen lebte.
Nach einer Weile erhob sich Siobhan. Sie lächelte uns freundlich an.
"Das war eine äußerst interessante Geschichte, die ihr uns berichtet habt. Ihr wart äußerst erfrischend. Ihr dürft uns gerne jederzeit wieder besuchen. Die nächsten Tage werden wir jedoch auf der Jagd sein. Deswegen müssen wir euch nun auch bitten uns zu verlassen."
Robin und ich nickten ihr zu. Wir verabschiedeten uns von den dreien. Gemeinsam verließen wir das kleine Haus. Während wir uns auf den Rückweg zu dem kleinen Dorf machten, verschwanden Siobhan, Liam und Maggie in die andere Richtung. Dieses Mal liefen wir schneller.
Wir erreichten unseren Wagen. Robin hielt mir die Beifahrertür auf. Wiederwillig stieg ich ein. Ich hasste es, nicht selbst fahren zu können. In Europa durfte man erst mit achtzehn ein Auto fahren. Robin war es offiziell. Ich war laut Pass noch sechzehn und mein "Geburtstag" lag noch etwas entfernt. Daher ließ ich mich missmutig in den Sitz fallen. Robin stieg ebenfalls ein.
"Es stört dich ungemein, das du nicht selbst fahren darfst, nicht wahr?!" grinste er mich flachsig an.
Ich seufzte, als er den wagen anließ und losfuhr.
"Nein." sagte ich nicht besonders glaubwürdig.
Robin lachte laut auf und griff nach meiner Hand. Ich sah aus dem Fenster und ließ die Landschaft an mir vorüber ziehen.
"Nund da wir die drei besucht haben, kann ich dir meine Überraschung zeigen."
Ich drehte mich im Sitz zu ihm herum.
"Was ist das denn für eine Überraschung?" fragte ich neugierig.
Noch immer lächelte Robin überlegen. Doch er sagte kein einziges Wort. Er fuhr den Wagen wieder zurück nach Dublin. Allerdings fuhr er nicht zurück zum Hotel. Er lenkte den Wagen zielsicher durch die Stadt und parkte in einer Seitenstraße. Blitzschnell kam er um das Auto herum und zog mich erneut heraus. Noch immer lächelte er verschlagen.
"Machst du bitte die Augen zu?!" sagte er liebevoll.
Fragend zog ich eine Augenbraue in die Höhe.
"Bitte." flehte er.
Ich seufzte und folgte seiner Bitte schließlich. Er nahm meine Hände in seine und führte mich vorsichtig vorwärts. Es machte mich nervös, den Weg nicht zu sehen. Robin ließ mich nicht in seinen Kopf. Wieder einmal verfluchte ich Edward dafür. Ich hörte den Verkehr um mich herum und nahm den Geruch um mich herum ebenfalls wahr. In meinem Mund konnte ich Flusswasser schmecken.
Nach wenigen Minuten blieben wir stehen.
"Darf ich die Augen jetzt wieder aufmachen?" fragte ich.
"Ja."
Ich öffnete meine Augen. Einige Male musste ich blinzeln. Wir standen neben der Straße auf einem kleinen Platz. Ich sah mich weiter um. Hinter mir führte ein Fluss an der Straße entlang. Etwas weiter entfernt konnte ich ein Straßenschild erkennen: Marlborough Street.
Noch einmal sah ich zu dem Fluß und setzte die Puzzleteile in meinem Kopf langsam zusammen. Das war der Fluß Liffey. Dieses Gewässer hatte früher den armen Norden von dem reichen Süden der Stadt getrennt. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, auf welcher Seite ich gelebt hatte.
"Das... das ist doch... die St. Mary 's Pro Cathedrale, oder nicht?!" fragte Robin nun skeptisch, da ich nichts sagte.
Er deutete auf die große alte Kathedrale vor uns. Sprachlos nickte ich.
Das war eindeutig die St. Mary 's Pro Cathedrale. Es war die Kirche, zu der früher unser Waisenhaus gehört hatte. Doch es hatte sich etwas verändert.
"Wie... wie hast du... woher hast du gewusst, das ich... hier gelebt habe?"
Ich war noch immer fassungslos. Robin kratzte sich an der Schläfe.
"Na ja. Edward hat nach langem betteln meinerseits nachgegeben. Er wusste erst nicht, ob das hier so eine gute Idee sein würde. Den rest habe ich über das Internet herausgefunden. Ich wollte so gerne sehen, wo du früher gelebt hast. Habe... habe ich etwas falsch gemacht?"
Ich sah nun das erste mal wieder zu Robin. Er blickte mich traurig an. Für einen Moment schloss ich kurz die Augen. Dann atmete ich tief durch.
"Nein, du hast nichts falsch gemacht, Robin. Du hast mich nur wirklich... überrascht." Ich wand mich wieder der Kirche zu. "Ich hätte nie erwartet, wieder an diesen Ort zurück zu kehren. Auch, wenn wir einmal darüber gesprochen hatten. Es hat sich etwas verändert."
Robin atmete erleichtert aus und folgte meinem Blick.
"Was hat sich denn verändert? Wo hast du gewohnt?" fragte Robin nun neugierig.
Nun sah ich mir alles genauer an. Es dauerte nicht lange um meine Erinnerungen hervor zu holen um sie mit dem heutigen Bild zu vergleichen.
"Dort drüben," ich deutete rechts auf ein Wohnhaus."stand früher das Waisenhaus. Es gab einen Zugang der direkt zur Kirche geführt hat. Die Schwestern benutzten ihn um direkt zu uns zu gelangen, oder wenn wir... bestraft werden sollten. Er war aus Holz gewesen... nein, warte, er von innnen mit Holz verkleidet gewesen. Es war tiefschwarz und es gab genau drei große Fenster. Aber es fiel nur wenig Sonnenlicht hindurch, weil es Michglasscheiben waren.
Das Waisenhaus war zwei Stockwerke hoch und das Zimmer in dem ich geschlafen habe, lag zur Flußseite. Ich konnte... zur reichen Seite von Dublin herüber sehen. Und konnte mir wünschen ein reiches Kind zu sein."
Robin nahm mein Gesicht in seine Hände.
"Ich wollte nicht, das du..."
Ich schüttelte den Kopf und nahm seine Hand in meine.
"Komm mit. Ich zeige dir, wie ich früher davon gelaufen bin." sagte ich lächelnd und zog ihn zu dem Wohnhaus.
Direkt davor blieben wir stehen. Ich sah am Haus hinauf.
"Hier stand früher ein Baum. Der längste Ast reichte bis ans Fenster. Die Schwestern haben irgendwann diesen gekürzt, als sie mitbekommen haben, das wir damals daran herunter geklettert waren um zu fliehen." Ich grinste bei der Erinnerung daran. "Aber ich habe mich auf das Fenstersims gestellt, bin hoch gesprungen um mich an der alten Regenrinne fest zu halten und habe dann Schwung geholt. Dann habe ich los gelassen."
"Du hättest dir den Hals brechen können!" warf Robin dazwischen.
Wieder lachte ich.
"Ja, das hätte passieren können. Doch es war mir egal. Wenn ich gefallen wäre, wäre ich gefallen. Was, ausser meinem Leben, hatte ich denn schon zu verlieren?! Diese paar Sekunden freien Fall, haben sich so gut angefühlt. In den paar Sekunden war ich wirklich frei.
Anschließend bin ich den Baum weiter hinab geklettert und im Schutz der Dunkelheit bin ich an dem Ufer des Liffey entlang gelaufen."
Ich zog ihn wieder mit mir über die Straße. Mit einem Mal, war ich wieder der Mensch Deidra Aideen Maclachlan, die sich heimlich davon stahl. Ich erinnerte mich daran, wie dunkel es gewesen war. Damals hatte ich mich von dem Geräusch des Wassers leiten lassen. Die Promenade war nachts kaum belebt und ein Kind, das allein durch die Dunkelheit gewandert war, fiel kaum auf.
Robin sah sich interessiert um.
"Hier bist du allein lang gelaufen?"
Ich nickte und zog ihn weiter die Straße entlang. Neben uns plätscherte der Fluß friedlich dahin. Inzwischen war ich euphorisiert. Alles in mir kribbelte. ich schlug mich durch die Straßen und ignorierte die Augen die uns neugierig folgten. Nach einer Weile erreichte ich mein Ziel, welches ich angestrebt hatte.
Vor uns erschien der große Phoenix Park.
Das erste Mal, seit einer Ewigkeit, betrat ich dieses Stück meines alten Lebens. Kurz hinter dem Eingang, blieb ich noch einmal mit Robin stehen.
"Ich bin immer bis hierher gelaufen und habe mich versteckt. Sieh dich um," sagte ich und deutete um mich herum. "findest du nicht, das es fast so aussieht wie in Forks?! Komm, ich zeig dir meinen Lieblingsplatz."
Robin folgte mir durch den Park. Einige Personen spazierten an uns vorbei. Der Park war riesig. Ich ließ die Bäume um mich herum an mir vorbei ziehen. Es dauerte nicht lange und ich erreichte die Stelle, an der ich mich früher versteckt hatte. Die Bäume standen hier etwas enger zusammen. Dadurch war es leichter gewesen, von einem Baum zum anderen zu klettern, ohne das man von unten gesehen werden konnte.
Robin sah sich um.
"Wow, es ist... ziemlich grün hier." grinste er.
Ich lachte und drehte mich tänzelnd auf der Stelle. Immer noch lachend fing Robin mich auf, bevor ich schwindelig vor lauter drehen umzukippen drohte. Alles in mir war auf einmal so leicht. Ich legte meine Arme um Robins Nacken und er sah auf mich hinab.
"Du scheinst glücklich." sagte er leise.
Liebevolle drückte ich ihn fester an mich. In der Zwischenzeit hatte es angefangen zu regnen. Die Tropfen perlten an uns herab und druchnässten unsere Kleidung.
"Ich bin glücklich." hauchte ich. "Wer hätte gedacht, das es mich doch so zufrieden stimmen würde, hierher zurück zu kehren. Wenn wir wieder in Amerika sind, werden wir einmal Hartford besuchen, damit du siehst, wie ich mich in diesem Augenblick fühle. Es ist unglaublich befreiend."
Ich blickte in seine Augen. Er strich mir zärtlich durch das inzwischen nasse Haar. Ein Lächeln huschte über sein Engelsgleiche Gesicht.
"Was ist?" fragte ich.
Seine Finger fuhren weiter durch mein blutrotes Haar.
"Als wir... damals auf dem Schulhof waren, hatte es auch geregnet. Du warst bis auf die Knochen durchnässt, aber du hast wundervolle gerochen. Erinnerst du dich noch?"
"Natürlich erinnere ich mich daran. Wie könnte ich das je vergessen. Im Prinzip hat es dort mit uns begonnen." sagte ich.
Robin nickte.
"Da habe ich angefangen, mich in dich zu verlieben. Du warst an dem Tag so verletzlich, so anders. Nachdem du davor mit mir gesprochen hattest, habe ich kaum geglaubt, das du so... weich sein kannst." Er küsste meine Nasenspitze. "Ich liebe dich, Deidra Aideen Cullen. Und ich bin froh, das du diese Reise doch noch mitgemacht hast."
"Und ich liebe dich, Robin Peters. Für dich würde ich alles tun, das weißt du."
Wir sahen uns tief in die Augen. Es war fast unglaublich, wenn man überlegte, wie es mit uns angefangen und wo es uns hingeführt hatte. Auch wenn ich damals gesagt hatte, ich würde gerne mit ihm verreisen, hatte ich doch nie für möglich gehalten, das wir tatsächlich so etwas unternehmen würden. Damals war er noch ein Mensch gewesen. Und heute war er wie ich.
Er küsste mich zärtlich auf den Mund.
"Das war also deine Überraschung für mich?" fragte ich neugierig.
Wieder erschien auf Robins Gesicht ein schiefes Grinsen.
"Nicht so ganz. Da gibt es noch mehr."
Skeptisch sah ich ihn an. Genauso wie Alice, konnte Robin extrem kryptisch sein. Und ich hasste es. Doch wieder sagte Robin kein Wort. Dieses Mal griff Robin nach meiner Hand und zog mich zurück aus dem Park. Ich beobachtete das smaragdgrün der Blätter um mich herum. Dieses ganze grün war wunderschön und rührte mich. Auch wenn es viele unschöne Erinnerungen aus meinem alten Leben gab, umso mehr liebte ich diesen Park. Es war eine gute Idee gewesen, hierher zu reisen.
Robin führte mich wieder zum Auto.
Ohne weitere Worte lenkte er den Wagen wieder aus Dublin heraus.
"Wo fahren wir nun hin?"
"Nach Ashbourne."
Fragend zog ich die Augebrauen zusammen.
"Was wollen wir in Ashbourne?"
"Verrate ich noch nicht." sagte er gehimnisvoll.
Wir fuhren immer weiter. Irgendwann kam eine Stadt in Sichtweite. Robin fuhr weiter durch die Straßen. Die bunten Häuser zogen an uns vorbei und der Regen trommelte auf das Wagendach.
Die Häuser wurden größer und imposanter. Die Grundstücke wurden breiter und dadurch lag zwischen jedem Haus ein größerer Abstand als zuvor. Robin drosselte die Geschwindigkeit und hielt schließlich am Ende der Straße vor dem größten Haus auf dem Hügel. Mit zusammen geschobenen Augenbrauen blickte ich zu ihm herüber.
"Wenn du jetzt sagst, das Alice dir anstatt des Jaguars nun ein Haus gekauft hat, werde ich sie augenblicklich in eine Zwangsjacke stecken sobald wir wieder in Forks sind."
Robin lachhte leise.
"Nein, hiermit hat Alice rein garnichts zu tun. Aber in gewisser Weise... liegst du garnicht so verkehrt mit deiner Vermutung."
Ich sah wieder aus dem Fenster zum Haus hinauf. Es war aus massivem Stein und sah schon fast wie ein kleines Schloss aus. Die große schwere Holztür stand offen. Einige Touristen betraten das Haus und andere verließen es wieder. Das Gebäude schien Führungen an zu bieten. Ebenso wirkte es bereits historisch. Eine Reisegruppe zog an unserem Auto vorbei.
Ich erkannte einen kleinen Schaukasten im Vorgarten.
Dieser verriet mir, das dieses Haus einer Familie O'Reily gehörte. Eine Familie, die wohl einiges für das kleine Städtchen Ashbourne während des Krieges sowie davor und hinterher getan hatte. Daneben stand das der Sohn O'Reilys mit seiner Mutter und seiner Frau in diesem Haus gelebt hatte. Einige Namen waren aufgelistet.
Ich wand mich an Robin.
"Wie meinst du das, das ich nicht sehr verkehrt liege mit meiner Vermutung?"
"Nun... es müsste eigentlich dir gehören."
"Aber mein Name ist nicht O'Reily, Robin."
Robin deutete auf das Haus.
"Aber deine Mutter hieß O'Reily."
"Meine Mutter?!" sagte ich skeptisch.
Er nickte.
"Hier lebte Aideen O'Reily mit ihrer Familie."
Ich schüttelte den Kopf.
"Oh, Robin. Der Name Aideen ist in Irland nicht gerade selten. Dieser Name hat halt mit einer alten Legende zu tun. Außerdem," ich sah noch einmal zu dem Schaukasten und überflog die Namen. "ist es Tradition die erste Tochter nach der eigenen Mutter zu bennen. Und die Mutter von Aideen O'Reily hieß Brianna O'Shannon. Und falls sie es unkonventioneller wollten, die Mutter von Tomas O'Reily war Neala O'Reily. Das ist also unmöglich. Zu meiner Zeit brach man nicht so einfach mit der Tradition, Robin."
Mein Liebster beugte sich weiter zu mir herüber.
"Das mag alles sein, Deidra. Aber sagtest du nicht selbst, das du wohl ein uneheliches Kind warst?"
Ich nickte mit zusammengepressten Lippen. Er atmete tief durch.
"Deidra, du hast den Namen deiner Großmutter väterlicherseits. Die Tardition war hier nicht einsetzbar."
"Aber..."
"Aideen ging gerne auf die Jagd." unterbrach er mich. "Der Jäger, der auf dem Grundstück lebte und Aideen auf der Jagd ständig begleitete, hieß Patrick Maclachlan, Deidra. Er ist dein Vater."
Mir klappte der Mund auf. Mein Kopf war wie leergefegt. Und dieses Mal hatte es rein garnichts mit Robins Fähigkeit zu tun.
"Ein hübsches kleines Haus." sagte Robin.
"Danke. Wir fanden es vor einigen Jahrzehnten. Es schützt uns vor den Elementen und ebenso vor neugierigen Augen." antwortete Siobhan.
Wir betraten das kleine Steinhaus. Anders als bei uns, stand hier kein überflüssiges Möbelstück und es war nicht lichtdurchflutet. Alles war rein pragmatisch eingerichtet. Stühle und Tische standen in der Mitte des Raumes, was wohl früher einmal der Wohnraum gewesen war. In einer Ecke stand ein kaputter Herd, der wohl früher einmal mit Gas betrieben worden war. Weiter hinten waren zwei weitere Zimmer. Daraus schloss ich, das eines Liam und Siobhan und das andere Maggie gehörte.
"Dann erzählt doch einmal, wie ihr euch gefunden habt." sagte Siobhan und stützte ihren Kopf auf ihre Hand.
Robin legte einen Arm um mich und sah mich kurz an. Dann begann er zu erzählen. Ab und an ergänzte ich seine Geschichte. Er erzählte, wie wir uns das erste Mal gesehen hatten und wie unsere erste Unterhaltung abgelaufen war, bis hin zu dem Punkt, an dem ich ihn verwandelt hatte.
Die drei hörten aufmerksam zu. Besonders beeindruckt waren sie davon, das Robin bereits als Mensch sehr gut über unsere Welt informiert gewesen war. Was wir allerdings ausließen, waren die Wölfe aus La Push.
Es gab viele Vampire, die die Wölfe sofort töten würden. Keiner verstand, warum wir einen Vertrag mit ihnen schließen sollten. Und keiner wusste, das einige von ihnen in Forks lebten.
Auch wenn ich sehr gut ohne diese Zeckenteppiche leben konnte, so wusste ich jedoch, das es ihnen gegenüber nicht fair wäre, sie für das zu verurteilen, was sie nun einmal waren. Sie beschützten Forks und deren Bewohner vor Vampiren. Das war ihre Aufgabe. Und das konnte ich ihnen nicht vorwerfen.
So verbrachten wir einige Stunden bei den irischen Vampiren. Es war merkwürdig und doch vertraut. So als wäre man bei sehr entfernten Verwandten zu Besuch. Siobhan, Liam und Maggie waren wirklich nett zu uns. Besonders Maggie schien besonders interessiert an unseren Geschichten.
Ich wusste, wie es sich an fühlte, wenn man mit Paaren zusammen lebte.
Nach einer Weile erhob sich Siobhan. Sie lächelte uns freundlich an.
"Das war eine äußerst interessante Geschichte, die ihr uns berichtet habt. Ihr wart äußerst erfrischend. Ihr dürft uns gerne jederzeit wieder besuchen. Die nächsten Tage werden wir jedoch auf der Jagd sein. Deswegen müssen wir euch nun auch bitten uns zu verlassen."
Robin und ich nickten ihr zu. Wir verabschiedeten uns von den dreien. Gemeinsam verließen wir das kleine Haus. Während wir uns auf den Rückweg zu dem kleinen Dorf machten, verschwanden Siobhan, Liam und Maggie in die andere Richtung. Dieses Mal liefen wir schneller.
Wir erreichten unseren Wagen. Robin hielt mir die Beifahrertür auf. Wiederwillig stieg ich ein. Ich hasste es, nicht selbst fahren zu können. In Europa durfte man erst mit achtzehn ein Auto fahren. Robin war es offiziell. Ich war laut Pass noch sechzehn und mein "Geburtstag" lag noch etwas entfernt. Daher ließ ich mich missmutig in den Sitz fallen. Robin stieg ebenfalls ein.
"Es stört dich ungemein, das du nicht selbst fahren darfst, nicht wahr?!" grinste er mich flachsig an.
Ich seufzte, als er den wagen anließ und losfuhr.
"Nein." sagte ich nicht besonders glaubwürdig.
Robin lachte laut auf und griff nach meiner Hand. Ich sah aus dem Fenster und ließ die Landschaft an mir vorüber ziehen.
"Nund da wir die drei besucht haben, kann ich dir meine Überraschung zeigen."
Ich drehte mich im Sitz zu ihm herum.
"Was ist das denn für eine Überraschung?" fragte ich neugierig.
Noch immer lächelte Robin überlegen. Doch er sagte kein einziges Wort. Er fuhr den Wagen wieder zurück nach Dublin. Allerdings fuhr er nicht zurück zum Hotel. Er lenkte den Wagen zielsicher durch die Stadt und parkte in einer Seitenstraße. Blitzschnell kam er um das Auto herum und zog mich erneut heraus. Noch immer lächelte er verschlagen.
"Machst du bitte die Augen zu?!" sagte er liebevoll.
Fragend zog ich eine Augenbraue in die Höhe.
"Bitte." flehte er.
Ich seufzte und folgte seiner Bitte schließlich. Er nahm meine Hände in seine und führte mich vorsichtig vorwärts. Es machte mich nervös, den Weg nicht zu sehen. Robin ließ mich nicht in seinen Kopf. Wieder einmal verfluchte ich Edward dafür. Ich hörte den Verkehr um mich herum und nahm den Geruch um mich herum ebenfalls wahr. In meinem Mund konnte ich Flusswasser schmecken.
Nach wenigen Minuten blieben wir stehen.
"Darf ich die Augen jetzt wieder aufmachen?" fragte ich.
"Ja."
Ich öffnete meine Augen. Einige Male musste ich blinzeln. Wir standen neben der Straße auf einem kleinen Platz. Ich sah mich weiter um. Hinter mir führte ein Fluss an der Straße entlang. Etwas weiter entfernt konnte ich ein Straßenschild erkennen: Marlborough Street.
Noch einmal sah ich zu dem Fluß und setzte die Puzzleteile in meinem Kopf langsam zusammen. Das war der Fluß Liffey. Dieses Gewässer hatte früher den armen Norden von dem reichen Süden der Stadt getrennt. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, auf welcher Seite ich gelebt hatte.
"Das... das ist doch... die St. Mary 's Pro Cathedrale, oder nicht?!" fragte Robin nun skeptisch, da ich nichts sagte.
Er deutete auf die große alte Kathedrale vor uns. Sprachlos nickte ich.
Das war eindeutig die St. Mary 's Pro Cathedrale. Es war die Kirche, zu der früher unser Waisenhaus gehört hatte. Doch es hatte sich etwas verändert.
"Wie... wie hast du... woher hast du gewusst, das ich... hier gelebt habe?"
Ich war noch immer fassungslos. Robin kratzte sich an der Schläfe.
"Na ja. Edward hat nach langem betteln meinerseits nachgegeben. Er wusste erst nicht, ob das hier so eine gute Idee sein würde. Den rest habe ich über das Internet herausgefunden. Ich wollte so gerne sehen, wo du früher gelebt hast. Habe... habe ich etwas falsch gemacht?"
Ich sah nun das erste mal wieder zu Robin. Er blickte mich traurig an. Für einen Moment schloss ich kurz die Augen. Dann atmete ich tief durch.
"Nein, du hast nichts falsch gemacht, Robin. Du hast mich nur wirklich... überrascht." Ich wand mich wieder der Kirche zu. "Ich hätte nie erwartet, wieder an diesen Ort zurück zu kehren. Auch, wenn wir einmal darüber gesprochen hatten. Es hat sich etwas verändert."
Robin atmete erleichtert aus und folgte meinem Blick.
"Was hat sich denn verändert? Wo hast du gewohnt?" fragte Robin nun neugierig.
Nun sah ich mir alles genauer an. Es dauerte nicht lange um meine Erinnerungen hervor zu holen um sie mit dem heutigen Bild zu vergleichen.
"Dort drüben," ich deutete rechts auf ein Wohnhaus."stand früher das Waisenhaus. Es gab einen Zugang der direkt zur Kirche geführt hat. Die Schwestern benutzten ihn um direkt zu uns zu gelangen, oder wenn wir... bestraft werden sollten. Er war aus Holz gewesen... nein, warte, er von innnen mit Holz verkleidet gewesen. Es war tiefschwarz und es gab genau drei große Fenster. Aber es fiel nur wenig Sonnenlicht hindurch, weil es Michglasscheiben waren.
Das Waisenhaus war zwei Stockwerke hoch und das Zimmer in dem ich geschlafen habe, lag zur Flußseite. Ich konnte... zur reichen Seite von Dublin herüber sehen. Und konnte mir wünschen ein reiches Kind zu sein."
Robin nahm mein Gesicht in seine Hände.
"Ich wollte nicht, das du..."
Ich schüttelte den Kopf und nahm seine Hand in meine.
"Komm mit. Ich zeige dir, wie ich früher davon gelaufen bin." sagte ich lächelnd und zog ihn zu dem Wohnhaus.
Direkt davor blieben wir stehen. Ich sah am Haus hinauf.
"Hier stand früher ein Baum. Der längste Ast reichte bis ans Fenster. Die Schwestern haben irgendwann diesen gekürzt, als sie mitbekommen haben, das wir damals daran herunter geklettert waren um zu fliehen." Ich grinste bei der Erinnerung daran. "Aber ich habe mich auf das Fenstersims gestellt, bin hoch gesprungen um mich an der alten Regenrinne fest zu halten und habe dann Schwung geholt. Dann habe ich los gelassen."
"Du hättest dir den Hals brechen können!" warf Robin dazwischen.
Wieder lachte ich.
"Ja, das hätte passieren können. Doch es war mir egal. Wenn ich gefallen wäre, wäre ich gefallen. Was, ausser meinem Leben, hatte ich denn schon zu verlieren?! Diese paar Sekunden freien Fall, haben sich so gut angefühlt. In den paar Sekunden war ich wirklich frei.
Anschließend bin ich den Baum weiter hinab geklettert und im Schutz der Dunkelheit bin ich an dem Ufer des Liffey entlang gelaufen."
Ich zog ihn wieder mit mir über die Straße. Mit einem Mal, war ich wieder der Mensch Deidra Aideen Maclachlan, die sich heimlich davon stahl. Ich erinnerte mich daran, wie dunkel es gewesen war. Damals hatte ich mich von dem Geräusch des Wassers leiten lassen. Die Promenade war nachts kaum belebt und ein Kind, das allein durch die Dunkelheit gewandert war, fiel kaum auf.
Robin sah sich interessiert um.
"Hier bist du allein lang gelaufen?"
Ich nickte und zog ihn weiter die Straße entlang. Neben uns plätscherte der Fluß friedlich dahin. Inzwischen war ich euphorisiert. Alles in mir kribbelte. ich schlug mich durch die Straßen und ignorierte die Augen die uns neugierig folgten. Nach einer Weile erreichte ich mein Ziel, welches ich angestrebt hatte.
Vor uns erschien der große Phoenix Park.
Das erste Mal, seit einer Ewigkeit, betrat ich dieses Stück meines alten Lebens. Kurz hinter dem Eingang, blieb ich noch einmal mit Robin stehen.
"Ich bin immer bis hierher gelaufen und habe mich versteckt. Sieh dich um," sagte ich und deutete um mich herum. "findest du nicht, das es fast so aussieht wie in Forks?! Komm, ich zeig dir meinen Lieblingsplatz."
Robin folgte mir durch den Park. Einige Personen spazierten an uns vorbei. Der Park war riesig. Ich ließ die Bäume um mich herum an mir vorbei ziehen. Es dauerte nicht lange und ich erreichte die Stelle, an der ich mich früher versteckt hatte. Die Bäume standen hier etwas enger zusammen. Dadurch war es leichter gewesen, von einem Baum zum anderen zu klettern, ohne das man von unten gesehen werden konnte.
Robin sah sich um.
"Wow, es ist... ziemlich grün hier." grinste er.
Ich lachte und drehte mich tänzelnd auf der Stelle. Immer noch lachend fing Robin mich auf, bevor ich schwindelig vor lauter drehen umzukippen drohte. Alles in mir war auf einmal so leicht. Ich legte meine Arme um Robins Nacken und er sah auf mich hinab.
"Du scheinst glücklich." sagte er leise.
Liebevolle drückte ich ihn fester an mich. In der Zwischenzeit hatte es angefangen zu regnen. Die Tropfen perlten an uns herab und druchnässten unsere Kleidung.
"Ich bin glücklich." hauchte ich. "Wer hätte gedacht, das es mich doch so zufrieden stimmen würde, hierher zurück zu kehren. Wenn wir wieder in Amerika sind, werden wir einmal Hartford besuchen, damit du siehst, wie ich mich in diesem Augenblick fühle. Es ist unglaublich befreiend."
Ich blickte in seine Augen. Er strich mir zärtlich durch das inzwischen nasse Haar. Ein Lächeln huschte über sein Engelsgleiche Gesicht.
"Was ist?" fragte ich.
Seine Finger fuhren weiter durch mein blutrotes Haar.
"Als wir... damals auf dem Schulhof waren, hatte es auch geregnet. Du warst bis auf die Knochen durchnässt, aber du hast wundervolle gerochen. Erinnerst du dich noch?"
"Natürlich erinnere ich mich daran. Wie könnte ich das je vergessen. Im Prinzip hat es dort mit uns begonnen." sagte ich.
Robin nickte.
"Da habe ich angefangen, mich in dich zu verlieben. Du warst an dem Tag so verletzlich, so anders. Nachdem du davor mit mir gesprochen hattest, habe ich kaum geglaubt, das du so... weich sein kannst." Er küsste meine Nasenspitze. "Ich liebe dich, Deidra Aideen Cullen. Und ich bin froh, das du diese Reise doch noch mitgemacht hast."
"Und ich liebe dich, Robin Peters. Für dich würde ich alles tun, das weißt du."
Wir sahen uns tief in die Augen. Es war fast unglaublich, wenn man überlegte, wie es mit uns angefangen und wo es uns hingeführt hatte. Auch wenn ich damals gesagt hatte, ich würde gerne mit ihm verreisen, hatte ich doch nie für möglich gehalten, das wir tatsächlich so etwas unternehmen würden. Damals war er noch ein Mensch gewesen. Und heute war er wie ich.
Er küsste mich zärtlich auf den Mund.
"Das war also deine Überraschung für mich?" fragte ich neugierig.
Wieder erschien auf Robins Gesicht ein schiefes Grinsen.
"Nicht so ganz. Da gibt es noch mehr."
Skeptisch sah ich ihn an. Genauso wie Alice, konnte Robin extrem kryptisch sein. Und ich hasste es. Doch wieder sagte Robin kein Wort. Dieses Mal griff Robin nach meiner Hand und zog mich zurück aus dem Park. Ich beobachtete das smaragdgrün der Blätter um mich herum. Dieses ganze grün war wunderschön und rührte mich. Auch wenn es viele unschöne Erinnerungen aus meinem alten Leben gab, umso mehr liebte ich diesen Park. Es war eine gute Idee gewesen, hierher zu reisen.
Robin führte mich wieder zum Auto.
Ohne weitere Worte lenkte er den Wagen wieder aus Dublin heraus.
"Wo fahren wir nun hin?"
"Nach Ashbourne."
Fragend zog ich die Augebrauen zusammen.
"Was wollen wir in Ashbourne?"
"Verrate ich noch nicht." sagte er gehimnisvoll.
Wir fuhren immer weiter. Irgendwann kam eine Stadt in Sichtweite. Robin fuhr weiter durch die Straßen. Die bunten Häuser zogen an uns vorbei und der Regen trommelte auf das Wagendach.
Die Häuser wurden größer und imposanter. Die Grundstücke wurden breiter und dadurch lag zwischen jedem Haus ein größerer Abstand als zuvor. Robin drosselte die Geschwindigkeit und hielt schließlich am Ende der Straße vor dem größten Haus auf dem Hügel. Mit zusammen geschobenen Augenbrauen blickte ich zu ihm herüber.
"Wenn du jetzt sagst, das Alice dir anstatt des Jaguars nun ein Haus gekauft hat, werde ich sie augenblicklich in eine Zwangsjacke stecken sobald wir wieder in Forks sind."
Robin lachhte leise.
"Nein, hiermit hat Alice rein garnichts zu tun. Aber in gewisser Weise... liegst du garnicht so verkehrt mit deiner Vermutung."
Ich sah wieder aus dem Fenster zum Haus hinauf. Es war aus massivem Stein und sah schon fast wie ein kleines Schloss aus. Die große schwere Holztür stand offen. Einige Touristen betraten das Haus und andere verließen es wieder. Das Gebäude schien Führungen an zu bieten. Ebenso wirkte es bereits historisch. Eine Reisegruppe zog an unserem Auto vorbei.
Ich erkannte einen kleinen Schaukasten im Vorgarten.
Dieser verriet mir, das dieses Haus einer Familie O'Reily gehörte. Eine Familie, die wohl einiges für das kleine Städtchen Ashbourne während des Krieges sowie davor und hinterher getan hatte. Daneben stand das der Sohn O'Reilys mit seiner Mutter und seiner Frau in diesem Haus gelebt hatte. Einige Namen waren aufgelistet.
Ich wand mich an Robin.
"Wie meinst du das, das ich nicht sehr verkehrt liege mit meiner Vermutung?"
"Nun... es müsste eigentlich dir gehören."
"Aber mein Name ist nicht O'Reily, Robin."
Robin deutete auf das Haus.
"Aber deine Mutter hieß O'Reily."
"Meine Mutter?!" sagte ich skeptisch.
Er nickte.
"Hier lebte Aideen O'Reily mit ihrer Familie."
Ich schüttelte den Kopf.
"Oh, Robin. Der Name Aideen ist in Irland nicht gerade selten. Dieser Name hat halt mit einer alten Legende zu tun. Außerdem," ich sah noch einmal zu dem Schaukasten und überflog die Namen. "ist es Tradition die erste Tochter nach der eigenen Mutter zu bennen. Und die Mutter von Aideen O'Reily hieß Brianna O'Shannon. Und falls sie es unkonventioneller wollten, die Mutter von Tomas O'Reily war Neala O'Reily. Das ist also unmöglich. Zu meiner Zeit brach man nicht so einfach mit der Tradition, Robin."
Mein Liebster beugte sich weiter zu mir herüber.
"Das mag alles sein, Deidra. Aber sagtest du nicht selbst, das du wohl ein uneheliches Kind warst?"
Ich nickte mit zusammengepressten Lippen. Er atmete tief durch.
"Deidra, du hast den Namen deiner Großmutter väterlicherseits. Die Tardition war hier nicht einsetzbar."
"Aber..."
"Aideen ging gerne auf die Jagd." unterbrach er mich. "Der Jäger, der auf dem Grundstück lebte und Aideen auf der Jagd ständig begleitete, hieß Patrick Maclachlan, Deidra. Er ist dein Vater."
Mir klappte der Mund auf. Mein Kopf war wie leergefegt. Und dieses Mal hatte es rein garnichts mit Robins Fähigkeit zu tun.
Kapitel 5 Das Leben der Aideen O`Reily (Teil1)
Völlig entgeistert starrte ich Robin einige Sekunden sprachlos an.
Meine Gedanken rotierten und fuhren Achterbahn. Ich hatte mit vielem gerechnet, doch nicht damit. Im Nachhinein, hätte ich eher damit leben können, das Alice dieses riesige Haus gekauft hätte.
Ohne jede Vorwarnung, sprang ich blitzschnell aus dem Wagen. Es war, als würde mich das Auto sonst erdrücken. Der Regen prasselte erneut auf mich nieder. Doch es war mir egal. Unter einem Baum, nicht weit vom Haus entfernt, blieb ich stehen. Ich stützte mich an dem Stamm ab und atmete tief durch. Tränen waren mir über die Wangen gelaufen, ohne das ich es bemerkt hatte.
"Deidra." sagte Robin leise hinter mir.
"Nein, Robin! Ich weiß nicht... was du damit bezwecken wolltest, aber... Ich kann das nicht! Das ist..." ich richtete mich auf. "Der Teil, den das hier alles vielleicht mal interessiert hat, ist vor sehr langer Zeit gestorben."
Ich wischte mir über die Wangen.
"Warum tust du mir das an, Robin? Warum willst du mir unbedingt weh tun?" fragte ich, ohne ihn dabei anzusehen.
"Ich tue dir das nicht an, um dich zu verletzen. Aber ich kenne dich inzwischen. Und ich habe es in deinen Augen gesehen, Deidra. Jedes Mal, wenn wir meine Mutter im Krankenhaus besucht haben oder wenn wir auf dem Friedhof waren, hattest du diesen Ausdruck."
Ich drehte mich ruckartig zu ihm herum. Meine Augen blitzten gefährlich.
"Was für einen Ausdruck!?"
Robin fuhr sich mit der Hand durch das ebenfalls feuchte Haar. Er leckte sich kurz über die Lippen. Es war eindeutig, das er nach den richtigen Worten suchte.
"Deidra... seit meiner Verwandlung, gibt es einige Dinge, an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Einige Geburtstage oder Ausflüge, Schultage... sind einfach weg. Aber ich erinnere mich dafür noch sehr genau daran, wie sehr ich geliebt wurde. Und ich kann es noch immer fühlen. Auch wenn mein Herz nicht mehr schlägt.
Bei dir... Du hast als Mensch sehr gelitten. Und diesen Schmerz hast du mitgenommen. Jedes Mal, wenn wir nun also bei meiner Mutter waren, habe ich gesehen, das du dir selbst die Frage gestellt hast, warum deine Mutter dich nicht so geliebt hat."
Einige Augenblicke starrte ich wieder einmal nur fassungslos an. Und wieder hatte er eindeutig bewiesen, das er als Mensch schon eine außergewöhnliche Aufmerksamkeit besaß.
Ich schüttelte den Kopf.
"Nein. Das hatte nichts mit diesen Dingen zu tun. Ich sehe nur deinen Schmerz und fühle mit dir mit." sagte ich eilig.
"Du redest Unsinn und das weißt du selbst! Diesen Ausdruck trägst du auch dann mit dir rum, wenn du glaubst, das niemand dich beobachtet.
Es ist nur ganz natürlich, warum man sich als Waisenkind fragt, warum einen die eigenen Eltern nicht haben wollten.
Und dich frisst es irgendwann einmal auf, wenn du nicht zumindest die richtigen Fragen stellst. Jeder muss mit seiner Vergangenheit irgendwann abschließen." kam es von Robin entschieden.
Sprachlos sah ich ihn an.
Ich wollte es nicht zugeben, aber er hatte Recht. Manchmal, und dann auch nur für kurze Augenblicke, kehrte ich in mich und dachte an meine Eltern. Natürlich schmerzte es mich, das Mütter ihre Kinder liebten, meine mich jedoch noch nicht einmal behalten wollte. So manches Mal machte mich dies wütend.
Jedes Mal, als ich gesehen hatte, wie Felicity Peters ihren Sohn angesehen und ihn berührt hatte, bevor sie starb, hatte es mir einen kleinen Stich versetzt. Felicity hätte alles für ihren Sohn getan. Egal ob sie im Sterben lag oder nicht. Sie hatte ihn vom ganzen Herzen geliebt. Selbst den Tod war sie bereit hinaus zu zögern, nur damit Robin nicht zu sehr leiden musste.
Esme und Carlisle hatten immer sehr gut für mich gesorgt. Sie hatten mir ein Heim gegeben und mich in allem unterstützt. Sie waren die besten Eltern die ich mir wünschen konnte.
Und trotzdem... da war tatsächlich ein Teil von mir, der sich schon ab und zu gefragt hatte, warum ich ein Waisenkind war.
Doch dies nun zuzugeben, war ein zu großer Schritt für mich.
"Du hast Unrecht, Robin! Ich habe Eltern!"
"Nein, du hast Adoptiveltern. Aber sie sind nicht deine leiblichen Eltern!" antwortete er ruhig. "Würdest du denn nicht gerne erfahren, woher du bestimmte Dinge geerbt hast? Zum Beispiel deine Augenfarbe?"
"Nein! Nein!" sagte ich laut. "Esme und Carlisle sind meine Eltern, Robin! Alles andere interessiert mich nicht! Und falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, Augenfarben sind in unserer Welt nicht mehr weiter von Belang!" Ich wand mich abrupt um. "Ich muss von hier weg!"
Gerade als ich zum Auto laufen wollte, hielt Robin mich am Handgelenk zurück. Noch nicht ein einziges Mal hatte er mich spüren lassen, das er nun stärker war als ich. Doch dieses Mal ließ er mich nicht gehen. Es kostete ihn nicht die geringste Anstrengung mich fest zu halten. Seine Augen hefteten sich auf mich.
"Das du immer so verdammt stur sein musst." sagte er leise, konnte aber den Anflug eines Lächelns nicht verbergen.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Das hat unsere Art nun einmal so an sich!" ätzte ich.
Er zog mich näher an sich heran. Sanft wischte er mir die restlichen Tränen von den Wangen.
"Willst du es dir nicht wenigstens einmal ansehen? Wenn es dir zu viel wird, können wir sofort wieder gehen."
Ich sah von seinem Gesicht zu dem Haus hinter ihm und wieder zurück. Es gab einen kleinen Teil in mir, der doch neugierig auf diesen dunklen Schatten meines Lebens war. Doch andererseits, was würde es nun ändern?! Schließlich lebte ich nun ein anderes Leben. War es noch wichtig, was früher einmal gewesen war?! Zeit war unbedeutend für mich geworden.
Dann atmete ich tief durch.
"Woher weißt du diese ganzen Sachen?" fragte ich ihn ruhig.
Robin fuhr sich durch das immer noch feuchte Haar. Er sah kurz zum Himmel empor und holte tief Luft.
"Nun ja. Es ist so, das du mich wahnsinnig fasziniert hast. Nachdem ich erfahren habe, was du also tatsächlich warst, wollte ich gerne mehr über dich erfahren. Ich habe recherchiert, immer mal wieder. Und als ich dich damals so angefahren habe, weil du meine Mutter nicht verwandeln wolltest, habe ich mich ganz schön schuldig gefühlt. Und deswegen wollte ich mehr von dir als Mensch wissen. Nach und nach habe ich Informationen gesammelt. Irgendwie musste ich ja die langen Nächte im Krankenhaus herum bekommen." antwortete er.
Ich verengte die Augen zu Schlitzen.
"Aber woher weißt du denn so genau, das dies hier alles meiner Familie gehört?" sagte ich und deutete auf das Haus.
Er lehnte sich gegen den Baumstamm und betrachtete das große Gebäude.
"Irgendwann half das Internet nicht mehr weiter. Ich habe viele Informationen gefiltert und einige Namen behielt ich übrig. Kurzerhand habe ich einfach einige Telefonate geführt und einen Ahnenforscher um Hilfe gebeten. Nach einiger Zeit habe ich dann die Familie O`Reily gefunden. Die Geschichte ihrer Aideen O`Reily, passte zu den Informationen die ich bereits herausgefunden hatte. Zudem gab es hier sogar eine Verbindung zu einem Mann mit den Namen Maclachlan."
"Du hast mit ihnen telefoniert?! Sie wissen wer wir sind?!" fragte ich schockiert darüber das Robin so unvorsichtig sein konnte.
Doch Robin schüttelte den Kopf.
"Nein. Sie wissen nicht genau wer wir sind. Ich habe gesagt, das ich eine Hausarbeit über einige irische Familien schreiben muss und ihr Leben während des Krieges in Irland. Und da die Familie O`Reily einiges während des ersten Weltkrieges getan hat, landete ich bei ihnen. Ich verfolgte ihre Geschichte weiter zurück und fand einiges heraus.
Deinen oder meinen Namen habe ich allerdings nie erwähnt.
Und ich denke," er griff nach meiner Hand und sah mir tief in die Augen."das du schon neugierig geworden bist, Deidra. Vielleicht... willst du die Geschichte lieber selbst sehen. Dafür müsstest du aber in dieses Haus gehen."
Erneut sah ich von seinem wunderschönen Gesicht zu dem Haus zurück. Ich wusste nicht, was ich als nächstes tun sollte. In meinem Kopf ging alles drunter und drüber. Zum wievielten Male ich nun tief durchatmete, wollte ich nicht mehr nachzählen.
"Wenn du ihnen nie irgendwelche Namen genannt hast, für wen werden sie mich dann aber halten?" sagte ich leise.
"Nur für meine Assistentin." lächelte er milde.
Er wusste, das er gewonnen hatte. Langsam bröckelte mein Widerstand und das konnte er spüren. Ich sah wieder zu ihm. Meine Augenbraue wanderte in die Höhe.
"Ich bin deine Assistentin?!" fragte ich skeptisch.
Robin lachte und beugte sich vor um meine Schläfe zu küssen.
"Ja wohl, meine Assistentin. Du sorgst dafür, das es mir an nichts fehlt."
Ich seufzte schwer. Noch immer lächelte Robin leise vor sich hin. Er griff nach meiner anderen Hand und zog mich langsam Richtung Haus.
"Ich weiß ganz genau, das du es dir ansehen willst, Deidra." grinste er breit.
"Ach, kannst du jetzt auch schon Gedanken lesen, Robin?!" giftete ich sarkastisch.
"In diesem Fall denke ich schon, mein Herz."
"Also..."
"Verdammt! Sie wird mich umbringen!" unterbrach ein Ruf unsere kleine Diskussion.
Wir beide lösten den Blick voneinander und sahen in die Richtung aus der die Stimme gekommen war. Ein junges Mädchen, höchstens siebzehn, krabbelte auf allen vieren über den nassen Rasen. Ihr rotblondes Haar hing ihr über die Schulter, während ihr Blick suchend über den Boden schweifte.
Robin ging langsam auf sie zu.
"Robin..." sagte ich leise und versuchte ihn so zurück zu halten.
Doch er war schneller und hatte sie inzwischen schon fast erreicht.
"Entschuldige bitte... aber, brauchst du vielleicht Hilfe?" fragte er sanft.
Das junge Mädchen stoppte ihre Suche, als sie die Stimme hörte und legte den Kopf in den Nacken um aufzusehen. Sie wippte zurück und setzte sich auf ihre Knie. Kaum war ihr Blick auf meinen Liebsten gefallen, klappte ihr der Mund beeindruckt auf.
'Wow!' raste durch ihren Kopf.
"Ähm,... ja, also..." stammelte sie unsicher.
Ich kam nun neben Robin zum stehen und sah ebenfalls auf das Mädchen hinab. Ihre Augen wanderten zu mir. Sie waren von einer tiefen Ozeanblauen Farbe und musterten mich neugierig. Wanderten von oben nach unten und wieder zurück.
'Das ist ja unglaublich!'
Sie schüttelte kurz den Kopf um ihre Gedanken zu ordnen und sah uns erneut an. Das junge Mädchen räusperte sich geräuschvoll.
"Oh... also, ich habe das Medallion meiner Urgroßmutter verloren. Es ist sehr wertvoll. Meine Mutter wird mich umbringen, wenn es weg ist! Mein Bruder heiratet nächste Woche und es ist Tradition, das dieses Schmuckstück weitergegeben wird. Immer an denjenigen, der als erstes heiratet.
Ich habe es heimlich genommen, weil ich es mir einmal genauer ansehen wollte. Aber ich habe es irgendwo verloren. Und ich kann es einfach nicht finden."
Sofort fing sie wieder an zu suchen.
"Wie sieht es denn aus?"
Robin ging in die Hocke.
"Es ist aus Sterlingsilber und auf dem Deckel ist ein verschnörkeltes Kreuz. Meine Urgroßmutter hat nachträglich noch einen roten Rubin in die Mitte einsetzen lassen. Deswegen ist es so wertvoll." antwortete sie.
Ich konnte das Schmuckstück in ihrem Kopf sehen.
"Wir werden dir beim suchen helfen."
Robins Blick schweifte umher.
Innerlich musste ich grinsen. Er wusste in dieser Hinsicht noch nicht, wie er seine Instinkte nutzen konnte. Es war für ihn noch ungewohnt bestimmte Gerüche heraus zu filtern. Ich atmete tief durch und tastete mit meinen Sinnen die Umgebung ab. Schon bald konnte ich das Silber riechen.
Langsam ging ich über den Rasen. In der Nähe des Rosenbusches, ging ich in die Knie. Zielsicher griff ich hinein und fand das Medallion. Es hing an einer feingliedrigen langen Kette. Das Kreuz in der Mitte war ein Keltisches. Der Rubin war rund und glatt geschliffen. Selbst in dem nebeligen Nieselregen, leuchtete der Stein wie ein frischer satter Bluttropfen.
Sanft strichen meine Fingerkuppen über die leichte Erhebung des Schmuckstückes. Ob es wohl ein Familienerbstück der O`Reily war?
"Ich glaube... ich habe es gefunden." sagte ich, nachdem ich das Medallion einige Augenblicke lang betrachtet hatte.
Ich hörte wie das Mädchen auf die Beine sprang und zu mir herüber gelaufen kam. Ihr Atem ging etwas schneller, als sie sich zu mir hinunter beugte und mir über die Schulter schaute. Sie brachte den Geruch von nassem Gras mit.
"Gott sei dank! Du hast es gefunden! Ich danke dir vielmals!"
Ich richtete mich wieder auf. Schon fast etwas widerwillig, reichte ich ihr das Schmuckstück. Sie ergriff es ehrfürchtig und steckte es umsichtig in ihre Hosentasche. Dann sah sie mich und Robin abwechselnd an. Ihr Blick blieb etwas länger an mir hängen.
'Unglaublich... Sie sieht ihr... so ähnlich..."
"Nochmals viele dank. Ich bin übrigens Noreen O`Reily."
"Dann gehört also deiner Familie dieses große Haus?" fragte Robin freundlich.
Sie nickte.
"Ja. Aber ich mag es nicht wirklich. Es gibt hier zu viele böse Geschichten."
Ihre tiefblauen Augen wanden sich von uns ab und sahen zum Haus empor. Ich musterte sie nun eingehender. Dieses Mädchen war eine O`Reily. Sollte hier etwa eine Verbindung zu meiner Vergangenheit bestehen?
Weiterhin sah ich sie an. Sie war etwas in meiner Größe und hatte eine zierliche Gestalt. Ihr rotblondes Haar war ein starker Kontrast zu meiner blutroten Mähne. Und dieses Ozeanblau ihrer Augen war fast hypnotisierend. Die Haut war milchig blass, jedoch nicht so perlweiß wie meine eigene. Noreens Haut hatte schon die Sonne gesehen.
Sie strich sich das Haar aus der Stirn. Mir fiel auf, das ich diese Bewegung kaum anders ausführte.
"Böse Geschichten?" fragte ich nun neugierig.
Wenn ich nun einmal hier war, warum sollte ich nicht zumindest zu hören.
Noreen sah mich wieder an.
Kapitel 5 Das Leben der Aideen O`Reily (Teil2)
"Ja. Meine Familie... hatte nicht immer nur schöne Seiten. Sie konnten auch ganz schön gemein sein." Sie fuhr sich durch das Haar. "Kommt doch mit hinein. Hier draußen ist es doch recht ungemütlich. Und ihr könnt euch dort aufwärmen. Ähm, wie waren doch gleich eure Namen?"
Robin und ich folgten Noreen in Richtung des Hauses. Ich sah aus den Augenwinkeln zu meinem Liebsten hinüber. Dieser war völlig entspannt. Er griff nach meiner Hand.
"Oh, wie dumm von mir. Meine Name ist Nathan Goodman. Und das ist meine Freundin..."
"Ich bin Alice Platt." sagte ich hastig.
Es war am einfachsten Alice Namen zu benutzen. Sie würde alles sehen und bräuchte nicht noch vorher einen Warnruf von uns, wenn etwas wäre.
Noreen blickte über die Schulter zurück. Sie lächelte, auch Robin grinste schief.
"Ihr seid Amerikaner, nicht wahr?"
Robin nickte.
"Ja. Ich hatte mit Kilian O`Reily telefoniert."
"Oh, ja. Mein Vater hat mir davon erzählt, das jemand sich für unsere Familiengeschichte interessiert. Freut mich, das ihr sogar hierher gekommen seid."
Wir erreichten das Haus. Durch die geöffneten Türen traten wir ein. Es war ein riesengroßer weiter Raum mit hohen Decken. Alles war edel und stimmig eingerichtet. Die Möbel waren zum größtenteil bereits antik. Ich konnte das alte, aber gepflegte, Holz riechen. Obwohl auch der beißende Geruch von Putzmittel in der Luft hing.
"Ihr könnt eure Jacken dort aufhängen." sagte Noreen und deutete auf eine alte Garderobenleiste. Dann kommt rüber ins Büro. Dort können wir uns in Ruhe unterhalten."
Wir nickten ihr zu, während sie den Raum verließ. Ich schlüpfte aus meiner Jacke und hing sie an den Hacken.
"Du hast schnell reagiert mit dem Namen, 'Alice'." sagte Robin anerkennend.
Ich lächelte.
"Tja, ich bin in diesem Leben schon etwas länger als du, 'Nathan'."
Wieder griff er nach meiner Hand. Gemeinsam folgten wir Noreen in das andere Zimmer. Diese saß hinter einem großen schweren Schreibtisch und verstaute das Medallion in einer Schatulle in einer der Schubladen. Sie sah auf, als wir fast lautlos eintraten. Für einen Menschen hatte sie ein äußerst gutes Gehör.
"Setzt euch doch. Wollt ihr was trinken, bevor ich beginne?" fragte sie freundlich.
Wir schüttelten unsere Köpfe und ließen uns vor dem Schreibtisch auf zwei bequemen Lehnstühlen nieder. Ich sah mich in dem Büro um. Auch hier war alles antik eingerichtet. Der Boden war mit einem dicken grünen Teppich ausgelegt. Direkt hinter dem Schreibtisch war ein Kamin. Darüber hing ein Bild, das nun meine ganze Aufmerksamkeit gefangen nahm.
Es zeigte mehrere Personen vor diesem Haus. Ein junger Mann stand mit kerzengerader Haltung hinter zwei Frauen.
Die eine war eine grobschlächtige Frau mit markanten Gesichtszügen. Sie wirkte mehr wie eine Bulldoge. Alles in allem keine wirkliche Schönheit. Der junge Mann hinter ihr, sah ihr ähnlich. Ich tippte auf Mutter und Sohn.
Die junge Frau die daneben saß, war dafür wunderschön. Ihr Gesicht war liebreizend und hübsch anzusehen. Trotz der schwarz - weißen Farbe des Bildes, bildete sie den stärksten Kontrast zu der zu honigfarbenen Täfelung der Wände. Auf den Lippen trug sie ein leichtes Lächeln.
Auch ohne jemals die Farbe dieses Bildes gesehen zu haben, würde ich alles darauf verwetten, das die Haarpracht dieser Frau blutrot und die Augen smaragdgrün waren. Dieses Bild hatte ich die letzten Jahrzehnte selbst im Spiegel betrachtet, jedoch waren meine Augen inzwischen golden.
Ihr Anblick ließ einen Kloß in meinem Hals entstehen. War sie etwa wirklich meine Mutter? Ich hatte nie viel darum gegeben, heraus zu finden wer sie war. Doch nun diesen Bildern gegenüber zu sitzen, machte mich neugierig.
"Also gut, wo soll ich anfangen?" murmelte Noreen.
Sie sah mich an und folgte meinem Blick.
"Sie interessiert dich, nicht wahr?" fragte sie und deutete auf das Bild hinter sich.
Ich löste meinen Blick von dem Bild. Die tiefblauen Augen Noreens lagen musternd auf mir. Ich schlug die Beine übereinander und legte meine Hände gefaltet in meinen Schoß.
"Sie ist hübsch." antwortete ich schlicht.
Noreen nickte.
"Ja, das war sie. Meine Großvater berichtete mir einmal von ihr. Er beschrieb sie in den schillerndsten Farben. Zumindest... war sie einmal wunderschön." Sie machte eine kleine Pause. "Es ist erstaunlich... sie sieht dir sehr ähnlich, Alice. Hast du vielleicht irische Verwandte?" fragte sie skeptisch.
Ich rutschte leicht auf dem Stuhl hin und her, bevor ich antwortete.
"Irische Vorfahren. Aber wer in Amerika hat die nicht irgendwo?" lachte ich.
Noreen sah mich noch einige Sekunden schweigend an. Dann stimmte sie in das Lachen mit ein.
"Da hast du wahrscheinlich Recht."
Robin beugte sich nun etwas vor. Ich konnte sehen, das seine Atmung gestoppt hatte. Doch ansonsten ließ er keinerlei Unannehmlichkeiten erkennen.
"Wer war sie?" fragte er und deutete auf die junge Frau auf dem Bild.
Noreen lehnte sich etwas zurück und sah Robin an. Für einen kurzen Moment herrschte in ihrem Kopf völlige Leere. Es war nicht das erste Mal, das ich so etwas bewundern konnte. Robin hatte diese Wirkung schon als Mensch auf mich gehabt. Doch es mir noch immer neu, das er inzwischen auch diese Wirkung auf andere Menschen hatte.
Noreen schüttelte kurz den Kopf, um sich zu sammeln. Ihre roten Locken flogen umher.
"Das ist meine Urgroßmutter Aideen O`Reily. Sie ist allerdings eine angeheiratete O`Reily gewesen. Auf dem Bild war sie nicht älter als siebzehn. Aideen war schon früh Tomas O`Reily versprochen. Daher heiratete sie ihn bereits mit sechszehn. Brianna O`Shannon war nicht... besonders reich. Und sie starb kurz nach der Hochzeit ihrer einzigen Tochter.
Ähm... wollt ihr euch das irgendwie aufschreiben?"
Sie sah von mir zu Robin und wieder zurück.
Mein Liebster wand sich an mich und grinste breit.
"Alice... willst du etwas zu schreiben, oder meinst du, du kannst dir das alles merken?!"
Er konnte sich ein Lachen kaum verkneifen. Ich wusste, das er es nicht böse meinte. Doch in diesem Augenblick, hätte ich ihm am liebsten das Grinsen aus dem Gesicht gewischt.
Ich schluckte das hinunter und sah wieder zu Noreen.
"Ich kann mir das merken. Ansonsten weiß ich ja, an wen ich mich wenden muss." sagte ich schlicht.
Noreen nickte und erzählte weiter.
"Die O`Reilys waren schon immer sehr einflussreich in dieser Gemeinde. Und daher war Tomas eine sehr gute Partie. Aber... ich glaube kaum, das Aideen Tomas besonders geliebt hat. Sie waren beide noch sehr jung. Aideen war wohl mehr ein hübscher Armschmuck für Tomas, damit die Gesellschaft ihn akzeptierte.
Doch Aideen war jemand ganz besonderes. Sie war klug, zwar nicht so hoch gebildet, wie es Neala gern gehabt hätte, aber sie wusste genau was sie tat. Und sie hat viel gutes getan. Sie kümmerte sich um die Alten und war gemeinnützig tätig. Und sie liebte Kinder."
An diesem Punkt, konnte ich kaum noch glauben, das es sich hierbei um meine Mutter handeln konnte. Für mich war sie immer ein abscheuliches Wesen gewesen, das irgendwo sein Leben ohne sein Kind genossen hat.
Und diese Aideen O`Reily schien ein guter Mensch gewesen zu sein. Doch wenn sie Kinder so sehr liebte, warum dann auch nicht mich? Ihr eigen Fleich und Blut?
"Sie scheint... wirklich etwas besonderes gewesen zu sein, wenn man hört wie ehrfürchtig du über sie sprichst, Noreen." sagte Robin leise.
"Man kann auch nur ehrfürchtig über sie sprechen. Sie wollte unbedingt ein Kinderheim in Ashbourne bauen lassen, da es genug Waisen durch Kriege gab. Aber Neala, diejenige die das Vermögen verwaltete, war dagegen. Sie war keine besonders freundliche Person.
Alles was meine Ururgroßmutter wollte, war ein Enkel. So schnell wie möglich. Also stand Aideen ganz schön unter Druck.
Wie gesagt, ich finde die ganze Geschichte dieses Hauses nicht so toll."
Robin nickte zustimmend, während ich wortlos daneben saß. Diese ganze Geschichte klang merkwürdig in meinen Ohren. Bis jetzt erkannte ich noch keine Verbindung zu mir, ausser dem Aussehen der jungen Aideen O`Reily.
"Aber sie bekam doch ein Kind, nicht wahr?" fragte mein Liebster.
"Ja." sagte Noreen und lehnte sich wieder zurück. "Mit siebzehn, kurz vor ihrem achtzehnten Geburtstag, bekam sie meinen Großvater Seamus. Sobald dieser das Licht der Welt erblickte, war Aideen nur noch Luft für Tomas und seine Mutter. Sie durfte Seamus noch nicht einmal selbst erziehen. Neala O`Reily übernahm das, obwohl Aideen ihren Sohn über alles liebte.
Da Aideen ihre Aufgabe erfüllt hatte, war sie nun eine Vorzeigefrau. Sie betätigte sich weiter gemeinnützig und widmete sich ihren Hobbys, denn sie durfte nur wenig Zeit mit ihrem Sohn verbringen. Ihre größte Leidenschaft, war die Jagd. Auf dem Grundstück lebte auch ein Wildhüter, der ihr das jagen beibrachte und sie bei der Jagd auch begleitete.
Sie war oft und lange unterwegs. Das war etwas, was sie erfüllt hat."
Noreen machte eine kleine Pause, bevor sie weitersprach.
"Es ist unglaublich, aber obwohl Neala ihr geradezu ihr Kind entzogen hat, wurde Aideen erneut schwanger und bekam ein weiteres Kind. Ein Mädchen."
Ihre Augen ruhten kurz auf mir. Erst jetzt bemerkte ich, wie ich selbst auf meinen Stuhl weiter nach vorne gerutscht war. Robin legte mir behutsam eine Hand auf mein Knie.
'Ganz ruhig, Deidra. Wenn du weiter so machst, sitzt du gleich auf Noreens Schoß.'
Ich straffte meine Haltung und rutschte wieder zurück.
"Ein Mädchen?" hauchte ich. "Wie war ihr Name?"
Das rothaarige Mädchen legte den Kopf etwas schief. Sie legte überlegend einen Finger an ihre Unterlippe. Wieder erkannte ich diese Geste. Auch ich tat dies oft.
"Hmmm... Es war ein außergewöhnlicher Name. Meine Urgroßmutter hatte sie weder nach ihrer Mutter noch nach Neala benannt. Ziemlich merkwürdig. Aber ich denke, Aideen hat das getan um gegen ihre Schwiegermutter zu rebellieren. Ich glaube... sie hieß...ah ja, Deidra. Deidra Aideen." schloss Noreen ihren Vortrag.
Mir klappte der Mund auf. Da war sie. Die Verbindung, die ich gesucht hatte. Das konnte doch nun kein Zufall mehr sein. Es hatte in diesem Haus eine Tochter mit meinem Namen gegeben.
"Was geschah mit ihr?" fragte ich nun wissbegierig.
"Mit Deidra?!" Noreens Blick wurde traurig. "Sie starb. Etwa drei Tage nach ihrer Geburt. Sie wurde im Februar geboren, wahrscheinlich war es dem Kind zu kalt. Deidra soll wohl etwas zu früh auf die welt gekommen sein, daher war sie wohl auch etwas geschwächt. Aideen... meine Urgroßmutter leidete sehr unter diesem schweren Verlust. So sehr... das sie sogar den Verstand verlor. Sie sprach kein einziges Wort mehr. Ein halbes Jahr nachdem ihre Tochter gestorben war, hat ihr Mann sie in ein Sanatorium einweisen lassen. Mein Großvater hat sie bis zu ihrem Tod jede Woche besucht. Es hat ihm immer weh getan, das er sehen musste, wie sie jedes Mal kränker aussah. Ihre Schönheit verblasste. Auch wenn er sie kaum gekannt hat, hat er sie geliebt. An seine Schwester kann er sich kaum noch erinnern. Meine Ururgroßmutter hat sie so gut wie nie erwähnt."
Nun verstand ich was Robin meinte. Konnte meine Geschichte so begonnen haben?! War ich dieses Mädchen gewesen?! War meine Mutter wirklich über meinen angeblichen Tod so zusammengebrochen und hatte den Verstand verloren? Hätte ich dies verhindern können, wenn ich schon als Mensch nach ihr gesucht hätte?
Tausend Fragen schossen mir plötzlich durch den Kopf. Ich schluckte schwer. War das hier wirklich meine Familie? War diese Noreen etwa meine Blutsverwandte?
"Wie ihr seht, ist das keine besonders tolle Familiengeschichte. Aber... irgendwie passt Aideens Name zu der geschichte. Kennt ihr die Legende um ihren Namen?"
Noreen sah von meinem Fassungslosem Gesicht zu Robins. Dieser schüttelte den Kopf.
"Nun ja... Es gab eine Legende über einen Riesen namens Fionn MacCool. Dieser hatte einen Enkel namens Oskar, dessen Frau hieß Aideen.
Es heißt das Aideen ihren Mann so sehr liebte, das sie an gebrochenem Herzen starb, als Oskar im Krieg fiel."
Ich kannte diese Geschichten noch aus meiner Kindheit.
Ich war immer etwas stolz auf die Bedeutung meines Zweitnamens gewesen. Natürlich glaubte ich nie, das man aus Liebe zu jemanden sterben könnte. Bis ich auf Robin traf. Selbst bei Nicolas hatte ich nicht diese starken Gefühle.
"Alice? Geht es dir gut? Du siehst so blass aus."
Noreen beugte sich etwas vor. Ich sah plötzlich auf und bemerkte, das mir Tränen in den Augenwinkeln brannten. Fahrig fuhr ich mir über das Gesicht. Dieses Mal dauerte es etwas länger, um meine Fassung zurück zu gewinnen.
"Ja... ähm, ja die Geschichte... ist wirklich...ähm..."
"Sie meint damit, das Aideen wohl ziemlich gelitten hat." kam mir Robin zur Hilfe.
Ich sah zu ihm herüber. Seine Augen ruhten auf mir. Lautlos formte ich das Wort 'Danke'. Er lächelte leicht.
Noreen wollte gerade etwas sagen, als eine Glocke läutete. Das junge Mädchen sah auf ihre Armbanduhr.
"Oh, wie die Zeit vergeht. Ich habe komplett vergessen Lilith abzusagen. Ich hoffe sie wird nicht sauer sein."
Sie sprang hastig auf und verließ das Zimmer. Uns ließ sie einfach zurück. Ich schluckte erneut.
"Was... davon wusstest du bereits?" fragte ich Robin leise.
Robin atmete tief durch.
"Ich wusste, das Aideen kein besonders schönes Leben hatte. Und das sie... krank geworden ist, kurz nach deinem Geburtstag."
"Was ist mit meinem Vater? Wieso hieß ich Maclachlan?"
"Weil Tomas wohl kaum dein Vater war. Tomas O`Reily war... nicht in Ashbourne neun Monate vor deiner Geburt. Aber Aideen war, wie du schon hörtest, viel auf der Jagd mit Patrick Maclachlan. Es ist sehr wahrscheinlich, das sie sich ineinander verliebten. Und vergiss nicht dein Talent als Tracker. Die Vermutung liegt nahe, das er dein leiblicher Vater ist. Kurz bevor du geboren wurdest, wurde er entlassen.
Es... willst du die Geschichte nun wirklich zu Ende hören?"
Ich sah in seine fragende Augen. Nun da ich bis hierher gekommen war, wollte ich auch alles wissen. Ich nickte entschlossen.
"Nun gut. Also, du wurdest nicht einfach an der St. Mary´s Cathedrale abgelegt. es wurde eine Menge Geld bezahlt, das du verborgen bleiben solltest, Denn es war deine ... Großmutter die eine gewaltige Summe an die Kirche gespendet hast, als du dort aufgenommen wurdest. Sie gab dich fort. Wahrscheinlich, weil du ein... Schandfleck warst, weil du keine echte O`Reily warst. Irgendwann würde jemanden vielleicht auffalen, das Tomas nicht in der Stadt war, als du gezeugt wurdest. Und das würde ein schlechtes Licht auf die O`Reilys werfen. Zudem würde ihr einziger Sohn zum Gespött der ganzen Stadt werden. Das konnte sie nicht zu lassen.
Deswegen trägst du wohl auch den Namen deines Vaters. Niemand hätte auf die O`Reilys verweisen können. Deiner Mutter hat man erzählt du wärst gestorben. So wurden keine Fragen gestellt. Es gibt sogar ein Grab mit deinem Namen darauf."
Ich dachte über seine Worte nach.
Das alles änderte meine komplette Lebensgeschichte. Es erklärte einige Dinge und warf ebenso neue Fragen auf. Sie hatte mich also doch geliebt. Ich konnte nicht anders, als mich etwas über diese Erkenntnis zu freuen.
Auch wenn meine Mutter ebenfalls kein besonders schönes Leben gehabt hatte, konnte ich mir wenigstens darüber sicher sein, das es nicht an ihr lag, das ich nicht bei ihr leben konnte.
Plötzlich sprang Robin neben mir auf. War er eben noch konzentriert, weil er mir geantwortet hatte, stand er in der nächsten Sekunde in einer Kauerstellung neben meinem Stuhl. Ein leises Knurren drang aus seiner Brust.
Ich reckte die Nase in die Luft und nahm nun ebenfalls einen fremden Geruch wahr. Langsam erhob ich mich und legte Robin sanft eine Hand auf die Schulter.
"Ruhig, Robin. Lass uns erst abwarten, wer dort kommt. Wir dürfen nicht zu sehr auffallen. Es wäre am besten, das man uns morgen schon wieder vergessen hätte."
Widerwillig erhob sich mein Liebster. Vorsichtshalber legte er seine Hand in meine.
"Entschuldige nochmal, Lil. Jetzt bist du völlig umsonst aus Dublin hergefahren. Aber Dad möchte heute keine weiteren Führungen mehr haben. Du hättest mit deiner freien Zeit auch bestimmt etwas besseres anfangen können, nicht wahr?!" kam Noreens gedämpfte Stimme aus dem Nebenraum.
"Oh, das macht doch nichts, Noreen. Ich war sowieso in der Gegend... Hast du etwa Besuch?"
Das war eine melodische Stimme, einem Windspiel gleichend. Ich legte den Kopf etwas schief.
"Zwei Touristen. Aus Amerika. Willst du sie kennen lernen?"
Noreens Stimme kam wieder näher. Noch immer hing dieser fremde geruch in der Luft. Ich straffte meine Haltung. Kurz darauf trat Noreen mit ihrer Begleitung ein.
In Sekundenschnelle musterte ich die junge Frau an ihrer Seite.
Sie hatte schwarzes Haar, das ihr offen über die Schultern fiel. Ihre Haut war perlweiß. Sie trug eine enge schwarze Jeans und eine blutrote Bluse, die ihre helle Haut noch etwas mehr betonte. Ihr Gesicht war ebenmäßig mit geschwungenen blassrosa Lippen.
Alles in allem war sie eine wirkliche Schönheit. Und allein wie sie dort in der Tür stand, hatte eine unglaubliche Eleganz. Sie wirkte wie von einem anderen Stern. es war auffällig, das sie anders war.
Doch am auffälligsten an ihrem ganzen Auftreten, waren ihre hypnotiesierenden Augen.
Diese lagen äußerst interessiert auf mir. Und mit jeder Sekunde strahlten ihre Augen mehr.
Strahlten in einem tiefen satten Goldton.
Robin und ich folgten Noreen in Richtung des Hauses. Ich sah aus den Augenwinkeln zu meinem Liebsten hinüber. Dieser war völlig entspannt. Er griff nach meiner Hand.
"Oh, wie dumm von mir. Meine Name ist Nathan Goodman. Und das ist meine Freundin..."
"Ich bin Alice Platt." sagte ich hastig.
Es war am einfachsten Alice Namen zu benutzen. Sie würde alles sehen und bräuchte nicht noch vorher einen Warnruf von uns, wenn etwas wäre.
Noreen blickte über die Schulter zurück. Sie lächelte, auch Robin grinste schief.
"Ihr seid Amerikaner, nicht wahr?"
Robin nickte.
"Ja. Ich hatte mit Kilian O`Reily telefoniert."
"Oh, ja. Mein Vater hat mir davon erzählt, das jemand sich für unsere Familiengeschichte interessiert. Freut mich, das ihr sogar hierher gekommen seid."
Wir erreichten das Haus. Durch die geöffneten Türen traten wir ein. Es war ein riesengroßer weiter Raum mit hohen Decken. Alles war edel und stimmig eingerichtet. Die Möbel waren zum größtenteil bereits antik. Ich konnte das alte, aber gepflegte, Holz riechen. Obwohl auch der beißende Geruch von Putzmittel in der Luft hing.
"Ihr könnt eure Jacken dort aufhängen." sagte Noreen und deutete auf eine alte Garderobenleiste. Dann kommt rüber ins Büro. Dort können wir uns in Ruhe unterhalten."
Wir nickten ihr zu, während sie den Raum verließ. Ich schlüpfte aus meiner Jacke und hing sie an den Hacken.
"Du hast schnell reagiert mit dem Namen, 'Alice'." sagte Robin anerkennend.
Ich lächelte.
"Tja, ich bin in diesem Leben schon etwas länger als du, 'Nathan'."
Wieder griff er nach meiner Hand. Gemeinsam folgten wir Noreen in das andere Zimmer. Diese saß hinter einem großen schweren Schreibtisch und verstaute das Medallion in einer Schatulle in einer der Schubladen. Sie sah auf, als wir fast lautlos eintraten. Für einen Menschen hatte sie ein äußerst gutes Gehör.
"Setzt euch doch. Wollt ihr was trinken, bevor ich beginne?" fragte sie freundlich.
Wir schüttelten unsere Köpfe und ließen uns vor dem Schreibtisch auf zwei bequemen Lehnstühlen nieder. Ich sah mich in dem Büro um. Auch hier war alles antik eingerichtet. Der Boden war mit einem dicken grünen Teppich ausgelegt. Direkt hinter dem Schreibtisch war ein Kamin. Darüber hing ein Bild, das nun meine ganze Aufmerksamkeit gefangen nahm.
Es zeigte mehrere Personen vor diesem Haus. Ein junger Mann stand mit kerzengerader Haltung hinter zwei Frauen.
Die eine war eine grobschlächtige Frau mit markanten Gesichtszügen. Sie wirkte mehr wie eine Bulldoge. Alles in allem keine wirkliche Schönheit. Der junge Mann hinter ihr, sah ihr ähnlich. Ich tippte auf Mutter und Sohn.
Die junge Frau die daneben saß, war dafür wunderschön. Ihr Gesicht war liebreizend und hübsch anzusehen. Trotz der schwarz - weißen Farbe des Bildes, bildete sie den stärksten Kontrast zu der zu honigfarbenen Täfelung der Wände. Auf den Lippen trug sie ein leichtes Lächeln.
Auch ohne jemals die Farbe dieses Bildes gesehen zu haben, würde ich alles darauf verwetten, das die Haarpracht dieser Frau blutrot und die Augen smaragdgrün waren. Dieses Bild hatte ich die letzten Jahrzehnte selbst im Spiegel betrachtet, jedoch waren meine Augen inzwischen golden.
Ihr Anblick ließ einen Kloß in meinem Hals entstehen. War sie etwa wirklich meine Mutter? Ich hatte nie viel darum gegeben, heraus zu finden wer sie war. Doch nun diesen Bildern gegenüber zu sitzen, machte mich neugierig.
"Also gut, wo soll ich anfangen?" murmelte Noreen.
Sie sah mich an und folgte meinem Blick.
"Sie interessiert dich, nicht wahr?" fragte sie und deutete auf das Bild hinter sich.
Ich löste meinen Blick von dem Bild. Die tiefblauen Augen Noreens lagen musternd auf mir. Ich schlug die Beine übereinander und legte meine Hände gefaltet in meinen Schoß.
"Sie ist hübsch." antwortete ich schlicht.
Noreen nickte.
"Ja, das war sie. Meine Großvater berichtete mir einmal von ihr. Er beschrieb sie in den schillerndsten Farben. Zumindest... war sie einmal wunderschön." Sie machte eine kleine Pause. "Es ist erstaunlich... sie sieht dir sehr ähnlich, Alice. Hast du vielleicht irische Verwandte?" fragte sie skeptisch.
Ich rutschte leicht auf dem Stuhl hin und her, bevor ich antwortete.
"Irische Vorfahren. Aber wer in Amerika hat die nicht irgendwo?" lachte ich.
Noreen sah mich noch einige Sekunden schweigend an. Dann stimmte sie in das Lachen mit ein.
"Da hast du wahrscheinlich Recht."
Robin beugte sich nun etwas vor. Ich konnte sehen, das seine Atmung gestoppt hatte. Doch ansonsten ließ er keinerlei Unannehmlichkeiten erkennen.
"Wer war sie?" fragte er und deutete auf die junge Frau auf dem Bild.
Noreen lehnte sich etwas zurück und sah Robin an. Für einen kurzen Moment herrschte in ihrem Kopf völlige Leere. Es war nicht das erste Mal, das ich so etwas bewundern konnte. Robin hatte diese Wirkung schon als Mensch auf mich gehabt. Doch es mir noch immer neu, das er inzwischen auch diese Wirkung auf andere Menschen hatte.
Noreen schüttelte kurz den Kopf, um sich zu sammeln. Ihre roten Locken flogen umher.
"Das ist meine Urgroßmutter Aideen O`Reily. Sie ist allerdings eine angeheiratete O`Reily gewesen. Auf dem Bild war sie nicht älter als siebzehn. Aideen war schon früh Tomas O`Reily versprochen. Daher heiratete sie ihn bereits mit sechszehn. Brianna O`Shannon war nicht... besonders reich. Und sie starb kurz nach der Hochzeit ihrer einzigen Tochter.
Ähm... wollt ihr euch das irgendwie aufschreiben?"
Sie sah von mir zu Robin und wieder zurück.
Mein Liebster wand sich an mich und grinste breit.
"Alice... willst du etwas zu schreiben, oder meinst du, du kannst dir das alles merken?!"
Er konnte sich ein Lachen kaum verkneifen. Ich wusste, das er es nicht böse meinte. Doch in diesem Augenblick, hätte ich ihm am liebsten das Grinsen aus dem Gesicht gewischt.
Ich schluckte das hinunter und sah wieder zu Noreen.
"Ich kann mir das merken. Ansonsten weiß ich ja, an wen ich mich wenden muss." sagte ich schlicht.
Noreen nickte und erzählte weiter.
"Die O`Reilys waren schon immer sehr einflussreich in dieser Gemeinde. Und daher war Tomas eine sehr gute Partie. Aber... ich glaube kaum, das Aideen Tomas besonders geliebt hat. Sie waren beide noch sehr jung. Aideen war wohl mehr ein hübscher Armschmuck für Tomas, damit die Gesellschaft ihn akzeptierte.
Doch Aideen war jemand ganz besonderes. Sie war klug, zwar nicht so hoch gebildet, wie es Neala gern gehabt hätte, aber sie wusste genau was sie tat. Und sie hat viel gutes getan. Sie kümmerte sich um die Alten und war gemeinnützig tätig. Und sie liebte Kinder."
An diesem Punkt, konnte ich kaum noch glauben, das es sich hierbei um meine Mutter handeln konnte. Für mich war sie immer ein abscheuliches Wesen gewesen, das irgendwo sein Leben ohne sein Kind genossen hat.
Und diese Aideen O`Reily schien ein guter Mensch gewesen zu sein. Doch wenn sie Kinder so sehr liebte, warum dann auch nicht mich? Ihr eigen Fleich und Blut?
"Sie scheint... wirklich etwas besonderes gewesen zu sein, wenn man hört wie ehrfürchtig du über sie sprichst, Noreen." sagte Robin leise.
"Man kann auch nur ehrfürchtig über sie sprechen. Sie wollte unbedingt ein Kinderheim in Ashbourne bauen lassen, da es genug Waisen durch Kriege gab. Aber Neala, diejenige die das Vermögen verwaltete, war dagegen. Sie war keine besonders freundliche Person.
Alles was meine Ururgroßmutter wollte, war ein Enkel. So schnell wie möglich. Also stand Aideen ganz schön unter Druck.
Wie gesagt, ich finde die ganze Geschichte dieses Hauses nicht so toll."
Robin nickte zustimmend, während ich wortlos daneben saß. Diese ganze Geschichte klang merkwürdig in meinen Ohren. Bis jetzt erkannte ich noch keine Verbindung zu mir, ausser dem Aussehen der jungen Aideen O`Reily.
"Aber sie bekam doch ein Kind, nicht wahr?" fragte mein Liebster.
"Ja." sagte Noreen und lehnte sich wieder zurück. "Mit siebzehn, kurz vor ihrem achtzehnten Geburtstag, bekam sie meinen Großvater Seamus. Sobald dieser das Licht der Welt erblickte, war Aideen nur noch Luft für Tomas und seine Mutter. Sie durfte Seamus noch nicht einmal selbst erziehen. Neala O`Reily übernahm das, obwohl Aideen ihren Sohn über alles liebte.
Da Aideen ihre Aufgabe erfüllt hatte, war sie nun eine Vorzeigefrau. Sie betätigte sich weiter gemeinnützig und widmete sich ihren Hobbys, denn sie durfte nur wenig Zeit mit ihrem Sohn verbringen. Ihre größte Leidenschaft, war die Jagd. Auf dem Grundstück lebte auch ein Wildhüter, der ihr das jagen beibrachte und sie bei der Jagd auch begleitete.
Sie war oft und lange unterwegs. Das war etwas, was sie erfüllt hat."
Noreen machte eine kleine Pause, bevor sie weitersprach.
"Es ist unglaublich, aber obwohl Neala ihr geradezu ihr Kind entzogen hat, wurde Aideen erneut schwanger und bekam ein weiteres Kind. Ein Mädchen."
Ihre Augen ruhten kurz auf mir. Erst jetzt bemerkte ich, wie ich selbst auf meinen Stuhl weiter nach vorne gerutscht war. Robin legte mir behutsam eine Hand auf mein Knie.
'Ganz ruhig, Deidra. Wenn du weiter so machst, sitzt du gleich auf Noreens Schoß.'
Ich straffte meine Haltung und rutschte wieder zurück.
"Ein Mädchen?" hauchte ich. "Wie war ihr Name?"
Das rothaarige Mädchen legte den Kopf etwas schief. Sie legte überlegend einen Finger an ihre Unterlippe. Wieder erkannte ich diese Geste. Auch ich tat dies oft.
"Hmmm... Es war ein außergewöhnlicher Name. Meine Urgroßmutter hatte sie weder nach ihrer Mutter noch nach Neala benannt. Ziemlich merkwürdig. Aber ich denke, Aideen hat das getan um gegen ihre Schwiegermutter zu rebellieren. Ich glaube... sie hieß...ah ja, Deidra. Deidra Aideen." schloss Noreen ihren Vortrag.
Mir klappte der Mund auf. Da war sie. Die Verbindung, die ich gesucht hatte. Das konnte doch nun kein Zufall mehr sein. Es hatte in diesem Haus eine Tochter mit meinem Namen gegeben.
"Was geschah mit ihr?" fragte ich nun wissbegierig.
"Mit Deidra?!" Noreens Blick wurde traurig. "Sie starb. Etwa drei Tage nach ihrer Geburt. Sie wurde im Februar geboren, wahrscheinlich war es dem Kind zu kalt. Deidra soll wohl etwas zu früh auf die welt gekommen sein, daher war sie wohl auch etwas geschwächt. Aideen... meine Urgroßmutter leidete sehr unter diesem schweren Verlust. So sehr... das sie sogar den Verstand verlor. Sie sprach kein einziges Wort mehr. Ein halbes Jahr nachdem ihre Tochter gestorben war, hat ihr Mann sie in ein Sanatorium einweisen lassen. Mein Großvater hat sie bis zu ihrem Tod jede Woche besucht. Es hat ihm immer weh getan, das er sehen musste, wie sie jedes Mal kränker aussah. Ihre Schönheit verblasste. Auch wenn er sie kaum gekannt hat, hat er sie geliebt. An seine Schwester kann er sich kaum noch erinnern. Meine Ururgroßmutter hat sie so gut wie nie erwähnt."
Nun verstand ich was Robin meinte. Konnte meine Geschichte so begonnen haben?! War ich dieses Mädchen gewesen?! War meine Mutter wirklich über meinen angeblichen Tod so zusammengebrochen und hatte den Verstand verloren? Hätte ich dies verhindern können, wenn ich schon als Mensch nach ihr gesucht hätte?
Tausend Fragen schossen mir plötzlich durch den Kopf. Ich schluckte schwer. War das hier wirklich meine Familie? War diese Noreen etwa meine Blutsverwandte?
"Wie ihr seht, ist das keine besonders tolle Familiengeschichte. Aber... irgendwie passt Aideens Name zu der geschichte. Kennt ihr die Legende um ihren Namen?"
Noreen sah von meinem Fassungslosem Gesicht zu Robins. Dieser schüttelte den Kopf.
"Nun ja... Es gab eine Legende über einen Riesen namens Fionn MacCool. Dieser hatte einen Enkel namens Oskar, dessen Frau hieß Aideen.
Es heißt das Aideen ihren Mann so sehr liebte, das sie an gebrochenem Herzen starb, als Oskar im Krieg fiel."
Ich kannte diese Geschichten noch aus meiner Kindheit.
Ich war immer etwas stolz auf die Bedeutung meines Zweitnamens gewesen. Natürlich glaubte ich nie, das man aus Liebe zu jemanden sterben könnte. Bis ich auf Robin traf. Selbst bei Nicolas hatte ich nicht diese starken Gefühle.
"Alice? Geht es dir gut? Du siehst so blass aus."
Noreen beugte sich etwas vor. Ich sah plötzlich auf und bemerkte, das mir Tränen in den Augenwinkeln brannten. Fahrig fuhr ich mir über das Gesicht. Dieses Mal dauerte es etwas länger, um meine Fassung zurück zu gewinnen.
"Ja... ähm, ja die Geschichte... ist wirklich...ähm..."
"Sie meint damit, das Aideen wohl ziemlich gelitten hat." kam mir Robin zur Hilfe.
Ich sah zu ihm herüber. Seine Augen ruhten auf mir. Lautlos formte ich das Wort 'Danke'. Er lächelte leicht.
Noreen wollte gerade etwas sagen, als eine Glocke läutete. Das junge Mädchen sah auf ihre Armbanduhr.
"Oh, wie die Zeit vergeht. Ich habe komplett vergessen Lilith abzusagen. Ich hoffe sie wird nicht sauer sein."
Sie sprang hastig auf und verließ das Zimmer. Uns ließ sie einfach zurück. Ich schluckte erneut.
"Was... davon wusstest du bereits?" fragte ich Robin leise.
Robin atmete tief durch.
"Ich wusste, das Aideen kein besonders schönes Leben hatte. Und das sie... krank geworden ist, kurz nach deinem Geburtstag."
"Was ist mit meinem Vater? Wieso hieß ich Maclachlan?"
"Weil Tomas wohl kaum dein Vater war. Tomas O`Reily war... nicht in Ashbourne neun Monate vor deiner Geburt. Aber Aideen war, wie du schon hörtest, viel auf der Jagd mit Patrick Maclachlan. Es ist sehr wahrscheinlich, das sie sich ineinander verliebten. Und vergiss nicht dein Talent als Tracker. Die Vermutung liegt nahe, das er dein leiblicher Vater ist. Kurz bevor du geboren wurdest, wurde er entlassen.
Es... willst du die Geschichte nun wirklich zu Ende hören?"
Ich sah in seine fragende Augen. Nun da ich bis hierher gekommen war, wollte ich auch alles wissen. Ich nickte entschlossen.
"Nun gut. Also, du wurdest nicht einfach an der St. Mary´s Cathedrale abgelegt. es wurde eine Menge Geld bezahlt, das du verborgen bleiben solltest, Denn es war deine ... Großmutter die eine gewaltige Summe an die Kirche gespendet hast, als du dort aufgenommen wurdest. Sie gab dich fort. Wahrscheinlich, weil du ein... Schandfleck warst, weil du keine echte O`Reily warst. Irgendwann würde jemanden vielleicht auffalen, das Tomas nicht in der Stadt war, als du gezeugt wurdest. Und das würde ein schlechtes Licht auf die O`Reilys werfen. Zudem würde ihr einziger Sohn zum Gespött der ganzen Stadt werden. Das konnte sie nicht zu lassen.
Deswegen trägst du wohl auch den Namen deines Vaters. Niemand hätte auf die O`Reilys verweisen können. Deiner Mutter hat man erzählt du wärst gestorben. So wurden keine Fragen gestellt. Es gibt sogar ein Grab mit deinem Namen darauf."
Ich dachte über seine Worte nach.
Das alles änderte meine komplette Lebensgeschichte. Es erklärte einige Dinge und warf ebenso neue Fragen auf. Sie hatte mich also doch geliebt. Ich konnte nicht anders, als mich etwas über diese Erkenntnis zu freuen.
Auch wenn meine Mutter ebenfalls kein besonders schönes Leben gehabt hatte, konnte ich mir wenigstens darüber sicher sein, das es nicht an ihr lag, das ich nicht bei ihr leben konnte.
Plötzlich sprang Robin neben mir auf. War er eben noch konzentriert, weil er mir geantwortet hatte, stand er in der nächsten Sekunde in einer Kauerstellung neben meinem Stuhl. Ein leises Knurren drang aus seiner Brust.
Ich reckte die Nase in die Luft und nahm nun ebenfalls einen fremden Geruch wahr. Langsam erhob ich mich und legte Robin sanft eine Hand auf die Schulter.
"Ruhig, Robin. Lass uns erst abwarten, wer dort kommt. Wir dürfen nicht zu sehr auffallen. Es wäre am besten, das man uns morgen schon wieder vergessen hätte."
Widerwillig erhob sich mein Liebster. Vorsichtshalber legte er seine Hand in meine.
"Entschuldige nochmal, Lil. Jetzt bist du völlig umsonst aus Dublin hergefahren. Aber Dad möchte heute keine weiteren Führungen mehr haben. Du hättest mit deiner freien Zeit auch bestimmt etwas besseres anfangen können, nicht wahr?!" kam Noreens gedämpfte Stimme aus dem Nebenraum.
"Oh, das macht doch nichts, Noreen. Ich war sowieso in der Gegend... Hast du etwa Besuch?"
Das war eine melodische Stimme, einem Windspiel gleichend. Ich legte den Kopf etwas schief.
"Zwei Touristen. Aus Amerika. Willst du sie kennen lernen?"
Noreens Stimme kam wieder näher. Noch immer hing dieser fremde geruch in der Luft. Ich straffte meine Haltung. Kurz darauf trat Noreen mit ihrer Begleitung ein.
In Sekundenschnelle musterte ich die junge Frau an ihrer Seite.
Sie hatte schwarzes Haar, das ihr offen über die Schultern fiel. Ihre Haut war perlweiß. Sie trug eine enge schwarze Jeans und eine blutrote Bluse, die ihre helle Haut noch etwas mehr betonte. Ihr Gesicht war ebenmäßig mit geschwungenen blassrosa Lippen.
Alles in allem war sie eine wirkliche Schönheit. Und allein wie sie dort in der Tür stand, hatte eine unglaubliche Eleganz. Sie wirkte wie von einem anderen Stern. es war auffällig, das sie anders war.
Doch am auffälligsten an ihrem ganzen Auftreten, waren ihre hypnotiesierenden Augen.
Diese lagen äußerst interessiert auf mir. Und mit jeder Sekunde strahlten ihre Augen mehr.
Strahlten in einem tiefen satten Goldton.
Kapitel 6 Tagesanbruch (Teil 1)
https://www.youtube.com/watch?v=R6ddIyNzBK4
Marié Digby ~ Daybreak
Einige Sekunden standen wir uns stumm gegenüber.
Robins Muskeln waren hart angespannt und seine Augen fixierten die Person uns gegenüber fest. Im ganzen Raum herrschte eine plötzliche Elektrizität, die man fast greifen konnte. Nur Noreen schien sich noch wohl zu fühlen.
"Alice, Nathan, darf ich euch Lilith Thompson vorstellen? Sie hat diese Saison den Job als historische Führerin übernommen. Lil hat ungemein viel Ahnung von Geschichte. Ich könnte das alles garnicht behalten." kam es freundlich von Noreen, die von dem stummen Blickwechsel nichts mitbekommen hatte.
Ich schloss meine Finger fester um die von Robin. Auch wenn es undenkbar war, das ich ihn alleine aufhalten könnte, sollte er sich zum angreifen entscheiden. Dieser versuchte sich etwas zu entspannen, doch es gelang ihm nicht wirklich. Ich atmete kurz durch. Vorsichtig versuchte ich die Gedanken der Schwarzhaarigen zu erkunden. Aber merkwürdigerweise stieß ich gegen eine felsenfeste Mauer. Nicht einmal bei Edward oder Alice war sie so massiv. Und diese beiden waren bereits gut geübt darin. Die Mauer um ihre Gedanken war steinhart, doch nicht annähernd so undurchdringlich wie die von Bella. Aber ich fand kein Schlupfloch darin.
Lilith Thompson musterte mich weiterhin.
"Freut mich euch kenne zu lernen." sagte sie schließlich und wieder erklang dabei ihre Stimme wie ein Windspiel.
Sie trat auf uns zu und streckte die Hand zur Begrüßung aus.Elegant kam sie vor mir zum stehen. Ihre hypnotisierenden Augen ließen mich nicht los. Skeptisch hob ich ebenfalls meine Hand und reichte sie ihr. Ihre Körpertemperatur war diesselbe wie meine. Genau wie ich erwartet hatte. Ganz anders als bei irgendeinem Menschen.
"Die Freude ist ganz auf unserer Seite." antwortete ich schlicht.
Lilith nahm ihre Hand wieder zurück. Sie betrachtete Robin aus den Augenwinkeln. Ihre goldenen Augen wanderten von oben nach unten und wieder zurück.
Ich strich mir eine Strähne hinter das Ohr und sah zu Noreen.
"Vielen lieben Dank, Noreen, für deine Gastfreundschaft und die ganzen Informationen. Es war äußerst interessant diese ganzen Dinge zu erfahren. Ich denke, wir werden uns wieder auf den Weg zurück machen. Wir haben noch einiges vor." sagte ich ruhig.
Noreen schien etwas geknickt darüber, das wir nun gehen wollten.
'Ich habe selten so angenehme Menschen um mich, die mich nicht noch für ein Kind halten.'
Sie strich sich ebenfalls eine Strähne hinter das linke Ohr. Robin, sowie auch Lilith, beobachteten diese kleine Bewegung unauffällig. Lilith hatte diese Bewegung bestimmt schon öfter an Noreen gesehen, doch dieses Mal hatte sie den Vergleich zu mir.
"Schade, das ihr schon gehen müsst. Es hat Spaß gemacht mit euch zu reden. Musst du denn auch schon los, Lil?"
Noreen wand sich hoffnungsvoll an die junge Frau an ihrer Seite. Langsam drehte sich Lilith zu Noreen.
"Da ich hier heute nichts mehr zu tun habe, kann ich meinen anderen Job früher beginnen, Noreen. Schließlich habe ich nicht vor, ewig in Dublin zu bleiben. deswegen werde ich mich auch verabschieden."
Das rothaarige Mädchen senkte leicht traurig kurz den Blick. Sie nickte schließlich. Robin und ich gingen an den beiden vorbei in den großen Vorraum. Noreen war uns gefolgt und reichte uns unsere Jacken. Sie begleitete uns zur Tür und öffnete diese. Es hatte aufgehört zu regnen, nur noch leichter Nebel hing in der Luft. Robin und ich verabschiedeten uns, bevor wir zu unserem Wagen zurück kehrten.
Gerade als Robin etwas sagen wollte, blieb ich abrupt stehen, mein Liebster direkt an meiner Seite. Ich sah nach vorn und legte sofort meine Hand in die von Robin. Er folgte meinem Blick. Sofort erstarrten seine Muskeln erneut.
"Dein Name ... ist nicht Alice, nicht wahr?!" wehte diese klangvolle Stimme zu uns herüber.
Ein alter Ford hatte unseren Mietwagen zu geparkt. Auf dessen Motorhaube saß Lilith Thompson im Schneidersitz. Wieder lagen ihre goldenen Augen auf mir. Woher hatte sie gewusst, das der Mini Cooper unser Wagen war? Das Kennzeichen war ein irisches.
Ich atmete tief durch.
"Wie kommst du darauf, wenn ich das fragen darf?" presste ich hervor.
Irgendwie machte sie mich wütend. Sie hatte diesselbe Wirkung wie dieser Fido Jacob Black auf meinen Gemütszustand.
Lilith rutschte elegant von der Motorhaube und kam auf uns zu. Jeder ihrer Schritte war graziös und tänzelnd. Ähnelte Alice schon wie einer zarten Elfe, so war diese Lilith einer Elfenkönigen gleich. Es wirkte fast, als würde sie leuchten und ihre Füße würden kaum den Boden berühren.
Ein überlegenes Lächeln lag auf ihren Lippen.
Außer den Denalis und meiner Familie, hatte ich noch nie andere Vampire getroffen, die sich ebenfalls freiwillig von Tierblut ernährten. Diese Lilith war die erste. Konnte es ein Zufall sein, das sie mir und Robin hier im Hause meiner Familie begegnet war? Und wie kam sie auf den Gedanken, das ich nicht Alice sein könnte?
"Nun... dein Nachname ist doch Cullen, nicht wahr?"
"Ich... woher... wieso?!..." stammelte ich, doch sie sprach einfach weiter, als hätte sie garnicht auf eine Antwort meinerseits gewartet.
"Ich gehe daher in der Annahme, das du zu Carlisle Cullen gehörst. Er ist bisher... nun nicht ganz der einzige, den ich getroffen habe, der freiwillig auf Menschenblut verzichtet. Jedoch gibt es in unseren Kreisen nicht sehr viele 'Vegetarier'.
Und... ich kenne eine Alice Cullen. Doch du siehst ihr nicht einmal besonders ähnlich, meine Liebe."
Noch immer lächelte sie.
"Sie ist bestimmt nicht die einzige Alice unserer Art!" giftete ich.
Ich hatte mich bereits wieder vor Robin geschoben. Obwohl er inzwischen stärker war als ich, war es eine alte Angewohnheit, mich vor ihn zu stellen. Noch immer wollte ich ihn beschützen. Er war mein ein und alles. Niemand sollte ihm etwas antun. Vorher würde ich kämpfend untergehen.
Lilith faltete ihre Hände und lächelte weiterhin.
"Da magst du vielleicht Recht haben. Allerdings ist der Name unter unseresgleichen nicht sehr häufig. Vor allem gibt es wohl noch weniger von ihnen, die auch als Vegetarierin leben. Da wirst du wohl mit mir übereinstimmen, oder nicht?! Zudem... du bist eine Cullen. Davon gehe ich nun aus, da euer Zimmer auf diesen Namen läuft. Bisher konnte ich euch jedoch nur aus der Ferne betrachten."
Mit diesem plötzlichen Geständnis, klappte mir der Mund auf. Der fremde Vampir stand uns weiterhin lässig gegenüber. Sie tat so, als wäre dies das normalste der Welt. Robin trat hinter mir hervor und musterte Lilith Thompson.
"Wie meinst du das?" fragte er skeptisch.
Die Schwarzhaarige lief nun vor uns auf und ab. Durch den neuen Lichteinfall, konnte ich sehen, das ihr Haar nicht komplett pechschwarz war. Es hatte nun mehr die Farbe von Kastanien. Sie war völlig selbstsicher. Sie zeigte nicht eine Spur von Angst. Obwohl sie zahlenmäßig unterlegen war. Auch sie musste sehen, das Robin noch ein recht junger Vampir war. Diese waren unberechenbar. Zumindest meistens.
"Ihr seid mir bereits in Dublin aufgefallen. Der Name Cullen im Computer des Hotels war mir mehr als bekannt. Ich kann von mir behaupten, das mir bereits einige unserer Art begegnet sind. Mehr als wahrscheinlich dir, meine Liebe."
Sie legte beim sprechen eine Hand auf ihre Brust. Nun fiel mir ein Ring ins Auge, der an ihrem linken Ringfinger steckte. Er war Weißgold und Gold. Dieses Geschmeide sah fast aus wie eine Schlange mit zwei Köpfen, die sich um ihren Finger schlängelte. Zwei tropfenförmige Saphire, einer tiefblau und der andere feurig gelb, dienten als Ersatz für die Augen der Schlange. Auch ohne mich wirklich mit Schmuckstücken auszukennen, konnte ich doch mit Sicherheit sagen, das dieser Ring wertvoll war.
Sie nahm die Hand wieder zurück.
Ich betrachtete sie weiter misstrauisch.
"Du bist uns gefolgt? Und hast uns nachspioniert? Wieso?!" fuhr ich auf.
Lilith lächelte überlegen. Langsam wurde es mir lästig.
"Falls es dich interessiert, ich habe euch nicht nachspioniert. Ich habe in dem Hotel die Nachtschicht am Empfangsschalter gemacht. Durch meine Sprachkenntnisse und der Tatsache, das ich nachts keinen Schlaf brauche, war es für mich ein leichtes den Job zu bekommen. Da ihr das Hotel des Nachts wohl kaum über den Haupteingang verlassen würdet, hättet ihr mich nie bemerkt.
Aber ich habe euch nicht in der Hinsicht verfolgt. Ich brauche diese Jobs. Obwohl der Tatsache, das ich bereits eine Ewigkeit lebe, besitze ich keine großen Reichtümer.
Du bist nicht Alice Cullen. Das weiß ich mit Bestimmtheit. Aber ihr habt mich neugierig gemacht, was ihr hier wolltet. Gerade hier... wo ich auch arbeite..."
"Das geht dich rein garnichts an!" zischte ich gefährlich.
Sie stoppte ihren Lauf und blieb direkt vor mir stehen. Ihre satt goldenen Augen durchbohrten mich geradezu.
"Es war töricht von dir, hierher zu kommen! Du siehst Aideen viel zu ähnlich. Sie hätten euch erkennen können!"
"Wie ich bereits sagte, es geht dich nichts an, was ich hier wollte und ich bin dir keine Rechenschaft darüber schuldig!"
"Ihr hattet Glück, das es Noreen war, die ihr angetroffen habt. Sie stellt nicht sehr viele Fragen oder Vermutungen an. Doch wärt ihr Killian O`Reily begegnet... oder noch schlimmer, gar Seamus O`Reily. Die hättet ihr nicht so leicht täuschen können. Der alte Seamus O`Reily mag zwar langsam senil werden, doch eine Frau die aussieht wie seine Mutter, würde auch ihm fallen!
Das war sehr unüberlegt von euch! Ihr habt damit riskiert, das unsere Welt sich den Sterblichen offenbart!" kam es nun etwas ruppiger von der Schwarzhaarigen.
Robin verhielt sich soweit ruhig. Er hatte sich langsam eingeprägt, das er besser mich mit fremden unserer Art reden lassen sollte. Zwar hatte auch ich noch nicht so viel Erfahrung, aber ich war älter und handelte nicht grundlegend nach meinen Instinkten.
"Wer bist du, das du mir irgendwelche Vorschriften machen könntest?! Du selbst arbeitest für Menschen und hältst dich nicht von ihnen fern. Ich kenne dich nicht! Aber du bist garantiert niemand, dessen Gerede ich mir anhören muss!"
Ich umfasste Robins Hand fester und ging mit ihm an Lilith vorbei. Diese drehte sich langsam mit uns herum.
"Ich kenne deine Gründe nicht, warum du herkommen wolltest oder musstest, aber es war auf jedenfall unvorsichtig, meine Liebe. Und das weißt du selbst. Nicht zuletzt weil dein Begleiter auch noch ein Neugeborener ist. Er hätte Noreen anfallen können. Was hättest du dann getan? Ihn gestoppt? Wohl kaum.
Aber du bist stur. Das war Aideen ebenfalls. Und der gute Paddy war es auch."
Sie lächelte verschlagen, als sie an uns vorbei glitt um zu ihren Wagen zu gelangen. Ohne weiter darüber nachzudenken, griff ich nach ihrem Arm.
"Du kanntest die beiden?!"
Lilith sah von der Hand auf ihrem Arm in mein Gesicht und wieder zurück. Sie schüttelte meine Hand ab.
"Nun ja... wohl eher flüchtig. Die O`Reilys waren alte Freunde unserer Familie. Doch ich habe Aideen nur drei oder zwei Mal gesehen, bevor sie ins Irrenhaus eingeliefert wurde. Und den guten Paddy, den traf ich nur ein einziges Mal, allerdings in einer recht verfänglichen Situation, wenn du verstehst was ich meine. Er und Aideen... naja, sagen wir es mal so, sie standen sich doch recht... nah. Und neun Monate später bekamen sie dafür die Rechnung.
Danach sah ich sie nie wieder. Wie gesagt, waren meine Eltern mit ihnen bekannt. Und ich sollte erst Tomas O`Reily heiraten. Gott sei es gedankt, das sich noch jemand besseres angeboten hatte, mich zu ehelichen.
Du scheinst etwas mit den O`Reily zu tun zu haben, das ist unverkennbar.
Doch du solltest mal über meine Warnung und meine Worte nachdenken. Und du bist nur deswegen so böse, weil du weißt, das ich im Recht bin. Aber keine Sorge, mein Gerede wirst du dir nicht weiter anhören müssen.
In Irland hält mich nichts mehr. Und von allen Dingen in diesem Land, werde ich dich wohl am wenigsten vermissen. Einen schönen Heimflug, 'Alice'."
Ohne uns weiter anzusehen, stieg sie in ihren Wagen und fuhr davon. Ich lief auf die Straße und sah ihr verwirrt hinterher. Robin kam neben mich und starrte ebenfalls die Straße hinunter.
"Was war das denn?" fragte er leise.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Ich habe keine Ahnung."
"Konntest du denn ihre Gedanken nicht lesen?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Nein. Es war... als ob sie genau gewusst hätte... wer wir sind."
Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie Robin langsam nickte.
Die Tage waren nur so vorbei gezogen.
Robin und ich hatten noch etwas die Insel erkundet. Des Nachts jedoch hatte es mich oft nach Ashbourne gezogen. Im Schutze der Dunkelheit, hatte ich mir das Haus meiner Familie angesehen. Das Anwesen war riesig. Im hinteren Teil des großen Gartens, war ein alte verwitterte Holzhütte. Es schien schon ewig nicht mehr benutzt worden zu sein, außer als Brutstätte für Spinnen und allerlei anderen Kriechtieren.
Anscheinend hatte hier ein Teil des Dienstpersonals gelebt. Wohl auch der Jäger Patrick Maclachlan. Mein Vater.
Dieses Wort war für diesen fremden Mann ungewohnt für mich. Zu ihm bekam ich nicht denselben intensiven Bezug, wie zu meiner Mutter.
In zwei Tagen würden wir wieder abreisen.
Lilith Thompson hatten wir seit dem Zusammentreffen bei den O`Reilys in Ashbourne nicht mehr zu Gesicht bekommen. Anscheinend hatte sie Dublin tatsächlich verlassen.
Heute Nacht waren wir erneut in meiner Geburtstadt.
Der Mond schien hell über uns und tauchte die Umgebung in ein silbernes Licht.
Ich war vollauf damit zufrieden, mich auf den Boden zu setzen und einfach meinen Gedanken nach zu hängen. Der Regen hatte die letzten Tage nachgelassen, dadurch war die Erde nicht mehr ganz so stark aufgeweicht.
Gedankenverloren starrte ich vor mich hin. Robin hatte mich für einige Augenblicke verlassen um mir etwas Ruhe für mich allein zu lassen.
Dann spürte ich, wie mir jemand eine Jacke über die Schultern legte. Ich drehte den Kopf nach links und sah zu Robin auf. Er ließ sich neben mir nieder.
"Fühlst du dich ihr näher, wenn wir hier sind?" fragte er sanft und strich mir dabei zärtlich durch das Haar.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Irgendwie... schon. Schließlich ist sie meine Mutter und wir sind beide tot, nicht wahr?!"
Ich löste meine Augen von meinem Liebsten und sah wieder nach vorn. Direkt vor uns waren zwei Grabsteine, die im Mondlicht glänzten. Beide waren aus massiven, weißen Marmor. Auf dem größeren war ein kleines Bild eingelassen. Meine Mutter lächelte schüchtern davon herab. Ihr Geburts - und Todesdatum standen direkt unter ihrem Bild. Am Rand war mit vielen Schnörkeln verziert, eine Lilie eingraviert. Die Gravur schimmerte silbern im Mondlicht.
Neben dem Stein meiner Mutter war ein kleinerer Grabstein. Es war mein eigener. er war nicht ganz so prunkvoll. Dafür war unter meinem Namen ein Spruch eingelassen: Gott liebte dich so sehr, das er dich zu sich zurück holte um neben ihm zu erstrahlen.
Wahrscheinlich war es der Wunsch meiner Mutter, das dieser Spruch auf meinem Stein stand.
"Ist es für dich eigentlich nicht merkwürdig, vor deinem eigenen Grabstein zu sitzen?"
Ein leises Lächeln huschte über mein Gesicht.
Kapitel 6 Tagesanbruch (Teil 2)
"Es ist nicht mein erstes Grab, Robin. Auch in Ashland gibt es eine Grabstelle mit meinem Namen darauf. Jedoch ist es ein Armengrab. Ich hatte keine Familie, demnach bekam ich ein Holzkreuz mit meinem Namen und meinem Todesdatum mit meinem Geburtsjahr. In beiden Gräbernliegt allerdings niemand. Mein Vater beaufsichtigte das Begräbnis in Ashland."
Ich kicherte humorlos.
"Was ist los?" fragte Robin.
"Bemerkst du nicht die Ironie?! Ich wurde in Ashbourne und in Ashland begraben. In beiden Städten sollte mein Leichnam zu Staub zerfallen. Meine Asche würde dann für ewig ruhen."
Robin musterte mich. Zärtlich legte er einen Arm um meine Schultern. Ich lehnte mich etwas zurück. Meine Kopf berührte seine Brust, während er mir einen Kuss auf mein Haar hauchte. Für seine bloße Anwesenheit war ich unsagbar dankbar. Er brauchte kein Wort zu sagen.
"Das mit der Jacke, war eine nette Idee, Robin." sagte ich leise.
"Nur weil du nicht mehr frieren kannst, heißt das nicht, das du nicht trotzdem nass werden kannst von diesem Nebel."
Er drückte mich noch etwas fester an seine Brust. Ich atmete tief ein. Die Erde roch angenehm, aber der Geruch war nichts gegen den, der von Robin ausging. Sein betörender Duft, ließ alle meine Sinne vibrieren. Wieder spürte ich seine weichen Lippen auf meinem Haupt.
Schweigend saßen wir vor den beiden Gräbern. Nach einiger Zeit, kam Robin nahe an mein Ohr heran.
"Sollen wir zurück? Es wird bald helle werden und wir wollen doch nicht gesehen werden."
Ich nickte langsam. Robin nahm seinen Arm zurück und half mir auf. Wir fassten uns an den Händen. Mein Liebster sah mir tief in die Augen. Die Liebe darin, schaffte es, das mir die Knie weich wurden. Ein schiefes, aber herzerwärmendes Lächeln lag auf seinem Gesicht.
Mein Blick senkte sich kurz und wanderte zu den beiden Grabsteinen zurück. Innerlich nahm ich Abschied von meiner Mutter. Und schloß somit mit meiner dunklen Vergangenheit ab.
"Gut. Lass uns gehen." Ich sah Robin wieder an. "Danke, das du mir das hier gezeigt hast, Robin."
Ich küsste seinen Mundwinkel, bevor wir uns auf den Weg zurück nach Dublin machten. In der Nacht liefen wir immer zu Fuß, da wir uns aus dem Hotel schlichen. Die Strecke legten wir rasch zurück. Am Personaleingang des Hotels gingen wir hinter einer Mülltonne in Deckung. Der Schichtwechsel stand kurz bevor. Die Tür schwang auf. Wir liefen los und stahlen uns durch den Türspalt. In übermenschlicher Geschwindigkeit rannten wir durch die Küche und anschließend die Treppe hinauf. In unserem Zimmer, streiften wir unsere Jacken ab.
Robin strich mir eine Strähne hinter das Ohr.
"Willst du zuerst duschen?" fragte er leise.
Ich sah zu ihm auf und nickte. Hastig schlüpfte ich ins Badezimmer, drehte das Wasser auf und entledigte mich meiner Sachen. Danach stieg ich unter den warmen Wasserstrahl und bemerkte kurz darauf, wie sich meine Muskeln entspannten.
Ich ließ das Wasser auf mich nieder prasseln. Meine Gedanken schweiften ab. Alice hatte wieder einmal Recht gehabt. Diese Reise war gut für mich gewesen. Endlich konnte ich die Schatten meiner Vergangenheit abschütteln.
Nach der wohltuenden Dusche, zog ich mir ein lockeres großes Hemd über meine nackte Haut und schlüpfte in eine Hot Pants. Es war unverbindlich und sollte jemand vom Hotel eventuell in unser Zimmer wollen, würde es zumindest so aussehen als hätten wir geschlafen. Zudem war es wirklich bequem.
Ich trat aus dem Badezimmer. Robin küsste mich auf die Wange, bevor er selbst im Badezimmer verschwand. Die Dusche sprang erneut an. Ich ging zu dem großen Schreibtisch vor dem Fenster. Robins Laptop stand darauf. Ich schaltete ihn ein und wartete auf eine Verbindung mit dem Internet. Einige E - Mails waren in seinem Postfach. Darunter war eine von Alice und eine von meiner Mutter. Die von Alice beschrieb ausführlich die Dekoration für das Haus und das sie es kaum erwarten konnte, das ich das Kleid endlich anprobieren konnte. Auch wenn sie bereits gesehen hatte, das es mir passen würde, war sie erst beruhigt, wenn ich es direkt vor ihren Augen anhatte. Allerdings erwähnte sie mit keinem Wort, Lilith Thompson.
Hatte sie den fremden Vampir nicht gesehen? Konnte es sein, das sie mit den Hochzeitsvorbereitungen so beschäftigt war, das ihr diese Sache entgangen war?
Das sah Alice eigentlich nicht ähnlich, doch es war schon vorgekommen, das ihr etwas entging.
Meine Mutter schrieb, das sie uns vermisste und sich bereits auf unsere Wiederkehr freute.
Noch immer nannte ich sie Mutter. denn das war sie. Esme hatte sich um mich gekümmert und gesorgt. Sie hatte dafür gesorgt, das ich alles über Kunst lernte, genauso wie über Poesie, Lyrik und jedes andere geschriebene Wort. Sie hatte das Haus immer mit Liebe und Wärme gefüllt. Auch wenn ich nun wusste, das Aideen mich nicht freiwillig abgegeben hatte, war Esme für mich meine Mutter und sie würde es auch bleiben.
Der Bildschirmschoner des Laptops sprang an. Verschiedene Bilder erschienen udn verschwanden wieder. Auf einigen waren er und sein Bruder, die lustige Grimassen schnitten. Bei denen musste ich lachen. Robin wirkte darauf so befreit. Das hatte ich als Mensch kaum an ihm gesehen. Es war immer so gewesen, als hätte er mehr gelitten, als irgendein anderer Teenager. Wahrscheinlich hatte das mit den Zusammenhängen zu tun, wie sein Leben gelaufen war. Vielleicht hatte es doch sein gutes, das er so manches davon inzwischen vergessen hatte.
Auf einem anderen waren seine Eltern bei ihrer Hochzeit. Sie lächelten glücklich.
Dann waren dort einige Bilder, auf denen auch Teile meiner Familie abgebildet waren. Alice und jasper, wie sie verträumt nebeneinander saßen. Edward und Emmett mit Bella in ihrer Mitte, die in die Kamera winkten. Das waren Bilder eines normalen Teenager mit seinen Freunden und seiner Familie.
Doch das Bild, das mir am besten gefiel, war das auf dem Robin mit mir tanzte. das war auf der Abschlussparty, die Alice veranstaltet hatte. Meine Arme waren um Robins Nacken geschlungen. Meine Augen waren auf ihn gerichtet. Voller Liebe. Noch nie hatte ich mich von diesem Standpunkt aus gesehen. Wir hoben uns geradezu von den umstehenden Personen ab. Strahlten wie Diamanten im Sand. Robin war damals noch ein Mensch gewesen. Nun sah man deutlicher die Veränderungen, die er durchlaufen hatte.
Das Bild verblasste und machte anderen Platz.
Ich stand langsam von dem Stuhl auf und ging zur Balkontür. Der Morgen war noch nicht ganz heruafgezogen. Doch er kroch bereits langsam über die Baumwipfel. Ich liebte diese Zeit. Die Nacht war vorrüber, aber der Morgen war noch nicht richtig angebrochen. Es war, als wäre man in einer Art Zwischenwelt in der alles möglich war.
Zwei starke Arme legten sich um meiner Taille. Ich war so in meinen eigenen Gedanken vertieft gewesen, das ich garnicht gehört hatte, wie in der Dusche das Wasser abgestellt worden war. Nun atmete ich den wunderbaren Duft ein, den Robin verströmte. Ich legte den Kopf nach hinten und lehnte gegen seine Brust. Er atmete tief ein.
"Du riechst so gut." flüsterte er.
Ich lächelte.
"Dito."
Seine Lippen berührten wieder mein Haar.
"Worüber denkst du nach? Wenn du so vertieft bist, beschäftigt dich etwas."
Ich seufzte tief.
"Über vieles."
"Auch über Lilith Thompson? Hat Alice sie erwähnt?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Nein. Ich frage mich, ob sie Alice wirklich kennt. Und wenn ja, woher und warum hat Alice sie nicht gesehen?" Ich runzelte die Stirn. "Sie scheint ein Geheimnis zu haben."
Robin legte sein Kinn auf meine Schulter. Seine Augen sahen in die Ferne und musterten den nachtblauen Himmel an dessen Horizont sich bereits der Morgen glutrot abzeichnete.
"Der Himmel sieht unglaublich aus." hauchte er.
"Ich liebe diese Zeit. Es ist zwar die Morgendämmerung, aber für mich hatte sie immer etwas besonderes."
"Wieso?" fragte er neugierig.
"Sie ist geradezu magisch. Man spürt deutlich, das ein neuer Tag beginnt. Das die Welt sich noch immer dreht und die Zeit trotz allen noch immer vergänglich ist. Für unsere Art, ist es allerdings meist das Ende unseres Tages.
Eine zeitlang, fürchtete ich jedoch ebenfalls die Morgendämmerung." sagte ich leise.
Robins Arme schlossen sich fester um mich.
"Warum hast du dich vor einer Tageszeit gefürchtet? Tageslicht tötet Vampire doch nicht."
Ich atmete tief ein.
"Als das mit uns angefangen hat, habe ich mir oft gewünscht ich könnte noch schlafen. Um einfach alles für einen Moment auf Pause zu schalten. Du wirst noch früh genug merken, das einem der Kopf rauchen kann, wenn man niemals ruht.
Vor allem machte ich mir oft Gedanken darüber, wie unterschiedlich wir waren. Schien die Sonne konnten wir nicht zusammen sein. Du warst sterblich. Ich unsterblich. Deine Haut war nicht eiskalt und deine Augen hatten noch ihre natürliche Augenfarbe.
Am Tage war alles so kompliziert.
Doch wenn die Abenddämmerung einsetzte, konnte ich mehr ich selbst sein, als jemals am Tage. In der Nacht waren du und ich gleich. Ich musste mich nicht verstellen. Musste keine Angst haben, das ein Sonnenstrahl meine wahre Identität offenbarte. Meine Augen sind in der Dunkelheit kaum auffäliger als die eines Menschen. Und auch die Haut eines Menschen ist in der Nacht kälter als am Tage. Wir waren uns ähnlicher als jemals zuvor.
Wenn du geschlafen hast, habe ich dich irgendwie beneidet. Du konntest träumen.
Also habe ich mich ans Fenster gestellt, jedesmal wenn die Dunkelheit noch nicht von dem Licht verbannt wurde. Ich nannte mein Niemandsland.
Dann schloss ich die Augen und ließ meine Gedanken schweifen.
Und ich konnte es sehen, Robin. Ich war wie du.
Ich konnte sehen, wie wir ausgingen. Eine richtige Verabredung, wie jeder Teenager sie auch hat. Wir gingen... Pizza essen und auch... tanzen. Halt eben diese Klischees, die ich aus Filmen kenne.
Jeden Morgen stellte ich mir dieses Leben vor. Jeden Morgen erlebte ich neue Dinge mit dir zusammen in meinem Niemandsland. Und alles war möglich.
Dort bekam ich eine Gänsehaut, wenn du mich berührtest. Lauter wohlige Schauer, wenn du mich küsstest.
So kam es, das ich uns ein richtiges gemeinsames Leben erträumt hatte. Wir wurden älter. Ich sah unseren Abschlusball und wie wir auf ein College gehen würden.
Ich erträumte mir immer mehr. Und ich war dort so glücklich, das ich irgendwann Angst vor dem Tagesanbruch hatte. Denn wenn ich die Augen öffnen würde, würde alles vorbei sein. Wir würden wieder wir selbst sein. Du wärst wieder dieser zerbrechliche Mensch. Und ich wieder der unsterbliche Vampir.
Zwei Liebende, ohne Zukunft." beendete ich meinen Vortrag.
Robin drehte mich langsam zu sich herum. Seine Hände lagen auf meiner Hüfte.
"Aber... wir haben jetzt eine gemeinsame Zukunft, Deidra. Und die kann uns keiner mehr weg nehmen."
Er beugte sich zu mir hinunter und küsste mich zärtlich. Seine rechte Hand legte sich auf meine Wange. Robin löste sich von mir und sah mich an.
"Du hast dir also unser Leben vorgestellt, ja?! Auch... andere Dinge... wie zum Beispiel, das hier?"
Erneut beugte er sich zu mir und küsste meinen Mundwinkel, wanderte dabei zu meinem Ohrläppchen um auch dieses zu liebkosen.
Ich schluckte und schloss meine Augen. Meine Knie wurden wieder einmal weich. Haltsuchend legte ich meine Arme um seinen Hals.
"Ähm..." war alles was ich nur noch mit trockenem Mund stammeln konnte.
Sekunden später waren seine Lippen wieder auf meinen. Seine starken Arme hoben mich hoch und trugen mich durch das Zimmer. Nicht einen Moment verließen seine verlangenden Lippen die meinen.
Ich spürte das weiche Seidenlaken auf meiner Haut, als er mich auf dem Bett absetzte. Mir wurde heiß und kalt. Es war, als würde mein Innerstes in Flammen stehen. Robins Lippen schmeckten so süß und verschmolzen mit meinen. Meine Hände gruben sich in sein Haar. Sanft löste er sich von mir. Sein Atem ging schneller, ebenso wie mein eigener. Tief sah er mir in die Augen. Ohne das ich widersprach, knöpfte er mir das Hemd auf und ließ es mir über die Schulter gleiten. Ich konnte sehen, das seine Finger leicht zitterten.
Er war trotz allem nervös. Ich lächelte leise.
Zärtlich wanderten seine Finger wie Schmetterlingsflügel über meine nackte Haut. Und das erste Mal seit einer Ewigkeit, spürte ich wie eine Gänsehaut über meinen Körper kroch. Ich spürte dieses aufregende Kribbeln. Ganz deutlich. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht.
Plötzlich hörte ich verschiedene Stimmen in meinem Kopf. Sie stellten sich lauter und leiser, als würde mir jemand Watte auf die Ohren drücken. Es war mir noch nie passiert, das ich mit einem Mal so unkonzentriert war.
Robins Lippen wanderten nun über meinen Hals und landeten auf meienr Schulter. Er bedeckte meine Haut mit Küssen.
Ich leckte mir über die Lippen und schloss meine Augen um mich wieder zu fangen. Meine Hände legten sich wie von selbst auf Robins Brust. Das hatte mich schon immer irgendwie beruhigt. Es schien zu wirken. Ich spürte, wie es funktionierte. Meine Atmung wurde ruhiger. Die Stimmen wurden wieder zu Hintergrundgeräuschen.
Robins Küsse stoppten. Er verlagerte sein Gewicht etwas nach hinten.
"Deidra?" sagte er leise.
Ich konnte das Lächeln in seiner Stimme hören.
"Ja?" antwortete ich ebenso leise.
"Öffne deine Augen."
Blinzelnd schlug ich sie auf. Wie erwartet, lächelte er mich an. Er nahm mein Gesicht in seine Hände.
"Keine Sorge, Deidra. Ich verspreche dir, das ich noch immer hier bei dir sein werde, wenn du die Augen öffnest. Der Tagesanbruch wird dieses Mal nichts mit sich fortnehmen." Sanft beugte er sich vor und küsste meine Nasenspitze. "Ich liebe dich zu sehr, als das ich dich je wieder verlassen will."
Als ich in seine entschlossenen Augen sah, wusste ich das es wahr war. Er würde mir niemals absichtlich weht tun. Jede Faser meines Körpers war sich dieser Tatsache bewusst. Obwohl ich es war, die ihn zu diesem Leben verdammt hatte, liebte er mich noch immer.
Meine Finger berührten zaghaft seine Lippen. Auch meine zitterten leicht.
Es war, als wäre uns erst jetzt wirklich bewusst, das wir das erste Mal seit wir uns kannten wahrhaftig allein waren. Niemand würde lauschen.
Sollte ich diesen Schritt wagen? Wer wusste, wann wir wieder allein sein würden. Und hatte Robin nicht schon bewiesen, das er nicht wie die anderen neugeborenen Vampire war?
Das er mich so berührte und intensiv küsste, war die erste wirkliche Anwandlung von Begierde von seiner Seite aus. Bisher hatte er immer darauf geachtete, mich nicht zu bedrängen oder mir das Gefühl zu geben, diese Intimität müsste bereits jetzt sein.
Ich wusste, das er ab und zu daran gedacht hatte, wie es wäre mich intim zu berühren, wenn er abgelenkt war. Dabei musste manchmal grinsen. Irgendwie fühlte ich mich geehrt, das ich solche Gefühle bei Robin auslöste. Es zeigte, das ich auch wirklich wie eine anziehende Frau aus ihn wirkte. Auch wenn ich manchmal Scham davor hatte. Solche Gedanken hatte ich so gut wie nie. Als ich noch lebte, gehörten solche Dinge in eine Ehe. Alles davor war eine Sünde. Und bis heute, hatte ich mich noch nie weiter als bis zum küssen verführen lassen.
Doch wenn ich meinen Liebsten ansah, schämte ich mich nicht mehr länger für diese Gedanken. Es war mir egal. Ich liebte ihn.
Zärtlich wanderten seine Fingerkuppen unablässig über meine nackte Haut. Wieder fühlte ich ein Kribbeln, dort wo er mich berührte.
Er küsste mich erneut. Voller Leidenschaft und Begierde. Seine Arme drückten mich fest gegen seine perfekte nackte Brust. Ich atmete den Duft seiner warmen Haut ein und ich schmeckte seine Zunge in meinem Mund. Mir wurde schwindelig. Doch dieses Mal kamen die Stimmen nicht zurück. Dieses Mal wusste ich, was kommen würde.
Robin löste sich noch einmal von mir.
"Ich verstehe es, Deidra, wenn du das hier noch nicht willst. Wirklich. Wir können noch warten. Ich will nicht, das du das nur tust, weil du das gefühl hast, du müsstest das tun." hauchte er.
Das war noch immer der Robin, den es schon als Mensch gegeben hat.
Ich tauchte in seine Augen. Für mich waren sie in diesem Moment nicht rot oder golden. Ich erinnerte mich an das tiefe Schokoladenbraun, das beinah schon schwarz wirkte. Ich erinnerte mich daran, wieviel Liebe immer darin gelegen hatte und nicht das kleinste bisschen war davon verschwunden.
Für ihn würde ich immer nur die eine sein. Egal wer oder was ich war. Für ihn gehörten wir auf ewig zusammen. Genauso wie es für mich war.
Ich setzte mich aufrechter.
Er war immer so bemüht, mich zu nichts zu drängen. Selbst jetzt noch, wo er vor Verlangen nach mir bebte und zitterte, wollte er nur das ich mich wohl fühlte. Ich lächelte leise.
Ohne weitere Worte beugte ich mich zu ihm vor und küsste ihn leidenschaftlich.
Meine rechte Hand grub sich in sein Haar, während ich ihn mit mir zusammen hinunter auf das Bett zog.
Mit einem Mal war alles so klar, wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Alles in meinem Leben war auf diesen Zeitpunkt zugelaufen. Robin war meine Vergangenheit, meine Gegenwart und meine Zukunft. Deswegen konnte ich mich fallen lassen und das erste Mal meine Sicherheit aufgeben. Denn Robin würde mich nicht verletzen. Ich konnte es nun deutlich spüren.
Ich war nun endlich bereit, ihm das wertvollste zu geben, was ich besaß.
Und der Strudel der Leidenschaft riß mich hinfort und ließ mein trauriges altes Selbst irgendwo zurück.
Ein Selbst, das ich auf dem Rückweg auch nicht wieder einsammeln würde.
Während ich dies beschloss und mich der Liebe hingab, kroch die Sonne komplett in unser Zimmer.
Der Tag war vollständig angebrochen.
Ich kicherte humorlos.
"Was ist los?" fragte Robin.
"Bemerkst du nicht die Ironie?! Ich wurde in Ashbourne und in Ashland begraben. In beiden Städten sollte mein Leichnam zu Staub zerfallen. Meine Asche würde dann für ewig ruhen."
Robin musterte mich. Zärtlich legte er einen Arm um meine Schultern. Ich lehnte mich etwas zurück. Meine Kopf berührte seine Brust, während er mir einen Kuss auf mein Haar hauchte. Für seine bloße Anwesenheit war ich unsagbar dankbar. Er brauchte kein Wort zu sagen.
"Das mit der Jacke, war eine nette Idee, Robin." sagte ich leise.
"Nur weil du nicht mehr frieren kannst, heißt das nicht, das du nicht trotzdem nass werden kannst von diesem Nebel."
Er drückte mich noch etwas fester an seine Brust. Ich atmete tief ein. Die Erde roch angenehm, aber der Geruch war nichts gegen den, der von Robin ausging. Sein betörender Duft, ließ alle meine Sinne vibrieren. Wieder spürte ich seine weichen Lippen auf meinem Haupt.
Schweigend saßen wir vor den beiden Gräbern. Nach einiger Zeit, kam Robin nahe an mein Ohr heran.
"Sollen wir zurück? Es wird bald helle werden und wir wollen doch nicht gesehen werden."
Ich nickte langsam. Robin nahm seinen Arm zurück und half mir auf. Wir fassten uns an den Händen. Mein Liebster sah mir tief in die Augen. Die Liebe darin, schaffte es, das mir die Knie weich wurden. Ein schiefes, aber herzerwärmendes Lächeln lag auf seinem Gesicht.
Mein Blick senkte sich kurz und wanderte zu den beiden Grabsteinen zurück. Innerlich nahm ich Abschied von meiner Mutter. Und schloß somit mit meiner dunklen Vergangenheit ab.
"Gut. Lass uns gehen." Ich sah Robin wieder an. "Danke, das du mir das hier gezeigt hast, Robin."
Ich küsste seinen Mundwinkel, bevor wir uns auf den Weg zurück nach Dublin machten. In der Nacht liefen wir immer zu Fuß, da wir uns aus dem Hotel schlichen. Die Strecke legten wir rasch zurück. Am Personaleingang des Hotels gingen wir hinter einer Mülltonne in Deckung. Der Schichtwechsel stand kurz bevor. Die Tür schwang auf. Wir liefen los und stahlen uns durch den Türspalt. In übermenschlicher Geschwindigkeit rannten wir durch die Küche und anschließend die Treppe hinauf. In unserem Zimmer, streiften wir unsere Jacken ab.
Robin strich mir eine Strähne hinter das Ohr.
"Willst du zuerst duschen?" fragte er leise.
Ich sah zu ihm auf und nickte. Hastig schlüpfte ich ins Badezimmer, drehte das Wasser auf und entledigte mich meiner Sachen. Danach stieg ich unter den warmen Wasserstrahl und bemerkte kurz darauf, wie sich meine Muskeln entspannten.
Ich ließ das Wasser auf mich nieder prasseln. Meine Gedanken schweiften ab. Alice hatte wieder einmal Recht gehabt. Diese Reise war gut für mich gewesen. Endlich konnte ich die Schatten meiner Vergangenheit abschütteln.
Nach der wohltuenden Dusche, zog ich mir ein lockeres großes Hemd über meine nackte Haut und schlüpfte in eine Hot Pants. Es war unverbindlich und sollte jemand vom Hotel eventuell in unser Zimmer wollen, würde es zumindest so aussehen als hätten wir geschlafen. Zudem war es wirklich bequem.
Ich trat aus dem Badezimmer. Robin küsste mich auf die Wange, bevor er selbst im Badezimmer verschwand. Die Dusche sprang erneut an. Ich ging zu dem großen Schreibtisch vor dem Fenster. Robins Laptop stand darauf. Ich schaltete ihn ein und wartete auf eine Verbindung mit dem Internet. Einige E - Mails waren in seinem Postfach. Darunter war eine von Alice und eine von meiner Mutter. Die von Alice beschrieb ausführlich die Dekoration für das Haus und das sie es kaum erwarten konnte, das ich das Kleid endlich anprobieren konnte. Auch wenn sie bereits gesehen hatte, das es mir passen würde, war sie erst beruhigt, wenn ich es direkt vor ihren Augen anhatte. Allerdings erwähnte sie mit keinem Wort, Lilith Thompson.
Hatte sie den fremden Vampir nicht gesehen? Konnte es sein, das sie mit den Hochzeitsvorbereitungen so beschäftigt war, das ihr diese Sache entgangen war?
Das sah Alice eigentlich nicht ähnlich, doch es war schon vorgekommen, das ihr etwas entging.
Meine Mutter schrieb, das sie uns vermisste und sich bereits auf unsere Wiederkehr freute.
Noch immer nannte ich sie Mutter. denn das war sie. Esme hatte sich um mich gekümmert und gesorgt. Sie hatte dafür gesorgt, das ich alles über Kunst lernte, genauso wie über Poesie, Lyrik und jedes andere geschriebene Wort. Sie hatte das Haus immer mit Liebe und Wärme gefüllt. Auch wenn ich nun wusste, das Aideen mich nicht freiwillig abgegeben hatte, war Esme für mich meine Mutter und sie würde es auch bleiben.
Der Bildschirmschoner des Laptops sprang an. Verschiedene Bilder erschienen udn verschwanden wieder. Auf einigen waren er und sein Bruder, die lustige Grimassen schnitten. Bei denen musste ich lachen. Robin wirkte darauf so befreit. Das hatte ich als Mensch kaum an ihm gesehen. Es war immer so gewesen, als hätte er mehr gelitten, als irgendein anderer Teenager. Wahrscheinlich hatte das mit den Zusammenhängen zu tun, wie sein Leben gelaufen war. Vielleicht hatte es doch sein gutes, das er so manches davon inzwischen vergessen hatte.
Auf einem anderen waren seine Eltern bei ihrer Hochzeit. Sie lächelten glücklich.
Dann waren dort einige Bilder, auf denen auch Teile meiner Familie abgebildet waren. Alice und jasper, wie sie verträumt nebeneinander saßen. Edward und Emmett mit Bella in ihrer Mitte, die in die Kamera winkten. Das waren Bilder eines normalen Teenager mit seinen Freunden und seiner Familie.
Doch das Bild, das mir am besten gefiel, war das auf dem Robin mit mir tanzte. das war auf der Abschlussparty, die Alice veranstaltet hatte. Meine Arme waren um Robins Nacken geschlungen. Meine Augen waren auf ihn gerichtet. Voller Liebe. Noch nie hatte ich mich von diesem Standpunkt aus gesehen. Wir hoben uns geradezu von den umstehenden Personen ab. Strahlten wie Diamanten im Sand. Robin war damals noch ein Mensch gewesen. Nun sah man deutlicher die Veränderungen, die er durchlaufen hatte.
Das Bild verblasste und machte anderen Platz.
Ich stand langsam von dem Stuhl auf und ging zur Balkontür. Der Morgen war noch nicht ganz heruafgezogen. Doch er kroch bereits langsam über die Baumwipfel. Ich liebte diese Zeit. Die Nacht war vorrüber, aber der Morgen war noch nicht richtig angebrochen. Es war, als wäre man in einer Art Zwischenwelt in der alles möglich war.
Zwei starke Arme legten sich um meiner Taille. Ich war so in meinen eigenen Gedanken vertieft gewesen, das ich garnicht gehört hatte, wie in der Dusche das Wasser abgestellt worden war. Nun atmete ich den wunderbaren Duft ein, den Robin verströmte. Ich legte den Kopf nach hinten und lehnte gegen seine Brust. Er atmete tief ein.
"Du riechst so gut." flüsterte er.
Ich lächelte.
"Dito."
Seine Lippen berührten wieder mein Haar.
"Worüber denkst du nach? Wenn du so vertieft bist, beschäftigt dich etwas."
Ich seufzte tief.
"Über vieles."
"Auch über Lilith Thompson? Hat Alice sie erwähnt?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Nein. Ich frage mich, ob sie Alice wirklich kennt. Und wenn ja, woher und warum hat Alice sie nicht gesehen?" Ich runzelte die Stirn. "Sie scheint ein Geheimnis zu haben."
Robin legte sein Kinn auf meine Schulter. Seine Augen sahen in die Ferne und musterten den nachtblauen Himmel an dessen Horizont sich bereits der Morgen glutrot abzeichnete.
"Der Himmel sieht unglaublich aus." hauchte er.
"Ich liebe diese Zeit. Es ist zwar die Morgendämmerung, aber für mich hatte sie immer etwas besonderes."
"Wieso?" fragte er neugierig.
"Sie ist geradezu magisch. Man spürt deutlich, das ein neuer Tag beginnt. Das die Welt sich noch immer dreht und die Zeit trotz allen noch immer vergänglich ist. Für unsere Art, ist es allerdings meist das Ende unseres Tages.
Eine zeitlang, fürchtete ich jedoch ebenfalls die Morgendämmerung." sagte ich leise.
Robins Arme schlossen sich fester um mich.
"Warum hast du dich vor einer Tageszeit gefürchtet? Tageslicht tötet Vampire doch nicht."
Ich atmete tief ein.
"Als das mit uns angefangen hat, habe ich mir oft gewünscht ich könnte noch schlafen. Um einfach alles für einen Moment auf Pause zu schalten. Du wirst noch früh genug merken, das einem der Kopf rauchen kann, wenn man niemals ruht.
Vor allem machte ich mir oft Gedanken darüber, wie unterschiedlich wir waren. Schien die Sonne konnten wir nicht zusammen sein. Du warst sterblich. Ich unsterblich. Deine Haut war nicht eiskalt und deine Augen hatten noch ihre natürliche Augenfarbe.
Am Tage war alles so kompliziert.
Doch wenn die Abenddämmerung einsetzte, konnte ich mehr ich selbst sein, als jemals am Tage. In der Nacht waren du und ich gleich. Ich musste mich nicht verstellen. Musste keine Angst haben, das ein Sonnenstrahl meine wahre Identität offenbarte. Meine Augen sind in der Dunkelheit kaum auffäliger als die eines Menschen. Und auch die Haut eines Menschen ist in der Nacht kälter als am Tage. Wir waren uns ähnlicher als jemals zuvor.
Wenn du geschlafen hast, habe ich dich irgendwie beneidet. Du konntest träumen.
Also habe ich mich ans Fenster gestellt, jedesmal wenn die Dunkelheit noch nicht von dem Licht verbannt wurde. Ich nannte mein Niemandsland.
Dann schloss ich die Augen und ließ meine Gedanken schweifen.
Und ich konnte es sehen, Robin. Ich war wie du.
Ich konnte sehen, wie wir ausgingen. Eine richtige Verabredung, wie jeder Teenager sie auch hat. Wir gingen... Pizza essen und auch... tanzen. Halt eben diese Klischees, die ich aus Filmen kenne.
Jeden Morgen stellte ich mir dieses Leben vor. Jeden Morgen erlebte ich neue Dinge mit dir zusammen in meinem Niemandsland. Und alles war möglich.
Dort bekam ich eine Gänsehaut, wenn du mich berührtest. Lauter wohlige Schauer, wenn du mich küsstest.
So kam es, das ich uns ein richtiges gemeinsames Leben erträumt hatte. Wir wurden älter. Ich sah unseren Abschlusball und wie wir auf ein College gehen würden.
Ich erträumte mir immer mehr. Und ich war dort so glücklich, das ich irgendwann Angst vor dem Tagesanbruch hatte. Denn wenn ich die Augen öffnen würde, würde alles vorbei sein. Wir würden wieder wir selbst sein. Du wärst wieder dieser zerbrechliche Mensch. Und ich wieder der unsterbliche Vampir.
Zwei Liebende, ohne Zukunft." beendete ich meinen Vortrag.
Robin drehte mich langsam zu sich herum. Seine Hände lagen auf meiner Hüfte.
"Aber... wir haben jetzt eine gemeinsame Zukunft, Deidra. Und die kann uns keiner mehr weg nehmen."
Er beugte sich zu mir hinunter und küsste mich zärtlich. Seine rechte Hand legte sich auf meine Wange. Robin löste sich von mir und sah mich an.
"Du hast dir also unser Leben vorgestellt, ja?! Auch... andere Dinge... wie zum Beispiel, das hier?"
Erneut beugte er sich zu mir und küsste meinen Mundwinkel, wanderte dabei zu meinem Ohrläppchen um auch dieses zu liebkosen.
Ich schluckte und schloss meine Augen. Meine Knie wurden wieder einmal weich. Haltsuchend legte ich meine Arme um seinen Hals.
"Ähm..." war alles was ich nur noch mit trockenem Mund stammeln konnte.
Sekunden später waren seine Lippen wieder auf meinen. Seine starken Arme hoben mich hoch und trugen mich durch das Zimmer. Nicht einen Moment verließen seine verlangenden Lippen die meinen.
Ich spürte das weiche Seidenlaken auf meiner Haut, als er mich auf dem Bett absetzte. Mir wurde heiß und kalt. Es war, als würde mein Innerstes in Flammen stehen. Robins Lippen schmeckten so süß und verschmolzen mit meinen. Meine Hände gruben sich in sein Haar. Sanft löste er sich von mir. Sein Atem ging schneller, ebenso wie mein eigener. Tief sah er mir in die Augen. Ohne das ich widersprach, knöpfte er mir das Hemd auf und ließ es mir über die Schulter gleiten. Ich konnte sehen, das seine Finger leicht zitterten.
Er war trotz allem nervös. Ich lächelte leise.
Zärtlich wanderten seine Finger wie Schmetterlingsflügel über meine nackte Haut. Und das erste Mal seit einer Ewigkeit, spürte ich wie eine Gänsehaut über meinen Körper kroch. Ich spürte dieses aufregende Kribbeln. Ganz deutlich. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht.
Plötzlich hörte ich verschiedene Stimmen in meinem Kopf. Sie stellten sich lauter und leiser, als würde mir jemand Watte auf die Ohren drücken. Es war mir noch nie passiert, das ich mit einem Mal so unkonzentriert war.
Robins Lippen wanderten nun über meinen Hals und landeten auf meienr Schulter. Er bedeckte meine Haut mit Küssen.
Ich leckte mir über die Lippen und schloss meine Augen um mich wieder zu fangen. Meine Hände legten sich wie von selbst auf Robins Brust. Das hatte mich schon immer irgendwie beruhigt. Es schien zu wirken. Ich spürte, wie es funktionierte. Meine Atmung wurde ruhiger. Die Stimmen wurden wieder zu Hintergrundgeräuschen.
Robins Küsse stoppten. Er verlagerte sein Gewicht etwas nach hinten.
"Deidra?" sagte er leise.
Ich konnte das Lächeln in seiner Stimme hören.
"Ja?" antwortete ich ebenso leise.
"Öffne deine Augen."
Blinzelnd schlug ich sie auf. Wie erwartet, lächelte er mich an. Er nahm mein Gesicht in seine Hände.
"Keine Sorge, Deidra. Ich verspreche dir, das ich noch immer hier bei dir sein werde, wenn du die Augen öffnest. Der Tagesanbruch wird dieses Mal nichts mit sich fortnehmen." Sanft beugte er sich vor und küsste meine Nasenspitze. "Ich liebe dich zu sehr, als das ich dich je wieder verlassen will."
Als ich in seine entschlossenen Augen sah, wusste ich das es wahr war. Er würde mir niemals absichtlich weht tun. Jede Faser meines Körpers war sich dieser Tatsache bewusst. Obwohl ich es war, die ihn zu diesem Leben verdammt hatte, liebte er mich noch immer.
Meine Finger berührten zaghaft seine Lippen. Auch meine zitterten leicht.
Es war, als wäre uns erst jetzt wirklich bewusst, das wir das erste Mal seit wir uns kannten wahrhaftig allein waren. Niemand würde lauschen.
Sollte ich diesen Schritt wagen? Wer wusste, wann wir wieder allein sein würden. Und hatte Robin nicht schon bewiesen, das er nicht wie die anderen neugeborenen Vampire war?
Das er mich so berührte und intensiv küsste, war die erste wirkliche Anwandlung von Begierde von seiner Seite aus. Bisher hatte er immer darauf geachtete, mich nicht zu bedrängen oder mir das Gefühl zu geben, diese Intimität müsste bereits jetzt sein.
Ich wusste, das er ab und zu daran gedacht hatte, wie es wäre mich intim zu berühren, wenn er abgelenkt war. Dabei musste manchmal grinsen. Irgendwie fühlte ich mich geehrt, das ich solche Gefühle bei Robin auslöste. Es zeigte, das ich auch wirklich wie eine anziehende Frau aus ihn wirkte. Auch wenn ich manchmal Scham davor hatte. Solche Gedanken hatte ich so gut wie nie. Als ich noch lebte, gehörten solche Dinge in eine Ehe. Alles davor war eine Sünde. Und bis heute, hatte ich mich noch nie weiter als bis zum küssen verführen lassen.
Doch wenn ich meinen Liebsten ansah, schämte ich mich nicht mehr länger für diese Gedanken. Es war mir egal. Ich liebte ihn.
Zärtlich wanderten seine Fingerkuppen unablässig über meine nackte Haut. Wieder fühlte ich ein Kribbeln, dort wo er mich berührte.
Er küsste mich erneut. Voller Leidenschaft und Begierde. Seine Arme drückten mich fest gegen seine perfekte nackte Brust. Ich atmete den Duft seiner warmen Haut ein und ich schmeckte seine Zunge in meinem Mund. Mir wurde schwindelig. Doch dieses Mal kamen die Stimmen nicht zurück. Dieses Mal wusste ich, was kommen würde.
Robin löste sich noch einmal von mir.
"Ich verstehe es, Deidra, wenn du das hier noch nicht willst. Wirklich. Wir können noch warten. Ich will nicht, das du das nur tust, weil du das gefühl hast, du müsstest das tun." hauchte er.
Das war noch immer der Robin, den es schon als Mensch gegeben hat.
Ich tauchte in seine Augen. Für mich waren sie in diesem Moment nicht rot oder golden. Ich erinnerte mich an das tiefe Schokoladenbraun, das beinah schon schwarz wirkte. Ich erinnerte mich daran, wieviel Liebe immer darin gelegen hatte und nicht das kleinste bisschen war davon verschwunden.
Für ihn würde ich immer nur die eine sein. Egal wer oder was ich war. Für ihn gehörten wir auf ewig zusammen. Genauso wie es für mich war.
Ich setzte mich aufrechter.
Er war immer so bemüht, mich zu nichts zu drängen. Selbst jetzt noch, wo er vor Verlangen nach mir bebte und zitterte, wollte er nur das ich mich wohl fühlte. Ich lächelte leise.
Ohne weitere Worte beugte ich mich zu ihm vor und küsste ihn leidenschaftlich.
Meine rechte Hand grub sich in sein Haar, während ich ihn mit mir zusammen hinunter auf das Bett zog.
Mit einem Mal war alles so klar, wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Alles in meinem Leben war auf diesen Zeitpunkt zugelaufen. Robin war meine Vergangenheit, meine Gegenwart und meine Zukunft. Deswegen konnte ich mich fallen lassen und das erste Mal meine Sicherheit aufgeben. Denn Robin würde mich nicht verletzen. Ich konnte es nun deutlich spüren.
Ich war nun endlich bereit, ihm das wertvollste zu geben, was ich besaß.
Und der Strudel der Leidenschaft riß mich hinfort und ließ mein trauriges altes Selbst irgendwo zurück.
Ein Selbst, das ich auf dem Rückweg auch nicht wieder einsammeln würde.
Während ich dies beschloss und mich der Liebe hingab, kroch die Sonne komplett in unser Zimmer.
Der Tag war vollständig angebrochen.
Kapitel 7 Home Sweet Home (Teil1)
Das Sonnenlicht durchflutete das Zimmer. Jeder noch so kleine Sonnenstrahl brach sich in dem leicht aufgewirbelten Staub in tausend Regenbogenfarben. Alles glitzerte und funkelte golden.
Ich atmete zufrieden tief durch. Ich lag in Robins Armen. Seine Finger strichen über meine nackte Haut. Zärtlich fuhr er über die große Narbe auf meiner linken Schulter.
Wieder atmete ich tief durch und vernahm seinen betörenden Duft.
Wie hatte ich diesen wundervollen Geruch nur jemals mit dem von Nicolas Finnigan vergleichen können? Noch immer roch er nach einer saftigen grünen Wiese nach einem Frühlingsregen, doch nun mischte sich noch ein Hauch von Pfefferminz mit hinein.
Überhaupt schienen meine Sinne nun viel schärfer zu sein, als wären die letzten Barrieren meiner natürlichen Instinkte weggesprengt worden. Als könnte ich nun erst den vollen Umfang meiner Fähigkeiten nutzen.
Ich drehte meinen Kopf, küsste seine Brust und sah ihn an.
Robins Augen leuchteten. Weiterhin strichen seine Fingerkuppen über meine Haut.
"Hey." sagte er leise als er seine andere Hand hob um mit einer meiner Haarsträhnen zu spielen.
"Hey." antwortete ich ebenso leise.
"Wie fühlst du dich?"
"Wirklich gut. Du warst," ich lächelte nun. "sehr... vorsichtig."
Er wickelte meine Strähne um seinen Zeigefinger.
"Nun ja. Du bist dich nun die Zerbrechlichere von uns beiden, nicht wahr?"
Auch er grinste. Ich stützte mich etwas auf um ihm tiefer in die Augen zu schauen. Wir waren erst vor zwei Nächten auf der Jagd gewesen. Seine Augen wurden bereits heller und waren nicht mehr blutrot.
"Das gefällt dir, nicht wahr?! Das ich nun für dich wie aus Glas bin." Ich zeichnete kleine Kreise auf seine Brust. "Du hast mir nie gesagt, warum das für dich so wichtig ist."
Robin sah mich einige Sekunden schweigend an. Er ließ meine Strähne los, die mir sofort wieder ins Gesicht fiel, und verschränkte seine Finger mit meinen. Sein Blick schweifte kurz zu dem Ring an meiner Hand und wanderte wieder zurück zu meinem Gesicht.
"Jetzt kann ich dich beschützen. Als ihr gegen die Neugeborenen gekämpft habt, fühlte ich mich so nutzlos. Ich habe gesehen, was Edward bereit war zu tun um Bella zu schützen. Er brauchte keine Sekunde darüber nachdenken, das er nicht stark genug dafür wäre. So wie es eigentlich auch sein sollte. Und was war mit mir? Ich war der hilflose Mensch, der riesengroße Wölfe zu seinem Schutz brauchte.
Dir oder deiner Familie konnte ich nicht helfen. Ich war euch eher noch eine Last. Das hat mich fast wahnsinnig gemacht.
Jetzt kann ich dich aber vor allen retten. Ich bin sogar stärker als Emmett. Zur Zeit zumindest noch. Und irgendwie finde ich das Gefühl toll, das ich nun nicht mehr nutzlos in der Ecke stehen muss, wenn du in Gefahr sein solltest." gestand er schließlich.
Ich musste kurz über seine Worte nachdenken.
Bei genauerer Betrachtung, ergaben sie Sinn. Natürlich musste es als Mensch merkwürdig für ihn gewesen sein, das ich stärker war als er. Ein Mädchen, zierlich und klein, konnte eine gusseiserne Pfanne mit der Faust durchschlagen ohne dabei den kleinsten Kratzer zurück zu behalten.
Nun war er kräftiger als ich. Garantiert ein tolles Gefühl, nachdem er als schwacher Mensch mit starken Vampiren gelebt hatte.
Ich verstand ihn.
"Darf ich dir noch eine Frage stellen?" fragte ich.
Er nickte.
"Schieß los."
Ich stockte. Nun war es mir fast peinlich, danach zu fragen.
"Na ja... also... wie... war es? War es... also..."
Er setzte sich etwas weiter auf. Obwohl ich gestammelt hatte, schien er genau zu wissen, was ich meinte. Sein Blick schweifte erneut zu dem Ring an meinem Finger. Sachte strich er mit dem Daumen darüber.
"Es war... anders."
"Anders." wiederholte ich leise.
Er atmete tief durch.
"Versteh mich bitte nicht falsch, Deidra. Es war wundervoll, aber es war halt anders." Robin sah mich wieder an. "Aber ich denke, ich weiß wieso ich das so empfinde."
Ich zog meine Augenbraue in die Höhe.
"Wieso?" fragte ich neugierig.
Robin lächelte leise.
"Es war dieses Mal anders, weil ich dich wirklich liebe."
"Und in deine letzte Freundin, warst du nicht verliebt?"
Er strich weiter mit dem Daumen über meinen Ring. Ich konnte sehen, wie seine Gedanken abschweiften, auch wenn ich sie nicht lesen konnte.
"Vor dir hatte ich keine richtige Freundin. Das Mädchen, mit dem es damals passiert ist, hieß Anne. Sie war die Cousine von Gregs Freundin Harmony. Ich fand Harmony immer sehr passend für Greg. Ich glaube, er wollte sie sogar heiraten. Wenn sie das College hinter sich hatten, natürlich. Sie war wirklich nett. Kurz vor Gregs Tod, war Anne zu Besuch bei Harmony, die immer noch in Hartford lebte. Obwohl Greg ein richtiger Mädchenschwarm war, hat er Harmony nie betrogen. Naja, jedenfalls, waren beide auf eine Party eingeladen. Greg hat mich überredet, das ich auch mitging, damit ich Anne begleiten könnte.
Sie war nett, hübsch und klug. Wir haben uns echt gut unterhalten.
Und irgendwie... ist es dann passiert.
Es war schön. Aber ich war halt nicht in sie verliebt. Und sie war es auch nicht in mich.
Wie ich schon sagte. Es war anders als jetzt. Dich liebe ich so sehr, das ich mir fast wünschte, ich hätte... gewartet, bis ich dich traf."
Ich setzte mich auf. Seine Worte waren ehrlich. Das konnte ich auch ohne Maggies Fähigkeit erkennen.
Ich senkte etwas den Blick. Als Mensch wäre mir wohl die Röte ins Gesicht gestiegen.
"Du... hast dabei... an mich gedacht." sagte ich geschmeichelt.
Er nickte und grinste.
"Natürlich. An wen sollte ich denn sonst denken?"
Ich legte überlegend meinen Zeigefinger an meine Unterlippe. Verschlagen blickte ich ihn an und legte den Kopf leicht schief. Unter meinen dichten Wimpern leuchteten meine Augen satt golden.
"Hmm... Also ich habe ja nun keine Vergleichsmöglichkeiten, so wie du... dann lass mal überlegen... vielleicht... an Sandra Fawkes?!" stichelte ich schelmisch.
Robins Augen wurden erst größer, dann jedoch schien er den Spaß hinter meiner Aussage verstanden zu haben. Er setzte sich blitzschnell aufrecht, umfasste mich fest um die Taille und zog mich eng an sich. Mir blieb kaum Zeit um Luft zu holen, denn Robin fing an mich zu kitzeln. Ich giggelte, während mein Liebster spielerisch knurrte.
"Das kitzelt, Robin!" kicherte ich atemlos.
"Glaubst du denn wirklich, ich würde weiterhin an Sandra Fawkes denken, wenn ich einen echten Engel im Arm halten kann?! Sie ist ja wohl kaum mit dir zu vergleichen!" flüsterte er nahe bei meinem Ohr, bevor er meinen Nacken küsste.
Ich verschränkte hastig seine Finger mit seinen, damit er mich nicht weiter kitzeln konnte.
Er verglich mich mit einem Engel? Wie konnte er?
Ich selbst sah das nicht so. Zwar hatte ich mich mit meinem Leben als Untote abgefunden, doch ich war nicht der Überzeugung, das ich etwas engelhaftes an mir hatte. Ein Engel würde einen Menschen den er liebte, nicht in ein Seelenloses Monster verwandeln. Doch dies versuchte ich zu überspielen. Niemals wollte ich Robin zeigen, das es mir manchmal Schmerzen bereitete, was ich aus ihm gemacht hatte.
Denn er hätte ein Engel werden können. Auch wenn ich nicht mehr an die Existenz meiner Seele glaubte, so konnte ich mir jedoch nicht vorstellen, das so ein guter Mensch wie Robin einst gewesen war, seine komplett verloren haben sollte. Ich hatte damals um ihn geweint, als er im Sterben lag. Und Robin glaubte fest daran, das die Seele eines Menschen nur weiterziehen konnte, wenn man nicht um den Menschen weinte, wenn er starb.
Ich schwieg also.
"Meine Mum fand dich wundervoll, Deidra. Sie selbst sagte, da musst ein Engel sein und das ich so jemanden wie dich verdient hätte..."
Unwillkürlich tauchte ich in seine Erinnerungen ein. Seine Barrieren waren mit einem Mal fast so dünn wie Papier, wie so oft wenn er von seiner Mutter sprach.
Felicity Peters betrat Robins Zimmer. Dieser saß über seinen Schreibtisch gebeugt. Er sah auf als er seine Mutter hinter sich hörte.
Hastig schob er einige Unterlagen unter seine Bücher.
"Mom, schleich dich doch nicht immer so an." kam es atemlos von ihm.
"Du machst also wieder einmal die Hausaufgaben für Sandra?" fragte Felicity sanft.
Robin blickte seine Mutter tief in die Augen. Ihr Blick schien ihn zu röntgen. Er atmete tief durch.
"Ach, Mom. Das... das sind nur..."
Sie setzte sich auf sein Bett und fing an nebenbei einige Sachen zu falten, die auf seiner Decke lagen. Ihr Gesicht war zwar blass, doch die Liebe darin war unverkennbar.
"Sie wird bestimmt nicht mit dir ausgehen, Robin. Dieses Mädchen nutzt dich nur aus. Ich weiß das du in sie verliebt bist, aber sie ist kaum die Richtige für dich. Sie ist eingebildet, arrogant und egoistisch. Genau wie ihre Mutter."
Robin seufzte und stand von seinem Stuhl auf. Er griff nach seinen Schulsachen und packte sie nacheinander in seine Tasche.
"Du kennst sie nicht, Mom. Sandra ist etwas besonderes." sagte er mit gesenktem Blick.
"Ja, etwas besonders dummes." warf Felicity ein.
"Mom!"
Felicity zuckte mit den Schultern.
"Das ist meine Meinung, Liebling. Was ist denn mit Anne? Sie war nett, hübsch und klug."
Robin rollte mit den Augen.
"Ja und sie lebt in einem anderen Bundesstaat."
Er warf seine Tasche auf den Boden und ging auf das Bett zu. Felicity griff nach seinen Händen. Sie zog ihn neben sich. Sanft fuhr sie ihm durch das Haar.
"Ich will doch nur dein bestes, Liebling. Ich weiß, das sie dir im Moment wichtig ist, aber du hast was besseres verdient. Ich glaube so ein Wesen muss mindestens ein Engel sein."
"Klar, für mich ist das ja auch so einfach. Ich bin nicht Greg, Mom. Er hatte es leichter, Mädchen kennen zu lernen. Ich bin zu merkwürdig." murmelte Robin.
Felicity legte ihm liebevoll eine Hand auf die Wange.
"Schatz, da draußen gibt es garantiert ein tolles Mädchen, das dich und deine Eigenschaften liebt. Und zwar aus ganzem Herzen. Eines das dich will, so wie du bist. Als liebenswürdiger, kluger und außergewöhnlicher Freak." sagte sie lächelnd.
Auch Robin musste nun grinsen, als sie das Wort Freak gesagt hatte.
"Wenn du es sagst, Mom."
"Ja, das sage ich. Und wenn sie klug ist, lässt sie dich dann auch nie wieder gehen."
Beide lächelten sich an. Dann griff Felicity sich plötzlich an die Schläfe. Robin betrachtete diese Geste sofort besorgt.
"Mom, was ist los? Hast du wieder Kopfschmerzen?"
"Das... mach dir nicht so große Sorgen um mich. Ich werde morgen zum Arzt gehen und mir ein neues Medikament gegen diese Migräne verschreiben lassen." antwortete seine Mutter nebensächlich.
Robin nahm das Gesicht seiner Mutter in seine Hände. Er musterte sie kritisch.
"Du solltest dich am besten komplett durchchecken lassen, Mom. Du hast diese Kopfschmerzen zu oft. Ich fände es besser, wenn du dafür einmal ins Krankenhaus gehen würdest."
Felicity lächelte müde, während sie nickte.
Dann verblasste Robins Erinnerung und wir waren wieder in der Gegenwart.
Immer wenn ich aus einer von Robins Erinnerungen auftauchte, fühlte ich mich danach etwas merkwürdig. Ich war ihm inzwischen so nahe, das seine Gefühle auch die meinen waren.
"Deine Mom war etwas ganz besonderes, Robin. Sie hat dich sehr geliebt." sagte ich leise und verschränkte meine Finger mit seinen.
"Und sie mochte dich sehr. Sie war wirklich erleichtert, das ich dich gefunden habe."
Ich nickte.
"Das hat sie mir selbst auch gesagt."
Bisher hatte ich Robin noch nie erzählt, das ich einmal mit Felicity gesprochen hatte, als sie noch im Krankenhaus gelegen und gelebt hatte. Sie war froh gewesen, das Robin die ganze Sache nicht mehr alleine durchstehen musste. Das hatte mir geschmeichelt. Ich hatte Felicity gemocht.
"Und damit eins klar ist, ich lasse dich auch nie wieder gehen, Robin. Denn ich bin nicht dumm." grinste ich schief.
Robin beugte sich über mich. Sein Haar fiel in seine Augen.
"Das will ich ja wohl auch meinen." Er küsste mich sanft. "Und ich möchte dich gerne etwas fragen, Deidra. Aber ich weiß kaum, wie ich dich das fragen soll..."
Nun wurde ich etwas stutzig. Seine Gedanken waren wieder einmal hinter einer Mauer. Diesen Schutzmechanismus konnte er inzwischen in Sekunden wieder aufrichten. Ich bewunderte ihn dafür. Er schien wirklich für unsere Welt gemacht zu sein.
"Dann... frag mich doch einfach..." sagte ich leise.
Robin lehnte sich wieder zurück und setzte sich aufrecht hin. Er schlang seine Finger ineinander. Der Ring seines Vaters schimmerte leicht.
"Wie werden doch Forks verlassen müssen, sobald Bella verwandelt worden ist, nicht wahr?! Ich meine, das Rudel war über meine Verwandlung schon nicht begeistert, da ist es wohl mehr als deutlich was passieren wird, wenn es erst Bella trifft.
Wie wird es denn dann weitergehen?"
Ich setzte mich ebenfalls auf.
"Nun ja, du hast schon richtig erkannt, wir werden Forks wohl verlassen müssen. Wir wollen keinen Kampf mit dem Wolfsrudel. Wohin es uns dann verschlägt... ist noch nicht klar. Vielleicht ziehen wir zu den Denalis. Oder zumindest nach Alaska."
"Und... was werde ich dann dort sein?"
Ich stutzte kurz. Mir war noch immer nicht ganz klar, worauf er hinaus wollte.
"Du... also... du meinst, als was wir dich dort vorstellen? Nun ja, also ich denke... du könntest, als kleiner Bruder von Rosalie und Jasper durchgehen..."
Robin schüttelte den Kopf.
"Nein. Ich will noch Robin Peters sein." Er atmete tief durch. "Versteh mich nicht falsch. Es würde mir nichts ausmachen, irgendwann Robin Hale zu sein, aber... noch nicht... so schnell. Denn... ich habe... folgendes überlegt..."
Er griff nach meiner Hand, legte sie auf seine Brust und sah mir tief in die Augen.
"Wenn wir irgendwo von vorne anfangen müssen, dann werden wir auch erneut die High School besuchen müssen, nicht wahr? Umso jünger wir uns ausgeben umso länger können wir doch dort bleiben.
Also... ich will nur noch fünf Jahre Robin Peters sein."
"Warum ausgerechnet diese fünf Jahre?" fragte ich verwirrt.
Bisher hatte ich noch nicht verstanden, was er wollte.
"Weil... weil ich gerne hätte, das du wenigstens ein einziges Mal offiziell meinen Nachnamen trägst."
Am Ende des Satzes war seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Ganz langsam, drangen seine Worte in mein Bewusstsein. Sie sickerten ein und setzten sich fest. War das etwas gerade ein Heiratsantrag? Ich schluckte.
"Willst... willst du mich etwa... hast du mich gerade gefragt, ob ich dich heiraten will, Robin?" stammelte ich unsicher und zog eine Augenbraue in die Höhe.
Robin drückte meine Finger auf seiner Brust. Ein mildes Lächeln umspielte seine Lippen.
"Also, ich will dich heiraten, Deidra. Das ist mir in den letzten Tagen mehr als deutlich geworden. Aber erst in fünf Jahren. Da haben wir auf jedenfall bereits einmal die High School durchlaufen und sind auch schon eine Weile zusammen.
Wir sind ja bereits jetzt schon fast wie verheiratet, findest du nicht?
Betrachte... das doch einfach als eine... lange Verlobung." grinste er schief.
Mir blieb im ersten Moment die Sprache weg. Robin hatte vor garnicht so langer Zeit zu mir gesagt, das er mich noch nicht heiraten wollte. Nicht weil er mich nicht liebte, sondern weil er es noch für zu früh befand.
Ich war damit einverstanden. Auch wenn ich bereits sehr lange lebte, fühlte ich mich trotzdem wie ein Teenager, wenn ich mit Robin zusammen war. Diese Liebe war etwas, was ich zum allerersten Mal in dieser Form erlebte. Daher fühlte ich mich bis dahin auch noch nicht wirklich bereit, schon zu heiraten, auch wenn es zu meiner Lebzeit völlig normal gewesen wäre. Doch ich genoss diese Freiheit ohne den Druck irgendwann zu heiraten und Erben zu produzieren. Ganz davon abgesehen, das ich keinen Nachwuchs mehr bekommen konnte. Nicht, das ich es auch wollen würde, sowie Rosalie. Denn dafür, fühlte ich mich eindeutig zu jung, auch wenn ich alt war.
Kapitel 7 Home Sweet Home (Teil2)
Und nun kam Robin von selbst mit solch einer Idee an. Ich sah auf den Ring an meiner Hand und dann in sein wunderschönes, perfektes Gesicht.
Ich seufzte.
"Weißt du, das ist das wundervollste was je einer zu mir gesagt hat, Robin. Und du scheinst dir wirklich sicher zu sein, das du das so willst?"
Er nickte.
"Auch ich bin nicht dumm, Deidra. Dich will ich auch nie wieder gehen lassen. So jemanden wie dich, findest man kein zweites Mal."
In meinem Magen fing es an zu schwirren. Es fühlte sich an, als würde mein Inneres anfangen zu brennen.
"Ich liebe dich." hauchte ich.
"Und ich liebe dich."
Er zog mich wieder in seine Arme. Ich kuschelte mich in seine Armbeuge. Seine Lippen berührten mein Haar.
Ich atmete tief durch.
"Morgen fliegen wir also wieder nach Hause." sagte ich leise.
Robin nickte.
"Ja. Wird dir Irland fehlen?"
"Ich weiß es nicht genau. Irgendwie schon. Es ist mein Heimatland. Hier bin ich geboren und habe auch einen Teil meines Lebens hier verbracht. Aber dank dir, habe ich das dunkle Kapitel meiner Vergangenheit aufgearbeitet. Und außerdem... mir fehlen meine Eltern und meine Geschwister. Sie sind meine Familie."
Ich sah ihn an und küsste ihn zärtlich. Seine Umarmung wurde fester. Und wieder einmal vergassen wir dir Welt um uns herum.
Völlig in Gedanken versunken starrte ich aus dem Fenster. Die Wolken zogen an dem Flugzeug vorbei. Robins Hand lag in meiner. Er gab gerade vor zu schlafen, damit die Stewardess nicht misstrauisch wurde.
Wir waren fast zu Hause. Der Flughafen von Seattle lag nicht mehr weit entfernt. Ich dachte nach. Über mein ganzes Leben. Es lag noch garnicht solange zurück das es total durcheinander gewesen war. Es war so gut wie sinnlos. Ich hätte es nie für möglich gehalten, das mein Leben so eine Wendung nehmen würde, sobald ich wieder nach Forks zurück kehren würde.
Auf einmal hatte alles wieder ein Sinn gehabt.
Anders als Edward Bella damals zu Anfang geradezu verabscheut hatte, hatte Robin mich sofort in seinen Bann gezogen.
Und nun war mein Leben verplant. Alles hatte seine Ordnung.
Robin wollte mich heiraten. In fünf Jahren würde ich also Ms. Robin Peters sein.
Ein merkwürdiger und doch zugleich wunderschöner Gedanke.
Das Flugzeug ging in den Sinkflug. Ich drückte Robins Hand. Er schlug blinzelnd die Augen auf. Ein Lächeln umspielte seine Lippen.
"Wir sind gleich zu Hause." sagte ich leise.
Er nickte und rutschte auf dem Sitz zurecht. Das Flugzeug sank immer tiefer. Bald schon durchbrachen wir die Wolkendecke, die so gut wie ständig über diesen Teil des Landes hing. Sofort hörte ich die leisen Tropfen des Regens die auf das Metall des Flugzeuges niederprasselten.
Sobald die Maschine sanft aufsetzte und vor dem Gate nach kurzen Augenblicken stoppte, begann der übliche Tumult der Passagiere, die nun aussteigen wollten. Robin und ich warteten wieder und waren erneut unter den letzten die das Flugzeug verließen.
Die leicht abgestandene Luft im Flughafen schlug uns entgegen. Wir holten unsere Koffer und machten uns auf den Weg, den Terminal zu verlassen.
Als wir die Glastüren passierten, legte sich mir ein erleichtertes Lächeln auf die Lippen. Direkt dahinter stand niemand geringeres als mein Vater. Auch er lächelte, als er und erblickte. Ich machte größere Schritte und erreichte ihn vor Robin. Mein Vater öffnete seine Arme und drückte mich an sich. Tief sog ich seinen angenehmen Duft ein, den ich immer mit Sicherheit verband. Sanft löste er die Umarmung und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. Dann wand er sich an Robin. Auch ihn umarmte er kurz.
"Willkommen zu Hause."
Seine Stimme klang wie warmer Honig. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie sehr ich diesen Klang vermisst hatte.
Wir nahmen unser Gepäck und verließen den Flughafen. Mein Vater hatte nicht weit vom Eingang entfernt geparkt.
Die Fahrt nach Forks verbrachten wir damit, meinem Vater von unserer Reise und dem Zusammentreffen mit dem irischen Zirkel zu berichten.
Begierig nahm er die Informationen über seine alten Freunde auf. Er hörte aufmerksam zu, als wir ihm erzählten, wie ich die Vergangenheit meiner Familie zusammen mit Robin aufgedeckt hatte.
Dann stockten wir kurz mit unserer Geschichte.
"Bei den O`Reily... sind wir einer wirklich merkwürdigen Person begegnet." sagte Robin.
Ich starrte ihn an. Wieso musste er nun diese Lilith Thompson erwähnen? Alice hatte sie doch nicht gesehen. Und anscheinend kannte sie diesen nervtötenden Vampir auch nicht.
"Meint ihr diese Lilith Thompson? Alice hat gesagt, ihr hättet diesen Namen in eurer E-mail erwähnt." warf mein Vater über die Schulter zu uns zurück.
Ich nickte.
"Ja. Sie war wirklich merkwürdig. Sagt euch der Name denn garnichts?"
Mein Vater schüttelte den Kopf.
"Nein. Ich kenne zwar einige unserer Art, aber sie ist mir völig unbekannt. Der irische Zirkel bestand bisher immer nur aus Siobhan und Maggie, bis Liam zu ihnen gestoßen ist."
"Ich glaube auch nicht, das sie zu ihnen gehörte. Sie war, wie wir. Ihre Augen waren golden. Maggie oder einer der anderen hätte uns sonst bestimmt von ihr erzählt. Sie hatte auch keinen irischen Akzent. Er klang... anders. Mehr... englisch. Und sie... kannte meine Mutter." sinnierte ich.
Wir passierten schon bald Forks. Ich starrte aus dem Fenster. Die Bäume standen dicht beeinander und nach weiteren Augenblicken, erreichten wir unser Haus.
Das Haus war hell erleuchtet, da inzwischen die Nacht heraufgezogen war. Eindrucksvoll hob es sich von dem dunklen Wald ab, den es umgab. Der Motor des Mercedes erstarb und der Wagen kam zum Stillstand. Wir stiegen aus dem Wagen. Tief atmete ich die vertraute Luft in meine Lungen. Der harzige Geruch des Waldes drang mir in die Nase.
Robin und ich folgten meinem Vater ins Haus. Kaum waren wir durch die Haustür getreten, schloßen mich zwei warme Arme in eine liebevolle Umarmung. Der unnachahmliche Duft meiner Mutter erfüllte mich. Augenblicklich fühlte ich mich wieder zu Hause.
"Willkommen zu Hause, Liebes." hauchte sie in mein Ohr und drückte mich noch etwas fester an sich.
Sanft löste sie sich von mir und wand sich an Robin. Auch ihn schloß sie zärtlich in ihre Arme.
"Und du natürlich auch, mein Liebling."
Robin lächelte unsicher, als er die Umarmung erwiederte. Als Mensch wäre er nun wahrscheinlich rot angelaufen. Doch ich sah auch, das er es genoss, ein vollwertiges Mitglied der Familie zu sein. Meiner Familie. Und bald unsere Familie.
Kaum hatte sie von uns abgelassen, wuselte etwas schwarzhaariges an meiner Mutter vorbei.
"Zeigt sie mir! Zeigt. Sie. Mir!" trällerte Alice aufgeregt und griff nach meiner und Robins linker Hand.
Sie hob sie vor ihr Gesicht und musterte die goldenen Ringe an unseren Fingern. Ihre Augen wurden groß und ein breites zufriedenes Grinsen legte sich auf ihr Engelsgesicht. Ich rollte mir den Augen.
"Es freut mich auch, dich zu sehen, Alice." sagte ich spitz.
Alice ließ sich von mir jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Es hatte mehr den Anschein, als hätte sie mich garnicht erst gehört. Weiterhin betrachtete sie die beiden Schmuckstücke an unseren Händen.
"Dein Vater hatte einen ausgezeichneten Geschmack, Robin. Sie sind schlicht, aber wunderschön. Wirklich Stilvoll." flötete sie leise.
Dann ließ sie unsere Hände los und drückte mich überschwenglich an sich, dann Robin und schließlich uns beide gleichzeitig. Ihre kühlen Lippen landeten auf meiner Wange, während sie sichtlich erfreut auf der Stelle hüpfte. Robin warf mir einen hilfesuchenden Blick zu.
"Oh, Deidra! Das wird die beste und schönste Hochzeit die du dir vorstellen kannst. Ich werde schon dafür sorgen."
Sanft aber bestimmt schob ich Alice etwas von mir. Mit zusammengeschobenen Augenbrauen sah ich sie ernst an.
"Einen Moment mal, Alice! Nicht so vorschnell!" bremste ich ihren Enthusiasmus sofort. "Wir werden noch nicht heiraten!"
Meine Schwester jedoch strahlte weiterhin wie ein Honigkuchenpferd. Sie winkte achselzuckend ab.
"Die drei Jahre."
"Fünf!"
"Na gut, dann vier." erwiderte Alice.
"Nein, Alice! Fünf!" beharrte ich.
"Okay, dann halt in fünf Jahren. Aber ich habe dann genug Zeit, deine und Robins Hochzeit ausgiebig zu planen. Deshalb wird sie geradezu perfekt werden, Deidra!"
"Lass die beiden doch erst einmal richtig ankommen, Alice." grinste Emmett nun breit.
Er war in der Zwischenzeit zusammen mit Rosalie und Jasper in den Vorraum getreten. Rosalie blieb jedoch hinter meiner Mutter stehen und beäugte uns nur. Emmett allerdings kam auf uns zu. Er zog mich in eine bärenhafte Umarmung, dabei hob er mich einige Zentimeter in die Höhe. Erst jetzt fiel mir wieder einmal auf, um wieviel größer mein Bruder eigentlich war.
Er ließ mich herab und drehte sich zu Robin. Brüderlich klopfte er Robin auf die Schulter.
"So... du hast also meine kleine Schwester zur Frau gemacht?!" grinste er frech.
"Emmett!" kam es von meiner Mutter und mir gleichzeitig mahnend.
Robin schrumpfte leicht in sich zusammen, als ihn Emmetts Blick traf. Auch mir war das etwas unangenehm. Musste Emmett ausgerechnet jetzt mit diesem Thema anfangen? Wieder einmal hatte er bewiesen, das er so einfühlsam wie ein Bulldozer sein konnte.
"Was denn?" fragte er schulterzuckend. "Das ist doch eine legitime Frage."
"Du musst wirklich mal lernen, den Filter zwischen deinem Gehirn und dem Mund auch einzuschalten, bevor du sprichst, Emmett." grummelte ich.
Er lachte kehlig auf. Jasper begrüßte uns anschließend ebenfalls. Die Tür hinter uns ging erneut auf. Bellas blumiger Duft umwehte uns und vermischte sich schließlich mit dem meiner restlichen Familie. Edward lächelte freundlich, als er uns sah.
"Ah, gut. Ich hatte schon Angst, wir könnten die große Enthüllung verpassen." erklang seine samtende Stimme.
Die von mir heißgeliebte Augenbraue Robins zog sich in die Höhe.
"Die große Enthüllung?"
Meine Familie grinste verschlagen. Doch keiner zeigte mir seine Gedanken. Das hatten sie sehr gut einstudiert. Robin und ich sahen uns verwirrt an. Alice griff nach meiner Hand und meine Mutter nach der von Robin. Ohne weitere Worte zogen sie uns die Treppen hinauf. Der Rest folgte uns. Wir stoppten vor meinem alten Zimmer auf dem ausgebauten Dachboden. Seit ich es in einem Anfall von Wut und Trauer in seine Einzelteile zerlegt hatte, hatte ich bei Robin im Gästezimmer gelebt.
"Wir haben eine kleine Überraschung für euch beide." trällerte Alice in ihrer Sopranstimme.
Bevor ich etwas sagen konnte, stieß meine Mutter die Zimmertür auf. Zöerlich traten Robin und ich in den Raum hinein. Das Zimmer war komplett renoviert worden.
Das Ausmaß meiner Zerstörungswut war beseitigt worden. An dessen Stelle herrschte nun Ordnung und Eleganz. Das große bett, das vorher in Robins Zimmer gestanden hatte, stand an einer mintgrünen Wand. Eine elegante ebenso grüne Wohnlandschaft war mit dem Rücken der riesigen Fensterfront zugewandt. An den Wänden hingen verschiedene Bilder und Fotos. Sogar mein Poster der Cliffs of Moher hatte seinen Platz gefunden. Auf dem Boden lag ein dicker flauschiger weißer Teppich. Die Decke war mitternachtsblau gestrichen. Unzählige kleine Lichter waren darin eingelassen. Dadurch glich die Decke einem Sternenhimmel.
Vor dem Fenster stand ein massiver Schreibtisch. An der Wand daneben waren Regale in die Mauer eingelassen. Meine CD und DVD Sammlung, sowie die von Robin waren darin untergebracht. Der große Fernseher hing direkt gegenüber des Sofas. Zu dessen beiden Seiten hingen die E - Gitarre von Robins Bruder Greg und die Gitarre von Nicolas an einer Wandhalterung.
Zur Untermalung der gemütlichen Atmosphäre des neuen Zimmers, waren überall Kerzen angezündet.
Langsam drehte ich mich zu meiner Familie um, die gespannt im Türrahmen standen. Robin hatte sich ebenfalls im Raum umgesehen. Ohne weitere Worte, ging ich schnellen Schrittes auf meine Mutter hinzu. Ich nahm sie dankbar in die Arme und küsste ihre Schläfe.
"Danke, Mutter! Es ist wundervoll!" hauchte ich.
Auch Robin kam auf sie zu und drückte sie kurz.
"Wirklich, Esme. Das hier ist großartig." sagte er leise.
Meine Mutter senkte sichtlich gerührt den Blick. Sie schluckte leicht, als sie wieder aufsah.
"Ihr konntet doch nicht ewig dort unten in dem kleinen Zimmer zusammen gepfercht leben. schließlich seid ihr nun zu zweit und braucht etwas mehr Platz. Und da der Dachboden wieder hergestellt werden musste, habe ich es direkt für euch beide umgebaut."
Ich sah wieder über die Schulter zurück ins Zimmer. Es war wirklich wunderschön geworden. Meine Mutter hatte sich sehr große Mühe gegeben, das spürte man in jedem noch so kleinen Detail in diesem Raum.
"Es ist übrigens auch Schalldicht!" beugte Emmett sich breit grinsend nach vorn.
Ich presste die Lippen fest aufeinander und starrte meinen Bruder in Grund und Boden. Jasper gab ihm feixend einen Klaps auf den Hinterkopf. Auch meine Mutter sah ihn strafend an.
Alice kicherte leise, dann schob sie enthusiastisch einen nach dem anderen von der Tür weg.
"Nun, wir lassen euch mal in Ruhe zu Hause ankommen." Sie zog anschließend die Tür bis auf einen Spalt zu. "Ähm... ihr könnt ja später irgendwann... zu uns hinunter kommen... wenn ihr ausgepackt habt."
Dann hatte sie die Tür grinsend komplett zugezogen und Robin und ich waren allein.
Wir sahen uns beide schweigend an und lächelten sanft. Robin atmete hörbar aus.
"Was?" fragte ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen.
Er kam auf mich zu und verschränkte seine rechte Hand mit meiner linken. Seine andere Hand legte sich auf meine Hüfte und zog mich enger an sich heran. Meine rechte Hand ruhte auf seiner Brust. Etwa in der Höhe, in der vor garnicht so langer Zeit einmal sein Herz geschlagen hatte.
Robin seufzte erneut.
"Weißt du, ich liebe deine Familie wirklich sehr und sie haben mir auch gefehlt..."
"Aber...?"
"Aber sie können manchmal auch nervig sein." sagte er, doch es lag ein Lachen in seiner Stimme.
Ich rollte mit den Augen.
"Tja, Emmett und Alice sind schon ziemlich eigen, da hast du recht."
Robin hob seine Hand und strich mir eine Strähne hinter das Ohr. Anschließend wanderte seine Fingerspitze über mein Gesicht hinab zu meinem Schlüsselbein.
"Aber sie gehören nun einmal zur Familie..." hauchte ich.
Seine warmen Lippen legten sich keine Sekunde später auf meine. Dieser Kuss war zärtlich und leidenschaftlich. Nach einer Ewigkeit löste er sich von mir.
"Glaubst du wirklich, das dieses Zimmer schalldicht ist?" grinste er schließlich.
Ich legte den Kopf schief und schob meine Unterlippe leicht vor.
"Hmm... was glaubst du denn?"
Sein Grinsen wurde breiter.
"Da gibt es doch nur eine einzige Möglichkeit, das herauszufinden, nicht wahr?!"
Er legte blitzschnell seine Hände unter meine Knie und nahm mich auf seine Arme. Im ersten Augenblick quietschte ich auf. dann lachte ich glücklich und verliebt, als Robin mich zum Bett trug.
Wir waren zu Hause.
Ich seufzte.
"Weißt du, das ist das wundervollste was je einer zu mir gesagt hat, Robin. Und du scheinst dir wirklich sicher zu sein, das du das so willst?"
Er nickte.
"Auch ich bin nicht dumm, Deidra. Dich will ich auch nie wieder gehen lassen. So jemanden wie dich, findest man kein zweites Mal."
In meinem Magen fing es an zu schwirren. Es fühlte sich an, als würde mein Inneres anfangen zu brennen.
"Ich liebe dich." hauchte ich.
"Und ich liebe dich."
Er zog mich wieder in seine Arme. Ich kuschelte mich in seine Armbeuge. Seine Lippen berührten mein Haar.
Ich atmete tief durch.
"Morgen fliegen wir also wieder nach Hause." sagte ich leise.
Robin nickte.
"Ja. Wird dir Irland fehlen?"
"Ich weiß es nicht genau. Irgendwie schon. Es ist mein Heimatland. Hier bin ich geboren und habe auch einen Teil meines Lebens hier verbracht. Aber dank dir, habe ich das dunkle Kapitel meiner Vergangenheit aufgearbeitet. Und außerdem... mir fehlen meine Eltern und meine Geschwister. Sie sind meine Familie."
Ich sah ihn an und küsste ihn zärtlich. Seine Umarmung wurde fester. Und wieder einmal vergassen wir dir Welt um uns herum.
Völlig in Gedanken versunken starrte ich aus dem Fenster. Die Wolken zogen an dem Flugzeug vorbei. Robins Hand lag in meiner. Er gab gerade vor zu schlafen, damit die Stewardess nicht misstrauisch wurde.
Wir waren fast zu Hause. Der Flughafen von Seattle lag nicht mehr weit entfernt. Ich dachte nach. Über mein ganzes Leben. Es lag noch garnicht solange zurück das es total durcheinander gewesen war. Es war so gut wie sinnlos. Ich hätte es nie für möglich gehalten, das mein Leben so eine Wendung nehmen würde, sobald ich wieder nach Forks zurück kehren würde.
Auf einmal hatte alles wieder ein Sinn gehabt.
Anders als Edward Bella damals zu Anfang geradezu verabscheut hatte, hatte Robin mich sofort in seinen Bann gezogen.
Und nun war mein Leben verplant. Alles hatte seine Ordnung.
Robin wollte mich heiraten. In fünf Jahren würde ich also Ms. Robin Peters sein.
Ein merkwürdiger und doch zugleich wunderschöner Gedanke.
Das Flugzeug ging in den Sinkflug. Ich drückte Robins Hand. Er schlug blinzelnd die Augen auf. Ein Lächeln umspielte seine Lippen.
"Wir sind gleich zu Hause." sagte ich leise.
Er nickte und rutschte auf dem Sitz zurecht. Das Flugzeug sank immer tiefer. Bald schon durchbrachen wir die Wolkendecke, die so gut wie ständig über diesen Teil des Landes hing. Sofort hörte ich die leisen Tropfen des Regens die auf das Metall des Flugzeuges niederprasselten.
Sobald die Maschine sanft aufsetzte und vor dem Gate nach kurzen Augenblicken stoppte, begann der übliche Tumult der Passagiere, die nun aussteigen wollten. Robin und ich warteten wieder und waren erneut unter den letzten die das Flugzeug verließen.
Die leicht abgestandene Luft im Flughafen schlug uns entgegen. Wir holten unsere Koffer und machten uns auf den Weg, den Terminal zu verlassen.
Als wir die Glastüren passierten, legte sich mir ein erleichtertes Lächeln auf die Lippen. Direkt dahinter stand niemand geringeres als mein Vater. Auch er lächelte, als er und erblickte. Ich machte größere Schritte und erreichte ihn vor Robin. Mein Vater öffnete seine Arme und drückte mich an sich. Tief sog ich seinen angenehmen Duft ein, den ich immer mit Sicherheit verband. Sanft löste er die Umarmung und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. Dann wand er sich an Robin. Auch ihn umarmte er kurz.
"Willkommen zu Hause."
Seine Stimme klang wie warmer Honig. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie sehr ich diesen Klang vermisst hatte.
Wir nahmen unser Gepäck und verließen den Flughafen. Mein Vater hatte nicht weit vom Eingang entfernt geparkt.
Die Fahrt nach Forks verbrachten wir damit, meinem Vater von unserer Reise und dem Zusammentreffen mit dem irischen Zirkel zu berichten.
Begierig nahm er die Informationen über seine alten Freunde auf. Er hörte aufmerksam zu, als wir ihm erzählten, wie ich die Vergangenheit meiner Familie zusammen mit Robin aufgedeckt hatte.
Dann stockten wir kurz mit unserer Geschichte.
"Bei den O`Reily... sind wir einer wirklich merkwürdigen Person begegnet." sagte Robin.
Ich starrte ihn an. Wieso musste er nun diese Lilith Thompson erwähnen? Alice hatte sie doch nicht gesehen. Und anscheinend kannte sie diesen nervtötenden Vampir auch nicht.
"Meint ihr diese Lilith Thompson? Alice hat gesagt, ihr hättet diesen Namen in eurer E-mail erwähnt." warf mein Vater über die Schulter zu uns zurück.
Ich nickte.
"Ja. Sie war wirklich merkwürdig. Sagt euch der Name denn garnichts?"
Mein Vater schüttelte den Kopf.
"Nein. Ich kenne zwar einige unserer Art, aber sie ist mir völig unbekannt. Der irische Zirkel bestand bisher immer nur aus Siobhan und Maggie, bis Liam zu ihnen gestoßen ist."
"Ich glaube auch nicht, das sie zu ihnen gehörte. Sie war, wie wir. Ihre Augen waren golden. Maggie oder einer der anderen hätte uns sonst bestimmt von ihr erzählt. Sie hatte auch keinen irischen Akzent. Er klang... anders. Mehr... englisch. Und sie... kannte meine Mutter." sinnierte ich.
Wir passierten schon bald Forks. Ich starrte aus dem Fenster. Die Bäume standen dicht beeinander und nach weiteren Augenblicken, erreichten wir unser Haus.
Das Haus war hell erleuchtet, da inzwischen die Nacht heraufgezogen war. Eindrucksvoll hob es sich von dem dunklen Wald ab, den es umgab. Der Motor des Mercedes erstarb und der Wagen kam zum Stillstand. Wir stiegen aus dem Wagen. Tief atmete ich die vertraute Luft in meine Lungen. Der harzige Geruch des Waldes drang mir in die Nase.
Robin und ich folgten meinem Vater ins Haus. Kaum waren wir durch die Haustür getreten, schloßen mich zwei warme Arme in eine liebevolle Umarmung. Der unnachahmliche Duft meiner Mutter erfüllte mich. Augenblicklich fühlte ich mich wieder zu Hause.
"Willkommen zu Hause, Liebes." hauchte sie in mein Ohr und drückte mich noch etwas fester an sich.
Sanft löste sie sich von mir und wand sich an Robin. Auch ihn schloß sie zärtlich in ihre Arme.
"Und du natürlich auch, mein Liebling."
Robin lächelte unsicher, als er die Umarmung erwiederte. Als Mensch wäre er nun wahrscheinlich rot angelaufen. Doch ich sah auch, das er es genoss, ein vollwertiges Mitglied der Familie zu sein. Meiner Familie. Und bald unsere Familie.
Kaum hatte sie von uns abgelassen, wuselte etwas schwarzhaariges an meiner Mutter vorbei.
"Zeigt sie mir! Zeigt. Sie. Mir!" trällerte Alice aufgeregt und griff nach meiner und Robins linker Hand.
Sie hob sie vor ihr Gesicht und musterte die goldenen Ringe an unseren Fingern. Ihre Augen wurden groß und ein breites zufriedenes Grinsen legte sich auf ihr Engelsgesicht. Ich rollte mir den Augen.
"Es freut mich auch, dich zu sehen, Alice." sagte ich spitz.
Alice ließ sich von mir jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Es hatte mehr den Anschein, als hätte sie mich garnicht erst gehört. Weiterhin betrachtete sie die beiden Schmuckstücke an unseren Händen.
"Dein Vater hatte einen ausgezeichneten Geschmack, Robin. Sie sind schlicht, aber wunderschön. Wirklich Stilvoll." flötete sie leise.
Dann ließ sie unsere Hände los und drückte mich überschwenglich an sich, dann Robin und schließlich uns beide gleichzeitig. Ihre kühlen Lippen landeten auf meiner Wange, während sie sichtlich erfreut auf der Stelle hüpfte. Robin warf mir einen hilfesuchenden Blick zu.
"Oh, Deidra! Das wird die beste und schönste Hochzeit die du dir vorstellen kannst. Ich werde schon dafür sorgen."
Sanft aber bestimmt schob ich Alice etwas von mir. Mit zusammengeschobenen Augenbrauen sah ich sie ernst an.
"Einen Moment mal, Alice! Nicht so vorschnell!" bremste ich ihren Enthusiasmus sofort. "Wir werden noch nicht heiraten!"
Meine Schwester jedoch strahlte weiterhin wie ein Honigkuchenpferd. Sie winkte achselzuckend ab.
"Die drei Jahre."
"Fünf!"
"Na gut, dann vier." erwiderte Alice.
"Nein, Alice! Fünf!" beharrte ich.
"Okay, dann halt in fünf Jahren. Aber ich habe dann genug Zeit, deine und Robins Hochzeit ausgiebig zu planen. Deshalb wird sie geradezu perfekt werden, Deidra!"
"Lass die beiden doch erst einmal richtig ankommen, Alice." grinste Emmett nun breit.
Er war in der Zwischenzeit zusammen mit Rosalie und Jasper in den Vorraum getreten. Rosalie blieb jedoch hinter meiner Mutter stehen und beäugte uns nur. Emmett allerdings kam auf uns zu. Er zog mich in eine bärenhafte Umarmung, dabei hob er mich einige Zentimeter in die Höhe. Erst jetzt fiel mir wieder einmal auf, um wieviel größer mein Bruder eigentlich war.
Er ließ mich herab und drehte sich zu Robin. Brüderlich klopfte er Robin auf die Schulter.
"So... du hast also meine kleine Schwester zur Frau gemacht?!" grinste er frech.
"Emmett!" kam es von meiner Mutter und mir gleichzeitig mahnend.
Robin schrumpfte leicht in sich zusammen, als ihn Emmetts Blick traf. Auch mir war das etwas unangenehm. Musste Emmett ausgerechnet jetzt mit diesem Thema anfangen? Wieder einmal hatte er bewiesen, das er so einfühlsam wie ein Bulldozer sein konnte.
"Was denn?" fragte er schulterzuckend. "Das ist doch eine legitime Frage."
"Du musst wirklich mal lernen, den Filter zwischen deinem Gehirn und dem Mund auch einzuschalten, bevor du sprichst, Emmett." grummelte ich.
Er lachte kehlig auf. Jasper begrüßte uns anschließend ebenfalls. Die Tür hinter uns ging erneut auf. Bellas blumiger Duft umwehte uns und vermischte sich schließlich mit dem meiner restlichen Familie. Edward lächelte freundlich, als er uns sah.
"Ah, gut. Ich hatte schon Angst, wir könnten die große Enthüllung verpassen." erklang seine samtende Stimme.
Die von mir heißgeliebte Augenbraue Robins zog sich in die Höhe.
"Die große Enthüllung?"
Meine Familie grinste verschlagen. Doch keiner zeigte mir seine Gedanken. Das hatten sie sehr gut einstudiert. Robin und ich sahen uns verwirrt an. Alice griff nach meiner Hand und meine Mutter nach der von Robin. Ohne weitere Worte zogen sie uns die Treppen hinauf. Der Rest folgte uns. Wir stoppten vor meinem alten Zimmer auf dem ausgebauten Dachboden. Seit ich es in einem Anfall von Wut und Trauer in seine Einzelteile zerlegt hatte, hatte ich bei Robin im Gästezimmer gelebt.
"Wir haben eine kleine Überraschung für euch beide." trällerte Alice in ihrer Sopranstimme.
Bevor ich etwas sagen konnte, stieß meine Mutter die Zimmertür auf. Zöerlich traten Robin und ich in den Raum hinein. Das Zimmer war komplett renoviert worden.
Das Ausmaß meiner Zerstörungswut war beseitigt worden. An dessen Stelle herrschte nun Ordnung und Eleganz. Das große bett, das vorher in Robins Zimmer gestanden hatte, stand an einer mintgrünen Wand. Eine elegante ebenso grüne Wohnlandschaft war mit dem Rücken der riesigen Fensterfront zugewandt. An den Wänden hingen verschiedene Bilder und Fotos. Sogar mein Poster der Cliffs of Moher hatte seinen Platz gefunden. Auf dem Boden lag ein dicker flauschiger weißer Teppich. Die Decke war mitternachtsblau gestrichen. Unzählige kleine Lichter waren darin eingelassen. Dadurch glich die Decke einem Sternenhimmel.
Vor dem Fenster stand ein massiver Schreibtisch. An der Wand daneben waren Regale in die Mauer eingelassen. Meine CD und DVD Sammlung, sowie die von Robin waren darin untergebracht. Der große Fernseher hing direkt gegenüber des Sofas. Zu dessen beiden Seiten hingen die E - Gitarre von Robins Bruder Greg und die Gitarre von Nicolas an einer Wandhalterung.
Zur Untermalung der gemütlichen Atmosphäre des neuen Zimmers, waren überall Kerzen angezündet.
Langsam drehte ich mich zu meiner Familie um, die gespannt im Türrahmen standen. Robin hatte sich ebenfalls im Raum umgesehen. Ohne weitere Worte, ging ich schnellen Schrittes auf meine Mutter hinzu. Ich nahm sie dankbar in die Arme und küsste ihre Schläfe.
"Danke, Mutter! Es ist wundervoll!" hauchte ich.
Auch Robin kam auf sie zu und drückte sie kurz.
"Wirklich, Esme. Das hier ist großartig." sagte er leise.
Meine Mutter senkte sichtlich gerührt den Blick. Sie schluckte leicht, als sie wieder aufsah.
"Ihr konntet doch nicht ewig dort unten in dem kleinen Zimmer zusammen gepfercht leben. schließlich seid ihr nun zu zweit und braucht etwas mehr Platz. Und da der Dachboden wieder hergestellt werden musste, habe ich es direkt für euch beide umgebaut."
Ich sah wieder über die Schulter zurück ins Zimmer. Es war wirklich wunderschön geworden. Meine Mutter hatte sich sehr große Mühe gegeben, das spürte man in jedem noch so kleinen Detail in diesem Raum.
"Es ist übrigens auch Schalldicht!" beugte Emmett sich breit grinsend nach vorn.
Ich presste die Lippen fest aufeinander und starrte meinen Bruder in Grund und Boden. Jasper gab ihm feixend einen Klaps auf den Hinterkopf. Auch meine Mutter sah ihn strafend an.
Alice kicherte leise, dann schob sie enthusiastisch einen nach dem anderen von der Tür weg.
"Nun, wir lassen euch mal in Ruhe zu Hause ankommen." Sie zog anschließend die Tür bis auf einen Spalt zu. "Ähm... ihr könnt ja später irgendwann... zu uns hinunter kommen... wenn ihr ausgepackt habt."
Dann hatte sie die Tür grinsend komplett zugezogen und Robin und ich waren allein.
Wir sahen uns beide schweigend an und lächelten sanft. Robin atmete hörbar aus.
"Was?" fragte ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen.
Er kam auf mich zu und verschränkte seine rechte Hand mit meiner linken. Seine andere Hand legte sich auf meine Hüfte und zog mich enger an sich heran. Meine rechte Hand ruhte auf seiner Brust. Etwa in der Höhe, in der vor garnicht so langer Zeit einmal sein Herz geschlagen hatte.
Robin seufzte erneut.
"Weißt du, ich liebe deine Familie wirklich sehr und sie haben mir auch gefehlt..."
"Aber...?"
"Aber sie können manchmal auch nervig sein." sagte er, doch es lag ein Lachen in seiner Stimme.
Ich rollte mit den Augen.
"Tja, Emmett und Alice sind schon ziemlich eigen, da hast du recht."
Robin hob seine Hand und strich mir eine Strähne hinter das Ohr. Anschließend wanderte seine Fingerspitze über mein Gesicht hinab zu meinem Schlüsselbein.
"Aber sie gehören nun einmal zur Familie..." hauchte ich.
Seine warmen Lippen legten sich keine Sekunde später auf meine. Dieser Kuss war zärtlich und leidenschaftlich. Nach einer Ewigkeit löste er sich von mir.
"Glaubst du wirklich, das dieses Zimmer schalldicht ist?" grinste er schließlich.
Ich legte den Kopf schief und schob meine Unterlippe leicht vor.
"Hmm... was glaubst du denn?"
Sein Grinsen wurde breiter.
"Da gibt es doch nur eine einzige Möglichkeit, das herauszufinden, nicht wahr?!"
Er legte blitzschnell seine Hände unter meine Knie und nahm mich auf seine Arme. Im ersten Augenblick quietschte ich auf. dann lachte ich glücklich und verliebt, als Robin mich zum Bett trug.
Wir waren zu Hause.
Kapitel 8 überraschende Gäste (Teil 1)
Die Tage vor der Hochzeit waren etwas hektisch.
Alice wuselte nur noch durch die Gegend um die letzten Dinge zu erledigen. Dazu gehörte, die Blumen abzusegnen, alle Kleider abzuholen und mit allen Gästen noch einmal den genauen Zeitpunkt der Trauung zu besprechen.
Sie war kaum noch ansprechbar. Für kaum einen von uns. Sogar Jasper ließ sie lieber in Ruhe. Scherze wurden manchmal missverstanden. Und Alice konnte für ihre Größe ganz schön biestig werden.
Meine Mutter telefonierte fast ununterbrochen mit Renée, der Mutter von Bella. Die beiden Frauen verstanden sich äußerst gut.
Ich saß mit Robin zusammen im Schneidersitz auf der Küchenanrichte. Wir beide beobachteten das Treiben meiner Mutter und meiner Schwester schon seit einiger Weile. Jede von ihnen hatte ein Telefon ans Ohr geklemmt, während sie aufgewühlt durch die Gegend liefen. Wahrscheinlich hätten sie sich schon gegenseitig erwürgt, wenn die Telefone nicht Schnurlos gewesen wären. Dabei musste ich innerlich grinsen.
Robins Hand lag auf meiner Taille, während mein Kopf an seiner Schulter lehnte. Sanft strich seine Daumen über das kleine Stückchen nackte Haut, das unter meinem Shirt hervor lugte.
Weder er noch ich hielten es für eine gute Idee, einen der beiden anzusprechen. Daher hatten wir beide einfach beschlossen, meine Mutter und Alice einfach nur zu beobachten. Selbst dabei hatten wir unseren Spaß. Wir verstanden uns auch ohne ein einziges Wort zu sprechen.
Morgen wird die Hochzeit stattfinden. Deswegen war es heute besonders stressig.
Alice würde gleich zu Charlie fahren um ihn und Bella die letzte Anprobe zu verpassen. Anschließend würde sie zurück kehren, noch einige letzte Handgriffe an der Dekoration vornehmen und mich dazu zwingen ebenfalls ein letztes Mal das Kleid anzuprobieren. Der Gedanke, der absoluten gestressten Alice, fast komplett ausgeliefert zu sein, ließ mich innerlich seufzen.
Robin dagegen hatte nachher noch großes vor.
Meine Brüder hatten für Edward einen Junggesellenabschied geplant. Der bestand hauptsächlich darin, das sie in die Berge verschwinden und Großwild ärgern und jagen würden. Da Robin nun Teil dieser Familie war, bestand Emmett geradezu darauf, das mein Liebster mitkommen sollte. Emmett freute das natürlich besonders auf die Grizzlybären. Sie zu triezen war sozusagen eines seiner größten Hobbies.
So ganz wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Doch warum sollte ich ihm diesen harmlosen Spaß nicht gönnen?
Die wenigen Stunden ohne ihn würde ich auch noch überstehen. Und vor dem großen Ereignis noch einmal ausgiebig auf die Jagd zu gehen, war wahrscheinlich gar keine schlechte Idee. Schließlich war es eine Hochzeit auf denen Menschen und Vampire feiern würden.
"In Ordnung. Wir sehen uns dann morgen, Renée. Ja. Ich freu mich auch schon darauf. So wie der Rest von uns. Auf Wiedersehen."
Meine Mutter klappte das Telefon zusammen. Sie lächelte und griff nach ihrer Tasche. Ihr Blick fiel auf mich und Robin, wie wir beide grinsten. Sie kam auf uns zu.
"Macht euch noch einen schönen Tag, ihr zwei. Ich muss noch einmal ins Büro. Oh, und besser ihr versucht Alice nicht zu widersprechen. Sie könnte euch sonst in Stücke reißen."
Noch immer lächelte sie dabei. Dann drückte sie uns beiden einen Kuss auf die Wange und verschwand aus der Küche. Robin drückte mich etwas enger an sich. Seine Lippen berührten mein Haar. Ich beobachtete weiterhin Alice, die sich wild gestikulierend durch die Küche bewegte und einem Caterer den Weg zu unserem Haus ausführlich erklärte. Sie wirkte tatsächlich abgehetzt. So hatte ich sie noch nie gesehen. War eine Hochzeit zwischen Mensch und Vampir wirklich so schwer zu planen?
Ich spürte ein vibrieren neben mir. Ich lehnte mich etwas vor, damit Robin besser in seine Hosentasche greifen und sein Telefon herausholen konnte.
"Hey, Seth." begrüßte er denjenigen am anderen Ende der Leitung.
Leicht verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen und legte die Stirn in Falten.
Seth? Etwa Seth Clearwater?
Er war der einzige von dem Rudel, der sich mit uns unvoreingenommen unterhielt. Sehr zur Freude von Robin natürlich. Denn auch wenn er nun ein Unsterblicher war, waren diese zotteligen Flohteppiche einmal seine Freunde. Und Seth gab ihm immer Informationen ob Robins bester Freund sich entschlossen hatte zurück zu kehren.
Fragend sah ich ihn an.
"Mir geht es gut, danke. Ja, auch Deidra geht es gut. Hier ist es zur Zeit gerade alles stressig. Natürlich wegen der Hochzeit." sagte Robin in den Hörer.
Edward mochte Seth und das schien auch auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Ich kannte den jungen Werwolf kaum. Doch er schien ein netter Kerl zu sein. Da konnte ich fast drüber hinweg sehen, das er ein sprechender Fiffi war.
"Er hat... sich also... nicht gemeldet?" Er schwieg einen Moment. Ja. Ja, das habe ich mir schon gedacht. Nein, ich glaube kaum das er sich zurück verwandeln wird. Auf jedenfall nicht vor der Hochzeit. Es ist schon okay, Seth. Danke, das du dich überhaupt gemeldet hast. Grüß die anderen doch trotzdem bitte von mir. Okay, bis dann."
Er klappte das Telefon zu und steckte es wieder in seine Hosentasche. Ohne weitere Worte legte er wieder seinen Arm um meine Taille.
"Wie geht es Seth?" fragte ich nebensächlich.
"Ihm geht es gut. Er wird morgen auch da sein. Neben Billy wenigstens einer meiner alten... Familie."
Er versuchte es emotionslos klingen zu lassen. Doch ich bemerkte eine gewisse Traurigkeit in seiner Stimme und den Schmerz darin.
Ich biss mir auf die Unterlippe. Manchmal vergaß ich, das diese Hunde früher einmal auch so etwas wie Familie für ihn gewesen waren. Als ich ihn verwandelt hatte, hatte er mehr aufgegeben als ich einst. Denn er war nicht unglücklich. Mag sein Leben auch nicht vom Glück verfolgt worden zu sein, so war es dennoch wert es zu Ende zu leben. Das hatte ich ja nun verhindert.
Robin fasste sich wieder und räusperte sich. Alice wuselte noch immer durch die Küche. Sie sprach so schnell in den Hörer, das ich mich fragte, ob derjenige am anderen Ende sie auch wirklich verstand. Darüber musste ich wieder lächeln.
Jasper kam ebenfalls in die Küche. Er wich Alice geschickt aus, die ihn wohl nicht wirklich gesehen hatte, und lehnte sich neben uns an die Anrichte.
"Und Robin, bist du schon aufgeregt, wegen heute Abend?" fragte er grinsend.
Robin lehnte sich um mich herum und sah meinen Bruder an.
"Naja, ich war noch nie auf einem Junggesellenabschied."
"Das hier wird auch kein normaler Junggesellenabschied werden, Robin. Darauf kannst du dich verlassen." fügte ich hinzu.
Jasper lachte.
"Jetzt mach ihm doch keine Angst, Deidra."
Ich wand mich an meinen Bruder. Ein schiefes, gewinnendes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust.
"Wo ich dich gerade so sehe, Bruderherz... Du hast übrigens unsere kleine Wette verloren!"
Jasper verengte die Augen leicht. Dann traf ihn die Erkenntnis.
Vor ein paar Tagen sind Edward, Rosalie und Emmett in der Nacht zu Bellas Haus gelaufen. Dort hatte Rose Edward geholfen, Bellas Truck zu manipulieren, damit er nicht mehr laufen würde. Was genau sie ausgebaut hatte, wusste ich nicht, doch am nächsten Tag startete der Wagen nicht mehr. Bella war darüber äußerst geknickt, hatte sie doch eingewilligt, das Edward ihr einen neuen Wagen schenken durfte, wenn ihr Truck den Geist aufgeben würde. Dafür war Edward um so glücklicher. Aber auch ich musste zugeben, das Bella ziemlich verloren hinter dem Steuer dieses schwarzen Schlachtschiffes aussah. Ohne ihren Truck konnte ich sie mir kaum noch vorstellen.
"Aber Edward hat gemogelt!" warf er ein.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Wir hatten keine Regeln ausgemacht, Jazz. Und außerdem, hätte dir klar sein müssen, das Edward mogeln würde. Schließlich kennst du ihn ja auch schon eine Weile. Also..."
Jasper seufzte tief. Er hob ergebend die Hände.
"Na gut. Du hast gewonnen, Deidra. Du hast etwas gut bei mir. Sag mir nur was und du bekommst es. Wettschulden sind schließlich Ehrenschulden."
Er stupste mir mit dem Zeigefinger gegen die Nasenspitze.
Zwei Sekunden später beendet Alice ihr Telefongespräch. Sie stieß genervt die Luft aus und rollte mit den Augen.
"Ach, obwohl ich ihnen nun zwanzig Minuten genaustens und detailliert erklärt habe, wie sie unser Haus finden können, werden sie sich trotzdem verfahren und zu spät kommen." sagte sie zerknirscht.
Jasper trat neben meine Schwester und legte ihr mitfühlend eine Hand auf die Schulter.
"Es wird schon alles gut gehen, Alice. Mach dir nicht so viele Gedanken." kam es mitfühlend von Robin.
Alice seufzte.
"Dein Wort in Gottes Ohr."
Sie legte ihre eigene Hand auf die von Jasper.
"Ich muss jetzt zu Charlie und seinem Anzug den letzten Schliff geben."
"Komm, ich fahr dich eben zum Haus der Swans."
Jasper nahm ihre Hand in seine und zog sie aus der Küche. Somit waren Robin und ich allein.
"Wollen wir nicht etwas an die frische Luft? Wir könnten runter zum Bach und einfach nur ein bisschen die Ruhe genießen." fragte Robin leise in mein Ohr.
Ich nickte ihm zu. Er sprang auf seine Füße und zog mich von der Anrichte. Er küsste mich noch einmal sanft auf die Lippen, bevor wir uns auf den Weg zu dem Bach machten.
Irgendwie war es sehr entspannend an der frischen Luft zu sein. Das Haus war seit Alice´ Planungen etwas geschrumpft. Die ganzen Stühle und Tische waren noch nicht komplett aufgebaut und waren überall im Haus verteilt. Dann war da noch die wuselige Alice selbst, die in einer Tour plante.
Daher tat es wirklich gut, den frischen Wind im Haar zu spüren und den beruhigenden Klang des Baches im Ohr zu haben.
So ließen Robin und ich den Tag an uns vorbei ziehen.
"Du wirst doch morgen mit mir tanzen, oder muss ich dich wieder dazu zwingen?!" scherzte Robin, als er neben mir im Gras lag und den Verlauf der Wolken beobachtete.
"Naja, wenn du die gleichen schlagenden Argumente hast, wie beim letzten Mal, könnte ich mich eventuell überzeugen lassen." lachte ich.
Seine Hand suchte meine, fand sie und verschränkte unsere Finger miteinander.
"Also muss ich dich bloss küssen, damit du mit mir tanzt?"
Er kniff ein Auge zu, als er den Kopf zu mir drehte um mich anzusehen. Die Sonne ging bereits unter und ließ ihn sanft schimmern.
"Was heißt hier 'bloß'?! Schließlich hast du einen Vampir geküsst. Nicht viele Menschen können von sich behaupten, so etwas getan und überlebt zu haben."
Robin drehte den Kopf wieder zurück.
"Das war wirklich eine meiner besten Ideen, die ich je hatte. Denn auch nicht jeder kann behaupten in seinem Leben einmal das hübscheste Mädchen der Welt geküsst zu haben. Und ich darf das nun sogar eine Ewigkeit lang tun."
Er setzte sich ruckartig auf und beugte sich über mich. Seine roten Augen strahlten und ich sah jedes Grübchen des Lächelns in seinem perfektem Gesicht. Es machte mich glücklich, wenn er glücklich war. Manchmal vergaß ich darüber auch kurz, was für einen Preis ihn mein Egoismus gekostet hatte.
Mir war klar, das ich auch ohne Sams Erlaubnis, damals versucht hätte ihn zu retten. Denn ohne ihn wollte ich nicht mehr existieren. Ihn zu verlieren, hätte ich nicht ausgehalten. Nicht auch noch ihn. Mochte ich Nicolas einmal geliebt haben, so konnte ich trotz allen Umständen ohne ihn leben, auch wenn es schmerzte. Doch ohne Robin war ich einfach nicht komplett.
Ich hob meine Hand und fuhr ihm zärtlich durch das Honigblonde Haar.
Ein Räuspern ließ unsere Köpfe herumfahren. Wir waren wieder einmal in unserer Welt versunken gewesen, in der ich meine Umgebung kaum noch wahrnahm.
"Da seid ihr ja. Wir wollen euch ja nun wirklich nicht stören, aber wir brauchen Robin heute abend." scherzte Emmett.
Robin setzte sich auf und zog mich dabei mit sich hoch. Ich wand mich an meinen Bruder.
"Und was ist, wenn ich ihn nicht freiwillig hergeben will?!" grinste ich schief und umklammerte Robin um die Taille.
Jasper schob Emmett etwas zur Seite.
"Dann wirst du wahrscheinlich Ärger mit Alice bekommen. Du sollst zu ihr kommen und dein Kleid ein letztes Mal anprobieren, Deidra. Sie wartet bereits auf dich."
Ich verdrehte leicht die Augen. Robin und ich standen auf. Er küsste mich auf die Schläfe. Dabei spürte ich das Lächeln auf seinen Lippen. Fast schon widerwillig trat Robin von mir zurück und ging mit meinen Brüdern.
"Zum wievielten Mal ich dieses Kleid nun anziehen soll, will ich garnicht nach zählen!" grummelte ich leise.
Jasper grinste breit.
"Da mussten wir alle durch, Deidra. Also auch du. Und es ist ja auch das letzte Mal."
Ich seufzte tief. Robin lachte, genauso wie Emmett. Die drei drehten sich ab und machten sich langsam auf den Weg in den Wald.
"Emmett! Halt Robin bitte von den Grizzlys fern! Er ist mit denen noch unerfahren." rief ich meinem Bruder hinter her.
Er lachte kehlig auf. Doch er erwiderte nichts darauf. Kurze Zeit später waren die drei in den tiefen des Waldes verschwunden.
Erneut seufzte ich. Langsam drehte ich mich um und ging den Weg zurück zu unserem Haus. Mit Absicht ließ ich mir etwas Zeit. Der Gedanke daran, mit meiner Schwester den ganzen Abend immer und immer wieder mein Outfit zu verändern um es zu perfektionieren, stimmte mich nicht gerade über die Maßen glücklich. Ich liebte Alice, aber gerade in den letzten Tagen war sie leichter reizbar. Scherze waren fast vergebene Liebesmüh.
Nach einiger Zeit erreichte ich unser Haus. Die erste Etage war hell erleuchtet. Ich tat einen letzten tiefen Atemzug, bevor ich ins Haus trat.
"Ich bin hier oben, Deidra! Komm rauf!" trällerte die helle Stimme meiner Schwester zu mir herunter.
Als ob ich das nicht auch schon vorher gewusst hätte. Selbst für einen unsterblichen Vampir machte sie gerade ganz schön viel Lärm. Rosalie und Esme waren in der Küche. Ich begrüßte sie kurz mit einem Kopfnicken.
Ich stieg die Treppen empor. Kaum hatte ich die letzte Stufe erreicht, schoss Alice aus ihrem Zimmer, packte mich am Arm und bugsierte mich in ihren Raum. Sie schubste mich in einen Sessel und warf mir kurz darauf auch schon mein Kleid zu.
"Na los! Zieh es an!" rief sie mir im vorbei gehen zu.
Da ich sie nicht unnötig verärgern wollte, schlüpfte ich eilig aus meinen Klamotten und stieg in das Kleid. Es war aus türkiser Seide und ging knapp bis über mein Kinn. Der Rock fiel glockenartig, während das Oberteil einer Corsage gleich geschnitten war, dadurch war es schulterfrei. Die Enden waren mit schwarzem Samt benäht. Um die Taille lag ein breiter schwarzer Gürtel geknotet, ebenfalls aus schwarzem Samt. Dieser war seitlich zu einer Schleife gebunden.
Kapitel 8 überraschende Gäste (Teil 2)
Es war schlicht und doch wunderschön. Als ob ich jemals Alice' Geschmack in Frage stellen würde. Denn alles harmonierte perfekt. Trotz der türkisen Farbe des Kleides, wirkte ich nicht zu blass, als das ich unmenschlich ausgesehen hätte. Gleichzeitig war es der passende Kontrast zu meinem blutrotem Haar.
Ich drehte mich einige Male und beobachtete wie der Rock dabei hin und her schwang.
"Wirklich hübsch, Deidra. Ich wusste es doch." grinste Alice selbst zufrieden.
Sie kam auf mich zu und zog das Kleid etwas zurecht, bevor sie anfing an meinem Haar herum zu fummeln. Ihre schlanken Finger glitten immer wieder durch meine Mähne.
"Hmmm... ich glaube, wir lassen es doch besser offen." murmelte sie leise.
Ich drehte mich zu ihr.
"Mein Gott, Alice. Man könnte fast meinen, es wäre lebensnotwendig alles so genau zu planen. So viel aufhebens hast du nicht einmal bei deiner eigenen Hochzeit gemacht!"
Alice winkte ab.
"Das hier ist was anderes. Mit der Planung von Bellas Hochzeit bin ich durch. Aber die von dir und Robin beginnt nun."
Ich wollte gerade etwas darauf erwidern, als sie mich noch einmal musterte.
"Zieh doch bitte die Schuhe nochmal an. Ohne Schuhe ist ein Outfit nie komplett."
Dabei schob sie mich bereits Richtung Kleiderschrank. Ich seufzte und rollte mit den Augen. In die tiefen von Alice' Kleiderschrank zu gehen, kam einer Expedition in den Dschungel gleich. Doch ich wollte sie auf keinen Fall verärgern, daher machte ich mich auf den Weg.
Im Gegensatz zu meinen Kleiderschrank, herrschte hier eine unglaubliche Ordnung. Alice hatte ihre, sowie Jaspers Kleidung, nach Zusammenstellung und Jahreszeit sortiert. Man würde hier niemals ein Herbstteil in der Frühlingsabteilung finden.
Für mich war so etwas nicht wichtig. Ich trug was mir gefiel. Egal um welche Jahreszeit. Deswegen bekam ich oft genug einen Rüffel von Alice. Ich wand mich an die hinterste Wand, an der meine Schwester dutzende Schuhe gestapelt hatte.
Die Schuhe, die sie für mich vorgesehen hatte, standen direkt darunter auf dem Boden. Ich bückte mich danach. Dabei glitt mein Blick nach links. An einer Stange hatte Alice, das Kleid für Bella und den Anzug von Edward aufgehängt, damit sie morgen faltenfrei waren.
Doch was mir mehr ins Auge fiel, war ein weiterer Kleidersack. Den hatte ich noch nie gesehen.
Ich trat darauf zu und öffnete den Reißverschluss.
Schon bevor ich den weißen fließenden Stoff unter meinen Fingern spürte, wusste ich was es war.
"Alice!" rief ich lauter als beabsichtigt.
In Bruchteilen von Sekunden erschien sie neben mir.
"Was ist das?!" zischte ich.
"Ein Brautkleid." sagte sie, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt.
"Das sehe ich auch! Aber von wem?! Es ist weder deines noch das von Rosalie! Also... könntest du mir bitte erklären, warum du losrennst und Brautkleider kaufst?!"
Alice verschränkte ihre Arme vor der Brust.
"Ich bin nicht losgerannt um ein Kleid zu kaufen, Deidra." maulte sie. "Das Kleid habe ich gesehen, als ich beim Schneider war und es rief geradezu laut nach dir!"
Ich zog meine Augenbraue in die Höhe.
"Kleider rufen also nach mir?!" fragte ich skeptisch.
Alice verdrehte die Augen und schob mich zusammen mit den Schuhen wieder hinaus ins Zimmer.
"Sei nicht so albern, Deidra. Du weißt ganz genau wie ich das meine. Als ich den Ring sah, war ich beim Schneider und da war auch schon die nächste Vision. Jetzt sag nicht, das dir das Kleid nicht gefällt?!"
Sie lächelte schief und wackelte dabei leicht mit der Nasenspitze.
"Das ist es nicht, Alice. Es ist bestimmt wunderschön, aber es dauert doch noch eine Zeit bis zur nächsten Hochzeit. Findest du das nicht noch etwas verfrüht?!"
"Ach komm schon, Deidra! Es sind doch nur zwei Jahre."
"Fünf!"
Na gut. Drei."
"Nein, Alice! Es sind fünf!" beharrte ich.
Erneut rollte meine Schwester mit ihren goldenen Augen.
"Meine Güte, Deidra! Du sträubst dich ja fast so sehr wie Bella! Dabei sind fünf Jahre doch genauso schnell vorbei wie zwei oder drei. Gerade für unsereins."
Ich fuhr mir durch das Haar und senkte den Blick. Die Schuhe hatte ich achtlos zu Boden gleiten lassen.
Natürlich hatte Alice recht. Zeit war für unseresgleichen belanglos. Sie verging oft im Hauch eines Wimpernschlages. Das konnten dann fünf oder fünfzig Jahre sein. Doch mir machten andere Dinge Sorgen.
"Das weiß ich doch, Alice. Aber..."
"Hast du etwa noch immer Angst, wegen der Zukunft?!" Sie seufzte tief. "Ach, Deidra! Ich kann Robin endlich sehen. Klarer als jemals zuvor. Warum machst du dir solche Sorgen?!"
Ihre perfekte Marmorstirn legte sich in Falten.
Ich atmete tief durch. Für einen Augenblick schloss ich die Augen. Nach einigen Augenblicken öffnete ich sie wieder und sah Alice an. Sie war nicht nur meine Schwester. Alice war auch meine Freundin. Ihr konnte ich vertrauen. Das wusste ich.
"Aber dir ist auch schon einiges entgangen. Du hast nie gesehen, das Robin einer von uns wird. Anders wie bei Bella. Und das hier hast du auch nicht so gesehen, wie es passiert ist." sagte ich eindringlich und hob meine linke Hand mit dem Ring von Robins Mutter am Ringfinger.
Alice ergriff diese mit ihrer eigenen Hand und umschloss sie mit ihren Fingern.
"Das mag sein, Deidra. Doch nun kann ich ihn sehen. Kein blinder Fleck verdeckt ihn mehr." Sie drückte nun meine Hand. "Ich weiß genau, was wirklich mit dir los ist, Liebes. Es geht um diesen Brief, nicht wahr?! Den von Aro."
Ihr Blick war durch dringend und er schien mich zu röntgen. Meine Kehle schnürte sich zu. Doch wer ausser Alice sollte von diesem Brief wissen?! Und es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sie mit mir darüber sprechen würde.
Ich löste mein Hand aus ihrer und wand mich ab. Mein Blick glitt aus dem Fenster und starrte in die Ferne.
"Du verstehst das nicht, Alice. Schließlich kennst du die Zukunft. Aber manchmal will ich sie garnicht wissen. Obwohl ich mir denken kann, wie meine wohl aussieht. Ich werde euch mit Robin verlassen müssen, sobald Bella nach Italien zurück kehrt um sich den Volturi zu zeigen, wenn sie verwandelt ist.
Aber ich kann nicht zu lassen, das sie Robin finden, Alice.
Bereits jetzt ist er außergewöhnlich. Und auch ist er schon ein recht guter Jäger, allein durch seine Fähigkeit. Was wird erst sein, wenn er das alles perfekt beherrscht?! Er könnte für die Volturi wirklich wertvoll sein.
Ich kann nicht zu lassen, das sie ihn bekommen, Alice.
Und wenn es bedeutet, das ich mit ihm fortgehen muss, dann werde ich es tun."
Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern am Ende des Satzes. Ich hatte gerade zum ersten Mal darüber gesprochen, was mich seit dem eintreffen dieses Briefes beschäftigte.
Alice trat von hinten an mich heran. Sie legte mir die Hände auf die Schultern.
"Ihr werdet uns nicht verlassen müssen, Deidra. Ich sehe nichts dergleichen. Dafür muss man nicht in die Zukunft sehen können. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Alles wird gut gehen, vertrau mir." Sie drehte mich zu sich herum. "Und jetzt probier endlich die Schuhe an! Ich will absolut sicher gehen das alles so übereinstimmt, wie ich es gesehen habe!"
Auf ihren Lippen lag ein Lächeln, das keinen Widerspruch duldete. Ich rollte kurz mit den Augen, ließ mich dann aber von ihr zu einem Sessel schubsen. Siegessicher hob Alice die Schuhe vom Boden auf und warf sie mir zu. Ich fing sie noch auf, bevor sie mir im Schoß landeten.
Mit einem weiteren tiefen Atemzug, schlüpfte ich in die Schuhe.
Sie waren hochhackig und wurden mit schwarzen Satinbändern geschnürt. Passend zu dem Kleid, sie rundeten das Outfit komplett ab.
Als ich in den Spiegel blickte, gefiel mir der Anblick der sich mir bot.
Das Kleid floss an mir herab und ich sah auf einmal so erwachsen aus. Davon abgesehen, das ich bereits eine Ewigkeit lebte.
Ich drehte mich leicht hin und her und beobachtete den flatternden Stoff.
"Wie willst du dich denn jemals übertreffen, Alice?! Dieses Kleid ist perfekt." flüsterte ich.
Alice lächelte weiterhin.
"Keine Sorge. Ich habe da noch ein paar Trümpfe in der Hand. Dich einzukleiden ist extrem einfach. Das siehst du selbst nur nicht. Schade eigentlich! Du stellst dein Licht immer unter den Scheffel."
Auch ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ich achtete wirklich selten auf meine Klamotten. Hauptsache sie passten und waren bequem. Natürlich lief ich nie in abgetragenen Lumpen herum. Das würde Alice dann doch nie zu lassen.
"Willst du das Kleid denn einmal komplett sehen?" fragte Alice schelmisch.
Ich wand mich ihr zu. Ihre Augen leuchteten vor unterdrückter Freude. Sie wirkte wie ein Kleid, das am Weihnachtsmorgen zum ersten Mal einen Berg Geschenke zu Gesicht bekommt. Und mir war klar, das meine Antwort nicht wirklich zählen würde.
Alice klatschte euphorisch in die Hände und sauste in ihren Schrank.
Kurz darauf war sie mit dem beschen Kleidersack zurück. Sie hing den Bügel auf und zog den Reißverschluss komplett auf.
Für einen kurzen Augenblick, hatte ich die Luft angehalten. Das fiel mir erst jetzt auf.
Zum Vorschein kam ein Champangerfarbenes Kleid mit einer bodenlangen Schleppe. Es war schulterfrei und die Ärmel waren trompetenartig ausgestellt. Das Oberteil war kunstvoll mit Spitze verziert worden. Um die Taille war eine rosa Scherpe gebunden.
Ein wahrhafter Traum.
"Wow, Alice." konnte ich nur hauchen.
"Es gefällt dir also?!" Sie wippte auf die Zehenspitzen. "Ich wusste es doch! Du wirst traumhaft darin aussehen. Wie eine Porzellanpuppe. Und Robin werden die Augen aus dem Kopf fallen, wenn er dich darin sehen wird."
Sanft glitten meine Fingerspitzen über den Satinstoff. Und ich konnte mich in diesem Kleid sehen. Konnte sehen, wie ich darin auf Robin zuging, der an einem Altar stand und auf mich wartete. Wie sein Gesicht leuchten würde...
Vielleicht war es kitschig, aber es war meine Vorstellung von meiner Hochzeit.
"Ach herrje! Sie werden viel zu früh sein." seufzte Alice nun.
Ich war so vertieft in meine Gedanken gewesen, das ich von Alice' plötzliche Vision nichts mitbekommen hatte. Hastig verschwand sie aus dem Zimmer, bevor ich sie fragen konnte, was sie gesehen hatte. Ich zuckte mit den Schultern. Plötzlich war ich allein. Ich wand mich von dem Kleid ab und betrachtete mich wieder in dem großen Standspiegel.
Erneut drehte ich mich auf der Stelle und genoss das Gefühl, den der Stoff auf meiner Haut auslöste. Er fühlte sich an wie gewebtes Wasser.
Ich fragte mich, was für einen Anzug Alice Robin wohl besorgt hatte. Das hütete sie wie ein dunkles Geheimnis. Das konnte sie wirklich gut.
Plötzlich hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich drehte mich auf der Stelle um, doch da war niemand. Draußen war es dunkel. Die Sterne erleuchteten inzwischen den Nachthimmel. Langsam trat ich näher an die große Fensterfront. Mein Blick glitt durch den Wald. Nach wenigen Augenblicken konnte ich eine Bewegung am Rande des Dickichts aus machen. Doch ich konnte keine Gedanken erfassen.
"Deidra! Komm herunter. Wir bekommen Besuch!" rief meine Mutter zu mir hinauf.
Ich löste mich vom Fenster. Am Treppengeländer angekommen, sprang ich hinauf und rutschte darauf hinab. Elegant landete ich am Fuß der Treppe. Meine Absätze klackerten, als ich mich zu meinen Schwestern und meiner Mutter gesellte. Die Haustür war weit geöffnet worden. Dabei schwebte der harzige Geruch des mir so vertrauten Waldes herein. Alice hatte sich erwartungsvoll hinaus gebeugt.
"Wer ist denn unser Besucher?" fragte ich neugierig.
Rosalie wand sich mir mit verschränkten Armen an mich. Ihre Augen glitten über meine Erscheinung. Der Blick war nicht so abwertend, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Dann warf sie ihr Haar zurück.
"Das will uns Alice noch nicht sagen. Fakt ist, sie sind auf jedenfall zu früh dran." sagte sie bestimmt.
Ich ging an ihr vorbei und stellte mich neben Alice. Genauso wie meine Schwester, beugte ich mich halb aus der Tür.
"Oh, Deidra! Du siehst ja traumhaft aus!" rief meine Mutter hinter mir aus.
Sie berührte mich an der Schulter und drehte mich zu sich herum.
"Ähm, danke." sagte ich und senkte etwas den Blick.
Dann wand ich mich wieder an Alice.
"Sag schon, Alice. Wer kommt denn nun?!"
Noch immer schaute sie in die Ferne. Ihre Gedanken waren hinter einer Mauer. Gerade als ich fragen wollte, bemerkte ich den fremden und doch vertrauten Geruch. Ich trat an Alice vorbei und ging die Stufen unserer Veranda hinab.
Auf unserer Auffahrt blieb ich stehen. Der Wind wehte mir sanft um die Knöchel und trug damit den Geruch immer näher an uns heran. Vor mir lag nur die leere Straße. Mir schnürte sich etwas die Kehle zu. Es machte mir Angst, das Alice nicht sagte, wer sich auf dem Weg hierher befand.
"Oh, mein Kind! Du wirst von mal zu mal hübscher!"
Die Stimme war wie Samt und schmiegte sich geradezu an meine Ohren. Ich wirbelte auf der Stelle herum.
Direkt vor mir standen vier Gestalten. Jede einzelne davon war mir mehr als vertraut.
"Eleazar?!" flüsterte ich und verengte meine Augen.
Eine Reihe blitzend weißer Zähne kam zum Vorschein als er anfing warm zu lächeln.
Meine Schwestern sowie meine Mutter kamen nun ebenfalls die Stufen hinunter.
"Eleazar, Kate, Tanya und Carmen! Ihr seid also doch gekommen!" rief meine Mutter aus.
Ich konnte die unterdrückte Freude in ihrer Stimme hören. Auch wenn sie sich aus der Sache mit den Neugeborenen rausgehalten hatten, waren sie für meine Mutter ein Teil unserer Familie.
Ich dagegen wollte ihnen so so leicht nicht vergeben. In gewisser Weise waren sie mit daran Schuld, das Robin nun einer von uns war.
Meine Mutter umarmte die Denalis einen nach den anderen, während ich die Arme trotzig vor der Brust verschränkte.
Auch Rosalie und Alice begrüßten die fremden Vampire, wenn auch nicht so freundlich, wie es unter anderen Umständen der Fall gewesen wäre. Nur ich blieb Abseits stehen.
"Mi Corazón. Willst du uns nicht begrüßen?"
Das war Carmen. Sie war meiner Mutter nicht unähnlich. Sie war liebenswert. Und gerade deswegen fiel es mir nur noch schwerer, einfach an meiner Stelle stehen zu bleiben.
"Tut mir leid, Carmen. Aber ich kann euch nicht so einfach verzeihen, wie es wohl der Rest meiner Familie kann. Ihr habt uns im Stich gelassen!" zischte ich leise.
Ohne weiteres drehte ich mich herum und ging wieder ins Haus. Sofort waren federnde Schritte hinter mir. Eine Hand schloss sich um mein Handgelenk und zwang mich zum stehen bleiben. Ich atmete tief durch. Es war Tanya.
"Oh, Deidra. Es tut uns wirklich leid, was da passiert ist. Und ich verstehe deinen Wut und deinen Schmerz. Aber ihr seid alles, was wir noch an Familie haben. Wir haben auch lange überlegt, ob wir überhaupt kommen sollen. Natürlich werden wir uns auch noch bei Edward und Bella entschuldigen. Es ist uns nicht egal, was mit euch passiert. Gerade du müsstest wissen, wie viel ihr uns bedeutet."
Ihre Stimme war wie flüssiger Honig und ihre goldenen Augen taxierten mich. Ich atmete tief durch.
"Ihr... müsst mir Zeit lassen, Tanya." sagte ich kleinlaut.
Sie nickte mitfühlend.
Und ich erinnerte mich urplötzlich an die ganzen Gespräche, die ich mit ihr geführt hatte. Sie war fast ebenso eine Schwester für mich wie Rosalie und Alice. Auch wenn sie in Alaska lebte.
Durch die Haustür traten nun auch die restlichen Vampire. Eleazar sah mich an. Unter diesem Blick schien ich zu schmelzen. Einer meiner Mundwinkel zuckte kurz. Dann ging ich auf ihn zu. Er breitete die Arme aus und begrüßte mich freundlich. Carmen nahm mich ebenfalls in ihre Arme.
"Ah, Amor. Es ist immer schön dich zu sehen." flüsterte sie in mein Ohr.
Auch Kate und Tanya nahm ich schließlich in die Arme um sie ordentlich zu begrüßen.
Doch als ich mich von ihnen löste, verengte ich die Augen zu Schlitzen. Etwas war anders als sonst. Ihr Geruch... der vermischte sich mit noch einem anderen. Ich konnte diesen Unterschied deutlich erkennen. Schließlich hatte ich lange Zeit mit ihnen zusammen gelebt.
"Was ist los?" fragte meine Mutter etwas irritiert.
"Wen habt ihr bei euch?" presste ich hervor.
Alle Augenpaare richteten sich auf Eleazar. Er lächelte.
"Dir kann man nichts vorenthalten, Deidra. Aber eigentlich hatte ich diese Frage eher von Alice bereits beantwortet gesehen."
Seine Hand winkte in Richtung des Waldes. Kurz darauf schien eine fünfte Gestalt in der Haustür. Schon bevor sie komplett eingetreten war, hatte ich eine Vorahnung wer es sein würde.
Elfengleich schwebte sie durch die Tür, schien den Boden kaum zu berühren. Die dunkelblaue enganliegende Jeans unterstrichen ihre langen gazellengleichen Beine. Das blaue Shirt betonte ihre schlanke, grazile Gestalt. Das dunkle Haar trug sie heute in einem lockeren Zopf. Auf ihren Lippen lag ein überlegenes Lächeln, welches ihre flüssig goldenen Augen deutlich hervorhob.
Mir klappte der Mund auf.
Sie trat völlig selbstverständlich neben Eleazar. Doch ihre Augen ließen mich nicht los. Sie verlagerte das Gewicht von einem Bein auf das andere und verschränkte ihre Arme locker hinter dem Rücken.
Ich bemerkte wie meine Muskeln sich versteiften und sich meine Hände zu Fäusten ballten.
Das alles hatte wieder nur Bruchteile von Sekunden gedauert.
Eleazar lächelte weiterhin. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter.
"Ich hoffe es ist in Ordnung, das wir noch jemanden mit gebracht haben. Sie ist doch recht kurzfristig vorbei gekommen. Darf ich euch eine alte Freundin von mir vorstellen? Das hier ist die gute Lilith Thompson."
Und mit einem Mal, war völlige Leere in meinem Kopf.
Ich drehte mich einige Male und beobachtete wie der Rock dabei hin und her schwang.
"Wirklich hübsch, Deidra. Ich wusste es doch." grinste Alice selbst zufrieden.
Sie kam auf mich zu und zog das Kleid etwas zurecht, bevor sie anfing an meinem Haar herum zu fummeln. Ihre schlanken Finger glitten immer wieder durch meine Mähne.
"Hmmm... ich glaube, wir lassen es doch besser offen." murmelte sie leise.
Ich drehte mich zu ihr.
"Mein Gott, Alice. Man könnte fast meinen, es wäre lebensnotwendig alles so genau zu planen. So viel aufhebens hast du nicht einmal bei deiner eigenen Hochzeit gemacht!"
Alice winkte ab.
"Das hier ist was anderes. Mit der Planung von Bellas Hochzeit bin ich durch. Aber die von dir und Robin beginnt nun."
Ich wollte gerade etwas darauf erwidern, als sie mich noch einmal musterte.
"Zieh doch bitte die Schuhe nochmal an. Ohne Schuhe ist ein Outfit nie komplett."
Dabei schob sie mich bereits Richtung Kleiderschrank. Ich seufzte und rollte mit den Augen. In die tiefen von Alice' Kleiderschrank zu gehen, kam einer Expedition in den Dschungel gleich. Doch ich wollte sie auf keinen Fall verärgern, daher machte ich mich auf den Weg.
Im Gegensatz zu meinen Kleiderschrank, herrschte hier eine unglaubliche Ordnung. Alice hatte ihre, sowie Jaspers Kleidung, nach Zusammenstellung und Jahreszeit sortiert. Man würde hier niemals ein Herbstteil in der Frühlingsabteilung finden.
Für mich war so etwas nicht wichtig. Ich trug was mir gefiel. Egal um welche Jahreszeit. Deswegen bekam ich oft genug einen Rüffel von Alice. Ich wand mich an die hinterste Wand, an der meine Schwester dutzende Schuhe gestapelt hatte.
Die Schuhe, die sie für mich vorgesehen hatte, standen direkt darunter auf dem Boden. Ich bückte mich danach. Dabei glitt mein Blick nach links. An einer Stange hatte Alice, das Kleid für Bella und den Anzug von Edward aufgehängt, damit sie morgen faltenfrei waren.
Doch was mir mehr ins Auge fiel, war ein weiterer Kleidersack. Den hatte ich noch nie gesehen.
Ich trat darauf zu und öffnete den Reißverschluss.
Schon bevor ich den weißen fließenden Stoff unter meinen Fingern spürte, wusste ich was es war.
"Alice!" rief ich lauter als beabsichtigt.
In Bruchteilen von Sekunden erschien sie neben mir.
"Was ist das?!" zischte ich.
"Ein Brautkleid." sagte sie, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt.
"Das sehe ich auch! Aber von wem?! Es ist weder deines noch das von Rosalie! Also... könntest du mir bitte erklären, warum du losrennst und Brautkleider kaufst?!"
Alice verschränkte ihre Arme vor der Brust.
"Ich bin nicht losgerannt um ein Kleid zu kaufen, Deidra." maulte sie. "Das Kleid habe ich gesehen, als ich beim Schneider war und es rief geradezu laut nach dir!"
Ich zog meine Augenbraue in die Höhe.
"Kleider rufen also nach mir?!" fragte ich skeptisch.
Alice verdrehte die Augen und schob mich zusammen mit den Schuhen wieder hinaus ins Zimmer.
"Sei nicht so albern, Deidra. Du weißt ganz genau wie ich das meine. Als ich den Ring sah, war ich beim Schneider und da war auch schon die nächste Vision. Jetzt sag nicht, das dir das Kleid nicht gefällt?!"
Sie lächelte schief und wackelte dabei leicht mit der Nasenspitze.
"Das ist es nicht, Alice. Es ist bestimmt wunderschön, aber es dauert doch noch eine Zeit bis zur nächsten Hochzeit. Findest du das nicht noch etwas verfrüht?!"
"Ach komm schon, Deidra! Es sind doch nur zwei Jahre."
"Fünf!"
Na gut. Drei."
"Nein, Alice! Es sind fünf!" beharrte ich.
Erneut rollte meine Schwester mit ihren goldenen Augen.
"Meine Güte, Deidra! Du sträubst dich ja fast so sehr wie Bella! Dabei sind fünf Jahre doch genauso schnell vorbei wie zwei oder drei. Gerade für unsereins."
Ich fuhr mir durch das Haar und senkte den Blick. Die Schuhe hatte ich achtlos zu Boden gleiten lassen.
Natürlich hatte Alice recht. Zeit war für unseresgleichen belanglos. Sie verging oft im Hauch eines Wimpernschlages. Das konnten dann fünf oder fünfzig Jahre sein. Doch mir machten andere Dinge Sorgen.
"Das weiß ich doch, Alice. Aber..."
"Hast du etwa noch immer Angst, wegen der Zukunft?!" Sie seufzte tief. "Ach, Deidra! Ich kann Robin endlich sehen. Klarer als jemals zuvor. Warum machst du dir solche Sorgen?!"
Ihre perfekte Marmorstirn legte sich in Falten.
Ich atmete tief durch. Für einen Augenblick schloss ich die Augen. Nach einigen Augenblicken öffnete ich sie wieder und sah Alice an. Sie war nicht nur meine Schwester. Alice war auch meine Freundin. Ihr konnte ich vertrauen. Das wusste ich.
"Aber dir ist auch schon einiges entgangen. Du hast nie gesehen, das Robin einer von uns wird. Anders wie bei Bella. Und das hier hast du auch nicht so gesehen, wie es passiert ist." sagte ich eindringlich und hob meine linke Hand mit dem Ring von Robins Mutter am Ringfinger.
Alice ergriff diese mit ihrer eigenen Hand und umschloss sie mit ihren Fingern.
"Das mag sein, Deidra. Doch nun kann ich ihn sehen. Kein blinder Fleck verdeckt ihn mehr." Sie drückte nun meine Hand. "Ich weiß genau, was wirklich mit dir los ist, Liebes. Es geht um diesen Brief, nicht wahr?! Den von Aro."
Ihr Blick war durch dringend und er schien mich zu röntgen. Meine Kehle schnürte sich zu. Doch wer ausser Alice sollte von diesem Brief wissen?! Und es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sie mit mir darüber sprechen würde.
Ich löste mein Hand aus ihrer und wand mich ab. Mein Blick glitt aus dem Fenster und starrte in die Ferne.
"Du verstehst das nicht, Alice. Schließlich kennst du die Zukunft. Aber manchmal will ich sie garnicht wissen. Obwohl ich mir denken kann, wie meine wohl aussieht. Ich werde euch mit Robin verlassen müssen, sobald Bella nach Italien zurück kehrt um sich den Volturi zu zeigen, wenn sie verwandelt ist.
Aber ich kann nicht zu lassen, das sie Robin finden, Alice.
Bereits jetzt ist er außergewöhnlich. Und auch ist er schon ein recht guter Jäger, allein durch seine Fähigkeit. Was wird erst sein, wenn er das alles perfekt beherrscht?! Er könnte für die Volturi wirklich wertvoll sein.
Ich kann nicht zu lassen, das sie ihn bekommen, Alice.
Und wenn es bedeutet, das ich mit ihm fortgehen muss, dann werde ich es tun."
Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern am Ende des Satzes. Ich hatte gerade zum ersten Mal darüber gesprochen, was mich seit dem eintreffen dieses Briefes beschäftigte.
Alice trat von hinten an mich heran. Sie legte mir die Hände auf die Schultern.
"Ihr werdet uns nicht verlassen müssen, Deidra. Ich sehe nichts dergleichen. Dafür muss man nicht in die Zukunft sehen können. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Alles wird gut gehen, vertrau mir." Sie drehte mich zu sich herum. "Und jetzt probier endlich die Schuhe an! Ich will absolut sicher gehen das alles so übereinstimmt, wie ich es gesehen habe!"
Auf ihren Lippen lag ein Lächeln, das keinen Widerspruch duldete. Ich rollte kurz mit den Augen, ließ mich dann aber von ihr zu einem Sessel schubsen. Siegessicher hob Alice die Schuhe vom Boden auf und warf sie mir zu. Ich fing sie noch auf, bevor sie mir im Schoß landeten.
Mit einem weiteren tiefen Atemzug, schlüpfte ich in die Schuhe.
Sie waren hochhackig und wurden mit schwarzen Satinbändern geschnürt. Passend zu dem Kleid, sie rundeten das Outfit komplett ab.
Als ich in den Spiegel blickte, gefiel mir der Anblick der sich mir bot.
Das Kleid floss an mir herab und ich sah auf einmal so erwachsen aus. Davon abgesehen, das ich bereits eine Ewigkeit lebte.
Ich drehte mich leicht hin und her und beobachtete den flatternden Stoff.
"Wie willst du dich denn jemals übertreffen, Alice?! Dieses Kleid ist perfekt." flüsterte ich.
Alice lächelte weiterhin.
"Keine Sorge. Ich habe da noch ein paar Trümpfe in der Hand. Dich einzukleiden ist extrem einfach. Das siehst du selbst nur nicht. Schade eigentlich! Du stellst dein Licht immer unter den Scheffel."
Auch ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ich achtete wirklich selten auf meine Klamotten. Hauptsache sie passten und waren bequem. Natürlich lief ich nie in abgetragenen Lumpen herum. Das würde Alice dann doch nie zu lassen.
"Willst du das Kleid denn einmal komplett sehen?" fragte Alice schelmisch.
Ich wand mich ihr zu. Ihre Augen leuchteten vor unterdrückter Freude. Sie wirkte wie ein Kleid, das am Weihnachtsmorgen zum ersten Mal einen Berg Geschenke zu Gesicht bekommt. Und mir war klar, das meine Antwort nicht wirklich zählen würde.
Alice klatschte euphorisch in die Hände und sauste in ihren Schrank.
Kurz darauf war sie mit dem beschen Kleidersack zurück. Sie hing den Bügel auf und zog den Reißverschluss komplett auf.
Für einen kurzen Augenblick, hatte ich die Luft angehalten. Das fiel mir erst jetzt auf.
Zum Vorschein kam ein Champangerfarbenes Kleid mit einer bodenlangen Schleppe. Es war schulterfrei und die Ärmel waren trompetenartig ausgestellt. Das Oberteil war kunstvoll mit Spitze verziert worden. Um die Taille war eine rosa Scherpe gebunden.
Ein wahrhafter Traum.
"Wow, Alice." konnte ich nur hauchen.
"Es gefällt dir also?!" Sie wippte auf die Zehenspitzen. "Ich wusste es doch! Du wirst traumhaft darin aussehen. Wie eine Porzellanpuppe. Und Robin werden die Augen aus dem Kopf fallen, wenn er dich darin sehen wird."
Sanft glitten meine Fingerspitzen über den Satinstoff. Und ich konnte mich in diesem Kleid sehen. Konnte sehen, wie ich darin auf Robin zuging, der an einem Altar stand und auf mich wartete. Wie sein Gesicht leuchten würde...
Vielleicht war es kitschig, aber es war meine Vorstellung von meiner Hochzeit.
"Ach herrje! Sie werden viel zu früh sein." seufzte Alice nun.
Ich war so vertieft in meine Gedanken gewesen, das ich von Alice' plötzliche Vision nichts mitbekommen hatte. Hastig verschwand sie aus dem Zimmer, bevor ich sie fragen konnte, was sie gesehen hatte. Ich zuckte mit den Schultern. Plötzlich war ich allein. Ich wand mich von dem Kleid ab und betrachtete mich wieder in dem großen Standspiegel.
Erneut drehte ich mich auf der Stelle und genoss das Gefühl, den der Stoff auf meiner Haut auslöste. Er fühlte sich an wie gewebtes Wasser.
Ich fragte mich, was für einen Anzug Alice Robin wohl besorgt hatte. Das hütete sie wie ein dunkles Geheimnis. Das konnte sie wirklich gut.
Plötzlich hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich drehte mich auf der Stelle um, doch da war niemand. Draußen war es dunkel. Die Sterne erleuchteten inzwischen den Nachthimmel. Langsam trat ich näher an die große Fensterfront. Mein Blick glitt durch den Wald. Nach wenigen Augenblicken konnte ich eine Bewegung am Rande des Dickichts aus machen. Doch ich konnte keine Gedanken erfassen.
"Deidra! Komm herunter. Wir bekommen Besuch!" rief meine Mutter zu mir hinauf.
Ich löste mich vom Fenster. Am Treppengeländer angekommen, sprang ich hinauf und rutschte darauf hinab. Elegant landete ich am Fuß der Treppe. Meine Absätze klackerten, als ich mich zu meinen Schwestern und meiner Mutter gesellte. Die Haustür war weit geöffnet worden. Dabei schwebte der harzige Geruch des mir so vertrauten Waldes herein. Alice hatte sich erwartungsvoll hinaus gebeugt.
"Wer ist denn unser Besucher?" fragte ich neugierig.
Rosalie wand sich mir mit verschränkten Armen an mich. Ihre Augen glitten über meine Erscheinung. Der Blick war nicht so abwertend, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Dann warf sie ihr Haar zurück.
"Das will uns Alice noch nicht sagen. Fakt ist, sie sind auf jedenfall zu früh dran." sagte sie bestimmt.
Ich ging an ihr vorbei und stellte mich neben Alice. Genauso wie meine Schwester, beugte ich mich halb aus der Tür.
"Oh, Deidra! Du siehst ja traumhaft aus!" rief meine Mutter hinter mir aus.
Sie berührte mich an der Schulter und drehte mich zu sich herum.
"Ähm, danke." sagte ich und senkte etwas den Blick.
Dann wand ich mich wieder an Alice.
"Sag schon, Alice. Wer kommt denn nun?!"
Noch immer schaute sie in die Ferne. Ihre Gedanken waren hinter einer Mauer. Gerade als ich fragen wollte, bemerkte ich den fremden und doch vertrauten Geruch. Ich trat an Alice vorbei und ging die Stufen unserer Veranda hinab.
Auf unserer Auffahrt blieb ich stehen. Der Wind wehte mir sanft um die Knöchel und trug damit den Geruch immer näher an uns heran. Vor mir lag nur die leere Straße. Mir schnürte sich etwas die Kehle zu. Es machte mir Angst, das Alice nicht sagte, wer sich auf dem Weg hierher befand.
"Oh, mein Kind! Du wirst von mal zu mal hübscher!"
Die Stimme war wie Samt und schmiegte sich geradezu an meine Ohren. Ich wirbelte auf der Stelle herum.
Direkt vor mir standen vier Gestalten. Jede einzelne davon war mir mehr als vertraut.
"Eleazar?!" flüsterte ich und verengte meine Augen.
Eine Reihe blitzend weißer Zähne kam zum Vorschein als er anfing warm zu lächeln.
Meine Schwestern sowie meine Mutter kamen nun ebenfalls die Stufen hinunter.
"Eleazar, Kate, Tanya und Carmen! Ihr seid also doch gekommen!" rief meine Mutter aus.
Ich konnte die unterdrückte Freude in ihrer Stimme hören. Auch wenn sie sich aus der Sache mit den Neugeborenen rausgehalten hatten, waren sie für meine Mutter ein Teil unserer Familie.
Ich dagegen wollte ihnen so so leicht nicht vergeben. In gewisser Weise waren sie mit daran Schuld, das Robin nun einer von uns war.
Meine Mutter umarmte die Denalis einen nach den anderen, während ich die Arme trotzig vor der Brust verschränkte.
Auch Rosalie und Alice begrüßten die fremden Vampire, wenn auch nicht so freundlich, wie es unter anderen Umständen der Fall gewesen wäre. Nur ich blieb Abseits stehen.
"Mi Corazón. Willst du uns nicht begrüßen?"
Das war Carmen. Sie war meiner Mutter nicht unähnlich. Sie war liebenswert. Und gerade deswegen fiel es mir nur noch schwerer, einfach an meiner Stelle stehen zu bleiben.
"Tut mir leid, Carmen. Aber ich kann euch nicht so einfach verzeihen, wie es wohl der Rest meiner Familie kann. Ihr habt uns im Stich gelassen!" zischte ich leise.
Ohne weiteres drehte ich mich herum und ging wieder ins Haus. Sofort waren federnde Schritte hinter mir. Eine Hand schloss sich um mein Handgelenk und zwang mich zum stehen bleiben. Ich atmete tief durch. Es war Tanya.
"Oh, Deidra. Es tut uns wirklich leid, was da passiert ist. Und ich verstehe deinen Wut und deinen Schmerz. Aber ihr seid alles, was wir noch an Familie haben. Wir haben auch lange überlegt, ob wir überhaupt kommen sollen. Natürlich werden wir uns auch noch bei Edward und Bella entschuldigen. Es ist uns nicht egal, was mit euch passiert. Gerade du müsstest wissen, wie viel ihr uns bedeutet."
Ihre Stimme war wie flüssiger Honig und ihre goldenen Augen taxierten mich. Ich atmete tief durch.
"Ihr... müsst mir Zeit lassen, Tanya." sagte ich kleinlaut.
Sie nickte mitfühlend.
Und ich erinnerte mich urplötzlich an die ganzen Gespräche, die ich mit ihr geführt hatte. Sie war fast ebenso eine Schwester für mich wie Rosalie und Alice. Auch wenn sie in Alaska lebte.
Durch die Haustür traten nun auch die restlichen Vampire. Eleazar sah mich an. Unter diesem Blick schien ich zu schmelzen. Einer meiner Mundwinkel zuckte kurz. Dann ging ich auf ihn zu. Er breitete die Arme aus und begrüßte mich freundlich. Carmen nahm mich ebenfalls in ihre Arme.
"Ah, Amor. Es ist immer schön dich zu sehen." flüsterte sie in mein Ohr.
Auch Kate und Tanya nahm ich schließlich in die Arme um sie ordentlich zu begrüßen.
Doch als ich mich von ihnen löste, verengte ich die Augen zu Schlitzen. Etwas war anders als sonst. Ihr Geruch... der vermischte sich mit noch einem anderen. Ich konnte diesen Unterschied deutlich erkennen. Schließlich hatte ich lange Zeit mit ihnen zusammen gelebt.
"Was ist los?" fragte meine Mutter etwas irritiert.
"Wen habt ihr bei euch?" presste ich hervor.
Alle Augenpaare richteten sich auf Eleazar. Er lächelte.
"Dir kann man nichts vorenthalten, Deidra. Aber eigentlich hatte ich diese Frage eher von Alice bereits beantwortet gesehen."
Seine Hand winkte in Richtung des Waldes. Kurz darauf schien eine fünfte Gestalt in der Haustür. Schon bevor sie komplett eingetreten war, hatte ich eine Vorahnung wer es sein würde.
Elfengleich schwebte sie durch die Tür, schien den Boden kaum zu berühren. Die dunkelblaue enganliegende Jeans unterstrichen ihre langen gazellengleichen Beine. Das blaue Shirt betonte ihre schlanke, grazile Gestalt. Das dunkle Haar trug sie heute in einem lockeren Zopf. Auf ihren Lippen lag ein überlegenes Lächeln, welches ihre flüssig goldenen Augen deutlich hervorhob.
Mir klappte der Mund auf.
Sie trat völlig selbstverständlich neben Eleazar. Doch ihre Augen ließen mich nicht los. Sie verlagerte das Gewicht von einem Bein auf das andere und verschränkte ihre Arme locker hinter dem Rücken.
Ich bemerkte wie meine Muskeln sich versteiften und sich meine Hände zu Fäusten ballten.
Das alles hatte wieder nur Bruchteile von Sekunden gedauert.
Eleazar lächelte weiterhin. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter.
"Ich hoffe es ist in Ordnung, das wir noch jemanden mit gebracht haben. Sie ist doch recht kurzfristig vorbei gekommen. Darf ich euch eine alte Freundin von mir vorstellen? Das hier ist die gute Lilith Thompson."
Und mit einem Mal, war völlige Leere in meinem Kopf.
Kapitel 9 der große Tag (Teil1)
Die Welt schien für einige Sekunden stehen geblieben zu sein.
Wir standen alle in unserem Hausflur und starrten den Neuankömmling in unserer Mitte an.
Lilith Thompson schien sich kaum bewegt zu haben, doch weiterhin ruhten ihre satt goldenen Augen auf mir. Ein selbstzufriedenes Lächeln legte sich auf ihre formvollendeten Lippen. Sie wirkte nicht im geringsten so überrascht mich zu sehen, als wie ich es war.
"Hübsches Kleid." erklang ihre Stimme einem Windspiel gleich.
Meine Miene verdüsterte sich, sobald sie anfing zu sprechen. Sie sprach ohne eine erkennbare Emotion. Wie bereits beim letzten Mal unseres Zusammentreffens, waren ihre Gedanken hinter einer dicken undurchdringlichen Mauer versteckt. Ich fragte mich was sie zu verstecken versuchte. Allein diese Angewohnheit von ihr, machte sie mir unglaublich unsympathisch.
"Heute etwa ohne deine nette Begleitung unterwegs?" fragte sie mit einem sehr merkwürdigen Unterton.
Es fing leise an in meiner Brust zu grollen.
Eleazar warf einen skeptischen Blick zwischen uns hin und her.
"Ihr beiden kennt euch bereits?"
Ich verschränkte meine Arme vor meiner Brust.
"Zu meinem Leidwesen, muss ich leider sagen... wir kennen uns flüchtig." grummelte ich leise und doch laut genug, das jeder es verstehen konnte.
Alice legte ihre Stirn in Falten.
"Warte!" Sie drehte sich zu Lilith. "Du bist... diese Lilith Thompson!? Du bist der fremde Vampir aus Irland!"
Lilith lächelte weiterhin.
"Oh, so fremd bin ich nicht, Alice. Dich kenne ich sogar sehr gut, meine Teure. Aber wer in unserer kleinen Welt, kennt dich nicht, nicht wahr?!"
Alice zog eine Augenbraue nach oben, doch sie sagte nichts weiter. Ich ließ meine Arme sinken. Blitzschnell war ich direkt vor Lilith und funkelte sie wütend an.
"Was tust du hier, Lilith?" zischelte ich leise und versuchte erst garnicht freundlich zu klingen.
Trotz meiner offensichtlichen Drohgebärde, war der dunkelhaarige Vampir von mir nicht im entferntesten eingeschüchtert. Sie beugte sich zu mir vor.
"Ich weiß nicht, was du hier tust, aber ich gehe auf eine Hochzeit."
Wieder fing ich an zu knurren. Bevor ich etwas erwidern konnte, schob meine Mutter sich zwischen mich und Lilith. Alice und Rosalie zogen mich etwas zurück.
"Eine alte Freundin von dir, Eleazar? Ich glaube, es dürfte kein Problem sein, einen weiteren Gast unterzubringen, nicht wahr, Alice?!" wand sich meine Mutter an meine Schwester.
Alice straffte ihre Haltung. Sie ließ mich jedoch nicht los. Wahrscheinlich weil sie genau wusste, das ich sonst auf Lilith los gehen würde. Doch auch sie ließ sich ihren Unmut über diese Wendung nicht anmerken. Es war für Alice nicht typisch unvorbereitet getroffen zu werden. Sie atmete tief durch.
"Natürlich. Fühlt euch ganz wie zu Hause." sagte sie etwas steif.
Die Denalis nickten.
Ich sah jeden von ihnen einen kurzen Augenblick lang an. Sie alle wirkten gelassen. Bis auf Tanya. Sie war etwas steifer als ihre Schwestern oder Carmen und Eleazar. Wahrscheinlich fiel mir diese kleine Veränderung auch nur deswegen auf, weil ich solange mit den Denalis gelebt hatte. Sie waren mir näher, als den anderen.
"Wir werden noch einmal jagen gehen. Es war eine lange Reise und wir haben mehrmals untertauchen müssen." Dabei warf sie einen merkwürdigen Blick zu Lilith. "Bis zur Trauung werden wir schon ein Plätzchen für uns finden." sagte Tanya nun.
Ihre Augen wanderten nun unruhig zwischen mir und Lilith hin und her.
'Glaub mir, Deidra. Auch mir kommt sie äußerst suspekt vor.' empfing ich von ihr.
Ich warf ihr einen kurzen Blick zu. Sie verstand meinen Ausdruck sofort. Schließlich kannte sie mich zu gut. Sanft schüttelte ich die Hände meiner Schwestern ab.
"Ihr könnt euch gerne im Wald austoben, solange ihr nicht auffallt. Haltet euch nur von La Push fern. Ihr werdet es merken, wenn ihr euch dem Reservat nähert. Der Gestank wird euch entgegen schlagen. Also... viel Spaß." sagte ich leicht angesäuert.
Abrupt wand ich mich ab und stieg die Treppen hinauf. Doch vorher versetzte ich Lilith einen vernichtenden Blick. Diese zog einfach nur eine Augenbraue kurz amüsiert in die Höhe, bevor sie zufrieden lächelte.
Vor Zorn bebend sprintete ich geradezu in mein Zimmer. Wütend warf ich die Tür ins Schloß. ich schloß die Augen und zählte innerlich bis zehn. Ein Versuch mich selbst zu beruhigen. Doch es funktionierte nicht wirklich. In diesem Stadium der Wut, schafften es nur Robin oder Jasper mich zu beruhigen. Allerdings waren beide nicht in meiner Nähe. Ich musste mich zwingen, nicht willkürlich Dinge zu zerschlagen.
Die Tür hinter mir ging auf.
"Das ist also Lilith Thompson, ja?!"
Alice stellte sich neben mich. Ich öffnete meine Augen. Erneut tat ich einen tiefen Atemzug.
"Ja. Das ist sie." presste ich hervor.
Meine Schwester legte den Kopf schief. Sie dachte nach.
"Komisch... ich habe sie noch nie gesehen. Nicht einmal in einer meiner Visionen. Wie kann sie mich kennen? So bekannt, kann ich doch auch nicht sein, nicht wahr? Eine äußerst merkwürdige Person." sinnierte Alice leise vor sich hin.
Ich schnaubte verächtlich.
"Merkwürdig?! Arrogant und eingeblidet trifft es wohl eher, Alice!" Ich sah sie an. "Ich trau ihr nicht. Egal ob sie eine alte Freundin von Eleazar ist, oder nicht. Sie lässt sich nicht in ihre Karten schauen. Ihre Gedanken sind immer hinter einer Mauer, die sehr gut amtrainiert ist, Alice. Das habe ich bei noch keinem gesehen. Sie ist zwar nicht so unüberwindbar, wie die bei Bella, aber sie hat keine Lücken. Zumindest keine offensichtlichen. Und das finde ich wirklich... merkwürdig an der ganzen Sache. Es ist als ob sie keine Schwächen hätte. Sie lächelt immer nur so... überheblich. Und sie scheint mehr zu wissen, als sie zugeben will."
Meine Schwester verengte die Augen zu Schlitzen.
"Keine Schwächen?! Das kann ich mir kaum vorstellen. Jeder hat Schwächen, Deidra. Auch diese Lilith Thompson wird eine haben. Und die werden wir auch noch finden. Keine Sorge."
Der nächste Morgen brach hell und klar an.
Alice wuselte durch das Haus und legte letzte Hand an die Dekoration. Das Meer aus Blumen im Erdgeschoss duftete betörend. Alles strahlte und glänzte.
Ich band gerade eine letzte weiße Satinschleife an einen der Stühle. Freudestrahlend stand Alice auf der obersten Treppe. Ihre Augen glitzerten geradezu, als sie von oben in den weiten Raum blickte.
"Ach, umwerfend!" trällerte sie.
"Ist es wie in deiner Vision?" fragte ich.
Meine Schwester nickte glücklich. Ich musste dabei grinsen. Sie wirkte so losgelöst wie seit Tagen nicht mehr.
Die Jungs waren noch nicht wieder zurück. Langsam machte ich mir etwas Sorgen. Zwar wusste ich, das er bei meinen Brüdern in Sicherheit war, aber genauso gut kannte ich auch meine Brüder. Die Verlockung Dummheiten anzustellen, war größer, wenn sie alle drei zusammen unterwegs waren. Und dieses Mal hatten sie Robin bei sich.
Seit seiner Verwandlung, waren wir noch nicht wirklich getrennt gewesen.
Alice stieg die Treppen hinab. Sie legte mir eine Hand auf den Arm.
"Keine Sorge. Sie werden bald zurück kommen. Keiner von ihnen würde es heute wagen zu spät zu kommen."
Wieder lächelte ich.
Der restliche Morgen ging in Vorbereitungen, Telefonaten und anderen Dingen vorrüber.
Alice war gerade losgefahren um Bella abzuholen. Ich stand in ihrem Badezimmer und legte das Make - up zurecht. Dabei fiel mir andauernd eine störische Haarsträhne ins Gesicht. Energisch strich ich sie mir hinters Ohr, wo sie jedoch nicht bleiben wollte.
Rosalie schwebte vorbei und warf einen Blick ins Bad.
"Da bist du ja. Kannst du bitte deinen Wagen in die Garage fahren?! Alice möchte nicht, das irgendein Wagen vor dem Haus steht. Und du willst doch heute lieber keinen Ärger mit Alice bekommen, oder nicht?!"
Ich seufzte.
"Das hättest du doch auch tun können, Rose!"
Meine Schwester zuckte mit den Schultern.
"Du hast mehr als nur einmal deutlich gemacht, das niemand von uns dein Auto berühren darf. Trotzdem hast du damit einen Menschen fahren lassen. Naja. Ich wollte es dir nur sagen."
Kurz darauf war sie wieder verschwunden. Ich rollte mit den Augen und ließ die Puderdose auf die Anrichte im Badezimmer sinken. Noch hatte ich mich nicht umgezogen. Ich trug noch eine einfache dunkle Jeans und ein grünes Top. In meinem Haar waren noch große Lockenwickler, was trotzdem die eine Haarsträhne nicht davon abhielt, immer wieder hervorzurutschen. Eilig verließ ich das Badezimmer und trat auf den Flur. Meine Hand wanderte in meine Hosentasche und zog meine Autoschlüssel hervor. Auf der Auffahrt stand nur noch mein Wagen. Der Rest stand bereits in der großen Garage. Ich senkte noch einmal kurz den Blick auf meine Schlüssel um den richtigen hervorzuholen. Als ich wieder aufblickte, stockte ich. Meine Füße bewegten sich nicht weiter.
Lässig an die Kühlerhaube meines Wagen gelehnt, stand niemand geringeres als Lilith Thompson. Sie war bereits perfekt für eine Hochzeit gekleidet. Ihre schlanke grazile Gestalt, steckte in einem enganliegendem schwarzen Cocktailkleid. Das dunkle Haare war elegant hochgesteckt. In gewisser Weise könnte sie das Abbild der unvergesslichen Audrey Hepburn sein. Fast war ich neidisch, das sie trotz der Tatsache, das sie hier keinen festen Wohnsitz hatte, es fertig brachte so unglaublich umwerfend auszusehen. Selbst für unsereins, war sie einfach fast unglaublich hübsch.
Ich seufzte genervt auf.
"Ist dieses unvorbereitete Auftauchen eigentlich eine blöde Angelegenheit von dir?" zischte ich ungehalten.
Lilith schien wieder einmal nicht im mindesten von meiner ruppigen Art irritiert zu sein. Ihre Finger glitten sanft über meine Motorhaube.
"Ein wirklich hübsches Auto. Du scheinst es sehr zu pflegen." sagte sie nebensächlich.
"Normalerweise versuche ich auch unliebsamen Dreck davon fern zu halten!"
Meine Augen sprühten geradezu Zornesfunken. Doch Lilith ließ sich davon nicht verunsichern. Sie sah mich an. Plötzlich wurde mir siedend heiß bewusst, das ich noch garnicht hergerichtet war. Im Gegensatz zu ihr musste ich wie eine Lumpenpuppe aussehen.
Ich straffte meine Haltung um mir meine plötzliche Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Mit gerecktem Kinn ging ich weiter auf mein Auto zu.
"Du scheinst ziemlich agressiv zu sein, Deidra."
Inzwischen hatte ich mein Auto erreicht und war an ihr vorbei gegangen. Wutenbrannt drehte ich mich zu ihr um.
"Das leigt hauptsächlich an der Person, mit der ich es zu tun habe! Eigentlich bin ich sehr umgänglich. Doch zur Zeit liegt dieser Gemütszustand definitiv an dir!"
Der dunkelhaarige Vampir zuckte gleichgültig mit den Schultern. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust. Ihre ganze Art, machte mich wütend. Das schafften nicht viele, mich so schnell auf die Palme zu bringen.
"Diese Starrköpfigkeit... muss wohl in der Familie liegen..."
Mein Körper versteifte sich.
"Wie meinst du das?"
Lilith lief langsam auf und ab.
"Deine Mutter... beharrte auch gerne auf ihren Standpunkt. Zumindest die paar Male, in denen ich sie getroffen habe. Wir waren nicht gerade die engsten Freunde. Doch ich kannte sie."
Erneut funkelte ich sie wütend an.
"Wage es nicht, über meine Mutter zu sprechen! Ich weiß nicht, was du hier willst oder was du mit Eleazar zu tun hast. Aber das was ich weiß ist, das ich dir nicht im geringsten traue, Lilith! Du hast eine Geheimnis vor uns. Sonst würdest du nicht mit dieser Mauer in deinem Kopf herumlaufen. Du weißt, welche Fähigkeiten ich besitze. Deswegen nimmst du dich in meiner Gegenwart zusammen. Und wahrscheinlich wirst du das bei Edward auch tun. Wie du es allerdings anstellst, das Alice dich nicht sehen konnte, ist mir ein Rätsel.
Du solltest vorsichtig sein, Lilith! Solltest du meine Familie in Gefahr bringen durch dein Schweigen, wird es dir sehr leid tun, hierher gekommen zu sein. Ich spaße nicht, glaube mir.
Ich werde noch herausfinden, was du verschweigst. Da kannst du sicher sein."
Einige Sekunden starrte sie mich einfach nur an. Ihre Mundwinkel hatten nur ganz kurz gezuckt. Dann reckte sie das Kinn, ebenso wie ich es getan hatte.
"Du glaubst, meine Geheimnis zu finden? Du glaubst ich hätte eines? Dann wünsche ich dir viel Spaß dabei, Deidra. Du wirst es nicht herausfinden. Denn ich habe kein Geheimnis. Die Mauer ist antrainiert. Da hast du Recht. Dafür habe ich meine Gründe, das ich diese nicht so leicht ausschalten kann.
Du machst mir keine Angst, Deidra. Für mich bist du nur ein kleines Mädchen. Ich bin älter als du. Und ich habe wesentlich mehr gesehen als du jemals wirst.
Ich habe nicht vor, deine Familie in Gefahr zu bringen.
Und wenn wir schon davon reden... sei dir nicht so sicher, das alle in deiner Familie, hinter dir stehen werden.
Jeder kann dir in den Rücken fallen..."
Bei den letzten Worten wurde ihre Stimme leicht brüchig. Jedoch nur für Sekunden.
Ich betrachtete sie misstrauisch. Im ersten Moment wusste ich nicht was ich sagen sollte. Doch ich wollte mir keine Blösse geben.
"Ganz wie du meinst. Dann geh mir jetzt aus dem Weg, sonst werde ich dich einfach umfahren. Nicht, das es mir leid tun würde!"
Ich öffnete energisch meine Wagentür und stieg ein. Lilith machte ein paar Schritte zurück. Sie beobachtete mich genau, doch ich ignorierte sie, als ich den Wagen startete und in die offene Garage fuhr. Im diffusen Dunkeln der Garage atmete ich erst einmal tief durch. Ich stieg betont langsam aus und schloss ordentlich meine Tür. Doch als ich mich umdrehte um diesem nervigen Vampir gegenüber zu treten, war sie verschwunden.
Ich sah nach links und nach rechts, aber ich konnte sie nirgendwo erkennen. Sie war wie vom Erdboden verschluckt. Es war fast so, als hätte ich sie mir nur eingebildet.
Ein Dröhnen drang an meine Ohren. Kurz darauf bog der gelbe Porsche von meiner Schwester Alice in unsere Auffahrt ein. Sie fuhr direkt in die Garage. Alice und meine zukünftige Schwägerin stiegen aus.
"Seit wann darf die Braut die Dekoration nicht sehen?" protestierte Bella gerade.
"Seit sie mir die Verantwortung übertragen hat. Ich möchte, dass es dich richtig umhaut, wenn du die Treppe herunterkommst."
Alice lächelte vielsagend. Bella sah mich hilfesuchend an.
"Denkst du etwa genauso?" fragte sie mich.
Ich hob abwehrend die Hände.
"Oh, ich würde es nie wagen mich mit Alice anzulegen. Tu lieber was sie dir sagt, Bella. Sie hat heute das Kommando."
Ergeben seufzte sie und es war klar, das Alice gewonnen hatte. Meine Schwester legte ihr eine Hand über die Augen und führte sie aus der Garage in die Küche. Ich folgte in einigem Abstand. Alice wand sich an mich.
"Willst du dich nicht auch fertig machen, Deidra? Ich kann gleich jede Hilfe gebrauchen."
Ihr Blick war so durchdringend, das ich mich nicht traute etwas entgegenzusetzen. Sie schob Bella weiter vor sich her und verschwand mit ihr in ihrem Badezimmer. Ich atmete tie durch und machte mich ebenfalls auf den Weg in mein Zimmer.
Das Kleid hing an einem Bügel an der Tür. Ich schlüpfte in den weichen Stoff und zog die Schuhe an. Nachdem ich diese geschnürrt hatte, ging ich ins angrenzende Badezimmer. Ich warf einen seufzenden Blick in den Spiegel. Heute würde ich wohl oder übel ohne die helfende Hand meiner Schwester Alice auskommen müssen. Nach und nach löste ich die Lockenwickler aus meinem Haar. In sanften Wellen fiel mir meine rote Mähne über die Schultern. Ich warf es zurück und strich es mir aus der Stirn, auch hier war es wieder die eine Strähne die mir heute nicht gehorchen wollte.
Ich legte nur leichtes Make - up auf, bis auf die Augen die ich etwas mehr betonte.
Nach etwa einer Stunde war ich doch sehr zufrieden mit dem Ergebnis, das ich erzielt hatte. Ich betrachtete mich noch einmal im Spiegel. Dann verließ ich mein Zimmer und machte mich auf den Weg zu Alice.
Da ich mir Zeit gelassen hatte, war mir kaum aufgefallen, wie der Morgen vorbei gezogen war. Der Duft der Blumen im Erdgeschoss strömte betörend die Stufen herauf und erfüllte das ganze Haus.
Rosalie rauschte erneut an mir vorbei. Ihr Haar war bereits locker hochgesteckt, sie trug jedoch noch nicht das schimmernde silberne Abendkleid, welches Alice ihr besorgt hatte.
"Rose, weißt du wann die Jungs zurück kehren wollten?" fragte ich neugierig.
Meine Schwester zuckte kurz mit den Schultern.
"Ich glaube sie wollten gegen Mittag zurück sein." Sie sah auf ihre Armbanduhr. "Also dürften sie bald da sein."
Gerade als sie sich abwenden wollte, hielt ich sie noch einmal zurück.
"Rose... du siehst toll aus. Wirklich."
Rosalie legte die Stirn skeptisch in Falten.
"Danke."
"Egal... was ich manchmal sage oder wie oft du mich auch auf die Palme bringst,... gegen eine andere Schwester würde ich dich nicht eintauschen wollen, Rose." sagte ich leise.
Meine Schwester legte den Kopf leicht schief. Dann zuckte sie mit den Schultern.
Ich wusste, das sie nichts darauf sagen würde. Das brauchte sie auch nicht. Schließlich hatte ich nicht mit einer Antwort gerechnet. Mir war gerade nur klar geworden, das ich mich mit Rosalie glücklich schätzen konnte. Zumindest glücklicher als ich es mit Lilith Thompson gewesen wäre. Und ich wollte nicht zulassen, das diese Zecke ihr Gift über meine Familie verspritzte. Niemand würde mir in den Rücken fallen. Nicht einmal Rosalie.
Meine Schwester wand sich ab. Ich steuerte auf Alice' Badezimmer zu. Bella saß auf einem kleinen rosa Stuhl direkt vor dem großen Badezimmerspiegel. Sie schien eingedöst zu sein. Ihre Augen waren geschlossen, während Alice ihr gerade Reste einer Feuchtigkeitsmaske vom Gesicht wischte.
"Hast du Bella in Trance versetzt, damit du mit ihr machen kannst, was du willst?!" fragte ich breit grinsend.
Alice sah zu mir auf. Sie verzog leicht das Gesicht.
"Haha! Ihr solltet wirklich alle Komiker werden! Das war bis jetzt eine ganz schöne Arbeit."
Sie deutete auf das Gesicht meiner zukünftigen Schwägerin. Ihr Gesicht wirkte zart und ebenmäßig. Sie wirkte wie frisch aus einem klaren Bergsee entstiegen. Man sah ihr nicht mehr an, das sie vor ein paar Stunden noch völlig unausgeschlafen war.
Sie öffnete blinzelnd ein Auge und funkelte Alice kurz an.
"Ich hab dich auch gern, Alice!"
Dann sah sie zu mir herüber.
"Wow! Du siehst klasse aus, Deidra."
Ich lächelte sie an.
"Nicht annähernd so toll, wie du aussehen wirst, wenn Alice erst einmal mit die fertig ist."
Bella zuckte nur leicht mit den Schultern. Ich konnte ihr deutlich ansehen, das sie nicht daran glaubte, auch nur annähernd so umwerfend auszusehen. Wieder einmal unterschätzte sie meine Schwester.
Rosalie schwebte gerade ins Badezimmer herein.
"Wow, Rosalie." hauchte Bella benommen.
Rosalie trug nun ihr Kleid. Sie wirkte wie eines der Topmodels aus den Modezeitschriften.
Da es heute allerdings Bellas Tag war, erwiderte Rosalie darauf nichts. Sie lächelte nur kurz.
"Sie sind wieder da."
"Sieh zu, dass er nicht hier reinkommt." mahnte Alice.
Rose winkte ab.
"Er wird dir heute keinen Ärger machen. Dafür ist ihm sein Leben zu lieb. Im Moment hält Esme sie alle beschäftigt. Kann ich dir vielleicht helfen? Ich könnte ihr die Haare machen."
Ungläubig sah ich von Bella zu Rosalie und wieder zurück. Rose war Bella noch nie sehr entgegen gekommen. Nicht, weil sie Bella nicht leiden konnte. Sie hatte nie verstanden, warum Bella sich freiwillig für ein Leben in der Verdammnis entschied, wenn sie doch ein ganzes Menschenleben vor sich hatte. Es war ein offenes Geheimnis, das Rosalie am unzufriedensten mit ihrem Leben als Unsterbliche war.
Alice schien nicht davon irritiert.
"Klar. Du kannst schon mal anfangen zu flechten. Am liebsten etwas Aufwendiges. Der Schleier kommt hier unten hin."
Sie deutete auf die Stelle, die sie meinte. Rosalie nickte und trat hinter Bella. Ich sah mit noch immer offenem Mund dabei zu, wie sie anfing die braunen Haare Bellas zu flechten. Langsam schloss ich meinen Mund wieder.
"Die Jungs sind also wieder da?" fragte ich leise.
Rose nickte.
Ein Schwirren setzte in meiner Magengegend ein. Robin war wieder da.
Ich wand mich an Alice.
"Brauchst du noch..."
"Geh ruhig, Deidra. Wenn du so zappelig bist, kann ich dich kaum gebrauchen. Außerdem kann er es auch kaum erwarten, dich zu sehen."
Alice grinste schief. Auch ich lächelte. Dann drehte ich mich um und wollte das Badezimmer verlassen.
"Oh, ähm, Deidra. Warte kurz."
Leicht irritiert blickte ich zu Rosalie. Sie griff in ihr Haar und zog einen der antiken Haarkämme heraus. Ohne weitere Worte steckte sie mir diesen auf die linke Seite auf der immer wieder meine Strähne hervorgerutscht war.
"Was...?" setzte ich an.
Doch Rosalie schüttelte nur den Kopf.
"Sonst fällt dir diese eine Strähne immer wieder in deine Augen. Und es würde wieder nicht in das perfekte Bild von Alice passen, wenn du dir ständig mit den Fingern durch die Haare fahren würdest." sagte sie nebensächlich.
Ich wusste nicht was ich darauf sagen sollte. So hatte ich Rosalie noch nie erlebt. Wir waren oft wie Feuer und Wasser, doch wir respektierten die Existenz des anderen. Jede von uns wusste, das wir niemals die besten Freundinen sein würden. Doch es machte ihr genauso wenig aus, wie mir. Wir lebten miteinander und das reichte uns beiden. Und selbst dann gingen wir uns den größten Teil aus dem Weg.
Es war wirklich nicht so, das ich Rosalie nicht leiden konnte. Meine Schwester hatte nur diese unangenehme Angewohnheit, sehr anstrengend und ich - bezogen zu sein. Für eine Ewigkeit kann man das wohl kaum aushalten.
Alice sah von Bella auf.
Kapitel 9 der große Tag (Teil2)
"Nun geh schon, Deidra. Sonst kommt meine Planung durcheinander."
Sie scheuchte mich mit den Händen aus der Tür. Ich nickte ihr zu. Hastig drehte ich mich auf dem Absatz um und verließ das Badezimmer. Bereits auf dem Flur konnte ich Robins Geruch ausmachen. Das ließ alles in mir vibrieren. Mein Körper konnte es kaum erwarten endlich wieder mit Robin vereint zu sein. Ich sprang auf das Treppengeländer und rutschte darauf hinab, sowie ich es immer tat. Doch auf den letzten Metern geriet ich ins Straucheln. Als ich unten ankam, landete ich etwas unsanft, aber zwei Arme fingen mich sicher auf. Ich sah auf und blickte in die Augen, die ich für immer lieben würde.
"Wow. Du siehst atemberaubend aus."
Robins Stimmer klang wie flüssiger Honig. Ich richtete mich richtig auf und lächelte schief. nun nahm ich ihn erst einmal richtig in Augenschein. Auch er war bereits angezogen. Er trug einen einfachen schwarzen Anzug. Der einzige Farbakkzent war eine Krawatte. Diese hatte genau die gleicht Farbe wie mein Kleid. Sein Haar war leicht verstrubbelt.
Da wir heute Menschen gegenüber treten würden, trug er braune Kontaktlinsen. Seine Haut war, durch die Jagd, leicht gerötet und verlieh ihm eindeutig mehr Leben. Im Ganzen wirkte er einfach frisch.
"Das Kompliment kann ich nur zurück geben, Robin."
Er drückte mir einen Kuss auf die Schläfe.
"Das habe ich nur Alice zu verdanken. Du allerdings siehst auch ohne ihre Hilfe einfach grandios aus."
Ich senkte leicht den Blick. Mir war es noch immer etwas unangenehm, solche Komplimente zu bekommen. Selbst wenn von Robin kamen.
Robin hob etwas die Nase in die Luft. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und seine Stirn legte sich in Falten.
"Wer ist hier?" fragte er leise.
Ich nahm seine Hände in meine und atmete tief durch.
"Die Denalis sind angekommen. Aber sie waren nicht allein... Lilith Thompson ist ebenfalls hier."
Augenblicklich versteifte sich seine ganze Haltung. Ein leises Grollen braute sich in seiner Brust zusammen. Behutsam legte ich eine Hand an seine Wange.
"Beruhig dich. Sie ist mit ihnen zusammen hergekommen. Anscheinend kennt sie Eleazar. Mehr habe ich auch nicht wirklich erfahren. Sie wird auch auf der Hochzeit sein."
Robin atmete tief durch. Dann nahm er meine Hand in seine und legte sie auf seine Brust.
"Was kann sie hier nur wollen? Und wie kann es sein, das Alice sie hat nicht kommen sehen?" Sein hübsches Gesicht musterte meines. "Und du bist dir sicher, das dieser Name noch nie bei den Denalis gefallen ist, als du in Alaska bei ihnen gelebt hast?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Ich würde sagen, nein. Aber ich muss auch ebenso zugeben, das ich in meinem Kopf mit anderen Dingen beschäftigt war. Hauptsächlich damit, in einem Meer von Schuldgefühlen abzutauchen. Da sind oft Dinge an mir vorbei gezogen."
Gerade als Robin etwas darauf erwidern wollte, ging die Tür hinter uns auf und herein kam Jasper mit Renée und ihrem Mann Phil. Bellas Mutter strahlte, als sie das Haus komplett betrat. Ihr Blick streifte die Dekoration und blieb schließlich an mir uns Robin hängen. Wir beide standen noch immer am Fuße der Treppe, meine Hand auf Robins Brust.
Die Tage, seitdem Renée da war, hatten Robin und ich uns die größte Zeit von ihr fern gehalten. Auch wenn Alice der Meinung war, das alles ohne Probleme laufen würde, wollten wir das Schicksal nicht unnötig herausfordern.
"Ah, ihr zwei seht umwerfend aus! Wie aus einem Hochglanzkatalog!" sagte Renée entzückt.
Wir drehten uns zu ihr um.
"Hallo, Renée. Hallo, Phil. Bella ist oben und wird von Alice hergerichtet. Sie wartet bestimmt schon auf dich."
Ich deutete die Treppen hinauf. Bellas Mutter nickte mir zu. Sie sprintete geradezu die Treppen hinauf und ließ ihren Mann völlig sich selbst überlassen zurück. Dieser stand erst etwas unschlüssig im Flur, bevor Jasper ihm bedeutete wo er sich im Wohnzimmer niederlassen konnte.
Ich wand mich an Robin.
"Also, Robin. Versuch dich zu beherrschen. Halte dich am besten in der Nähe von Jasper auf. Und verstecke deine Gedanken heute nicht vor mir. Wir wollen, das dies der schönste Tag für Bella und Edward wird. Und deswegen werden wir Lilith Thompson wohl oder übel ertragen müssen."
Robin atmete erneut tief durch. Dann nickte er.
"Für Edward und Bella." Mit einem Schmunzeln fügte er jedoch hinzu. "Aber, ich glaube, ich muss mir eher Sorgen darum machen, das du dich einfach auf sie stürzen könntest."
Ich verdrehte die Augen. Robin kannte mich einfach schon zu gut. Er wusste ganz genau wie es in mir aussah. Schon als Mensch hatte er mich sehr leicht durchschauen können. Und nun da er wie ich war, war es für ihn ein noch leichteres, jede noch so kleine Gefühlsregung in meinem Gesicht abzulesen.
Wieder ging die Tür hinter uns auf. Chief Swan trat ein. Er wirkte in seinem Anzug etwas verloren. Man sah ihm deutlich an, das er sich nicht ganz wohl fühlte. Und wahrscheinlich, gab es an diesem heutigem Tag kaum etwas für ihn zu feiern. Für ihn war es, als würde er seine Tochter verlieren und nicht einen Sohn dazu gewinnen.
Eigentlich hatte er damit nicht ganz unrecht. Er würde Bella verlieren. Es war sehr wahrscheinlich, das er sie nach den Flitterwochen nie wieder sehen würde.
Irgendwie machte es mich traurig. Ich mochte Charlie. Er war ein netter Mensch. Er hatte sich immer gut um Bella und auch um Robin gekümmert, als seine Mutter gestorben war. Oft hatte er nach Robin gefragt, ob es ihm auch wirklich gut ging. Und ich wusste wieviel Bella ihm bedeutet. Das konnte ich auch ohne Gedankenlesen erkennen.
Ich brachte ein kleines Lächeln zustande.
"Hallo, Chief Swan." begrüßte ich ihn.
Er nickte mir etwas steif zu.
"Hallo ihr zwei. Hübsch seht ihr aus."
Er rang sich ebenfalls zu einem kleinen Lächeln durch.
"Sie ebenfalls." erwiderte Robin.
Das schien den Chief etwas zu verunsichern. Seine Wangen liefen leicht rosa an. Doch bevor er sich weiter unwohl fühlen konnte, kam meine Mutter aus der Küche auf uns zu.
"Ihr solltet euch alle langsam fertig machen. Dein Strauß ist oben in Rosalies Zimmer, Deidra. Du kannst dich schon mal da vorne hinsetzen, Robin. Direkt neben Jasper. Oh, und Charlie, könntest du bitte den Mädchen sagen, das es an der Zeit ist, das sie runterkommen?!"
Charlie nickte wieder und stieg die Stufen empor. Auch ich folgte ihm. Während er auf Alice' Zimmer zusteuerte, aus dem Stimmen drangen, ging ich in Rosalies Zimmer. Die verschiedenen Sträuße waren in Vasen gestellt. Meiner war ein kleiner Biedermaierstrauß. da ich offiziell die jüngste in der Familie war, sollte ich gewissermaßen das Blumenmädchen darstellen. Deswegen durfte ich mich mit meinem Kleid etwas von den anderen abheben. Natürlich nicht so sehr, das ich Bella ausstechen würde. Das würde Alice niemals zulassen. Und ich war auch ganz zufrieden damit.
Ich hörte, wie Renée hastig nach unten sprintete. Kurz darauf trat Charlie neben mich.
"Sind das die Sträuße für Bella und Alice?" fragte er mich.
Ich nickte und reichte ihm die beiden weißen Sträuße. Sie verströmten den Geruch von Rosen, Orangenblüten und Freesien.
Unten setzte das Klavierspiel von Rosalie ein. Charlie seufzte tief.
"Sie ist so schnell erwachsen geworden... obwohl, war sie jemals wirklich ein Kind?!" Er tat einen tiefen Atemzug. "Sie hat sich seit ihrer Kindheit immer um ihre Mutter gekümmert. Und später tat sie das auch bei mir." Nun sah er mich von der Seite her an. "Du solltest deine Jugend so lange genießen, wie es möglich ist, Kleines. Erwachsen wird man schnell genug. Bleib deinen Eltern noch etwas erhalten. Du bist jetzt das letzte Kind im Haus."
Er seufzte noch einmal und verließ dann das Zimmer. Ich sah ihm hinterher. Was für eine Ironie, das ich tatsächlich niemals erwachsen werden würde. Ich straffte meine Schultern und ging nun ebenfalls aus dem Zimmer. Auf dem Flur war die Musik lauter, die gerade in ein anderes Stück überging. Charlie stütze Bella am Ellbogen, die so aussah, als würde sie sich gleich übergeben.
"Bella?" sagte Alice und schaute ihr dabei fest in die Augen.
"Ja." piepste sie. "Edward. Okay."
Alice nickte selbstzufrieden. Dann wand sie sich an mich.
"Gut. Dein Auftritt, Deidra. Vergiß nicht im Takt zu bleiben. Anschließend bleibst du links stehen. Das ist alles worauf du achten musst." flötete sie.
Ich nickte schon wie mechanisch.
"Viel Glück, Bella. Wir sehen uns dann unten." grinste ich meine zukünftige Schwägerin an.
Diese sah etwas glasig zu mir. Ich hörte sie schwer schlucken. Schwungvoll drehte ich mich um und fing an die Treppen hinabzusteigen. Am Fuße angekommen, ging ich langsam durch die mit Satinbeschmückten Reihen auf den Bogen am anderen Ende des Raumes zu. Mein Vater stand neben Edward, direkt dahinter der Pfarrer Mr. Weber. Edward strahlte. Er schien den ganzen Raum aufzuhellen und ihn ließ ihn leuchten. Ob er das immer noch tun würde, wenn er wüsste, wie grün Bella eben noch im Gesicht gewesen war? Doch ich zeigte ihm diese Dinge nicht.
Ich erreichte das Ende des Ganges und stellte mich links von Mr. Weber auf meinen Platz. Mein Blick glitt durch die Reihen und blieb bei Robin hängen. Er saß zwischen meinen Brüdern Emmett und Jasper. Als sich unsere Blicke trafen, fingen wir beide an noch breiter zu lächeln. Inmitten meiner Familie, fiel mir nun erst richtig auf, wie gut Robin dazu passte. Er hatte sich bei uns eingefügt, wie ein fehlendes Puzzleteil. Ich platzte fast vor Stolz auf ihn. Und beinahe hatte ich das Gefühl ein kleines bisschen über dem Boden zu schweben.
Meine Schwester Alice tänzelte nun elfengleich die Treppen hinunter. Als auch sie ihren Platz gefunden hatte, setzte eine Fanfare ein. Alle Augen richteten sich auf die Treppe. Bella schritt mit Charlie langsam die Treppe hinab. Alice hatte wirklich ganze Arbeit an ihr geleistet. Ihre Wangen waren leicht gerötet und ihre Augen waren geweitet vor Erwartung. Die dichten schwarzen Wimpern umrahmten diese. Sie wirkte in ihrem Hochzeitskleid elegant und anmutig. Fast wie eine engelhafte Erscheinung. Sie konnte sich problemlos mit unseresgleichen messen lassen.
Als Bella Edward erreichte, schien ihre ganze Anspannung von ihr abzufallen. Beide strahlten sich an und ich konnte nicht sagen, wer glücklicher aussah.
Die Zeremonie war recht traditionell, wenn man von Braut und Bräutigam absah. Auf Bellas Wangen zeichneten sich Tränen ab, als sie Edward das Jawort gab. Als der Pfarrer die beiden zu Mann und Frau erklärte, musste auch ich mir ein Schluchzen verkneifen.
War mir am Anfang auch zuwieder, das Edward dieses Menschenmädchen liebte, so war sie doch auch mir inzwischen ans Herz gewachsen. Und im Endeffekt zählte nur das Glück meines Bruders. Er war solange allein gewesen, und Bella war sein Gegenstück in jeglicher Art und Weise.
Die Beiden besiegelten gerade ihre Ehe mit einem leidenschaftlichen Kuss. Dieser schien garnicht enden zu wollen. Einige Gäste fingen bereits an zu kichern oder sich dezent zu räuspern. Edward unterbrach den Kuss. Er grinste lausbübisch. Dann drehte er Bella mit sich zu den Gästen, die nun wild klatschten.
Die Gäste standen auf um das neue Ehepaar zu beglückwünschen. Ebenso auch meine Familie. Auch ich kämpfte mich zu Bella und Edward durch.
Als erstes drückte ich meinen Bruder.
"Herzlichen Glückwunsch, Bruderherz." sagte ich in sein Ohr und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
"Danke."
Und ohne weiter drüber nachzudenken, hatte ich bereits Bella im Arm und küsste sie ebenfalls auf die Wange.
"Willkommen in unserer Familie, Bella. Jetzt musst du uns für eine sehr lange Zeit ertragen." grinste ich in ihr Ohr.
Etwas perplex sah sie mich an.
"D-danke. Ähm, das hatte ich auch berücksichtigt." stammelte sie.
Eine Hand legte sich um meine. Ich drehte den Kopf etwas nach links und erkannte Robin neben mir. Er warf Bella einen Luftkuss zu und klopfte meinem Bruder anerkennend auf die Schulter.
Dann stockte er kurz.
"Oh... Seth ist hier." sagte er leise.
Ich sah ihn an.
"Seth Clearwater ist hier?!"
Er nickte. Dann konnte ich ihn riechen. Der junge Werwolf kämpfte sich nach vorne durch. Kurz darauf hatte er sie schon in eine Umarmung gezogen.
Robin und ich rückten etwas von der Meute rund um Bella und Edward ab. Wir beschlossen schon einmal in den Garten zu gehen. Dort wuselten einige Caterer hin und her. Alles auf Anweisungen von Alice. Die Abenddämmerung lag über dem Fluss der nicht weit vom Haus entfernt war. Die Sonne versank gerade hinter den Bäumen des Waldes. Leise spielte Musik. Alles wirkte verzaubert.
"Das war eine schöne Zeremonie." sagte Robin, während er in den Wald blickte.
"Ja, das war sie wirklich. Aber ich habe bei der Planung von Alice auch nichts anderes erwartet." stimmte ich ihm zu.
Hinter uns strömten nach nd nach die anderen Gästen ebenfalls in den Garten. Alles verteilte sich etwas. Nun fielen mir auch viele vertraute Gesichter ins Auge. Da waren einige Leute aus der Schule, die Robin neugierig musterten. Natürlich sahen sie eine Veränderung, doch ansonsten gingen sie diesem Gedanken nicht weiter nach.
Und dann waren da noch einige Leute aus dem Reservat.
"Billy?!"
Robin hatte gerade den alten Mann im Rollstuhl entdeckt. Ich sah mich ebenfalls nach dem Nachfahren der alten Stammesführer um. Seine dunklen Augen leuchteten. Robin griff nach meiner Hand. Gemeinsam gingen wir auf Billy Black zu. Dieser sah ernst auf, als wir ihn erreichten.
"Hallo, Robin." sagte er etwas steif.
Robin verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere. Er drückte meine Hand.
"Hallo, Billy."
Der Blick des alten Mannes im Rollstuhl wurde etwas weicher. Seine dunklen Augen wanderten zwischen uns hin und her.
"Wie ich sehe, geht es dir gut."
Robin nickte.
"Es ging mir wahrscheinlich niemals besser in meinem Leben."
"Wenn man davon absieht, das du nicht mehr wirklich am Leben bist, Robin."
Bei diesen Worten zuckten seine Augen noch einmal kurz zu mir. Und ich spürte, die unterdrückte Wut in seiner Stimme.
Ich konnte diesen Zorn verstehen und senkte leicht den Blick. Auch wenn ich Robin über alles liebte, warf ich mir trotzdem oft genug vor, das ich Robin um seine Zukunft gebracht hatte.
Genauso wusste ich, das die Quileute Robin als einen der ihren angesehen hatten. Er hatte das Geheimnis gekannt und war ebenso wie ein Familienmitglied für das Rudel gewesen. Und nun war er einer ihrer Todfeinde. Dank mir.
Robins Finger schlossen sich etwas fester um meine. Auch diese kleine Bewegung entging dem alten Mann nicht im geringsten.
'Er liebt sie. Daran gibt es keinen Zweifel. Er hat sich mit diesem Leben abgefunden.'
Billy Black senkte nun leicht den Kopf. Als er ihn wieder anhob, lag ein etwas gequältes Lächeln auf seinen Lippen.
"Aber wenn wir ehrlich sind, warst du schon immer mehr einer der ihren, als einer der unseren, nicht wahr, Robin?!"
Die beiden sahen sich an.
"Da hast du wohl Recht, Billy."
Das waren die ersten wirklichen Worte, die die Beiden seit Robins Verwandlung miteinander wechselten.
Musik setzte ein. Um uns herum fingen einige an zu tanzen, als Bella und Edward die Tanzfläche betraten. Ein leichtes Lachen lag in der Luft. Das frisch vermählte Paar, tanzte den Eröffnungstanz. Sie sahen sich tief in die Augen und schienen in ihrer eigenen Welt zu sein.
"Sie sehen glücklich aus." murmelte Billy als er die Beiden sah.
Robin legte seinen Arm um meine Taille. Sanft strich sein Daumen auf und ab.
'Das sind sie bestimmt auch. Und ich kann es ihnen nachfühlen. Zu Schade, das meine Eltern so etwas nie miterleben werden.'
Die Augen meines Liebsten folgten dem Ehepaar. Dann schlug er die Augen nieder. Für einen Augenblick konnte ich seine Traurigkeit nachfühlen.
Und urplötzlich waren Bella und Edward neben uns. Beide strahlten.
"Hallo, Billy." kam es von Bella.
"Ich glaube, wir lassen die beiden mit Billy lieber allein." flüsterte ich Robin zu, während ich sah, das Seth Clearwater auf uns zukam.
Mein Liebster nickte. Wir entfernten uns von dem alten Stammesführer.
Der junge Werwolf erreichte uns. Er grinste breit, als er sah, wie Robin den Arm um mich gelegt hatte.
"Na, Robin?! Endlich hast du auch eine Freundin gefunden!"
Robin seufzte tief und rollte mit den Augen. Doch das war nicht böse gemeint. Die beiden neckten sich gerne, wenn sie sich denn mal trafen oder unterhielten. Seth war womöglich noch der einzige Grund, warum Robin nicht komplett daran zerbrach, das ihn das Rudel nicht mehr als einer der ihren ansehen wollte. Es machte ihn oft traurig. Doch dann meldete sich Seth und Robin ging es dann wieder etwas besser.
"Bist du etwa eifersüchtig?!" stichelte Robin nun leicht.
Der junge Werwolf zuckte mit den Schultern.
"Nicht wirklich. Auf diese ganze Sache mit der Prägung kann ich gut und gerne verzichten. Wer lässt sich denn schon gern vorschreiben, wenn er zu lieben hat, nicht wahr?! Naja... von mir aus, kann das noch was auf sich warten lassen." grinste er breit.
Seth sah zu Billy, Bella und Edward.
"Ich werde mal zu denen rüber gehen. Muss den beiden noch ordentlich gratulieren. Also wir sehen uns dann später noch."
Er winkte uns zu und ging zu den dreien hinüber.
Wir gingen weiter. Auf der Tanzfläche blieben wir stehen. Robin zog mich an sich heran und fing an sich mit mir auf der Stelle zu drehen. Seine rechte Hand lag auf meiner Hüfte. Liebevoll sah er auf mich hinab. Und doch erkannte ich wieder die leichte Traurigkeit von eben, die er vor mir zu verstecken versuchte.
Sanft legte ich meine Hand an seine Wange.
"Ist alles in Ordnung, Robin?"
Er seufzte. Seine Gedanken waren hinter einer Mauer.
"Ja. Ich meine..." Er tat einen tiefen Atemzug. "Irgendwie war das gerade..."
"Merkwürdig." beendete ich seinen Satz.
Robin nickte.
"Billy hat sich immer um mich gekümmert. Und Jake war immer wie ein Bruder für mich. Seit ich die beiden kenne, waren sie für mich da. Und wie danke ich ihnen für diese Hilfe?! Ich bin zudem geworden, was sie am meisten hassen!"
"Robin..." setzte ich an.
"Ich weiß." unterbrach er mich leise. "Sam hat zugelassen, das du mich verwandelst. Keiner von ihnen wollte, das ich wirklich sterbe. Nicht einmal Jake. Aber ich weiß, das sie auch der Meinung sind, das mir das alles nicht passiert wäre, wenn ich dir nicht begegnet wäre und mich in dich verliebt hätte. Ich kann es ihnen noch nicht einmal verübeln, das sie wütend auf mich sind."
Er sah so verletzlich aus. Ich hätte ihm diesen Schmerz so gerne abgenommen. Doch das konnte ich nicht. Obwohl er nun unsterblich und stärker als ich war, wollte ich ihn noch immer vor allem Schmerz dieser Welt beschützen. Er würde für mich immer der zerbrechliche sanfte Junge bleiben, in den ich mich einst verliebt hatte. Der Junge, der sich todesmutig einfach an unseren Tisch gesetzt hatte, obwohl er genau wusste, was wir waren. Der Junge, der trotz des Todes seiner Mutter, stark geblieben war. Allein dafür würde er auf ewig meinen Respekt haben.
Wir drehten uns weiter zu der Musik. Die Luft um uns herum vibrierte und es herrschte eine ausgelassene Stimmung.
Zärtlich strich ich mit meinem Daumen über seine Wange.
"Ich kann nur erahnen, wie sehr du unter dieser Sache leidest. Denn mir bedeuten diese... Mir bedeutet das Rudel nicht so viel wie dir. Sie waren nie wichtig für mich. Aber ich weiß, das sie für dich wie eine Familie waren, Robin."
Er blieb mit mir stehen. Langsam beugte er sich zu mir hinunter und hauchte mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht.
"Mit dir habe ich eine neue Familie, Deidra. Und ich gebe dich nicht wieder her. Keinen von euch. Ihr seid jetzt das, was früher das Rudel für mich war."
Liebevoll nahm er mein Gesicht in seine beiden Hände. Seine alles durchdringenden Augen ruhten auf mir. Die Traurigkeit war noch nicht ganz daraus verschwunden, doch ich erkannte, die Wahrheit die aus seinen Worten sprach."
Auch ich konnte mir nun ein Lächeln nicht verkneifen. Wieder einmal wurde mir bewusst, das ich mein unendliches Leben mit diesem wundervollen Geschöpf verbringen durfte. Er würde nun ewig zu mir gehören.
Robin legte wieder seine rechte Hand auf meine Hüfte und die andere legte er mit meiner darin auf seine Brust. Wieder einmal genau in der Höhe, in der früher sein Herz geschlagen hatte.
Wir lächelten uns verliebt an, während wir wieder anfingen zu tanzen.
Alles um uns herum stimmte einfach.
Und ich wollte mich so gerne darin fallen lassen. Einfach diesen Augenblick genießen.
Doch ganz konnte ich dieses flaue Gefühl in meinem Magen nicht unterdrücken.
Und aus dem Augenwinkel, konnte ich deutlich erkennen, wie Lilith Thompson uns skeptisch beobachtete.
Sie scheuchte mich mit den Händen aus der Tür. Ich nickte ihr zu. Hastig drehte ich mich auf dem Absatz um und verließ das Badezimmer. Bereits auf dem Flur konnte ich Robins Geruch ausmachen. Das ließ alles in mir vibrieren. Mein Körper konnte es kaum erwarten endlich wieder mit Robin vereint zu sein. Ich sprang auf das Treppengeländer und rutschte darauf hinab, sowie ich es immer tat. Doch auf den letzten Metern geriet ich ins Straucheln. Als ich unten ankam, landete ich etwas unsanft, aber zwei Arme fingen mich sicher auf. Ich sah auf und blickte in die Augen, die ich für immer lieben würde.
"Wow. Du siehst atemberaubend aus."
Robins Stimmer klang wie flüssiger Honig. Ich richtete mich richtig auf und lächelte schief. nun nahm ich ihn erst einmal richtig in Augenschein. Auch er war bereits angezogen. Er trug einen einfachen schwarzen Anzug. Der einzige Farbakkzent war eine Krawatte. Diese hatte genau die gleicht Farbe wie mein Kleid. Sein Haar war leicht verstrubbelt.
Da wir heute Menschen gegenüber treten würden, trug er braune Kontaktlinsen. Seine Haut war, durch die Jagd, leicht gerötet und verlieh ihm eindeutig mehr Leben. Im Ganzen wirkte er einfach frisch.
"Das Kompliment kann ich nur zurück geben, Robin."
Er drückte mir einen Kuss auf die Schläfe.
"Das habe ich nur Alice zu verdanken. Du allerdings siehst auch ohne ihre Hilfe einfach grandios aus."
Ich senkte leicht den Blick. Mir war es noch immer etwas unangenehm, solche Komplimente zu bekommen. Selbst wenn von Robin kamen.
Robin hob etwas die Nase in die Luft. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und seine Stirn legte sich in Falten.
"Wer ist hier?" fragte er leise.
Ich nahm seine Hände in meine und atmete tief durch.
"Die Denalis sind angekommen. Aber sie waren nicht allein... Lilith Thompson ist ebenfalls hier."
Augenblicklich versteifte sich seine ganze Haltung. Ein leises Grollen braute sich in seiner Brust zusammen. Behutsam legte ich eine Hand an seine Wange.
"Beruhig dich. Sie ist mit ihnen zusammen hergekommen. Anscheinend kennt sie Eleazar. Mehr habe ich auch nicht wirklich erfahren. Sie wird auch auf der Hochzeit sein."
Robin atmete tief durch. Dann nahm er meine Hand in seine und legte sie auf seine Brust.
"Was kann sie hier nur wollen? Und wie kann es sein, das Alice sie hat nicht kommen sehen?" Sein hübsches Gesicht musterte meines. "Und du bist dir sicher, das dieser Name noch nie bei den Denalis gefallen ist, als du in Alaska bei ihnen gelebt hast?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Ich würde sagen, nein. Aber ich muss auch ebenso zugeben, das ich in meinem Kopf mit anderen Dingen beschäftigt war. Hauptsächlich damit, in einem Meer von Schuldgefühlen abzutauchen. Da sind oft Dinge an mir vorbei gezogen."
Gerade als Robin etwas darauf erwidern wollte, ging die Tür hinter uns auf und herein kam Jasper mit Renée und ihrem Mann Phil. Bellas Mutter strahlte, als sie das Haus komplett betrat. Ihr Blick streifte die Dekoration und blieb schließlich an mir uns Robin hängen. Wir beide standen noch immer am Fuße der Treppe, meine Hand auf Robins Brust.
Die Tage, seitdem Renée da war, hatten Robin und ich uns die größte Zeit von ihr fern gehalten. Auch wenn Alice der Meinung war, das alles ohne Probleme laufen würde, wollten wir das Schicksal nicht unnötig herausfordern.
"Ah, ihr zwei seht umwerfend aus! Wie aus einem Hochglanzkatalog!" sagte Renée entzückt.
Wir drehten uns zu ihr um.
"Hallo, Renée. Hallo, Phil. Bella ist oben und wird von Alice hergerichtet. Sie wartet bestimmt schon auf dich."
Ich deutete die Treppen hinauf. Bellas Mutter nickte mir zu. Sie sprintete geradezu die Treppen hinauf und ließ ihren Mann völlig sich selbst überlassen zurück. Dieser stand erst etwas unschlüssig im Flur, bevor Jasper ihm bedeutete wo er sich im Wohnzimmer niederlassen konnte.
Ich wand mich an Robin.
"Also, Robin. Versuch dich zu beherrschen. Halte dich am besten in der Nähe von Jasper auf. Und verstecke deine Gedanken heute nicht vor mir. Wir wollen, das dies der schönste Tag für Bella und Edward wird. Und deswegen werden wir Lilith Thompson wohl oder übel ertragen müssen."
Robin atmete erneut tief durch. Dann nickte er.
"Für Edward und Bella." Mit einem Schmunzeln fügte er jedoch hinzu. "Aber, ich glaube, ich muss mir eher Sorgen darum machen, das du dich einfach auf sie stürzen könntest."
Ich verdrehte die Augen. Robin kannte mich einfach schon zu gut. Er wusste ganz genau wie es in mir aussah. Schon als Mensch hatte er mich sehr leicht durchschauen können. Und nun da er wie ich war, war es für ihn ein noch leichteres, jede noch so kleine Gefühlsregung in meinem Gesicht abzulesen.
Wieder ging die Tür hinter uns auf. Chief Swan trat ein. Er wirkte in seinem Anzug etwas verloren. Man sah ihm deutlich an, das er sich nicht ganz wohl fühlte. Und wahrscheinlich, gab es an diesem heutigem Tag kaum etwas für ihn zu feiern. Für ihn war es, als würde er seine Tochter verlieren und nicht einen Sohn dazu gewinnen.
Eigentlich hatte er damit nicht ganz unrecht. Er würde Bella verlieren. Es war sehr wahrscheinlich, das er sie nach den Flitterwochen nie wieder sehen würde.
Irgendwie machte es mich traurig. Ich mochte Charlie. Er war ein netter Mensch. Er hatte sich immer gut um Bella und auch um Robin gekümmert, als seine Mutter gestorben war. Oft hatte er nach Robin gefragt, ob es ihm auch wirklich gut ging. Und ich wusste wieviel Bella ihm bedeutet. Das konnte ich auch ohne Gedankenlesen erkennen.
Ich brachte ein kleines Lächeln zustande.
"Hallo, Chief Swan." begrüßte ich ihn.
Er nickte mir etwas steif zu.
"Hallo ihr zwei. Hübsch seht ihr aus."
Er rang sich ebenfalls zu einem kleinen Lächeln durch.
"Sie ebenfalls." erwiderte Robin.
Das schien den Chief etwas zu verunsichern. Seine Wangen liefen leicht rosa an. Doch bevor er sich weiter unwohl fühlen konnte, kam meine Mutter aus der Küche auf uns zu.
"Ihr solltet euch alle langsam fertig machen. Dein Strauß ist oben in Rosalies Zimmer, Deidra. Du kannst dich schon mal da vorne hinsetzen, Robin. Direkt neben Jasper. Oh, und Charlie, könntest du bitte den Mädchen sagen, das es an der Zeit ist, das sie runterkommen?!"
Charlie nickte wieder und stieg die Stufen empor. Auch ich folgte ihm. Während er auf Alice' Zimmer zusteuerte, aus dem Stimmen drangen, ging ich in Rosalies Zimmer. Die verschiedenen Sträuße waren in Vasen gestellt. Meiner war ein kleiner Biedermaierstrauß. da ich offiziell die jüngste in der Familie war, sollte ich gewissermaßen das Blumenmädchen darstellen. Deswegen durfte ich mich mit meinem Kleid etwas von den anderen abheben. Natürlich nicht so sehr, das ich Bella ausstechen würde. Das würde Alice niemals zulassen. Und ich war auch ganz zufrieden damit.
Ich hörte, wie Renée hastig nach unten sprintete. Kurz darauf trat Charlie neben mich.
"Sind das die Sträuße für Bella und Alice?" fragte er mich.
Ich nickte und reichte ihm die beiden weißen Sträuße. Sie verströmten den Geruch von Rosen, Orangenblüten und Freesien.
Unten setzte das Klavierspiel von Rosalie ein. Charlie seufzte tief.
"Sie ist so schnell erwachsen geworden... obwohl, war sie jemals wirklich ein Kind?!" Er tat einen tiefen Atemzug. "Sie hat sich seit ihrer Kindheit immer um ihre Mutter gekümmert. Und später tat sie das auch bei mir." Nun sah er mich von der Seite her an. "Du solltest deine Jugend so lange genießen, wie es möglich ist, Kleines. Erwachsen wird man schnell genug. Bleib deinen Eltern noch etwas erhalten. Du bist jetzt das letzte Kind im Haus."
Er seufzte noch einmal und verließ dann das Zimmer. Ich sah ihm hinterher. Was für eine Ironie, das ich tatsächlich niemals erwachsen werden würde. Ich straffte meine Schultern und ging nun ebenfalls aus dem Zimmer. Auf dem Flur war die Musik lauter, die gerade in ein anderes Stück überging. Charlie stütze Bella am Ellbogen, die so aussah, als würde sie sich gleich übergeben.
"Bella?" sagte Alice und schaute ihr dabei fest in die Augen.
"Ja." piepste sie. "Edward. Okay."
Alice nickte selbstzufrieden. Dann wand sie sich an mich.
"Gut. Dein Auftritt, Deidra. Vergiß nicht im Takt zu bleiben. Anschließend bleibst du links stehen. Das ist alles worauf du achten musst." flötete sie.
Ich nickte schon wie mechanisch.
"Viel Glück, Bella. Wir sehen uns dann unten." grinste ich meine zukünftige Schwägerin an.
Diese sah etwas glasig zu mir. Ich hörte sie schwer schlucken. Schwungvoll drehte ich mich um und fing an die Treppen hinabzusteigen. Am Fuße angekommen, ging ich langsam durch die mit Satinbeschmückten Reihen auf den Bogen am anderen Ende des Raumes zu. Mein Vater stand neben Edward, direkt dahinter der Pfarrer Mr. Weber. Edward strahlte. Er schien den ganzen Raum aufzuhellen und ihn ließ ihn leuchten. Ob er das immer noch tun würde, wenn er wüsste, wie grün Bella eben noch im Gesicht gewesen war? Doch ich zeigte ihm diese Dinge nicht.
Ich erreichte das Ende des Ganges und stellte mich links von Mr. Weber auf meinen Platz. Mein Blick glitt durch die Reihen und blieb bei Robin hängen. Er saß zwischen meinen Brüdern Emmett und Jasper. Als sich unsere Blicke trafen, fingen wir beide an noch breiter zu lächeln. Inmitten meiner Familie, fiel mir nun erst richtig auf, wie gut Robin dazu passte. Er hatte sich bei uns eingefügt, wie ein fehlendes Puzzleteil. Ich platzte fast vor Stolz auf ihn. Und beinahe hatte ich das Gefühl ein kleines bisschen über dem Boden zu schweben.
Meine Schwester Alice tänzelte nun elfengleich die Treppen hinunter. Als auch sie ihren Platz gefunden hatte, setzte eine Fanfare ein. Alle Augen richteten sich auf die Treppe. Bella schritt mit Charlie langsam die Treppe hinab. Alice hatte wirklich ganze Arbeit an ihr geleistet. Ihre Wangen waren leicht gerötet und ihre Augen waren geweitet vor Erwartung. Die dichten schwarzen Wimpern umrahmten diese. Sie wirkte in ihrem Hochzeitskleid elegant und anmutig. Fast wie eine engelhafte Erscheinung. Sie konnte sich problemlos mit unseresgleichen messen lassen.
Als Bella Edward erreichte, schien ihre ganze Anspannung von ihr abzufallen. Beide strahlten sich an und ich konnte nicht sagen, wer glücklicher aussah.
Die Zeremonie war recht traditionell, wenn man von Braut und Bräutigam absah. Auf Bellas Wangen zeichneten sich Tränen ab, als sie Edward das Jawort gab. Als der Pfarrer die beiden zu Mann und Frau erklärte, musste auch ich mir ein Schluchzen verkneifen.
War mir am Anfang auch zuwieder, das Edward dieses Menschenmädchen liebte, so war sie doch auch mir inzwischen ans Herz gewachsen. Und im Endeffekt zählte nur das Glück meines Bruders. Er war solange allein gewesen, und Bella war sein Gegenstück in jeglicher Art und Weise.
Die Beiden besiegelten gerade ihre Ehe mit einem leidenschaftlichen Kuss. Dieser schien garnicht enden zu wollen. Einige Gäste fingen bereits an zu kichern oder sich dezent zu räuspern. Edward unterbrach den Kuss. Er grinste lausbübisch. Dann drehte er Bella mit sich zu den Gästen, die nun wild klatschten.
Die Gäste standen auf um das neue Ehepaar zu beglückwünschen. Ebenso auch meine Familie. Auch ich kämpfte mich zu Bella und Edward durch.
Als erstes drückte ich meinen Bruder.
"Herzlichen Glückwunsch, Bruderherz." sagte ich in sein Ohr und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
"Danke."
Und ohne weiter drüber nachzudenken, hatte ich bereits Bella im Arm und küsste sie ebenfalls auf die Wange.
"Willkommen in unserer Familie, Bella. Jetzt musst du uns für eine sehr lange Zeit ertragen." grinste ich in ihr Ohr.
Etwas perplex sah sie mich an.
"D-danke. Ähm, das hatte ich auch berücksichtigt." stammelte sie.
Eine Hand legte sich um meine. Ich drehte den Kopf etwas nach links und erkannte Robin neben mir. Er warf Bella einen Luftkuss zu und klopfte meinem Bruder anerkennend auf die Schulter.
Dann stockte er kurz.
"Oh... Seth ist hier." sagte er leise.
Ich sah ihn an.
"Seth Clearwater ist hier?!"
Er nickte. Dann konnte ich ihn riechen. Der junge Werwolf kämpfte sich nach vorne durch. Kurz darauf hatte er sie schon in eine Umarmung gezogen.
Robin und ich rückten etwas von der Meute rund um Bella und Edward ab. Wir beschlossen schon einmal in den Garten zu gehen. Dort wuselten einige Caterer hin und her. Alles auf Anweisungen von Alice. Die Abenddämmerung lag über dem Fluss der nicht weit vom Haus entfernt war. Die Sonne versank gerade hinter den Bäumen des Waldes. Leise spielte Musik. Alles wirkte verzaubert.
"Das war eine schöne Zeremonie." sagte Robin, während er in den Wald blickte.
"Ja, das war sie wirklich. Aber ich habe bei der Planung von Alice auch nichts anderes erwartet." stimmte ich ihm zu.
Hinter uns strömten nach nd nach die anderen Gästen ebenfalls in den Garten. Alles verteilte sich etwas. Nun fielen mir auch viele vertraute Gesichter ins Auge. Da waren einige Leute aus der Schule, die Robin neugierig musterten. Natürlich sahen sie eine Veränderung, doch ansonsten gingen sie diesem Gedanken nicht weiter nach.
Und dann waren da noch einige Leute aus dem Reservat.
"Billy?!"
Robin hatte gerade den alten Mann im Rollstuhl entdeckt. Ich sah mich ebenfalls nach dem Nachfahren der alten Stammesführer um. Seine dunklen Augen leuchteten. Robin griff nach meiner Hand. Gemeinsam gingen wir auf Billy Black zu. Dieser sah ernst auf, als wir ihn erreichten.
"Hallo, Robin." sagte er etwas steif.
Robin verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere. Er drückte meine Hand.
"Hallo, Billy."
Der Blick des alten Mannes im Rollstuhl wurde etwas weicher. Seine dunklen Augen wanderten zwischen uns hin und her.
"Wie ich sehe, geht es dir gut."
Robin nickte.
"Es ging mir wahrscheinlich niemals besser in meinem Leben."
"Wenn man davon absieht, das du nicht mehr wirklich am Leben bist, Robin."
Bei diesen Worten zuckten seine Augen noch einmal kurz zu mir. Und ich spürte, die unterdrückte Wut in seiner Stimme.
Ich konnte diesen Zorn verstehen und senkte leicht den Blick. Auch wenn ich Robin über alles liebte, warf ich mir trotzdem oft genug vor, das ich Robin um seine Zukunft gebracht hatte.
Genauso wusste ich, das die Quileute Robin als einen der ihren angesehen hatten. Er hatte das Geheimnis gekannt und war ebenso wie ein Familienmitglied für das Rudel gewesen. Und nun war er einer ihrer Todfeinde. Dank mir.
Robins Finger schlossen sich etwas fester um meine. Auch diese kleine Bewegung entging dem alten Mann nicht im geringsten.
'Er liebt sie. Daran gibt es keinen Zweifel. Er hat sich mit diesem Leben abgefunden.'
Billy Black senkte nun leicht den Kopf. Als er ihn wieder anhob, lag ein etwas gequältes Lächeln auf seinen Lippen.
"Aber wenn wir ehrlich sind, warst du schon immer mehr einer der ihren, als einer der unseren, nicht wahr, Robin?!"
Die beiden sahen sich an.
"Da hast du wohl Recht, Billy."
Das waren die ersten wirklichen Worte, die die Beiden seit Robins Verwandlung miteinander wechselten.
Musik setzte ein. Um uns herum fingen einige an zu tanzen, als Bella und Edward die Tanzfläche betraten. Ein leichtes Lachen lag in der Luft. Das frisch vermählte Paar, tanzte den Eröffnungstanz. Sie sahen sich tief in die Augen und schienen in ihrer eigenen Welt zu sein.
"Sie sehen glücklich aus." murmelte Billy als er die Beiden sah.
Robin legte seinen Arm um meine Taille. Sanft strich sein Daumen auf und ab.
'Das sind sie bestimmt auch. Und ich kann es ihnen nachfühlen. Zu Schade, das meine Eltern so etwas nie miterleben werden.'
Die Augen meines Liebsten folgten dem Ehepaar. Dann schlug er die Augen nieder. Für einen Augenblick konnte ich seine Traurigkeit nachfühlen.
Und urplötzlich waren Bella und Edward neben uns. Beide strahlten.
"Hallo, Billy." kam es von Bella.
"Ich glaube, wir lassen die beiden mit Billy lieber allein." flüsterte ich Robin zu, während ich sah, das Seth Clearwater auf uns zukam.
Mein Liebster nickte. Wir entfernten uns von dem alten Stammesführer.
Der junge Werwolf erreichte uns. Er grinste breit, als er sah, wie Robin den Arm um mich gelegt hatte.
"Na, Robin?! Endlich hast du auch eine Freundin gefunden!"
Robin seufzte tief und rollte mit den Augen. Doch das war nicht böse gemeint. Die beiden neckten sich gerne, wenn sie sich denn mal trafen oder unterhielten. Seth war womöglich noch der einzige Grund, warum Robin nicht komplett daran zerbrach, das ihn das Rudel nicht mehr als einer der ihren ansehen wollte. Es machte ihn oft traurig. Doch dann meldete sich Seth und Robin ging es dann wieder etwas besser.
"Bist du etwa eifersüchtig?!" stichelte Robin nun leicht.
Der junge Werwolf zuckte mit den Schultern.
"Nicht wirklich. Auf diese ganze Sache mit der Prägung kann ich gut und gerne verzichten. Wer lässt sich denn schon gern vorschreiben, wenn er zu lieben hat, nicht wahr?! Naja... von mir aus, kann das noch was auf sich warten lassen." grinste er breit.
Seth sah zu Billy, Bella und Edward.
"Ich werde mal zu denen rüber gehen. Muss den beiden noch ordentlich gratulieren. Also wir sehen uns dann später noch."
Er winkte uns zu und ging zu den dreien hinüber.
Wir gingen weiter. Auf der Tanzfläche blieben wir stehen. Robin zog mich an sich heran und fing an sich mit mir auf der Stelle zu drehen. Seine rechte Hand lag auf meiner Hüfte. Liebevoll sah er auf mich hinab. Und doch erkannte ich wieder die leichte Traurigkeit von eben, die er vor mir zu verstecken versuchte.
Sanft legte ich meine Hand an seine Wange.
"Ist alles in Ordnung, Robin?"
Er seufzte. Seine Gedanken waren hinter einer Mauer.
"Ja. Ich meine..." Er tat einen tiefen Atemzug. "Irgendwie war das gerade..."
"Merkwürdig." beendete ich seinen Satz.
Robin nickte.
"Billy hat sich immer um mich gekümmert. Und Jake war immer wie ein Bruder für mich. Seit ich die beiden kenne, waren sie für mich da. Und wie danke ich ihnen für diese Hilfe?! Ich bin zudem geworden, was sie am meisten hassen!"
"Robin..." setzte ich an.
"Ich weiß." unterbrach er mich leise. "Sam hat zugelassen, das du mich verwandelst. Keiner von ihnen wollte, das ich wirklich sterbe. Nicht einmal Jake. Aber ich weiß, das sie auch der Meinung sind, das mir das alles nicht passiert wäre, wenn ich dir nicht begegnet wäre und mich in dich verliebt hätte. Ich kann es ihnen noch nicht einmal verübeln, das sie wütend auf mich sind."
Er sah so verletzlich aus. Ich hätte ihm diesen Schmerz so gerne abgenommen. Doch das konnte ich nicht. Obwohl er nun unsterblich und stärker als ich war, wollte ich ihn noch immer vor allem Schmerz dieser Welt beschützen. Er würde für mich immer der zerbrechliche sanfte Junge bleiben, in den ich mich einst verliebt hatte. Der Junge, der sich todesmutig einfach an unseren Tisch gesetzt hatte, obwohl er genau wusste, was wir waren. Der Junge, der trotz des Todes seiner Mutter, stark geblieben war. Allein dafür würde er auf ewig meinen Respekt haben.
Wir drehten uns weiter zu der Musik. Die Luft um uns herum vibrierte und es herrschte eine ausgelassene Stimmung.
Zärtlich strich ich mit meinem Daumen über seine Wange.
"Ich kann nur erahnen, wie sehr du unter dieser Sache leidest. Denn mir bedeuten diese... Mir bedeutet das Rudel nicht so viel wie dir. Sie waren nie wichtig für mich. Aber ich weiß, das sie für dich wie eine Familie waren, Robin."
Er blieb mit mir stehen. Langsam beugte er sich zu mir hinunter und hauchte mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht.
"Mit dir habe ich eine neue Familie, Deidra. Und ich gebe dich nicht wieder her. Keinen von euch. Ihr seid jetzt das, was früher das Rudel für mich war."
Liebevoll nahm er mein Gesicht in seine beiden Hände. Seine alles durchdringenden Augen ruhten auf mir. Die Traurigkeit war noch nicht ganz daraus verschwunden, doch ich erkannte, die Wahrheit die aus seinen Worten sprach."
Auch ich konnte mir nun ein Lächeln nicht verkneifen. Wieder einmal wurde mir bewusst, das ich mein unendliches Leben mit diesem wundervollen Geschöpf verbringen durfte. Er würde nun ewig zu mir gehören.
Robin legte wieder seine rechte Hand auf meine Hüfte und die andere legte er mit meiner darin auf seine Brust. Wieder einmal genau in der Höhe, in der früher sein Herz geschlagen hatte.
Wir lächelten uns verliebt an, während wir wieder anfingen zu tanzen.
Alles um uns herum stimmte einfach.
Und ich wollte mich so gerne darin fallen lassen. Einfach diesen Augenblick genießen.
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