Forks Bloodbank
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Zeitenwechsel

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Beitrag  Gast Mi 09 Sep 2009, 16:44

Hallöchen!

Also mir ist irgendwie die Idee zu dieser Geschichte im Kopf rumgespukt und da hab ich sie einfach mal aufgeschrieben. Vielleicht gefällt sie euch ja.

Über Kommentare würde ich mich sehr freuen! Egal ob sie positiv oder negativ sind. Hier könnt ihr alle loswerden:
Kommentare zu meiner OT Zeitenwechsel

1. Kapitel
Gegen den Sonnenuntergang

Mit geschlossen Augen saß sie auf dem Rand ihres Lieblingsbrunnens und ließ sich die gleißende Sonne in ihr bereits rotes Gesicht scheinen. Eine Kühlung verschaffte eine leichte Brise, die einen feinen Nieselregen aus den Brunnenfontänen zu ihr rüber wehen ließ. Durch die feine Nässe kräu-selten sich ihre leicht welligen Haare noch etwas mehr. Sie hasste das.
Das letzte Mal auf unbestimmte Zeit, dachte sie sich und leckte noch einmal über ihr Softeis., als die Kirchturmuhr elf Uhr schlug.
Seufzend erhob sie sich und machte sich mit ihrem Eis, dem schweren, alten Koffer und ihrem Laptop –sicher verstaut in seiner Tasche – auf den Weg zum Bahnhof. Das Mädchen mit dem trau-rigen Gesicht drehte sich nicht noch mal um.
Nein, nicht weinen. Du musst stark sein! Machte sie sich selber Mut. Sie schaffte es, sie weinte nicht, sie hatte nur einen angestrengten Gesichtsausdruck. Stur lief sie die kurze Strecke bis zum Hauptbahnhof. Sie wich nichts und niemanden aus, das hätte sie nur zum stocken gebracht. Nur noch ein paar Meter und sie ist hinter den großen Flügeltoren verschwunden.
„Hassia! Hassia, NEIN! Komm her! HASSIA!“
Maria sah den Hund gar nicht auf sich zu rennen, hörte auch nicht den Jungen quer über den Bahnhofsvorplatz nach ihm rufen. Er rannte dem Hund hinterher, aber er war eindeutig zu langsam um ihn oder wenigstens sein Leine noch zu erreichen. Mit einem lauten Poltern und einem lauten Schrei viel sie samt ihren Habseligkeiten zu Boden. Durch Koffer, Laptoptasche und das noch nicht geleckte Eis, konnte sie sich nicht abfangen und viel hart auf den Boden. Sie haute sich die Ellen-bogen und den Kopf auf dem harten Pflaster an.
Hassia stand mit allen Vieren auf ihr und schleckte Marias Hand ab, in der sie die Waffel mit dem längst geschmolzenen Limetteneis zerquetscht hatte. Sie konnte kaum atmen, so schwer war der Schäferhund auf ihrer Brust. Ihr Rücken tat durch den Aufschlag weg. Sie spürte wie ihr das Blut durch die Haare sickerten.
„Oh!“, stöhnte sie. Nein kein Blut, bitte nicht!
„Hassia! Kommst du wohl her! Es tut mir so leid!“, der Besitzer der Hündin kam herbei geeilt und zerrte sie von Maria runter. Er sah niedergeschlagen und entschuldigend aus. Er sah richtig ver-zweifelt aus!.
„Kannst du aufstehen? Bist du verletzt? Soll ich einen Krankenwagen rufen?“ Er kramte bereits mit seiner freien Hand in seiner Tasche, als Maria klar wurde, was er vorhatte.
„Nein! Mir geht’s gut.“ Mühsam wollte sie sich mit den Armen noch oben drücken, aber diese konnten die Last noch nicht tragen und knickten sofort wieder weg. Sie zitterte am ganzen Körper.
„Das sieht aber ganz anders aus“, erwiderte der Junge als auch er das Zittern bemerkte.
„Ist nur der Schreck, mehr nicht,“ noch einmal probierte sie es, und diesmal reichte ihre Kraft. Schnell umrannte der er sie und stützte sie am Rücken. Das half ungemein, und schnell stand sie wieder auf den Beinen, etwas wackelig, aber sie stand. Hassia schnüffelte begierig an ihr, was ihr Besitzer mit einem kräftigen Zug an der Leine sofort unterband.
„Tut mir echt leid! Ich konnte sie einfach nicht mehr halten, normalerweise hört sie perfekt, und so was hat sie noch nie gemacht. Ich bin übrigens Basti und das ist Hassia, der wild gewordene Hund.“ Lachte er, und unterbrach so seinen eigenen Redefluss. Er war niedlich. Er hatte ein junges Ge-sicht, was durch die senkende Sonne schön gebräunt war. Er hatte dunkel blondes Haar in dem hellere Strähnen in der Sonne glänzten, es sah dadurch fast golden aus. Seine Augen lagen neu-gierig in seinem aufmerksamen Gesicht, sie hatten ein sattes Grün, so wie es Maria vorher noch nie bei jemand gesehen hatte. Er ist hübsch, dachte sie sich. Aber er redet nur zuviel.
„Ich bin Maria. Ist schon okay ist ja nichts passiert, außer ein kleines Schleudertrauma habe ich ja nichts. Nur das mein Eis weg ist, ist schade.“ Lachte auch sie nun, auch wenn es weh tat. Nicht nur ihre Glieder schmerzten, auch ihr Herz tat weh. Das Lachen klang in ihren Ohren falsch, aber Basti schien nichts zu merken.
„Verreist du?“ Fragte er in ihren Gedankengang hinein und schaute fragend zu dem alten Koffer der ihre gesamten Sachen in sich trug.
„So ähnlich, ja“, gab sie ausweichend zurück. „Ich muss jetzt auch leider los, war aber nett dich kennen zu lernen, auch auf diese verquere Art. Machs gut Basti!“ Sie winkte ihm noch einmal zu und machte sogleich auf dem Absatz kehrt und rannte zu den Eingangstüren.
„Ja, tschüss, Maria. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder?“ Nuschelte er verdattert mehr zu sich selber und blickte dem verwirrten Mädchen nach. „Sie war wirklich nett, oder?“ Fragte er nun seine Hündin. Nun verließen auch er und Hassia den heißen Platz vor dem Dresdner Hauptbahnhof. Nur viel langsamer, nicht so schnell wie das junge Mädchen in die Eingangshalle gerannt war.
Sie schien verstört, hoffentlich geht es wirklich gut. Machte sich Basti noch sorgen, aber was sollte er schon tun? Sie war ja leider so schnell weg.


Zuletzt von LiBELLA am So 20 Sep 2009, 15:19 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet

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Beitrag  Gast Do 10 Sep 2009, 13:10

Maria rannte in den Bahnhof hinein. Sie achtete nicht auf die Passanten die auch durch die Ein-gangshalle liefen, die sie beim Rennen anrempelte, die ihr nach riefen und beschimpften. Sie rann-te. Über ihre Wangen flossen Tränen, denn sie hatte zurück geblickt. Sie hatte alles noch mal gese-hen. Die Menschen, die über den Platz liefen, so glücklich hier zu sein. Die modernen Skulpturen die zwischen die langgezogenen Brunnen standen, die Straßenkünstler und das schöne Gebäude. Das Gebäude was man von überall sah, egal wie weit draußen man war. Man sah es schon auf der Autobahn vor Dresden. Die runde, einmalige Kuppel, die alles in der Stadt überragt. Das Gebäude was sie jeden Tag bestiegen hatte, und es ihr jedes mal aufs neue den Atmen verschlug, wenn sie oben auf der Kuppel angelangt oder in ihr Inneres, in ihr Schiff, getreten war. Das was sie an dieser Stadt am meisten vermissen wird, was sie auf keinen Fall noch einmal sehen wollte, hatte sie sich angesehen. Die Frauenkirche. Das Bewusstsein diese Stadt, ihre Heimatstadt für eine ganze Weile nicht mehr sehen zu können, zerbrach ihr schier das Herz.
Ich darf nicht stehen bleiben. Sie rannte die Treppe runter zu ihrem Zug. Zog den hüpfenden Kof-fer die Treppenstufen herunter, ohne darauf zu achten welchen Krach sie damit anrichtete.
„Mädchen, du hast doch noch Zeit. Der Zug fährt doch erst in 10 Minuten ab!“ Rief ihr ein Schaff-ner zu, der ihr mit besorgten Blick nachschaute.
Es war ihr egal. Sie wollte eigentlich am liebsten immer weiter rennen, aber irgendwann wäre das Gleis zu Ende gewesen, und dann?
Was jetzt? Wie soll es jetzt weiter gehen? Dachte Maria verzweifelt. Sie stand auf ihren Koffer ge-stützt und keuchend da. Sie fuhr sich mit den Händen durch ihr Tränen und Schweiß verschmiertes Gesicht, wischte sich die darin klebenden Haare zurück.
„Verdammt!“ Fluchte sie, als sie sah das der Reißverschluss ihres Koffers kaputt war und einige Kleidungstücke raushingen. „Blöder alter Koffer.“ Jammerte sie, wieder den Tränen nahe.
Abrupt stand sie auf. Schmiss damit den Koffer um, was ihm den Rest gab. Leise fluchend sam-melte sie ihre aus den Koffer gefallene Habseligkeiten auf und stopfte sie zurück. Sie machte sich auf den Weg zur nächsten Zugtür, vorsichtig darauf bedacht nicht wieder die Hälfte ihrer Kleider auf dem Gleis zu verlieren.
Langsam hob sie den Koffer hinter sich in den Zug und ging in das Abteil links von ihr. Das Abteil war fast leer.
Super, dann hab ich hier wenigstens meine Ruhe. Mit diesen Gedanken suchte sie sich einen Platz weit weg vom dem einzigsten Platzbesetzer. Sie überprüfte noch einmal den Reisverschluss und hob dann den Koffer auf die Gepäckablage über den Platz den sie sich ausgesucht hatte. Die Laptoptasche stellte sie auf den Gangplatz und setze sich neben ihn. Sie lehnte sich zurück und versuchte sich zu entspannen, aber als sie den Kopf anlehnen wollte, durchfuhr sie ein reißender Schmerz wie ein Blitz.
„Au!“ Stieß sie hervor. Das hatte ich total vergessen. Sie nahm ihre Tasche und machte wieder ei-nen Schritt auf den Gang. Sie ließ den Blick nach links und nach rechts schweifen, sah aber nir-gendwo die Toiletten oder ein Schild, das sie in die richtige Richtung führen könnte.
„Die Toiletten sind rechts den Gang runter.“ Sagte der Mann, von dem Maria sich weit weggesetzt hatte.
„Danke.“ Nuschelte sie und nahm schnell den Gang nach rechts. Nach zwei Abteilen kam endlich die Toilette. Sie huschte hinein und stöhnte auf als sie ihr Spiegelbild sah. Durch den Spiegel schaute sie ein Mädchen an, deren Gesicht blass und verklebt war. Mit rot verweinten Augen sah sie scheu zu ihr rüber. Die Haare durch das Rennen und das Wasser am Brunnen noch gekräusel-ter als sonst.
„Ich sehe furchtbar aus!“ Sagte sie laut und drehte den Wasserhahn auf, spritze sich kaltes Was-ser ins Gesicht und erschauderte. Sie riss sich einiges an Papier aus dem Spender raus, trocknete sich das Gesicht ab und hielt dann die etwas nassen Tücher unter den noch laufenden Wasser-hahn. Das nun triefende Papier legte sie sich in den Nacken. Die Kühlung tat gut, der Schmerz wur-de bereits etwas schwächer. Als sie die Tücher wieder vom Nacken nahm und sie in den Mülleimer schmeißen wollte, sah sie das sie rot waren. Rot von ihrem Blut. Sie band sich schnell die Haare mit einem Gummi nach oben, nahm den kleinen Klappspiegel aus ihrer Laptoptasche und drehte dem Spiegel den Rücken zu.
„Mist, alles voller Blut...“ Sie betrachtete ihre Rückseite in dem kleinen Spiegel in ihrer Hand. Ihr Nacken und einige Haare waren mit roten Blut verschmiert. Auch der Kragen ihres blauen T-Shirts war etwas rot. Sie nahm ein paar neue Tücher aus dem Spender und machte sie wieder nass. Da-mit rieb sie sich im Nacken und in den Haaren herum bis sie kein Blut mehr sehen konnte.
Ein letzter Blick in den Spiegel und sie machte kehrt, wieder zurück auf ihren Platz. Sie sah deut-lich besser aus. Das kalte Wasser hatte nicht nur die Tränen und den Schweiß weg gewaschen, sondern auch eine frische Farbe in ihr Gesicht getrieben. Der strenge Zopf bändigte ihre Haare und sie sahen dadurch nicht mehr so ungekämmt aus.
In ihrem Abteil waren nun ein paar mehr Gäste. Es war lauter und sie wollte nichts und niemanden hören. Deshalb ging sie Schnur gerade aus auf ihren Platz zu, setze sich wieder, stöpselte sofort ihren Mp3-Player in die Ohren und drehte die Musik so laut es ging. Die harte Gitarre ihrer Lieb-lingsband erklang. Diese harten Töne und die sanfte Stimme des Sängers hüllten sie vollkommen ein und sie musste nicht mehr nachdenken. Jedenfalls im Moment nicht.
Der Zug setze sich in Bewegung. Der Zugführer begrüßte seine Fahrgäste freundlich und erklärte ihnen die Reiseroute. Maria hatte die Augen geschlossen, einen gleichmäßigen und ruhigen Atem. Man hätte denken können das sie bereits schläft. Wären da nicht die stummen Tränen auf ihren Wangen gewesen.

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Beitrag  Gast Do 10 Sep 2009, 15:21

Es war ein grauer und trüber Tag. Der Himmel war bedeckt mit Wolken, kein Stück vom Himmel zusehen. Aber es regnete sich. Der Himmel zeigte keine Gefühle. So wie ich. Ich saß in der kleinen Kapelle direkt vor dem kleinem Podium des Pfarrers. Er redete und redete. Ich hörte ihn nicht. Ich war vollkommen taub. Meine rechte Hand wurde von einer anderen gehalten, regelrecht zerquetscht wurde sie. Und die andere Hand zitterte. Ich schaute wer neben mir saß. Es war mein Opa. Er schaute zum Pfarrer und weinte und weinte. Diesen Anblick zerriss mir das Herz, aber ich konnte nichts tun, konnte mich nicht bewegen. Ich musste den Blick abwenden um nicht auch zu weinen. Ich wusste das instinktiv das ich für uns beide stark sein musste, so wie früher schon für sie beide.
Ich schaute nach links. Dort saß niemand. Ich saß direkt am Gang. Ich sah die großen weißen Li-lien. Zwei große Sträuße, beide mit bestimmt zwanzig riesigen weißen Lilien. Diese flankierten ein großes Bild, auf dem meine Oma zu sehen war. Es war unglaublich groß. Auf der unten rechten Ecke war ein schwarzes Bang gespannt worden. Sie sah mich mit ihren blauen, faltigen Augen an. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen, als wollte sie sagen: „Maria, mein Schatz, alles wird wieder gut.“
Ich muss stark bleiben. Sagte ich mir selber und ließ meinen Blick weiter nach unten schweifen. Am Fuß des Podest auf dem das Bild stand begann ein Meer von Blumen. Blumen in allen mögli-chen Formen und Farben, einzeln, als Strauß gebunden oder als Form gesteckt. Manche hatten lange Schleifen und Bänder auf denen Abschiedsworte gestickt waren. Dieses Meer aus Blumen ging den ganzen Gang lang fast bis zur Ausgangstür. Die Kapple war vollbesetzt und unter dem Türbogen standen auch noch Leute. Die meisten erkannte ich, es waren Nachbarn und Freunde aus Dresden und aus Lohsa, dem Ort wo unser Garten war. Sie weinten, die meisten weinten. Alle hat-ten den Blick auf den Pfarrer gerichtet, der immer noch redete.
Ich drehte mich wieder nach vorne. Der Pfarrer forderte uns auf nach draußen zu gehen. Der Pfar-rer kam nach unten und nahm die Urne meiner Oma, die hinter dem Podest mit Bild stand. Das Lieblingslied meiner Oma erklang und hallte von den Wänden wider. Es war ein traurig schönes Lied. Mein Opa erhob sich zitternd, sofort kamen die besten Freunde meiner Großeltern um ihn zu stützen. Mir war es recht. Ich konnte mich immer noch nicht bewegen. Ich blieb noch einen Moment sitzen und starrte auf die Wand vor mir. Sie war aus roten Sandstein und sah alt aus.
Langsam erhob auch ich mich. Ich sah mich den Gang entlang laufen, als ob ich ein Zuschauer war. Ich sah mich zwischen den Blumen steif umher tapsen, vorsichtig darauf bedacht nicht auf eine einzige zu treten. Sie waren zu Ehren meiner Oma da und ich durfte sie nicht kaputt machen. Ich trat unter dem Türbogen hervor und irgendwie war die Luft feucht, aber es regnete immer noch nicht. Die Leute gingen den schmalen Weg zwischen den Gräbern entlang, am Ende lief ich. Ich wusste zwar das ich zu Anfang an das Grab treten sollte, aber ich wollte das nicht, weder am An-fang noch am Ende. Ich wollte es niemals. Ich ging nur widerstrebend den Weg entlang.
Ich sah einen kleinen Baum am Rand des Weges stehen. Ich war noch nie hier gewesen, aber ich wusste das dort das Grab war. Ich wusste es nicht weil dort einige Leute in schwarz waren, ich wusste es einfach. Es war eine dunkle Ahnung die mir dir Kehle zuschnürte. Ich hörte ein lautes Schluchtzen. Ich drehte mich um, aber ich war die Letzte. Wieder dieses fürchterliche Schluchzten. Ich merkte plötzlich das es aus meiner Kehle kam. Ich weinte! Ich weinte jämmerlich!
Nein, ich darf nicht weinen! Ich muss doch stark sein... Ich lief weiter auf den kleinen Baum zu. Geschüttelt von starken Schluchzern und Kälte. Die stehenden Leute bildeten eine schmale Gasse, so das ich zu dem Baum laufen konnte. Mein Opa stand dort und weinte stumm. Ich wollte nicht das er mich so sieht. So schwach. Ich war schwach, ich war ein kleines Mädchen. So fühlte ich mich im Moment, wie ein kleines Mädchen das am liebsten weglaufen wollte.
„Mein kleines Mädchen, weine doch nicht. Es ist doch alles gut.“ Tröstete mich mein Opa, tät-schelte mit seiner Hand meine Wange.

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Beitrag  Gast Fr 11 Sep 2009, 11:31

Alles gut?! ALLES GUT?! NICHTS war gut! Wieso sagte er das? Ich war verzweifelt. Ich verstand es nicht. Er drehte sich von mir weg, ging weg von mir. Er ging zum Grab. Es war winzig. Eben ein Urnengrab. Ich fand es einfach viel zu klein, einfach unrealistisch. Ich fand es nicht richtig!
Ich ging auch auf das Grab zu, ganz langsam. Langsam und mechanisch. Da fing es langsam an zu regnen. Einzelne dicke, schwere Tropfen vielen zu Boden, auf die Trauergäste und auf mich. Sie vermischten sich mit den Tränen in meinem Gesicht. Als ich vor dem Grab stand wurde der Regen stärker. Aus den einzelnen Tropfen wurde ein regelrechter Erguss aus kaltem, reißendem Nass. Alle anderen um das Grab hatten ihre Regenschirme aufgespannt. Ich brauchte keinen, ich empfand sowieso nichts außer Trauer und Zerrissenheit.
Ich stand bestimmt einige Minuten weinend da. Bis mir jemand die Hand auf die Schulter legte und mich wegziehen wollte. Ich war aber noch nicht fertig. Ich wollte mich verabschieden, und dazu wollte ich mir Zeit lassen. Ich schob die Hand weg, egal wer es war, er hatte nicht das Recht dazu mich zu trängen.
„Oma... Wieso? Wieso hast du mich allein gelassen? Ich bin noch nicht soweit... Was soll denn jetzt aus uns werden?“ Flüsterte ich. Ich konnte nichts mehr sehen, der Regen war so stark und in meinen Augen stand ein Meer aus Tränen, der unaufhörlich in Bächen über mein Gesicht lief. Ich zitterte vor Kälte und vor Trauer. „Ich kann nicht ohne dich weiter machen. Ich vermisse dich so sehr. Ich wünsche mir das du zurück kommst. Das schuldest du mir! Ich schaffe das einfach...“
Plötzlich gaben meine Knie nach. Ich ging in die Knie. Landete mit allen Vieren im Matsch. Ich weinte und schluchzte. Schüttelte verzweifelt den Kopf und fragte immer wieder „Warum?“. Niemand gab mir eine Antwort. Wer sollte auch, es war einfach nicht gerecht!
Jemand Griff mich mir unter die Arme und zog mich mit einem Ruck nach oben. Ich wurde umgedreht und stand einem Freund der Familie gegenüber.
„Reiß dich zusammen, Maria!“ Sagt er streng und ließ mich los. Ich taumelte, hatte immer noch wenig Kraft in den Beinen. Ich sollte noch etwas Sand aus der Schale neben dem Grab nehmen und hinein werfen. Das gefiel mir aber nicht, das taten alle. Das reichte nicht als Ehre für meine Oma. Ich küsste den Schlangenring an meinen Finger. Sie hatte ihn gehasst, fand ihn nicht damenhaft genug, dabei hatte sie ihn mir geschenkt. So war sie immer schon gewesen. Zwischen den Schluchzern bekam ich ein komisches Lachen zustande. Den Ring nahm ich ab, streichelte ihn noch ein-mal zärtlich, so wie ich ihre Hand gestreichelt hatte kurz bevor sie „eingeschlafen“ war. Ich warf ihn runter ins Grab, auf Blüten und Sand.
„Ich werde dich nie vergessen!“ Sagte ich noch, laut genug das es alle hören konnten. Dann rannte ich. Ich sollte mich zusammen reißen, aber das konnte ich nun mal nicht. Ich rannte und rannte. Rannte vor dem Tot davon. Ich sah schon die Kreuzung, deren eine Straße in den Wald führte, als mich ein Hupen und lautes Quietschen zum stehen bleiben brachte. Ich schaute in die Richtung aus dem die Geräusche kamen, und da kam ein Auto auf mich zu. Die Bremsen konnten durch den Regen nicht tun wofür sie geschaffen waren, genau wie meine Beine. Das Auto kam näher und ich bewegte mich nicht, wollte es eigentlich auch gar nicht...

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Beitrag  Gast Mi 16 Sep 2009, 12:07

Sie fuhr nach oben. Ihr Atem ging unheimlich schnell. Ihr war heiß und sie war verkrampft. Sie war eingenickt und lag nun in der untergehenden Sonne. Der Himmel war rot gefärbt und die Sonne war dunkler als der Himmel hinter ihr, sie strahlte wie ein Sonnenball. Deshalb war ihr auch so heiß, die Abendsonne brannte sich in ihre Wangen.
Ein Traum. Nichts weiter. Seufzte sie, setze sich endgültig gerade hin und massierte dabei ihren steifen Nacken.
„Huhu!“ Ein kleines Mädchen schaute über den Sitz vor Maria. Sie sah klein aus, musste wohl auf dem Sitz stehen um über die Lehne zu Maria schauen zu können. „Wo fährst du hin?“
„Nach Frankfurt, und du?“ Gab Maria noch ganz verschlafen zurück.
„Ich fahr mit meiner Mama nach München, zu meinem Onkel und zu meiner Tante. Du hast lange geschlafen, willst du mit mir was spielen?“
„Eigentlich nicht. Ich muss mal etwas laufen, aber wenn du willst kannst du mit kommen.“ Sie richtete sich auf und das kleine Mädchen rutsche schnell vom Sitz und lief an ihrer schlafenden Mutter vorbei zu ihr. „Wie heißt du denn Kleine?“
„Ich heiße Lilly, aber ich bin gar nicht so klein. Ich bin fast die größte in der Klasse. Wie heißt du denn?“ Fragte sie neugierig.
„Ich heiße Maria. So so, also fast die Größte also.“ Sagte Maria mit einem Zwinkern zu der Klei-nen. „Sag mal, weißt du wo wir überhaupt sind? Oder welcher der nächste Halt ist?“ Sie liefen den Gang entlang Richtung Toiletten, den Gang den Maria schon einmal, einige Stunden zuvor, gegan-gen ist.
„Ich glaub das der Mann aus den Lautsprechern gesagt hat das Frankfurt der nächste Halt wäre, aber ich bin mir nicht sicher.“
„Das wäre ja schade, dann könnten wir gar nicht mehr zusammen spielen.“ Maria sah auf das lila Ziffernblatt ihrer kleinen Armbanduhr. „Du hast recht, es muss der nächste Halt sein, in 15 Minuten müssten wir da sein.“ Sie war erstaunt, wie gut sie die vielen Stunden im Zug einfach verschlafen hatte. Sie hatte schon befürchtet, das sich die Stunden wie zäher Kaugummi ziehen würden und sie die ganze Zeit ihren Gedanken nachhängen musste. Im Moment war ihr leere Zeit nicht willkom-men, die nämlich immer Grübeleien mit sich brachte.
Sie standen vor einem großen Fenster und ließen ihre Blicke über die vorbeirauschenden Felder schweifen.
„Hier sieht alles ganz anderes aus als Daheim.“ Sagte die kleine Lilly in die Stille hinein. Maria sah sie an. Sie war sehr hübsch. Sie hatte zwei hohe Rattenschwänze mit dunklen, schönen Korkenzie-herlocken. Ihre großen braunen Augen sahen neugierig in die Welt hinaus
„Ja, da hast du recht. Lass uns lieber zurück gehen, bevor deine Mutter noch aufwacht und sich Sorgen macht.“ Sie schauten beide noch ein letztes Mal hinaus. Die Landschaft hatte sich in eine langegezogene Ackerlandschaften verwandelt, die abwechselnd in Weizen- und Sonnenblumenfel-dern ineinander übergingen. Es war ein schöner, ländlicher Anblick. Am Horizont bei der unterge-henden Sonne konnte man bereits kleine Dächer einer wahrscheinlich großen Stadt sehen.
Das kleine Mädchen hatte ihre Begleiterin an die Hand genommen und es sah so aus als ob sie diese führen würde. So fühlte sich Maria auch, als ob sie geführt werden müsste. Sie waren nach Marias Geschmack viel zu schnell an ihren Platz zurück. Ihre Mutter war noch nicht wach und hatte das Verschwinden ihrer Tochter deshalb auch gar nicht bemerkt.
„Was machst du in Frankfurt?“ Die kleine Lily war wirklich ein neugieriges Mädchen, aber sie hatte etwas an sich, das man darüber hinwegsah. Maria musste über sie und sich selber Lächeln.
„Ich fahre von dort weiter. Auch zu meiner Tante und zu meinem Onkel, aber ich mache keinen Urlaub dort. Ich ziehe dort hin.“ Sie zog vorsichtig den Koffer aus dem Gepäckhalter, stütze ihn so-gleich mit der Hand damit er ihnen nicht sofort entgegenfiel.
„Das ist doch sicher aufregend!“ Lily strahlte zu Maria hoch, die einen gequälten Gesichtsaus-druck machte. Sie wusste nicht was sie antworten sollte.
„Sehr geehrte Fahrgäste, in Kürze erreichen wir Frankfurt am Main - Hauptbahnhof. Wir hoffen Sie hatten eine Angenehme Fahrt und Sie beehren uns bald wieder.“ Rette sie die Stimme des Zugfüh-rers durch die Lautsprecher.
„Lilly, ich muss jetzt gehen. Sprech’ nicht mehr so viele Leute an, solange deine Mama noch schläft. Machs gut.“ Sie ging in die Hocke und drückte den kleinen Lockenkopf an sich.
„Okay, mach ich nicht.“ Sie drückte sich an Maria, und es gab bereits eine Bindung zwischen den beiden, obwohl sie sich erst wenige Minuten kannten. „Tschüss, Maria.“
Sie winkten sich noch einmal zum Abschied zu, als der Zug zum stehen kam. Maria hastete zu den Ausgangstüren und stieß sie sogleich auf, als sie sie erreichte. Sie hatte einen Kloß im Hals. Wieder Abschied, wieder Konfrontation mit ihrem unfreiwilligem Umzug. Aber damit konnte sie sich jetzt nicht beschäftigen. Sie musste von Gleis 21 runter und zu Gleis 4 hasten, denn dort ging ihr Anschlusszug, in drei Minuten. Mit schnellen Schritten ging sie auf den Hauptweg zu, in die Rich-tung in die auch die andere Fahrgäste gingen, die mit ihr ausstiegen.
Maria versuchte sich zu orientieren, aber es waren so viele Menschen auf diesem Bahnhof und sie kam sich unheimlich klein und verloren zwischen ihnen vor. Sie beschloss keine weitere Zeit mehr zu verschwenden und ging zu einem Schaffner der in ihrer Nähe stand.
„Entschuldigen sie? Ich muss zu dem Gleis 4, wie komme ich dort am besten hin?“ Kam ihre ge-schäftsmäßige Stimme hervor, so nannten es jedenfalls ihre Freunde, freundlich aber bestimmt, ein anderer Tonfall im Gegensatz zu ihrer sonst eher schüchternen Stimme.
„Du musst einfach hier runter gehen“ Er zeigte nach rechts. „Richtung Hauptausgang, aber an dem vorbei. Dann ist es ausgeschrieben. Du musst dann dort rein gehen wo Gleis 4 steht.“ Fügte er mit einem merkwürdigen Lächeln hinzu.
Ich bin doch nicht blöd. Dachte sie sich, aber natürlich sagte sie es nicht. „Vielen Dank.“ Und Ma-ria ging in die Richtung die ihr der Mann gezeigt hatte. Sie musste vielen Leuten und Gepäck-stücken ausweichen. Die Leute standen und hingen einfach hier nur rum. Es war laut. Maria wollte einfach nur schnell ihr Gleis finden und sich wieder in den Zug setzen.
Da war Gleis 4 auch schon und sie bog ein.

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Zeitenwechsel Empty Re: Zeitenwechsel

Beitrag  Gast Do 17 Sep 2009, 21:09

Auf dem Gleis stand eine moderne, weise Bahn mit grüner Schrift. Sie sah neu und ordentlich aus.
Aber neu ist nicht immer gut. Dachte Maria sich. Sie drückte auf den Knopf der Türen, damit sie sich öffneten. Sie stieg ein und setzte sich auf einen Platz mit vier Sitzen, denn sie brauchte Platz für ihren Koffer. Maria schaute sich in dem Zug um, aber es waren nicht sehr viele Leute darin. Auf der Anzeige wurde angezeigt wohin der Zug fährt, wann er losfährt und die voraussichtliche Ankunft ist. Die Fahrt würde bereits in zehn Minuten beginnen und nur eine Stunde andauern.
Das dürfte zu ertragen sein. Und schon hatte sie ihren Mp3-Player aus ihrer Strickjacke gezogen, in die Ohren gestopft und die Musik laut aufgedreht. Die Musik betäubte sie wie immer. Sie lies sie einfach in sich hineinfließen. Maria schloss die Augen und trommelte mit den Fingern den Takt des Schlagzeuges mit.
Wenn ich das nur könnte. Sie lächelte in sich hinein. Bereits in der Schule im Musikunterricht hatte sie sich das gewünscht und wollte immer in Musikprojekten ans Schlagzeug. Sie empfand den Krach der Drums einfach viel besser als das Geträller der anderen Mädchen aus ihrer Klasse. Leider hatte sie nie großes Talent für das Instrument. Sie schaffte einfach nicht ihren Fuß, und die beiden Hände immer unterschiedlich zu bewegen.
Inzwischen schlängelte sich der Zug bereits aus dem Bahnhof Richtung Zukunft. Er fuhr zwischen vielen Gleisen und anderen Zügen. Das junge Mädchen merkte nicht mal das sie schon dahin glitt. Sie öffnete erst die Augen als sie sich wunderte das schon das zweite Album ihrer Lieblingsband anfing. Die Umgebung hatte sich noch mehr verändert. Alles war noch grüner und satter geworden. Überall waren Felder und Wiesen eingesäumt von großen Wäldern, die aus Laub- und Nadelbäumen bestanden. Ganz anders als zu Hause. Ehemaligen zu Hause. Dachte sie mit leichter Wehmut. Maria schaute wieder zur Anzeige und sah das bereits der nächste Halt ihr neues Zuhause war.
Sie schaltete ihren Mp3-Player aus, wickelte die Kopfhörer darum und stopfte ihn wieder zurück in die Tasche ihrer Jacke. Leicht zitternd nahm sie ihre Taschen und ging Richtung Ausgang. Wenn die Türen sich öffneten würde sie nicht nur auf den Bahnhof hinaus treten. Sie würde ein neues Leben antreten. Eine neues Zimmer haben, neue Freunde, eine neue Schule und vor allem eine neue Familie haben.
Der Himmel stand in einem zarten Hellblau, am Horizont waren einige kleine fliederfarbende Schäfchenwolken, die von unten OrangePink leuchteten. Die Sonne strahle in Marias Gesicht wie ein großer heller Feuerball. Sie kniff die Augen leicht zusammen, als sie hineinsah. In diesem Moment öffneten sich die Türe. Sie stieg aus, in den Sonnenuntergang.
Morgen ist ein neuer Tag, und ein neues Leben.

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Zeitenwechsel Empty Re: Zeitenwechsel

Beitrag  Gast Fr 18 Sep 2009, 16:04

2. Altes und Neues

„Maria! Maria, hier sind wir!“ Eine sportlich, hochgewachsene Frau kam winkend über die Straße auf den Bahnhof zugelaufen. Sie strahlte über das ganze Gesicht, ihr Augen sprühten, es war ganz offensichtlich das sie überglücklich war, das ihre Nichte zu ihr kam.
„Hallo Tante Gabi!“ Maria lief ihrer Tante entgegen. Kurz vor ihr ließ sie einfach ihre Tasche fallen und umarmte sie stürmisch.
„Mädchen, ach was hab ich dich vermisst! Und wie hübsch du bist, von Mal zu Mal mehr zu einer Frau wirst du!“ Die Frau drückte das Mädchen fest an sich, legte den Kopf auf ihr Haar und streichelte deren Rücken. „Wie war denn deine Reise? Bist du gut zurecht gekommen?“
„Ich hab euch auch vermisst. Danke das ich kommen durfte.“ Sie dachte kurz darüber nach wie die Reise war, sie empfand sie schrecklich, aber für jeden anderen war sie sehr wahrscheinlich normal. „Ganz normal, ich hab die meiste Zeit geschlafen.“
„Das war wahrscheinlich auch besser so. Nun lass uns mal zum Auto und zu deinem Onkel gehen, wir stehen im Halteverbot.“
Maria ließ ihre Tante widerwillig los, holte ihren Koffer und lief dann schnell ihrer Tante hinter her. Sie sah von weiten schon den großen Geländewagen, an dem lässig ihr Onkel lehnte.
„Na, da ist ja meine kleine Ria! Wie geht es dir?“ Er wuschelte ihr durch Haar, dann schloss auch er sie in die Arme.
„Mir geht’s gut und dir Onkel Michi?“ fragte sie nuschelt, da ihr Gesicht in dem Hemd vergraben war, das sein Onkel trug.
„Ein Pferd kann nichts umbringen.“ lachte er. Er hatte ein tiefes schallendes Lachen, es war warm und herzlich. So wie alles an ihm, das liebte Maria so sehr an ihm. Nie hatte sie verstanden warum ihre Tante und ihr Onkel nie Kinder bekommen hatten. Beide hatten soviel Liebe zu geben, das hatte sie jedes Mal gespürt, wenn sie sich in den vergangenen Jahren gesehen hatten.
„Nun pack schon die Sachen von dem Mädchen ein, sonst kommt sie ja heute gar nicht mehr nach Hause.“ Marias Tante war schon in den Wagen gestiegen und lachte aus dem Fenster. Ihr Onkel nahm Maria die Taschen ab und legte alles in den riesigen Kofferraum. Maria ging bereits am Auto entlang und stieg hinter ihrer Tante auf den Rücksitz.
„Seit wann fahrt ihr denn einen Q7?“ Sie wunderte sich. Ihre Tante und ihr Onkel mochten eigentlich kleine, sportliche Autos mit viel Luxus. Obwohl dieser Audi ja auch genug Luxus hatte, passte er trotzdem nicht zu den üblichen Modellen.
„Die anderen Autos waren alles Zweisitzer, da hättest du gar keinen Platz gehabt.“ Antworte ihr Onkel als er den Motor startete und auf Gas drückte.
Maria wurde rot. Sie wollte niemanden zu Last fallen und nun hatten ihre Verwandten auch noch extra ein Auto gekauft. „Das hättet ihr aber doch nicht machen müssen.“
„Das wissen wir. Wir mussten nicht, aber wir wollten.“ Ihre Tante drehte sich zu ihr um und lächelte ein herzliches Lächeln, damit Maria sich besser fühlte. Und das tat sie, sie hätte es gleich wissen müssen, dass die beiden das gerne taten. Sie lehnte sich in dem großen Ledersitz zurück und schaute aus den getönten Scheiben. Sie fuhren aus der bereits kleinen Stadt hinaus, in der der Bahnhof lag. Sie fuhren auf einer schmalen, kurvigen Straße zwischen Wäldern, die wie die aussahen, die sie bereits aus dem Zugfenster gesehen hatte.
Nach etwa zehn Minuten sah Maria ein Ortsschild, das alle Bewohner und Besucher in dem „Molkerei Dorf Hüttenthal“ willkommen hieß. Bereits kurz nach dem Ortsschild bogen die drei in eine kleine Straße an, die leicht bergauf ging. Ein Schild zeigte an, dass sie sich in einer Sackgasse befanden. Wie mein Leben. Fuhr es Maria durch den Kopf.
Sie befanden sich auf einem Wendehammer den drei große Häuser säumten. Vor dem größten Haus mit Grundstück parkte Marias Onkel den Wagen vor einer großen Spitzgarage, die allein schon so groß war wie manche Häuser, die sie kannte.
„Jetzt aber schnell ins Haus, es gibt auch gleich Essen, du musst am verhungern sein.“ Tante Gabriele war schon ausgestiegen und Richtung Hauseingang gegangen. Maria und ihr Onkel sprangen auch aus dem Auto, und holten das Gepäck aus dem Kofferraum.
„Schön das du bei uns bist Ria.“ Sagte ihr Onkel und sah sie von der Seite mit einem liebevollen Blick an.
„Ich wäre liebe bei meinen Eltern.“ Entgegnete sie steif. Das war gemein, dass wusste sie. Aber sie konnte einfach noch nichts positives an der ganzen Situation sehen. Sie nahm ihre Laptoptasche aus dem Kofferraum, drehte sich um und lief schnell ihrer Tante hinterher. Ihren Onkel ließ sie einfach stehen. Er hielt immer noch den Deckel des Kofferraums in der Hand als er seine Frau oben im Hausflur hörte. Sie wollte Maria schnell ihr neues Zimmer zeigen.

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Zeitenwechsel Empty Re: Zeitenwechsel

Beitrag  Gast Sa 19 Sep 2009, 17:01

„Lass die Taschen nur unten, die kannst du nachher noch holen. Ich will dir erst dein Zimmer zeigen.“ Bereits lief sie die gewundene Holztreppe in den ersten Stock hoch. Keine Zeit sich großartig umzusehen ging Maria hinter ihr her.
Die Treppe brachte sie in einen halbrunden Flur der mit einem dicken Teppich ausgelegt war. Man versank regelrecht in dem weichen Material. Von dem Flur führten drei Türen ab, in der ersten Stand ihre Tante und hielt sie auf.
„Das ist dein Gästezimmer, also falls mal Freunde von dir zu Besuch kommen und ihr zu lange feiert.“ Sie zwinkerte ihr zu.
„Eigentlich will ich das gar nicht, ich kenne hier doch sowieso noch niemanden.“ Und will ich auch erst gar nicht. Aber als Maria das enttäuschte Gesicht ihrer Tante sah fügte sie schnell hinzu, das sie ja bestimmt bald Leute kennenlernen wird.
Das Zimmer gegenüber führte in ihr eigenes Bad. Es war riesig und doppelt so groß wie ihr altes Zimmer bei ihren Großeltern in Dresden. Es war mit beigen Fliesen ausgelegt, die mit zarten grün und orange Tönen durchzogen waren. Die Decke war voller kleiner Lichter, sie ein angenehmes und wohliges Gefühl vermitteln sollte. Neben einer großen Dusche und einen Waschbecken, das mit einem riesigen Spiegel ausgestattet war, gab es noch einen großen Whirlpool. Maria staunte nicht schlecht, als sie diesen Luxus sah.
„Das soll ich alleine benutzen?!“ fragte sie ungläubig. Das konnte sie sich nicht vorstellen.
„Natürlich, wir haben unser eigenes Bad unten, aber jetzt komm du muss ja noch irgendwo schlafen.“
„Da kommt noch mehr?“ Maria konnte sich nicht vorstellen sich hier wohl zu fühlen. Sie mochte es einfach und schlicht und das zu Hause ihrer Tante und ihres Onkels war alles andere als das. Wieder hielt Gabriele ihrer Nichte die Tür auf damit diese eintreten konnte.
Nun stand Maria in einem wunderschönem, hellen Wohnzimmer. Bis auf eine Wand war alles in beige gestrichen, die Ausnahme in einem dunklen Braun. In einer Ecke stand ein riesiges Sofa in dem glei-chen Braunton wie die Wand gestrichen war. Es war mit großen beigen Kissen bedeckt und es sah unheimlich gemütlich und weich aus. Vor der braunen Wand stand eine weiße, moderne Schrankwand, auf der ein großer Flachbildschirm stand. Dieses Zimmer hatte eindeutig alles was man brauchte.
„Wenn du hier vorne an den Fenstern vorbei gehst, kommst du in dein Schlafzimmer.“ Erklärte Gabriele Maria und zeigte auf einen Durchbruch in der Wand der von einem Seidenvorhang verdeckt wurde. „Hier haben wir deinen Opa gefragt wie du es wohl am liebsten hättest.“
Hier würde sie sich ganz sicher wohlfühlen! Es war ein kleines Schlafzimmer, aber es war voll-kommen ausreichend. Es war schwarz und rot gestrichen. Es stand ein riesiges Bett darin, schwarz bezogen und mit dunkelroten Kissen bedeckt. Das Bett wurde von einem schwarzen Netz bedeckt, der ein Himmelbett imitieren sollte. Links neben dem Bett stand ein großer schwarzer Schrank, indem sie sicher mehr als genug Platz haben würde für ihre Kleidung.
„Wir mussten nur eine Ausnahme mit dem schwarz machen.“ Sie zeigte auf einen Schminktisch aus Naturholz über dem ein ovaler Spiegel hang mit einem vergoldeten Rahmen. „Er gehörte deiner Mutter. Ich dachte das du ihn gern haben würdest.“
„Danke.“ Mehr konnte Maria nicht sagen. Noch nie hatte sie etwas von ihren Eltern gehabt. Ihre Großeltern haben damals alles wegegeben, da sie den Anblick und die Erinnerungen nicht ertrugen. Sie besaß nie mehr als ein Bild, auf dem ihre Eltern und sie als Zweijährige darauf war. Sie ging langsam zu dem Tisch auf dem nur ein Buch und eine Lampe standen. Mit der Hand fuhr sie darüber, als ob sie dadurch irgendwie ihre Eltern erreichen könnte.
„Hier saß sie jeden Morgen, kämmte sich die Haare und machte sich für die Schule fertig, so wie du es jetzt machen kannst. Wenn du ihn behalten möchtest. Wenn er dich aber unglücklich macht, dann können wir ihn auch…“
„Nein! Er ist wunderschön und ich möchte ihn gern behalten.“ Unterbrach Maria ihre Tante. „Ich möchte jetzt gern allein sein und meine Sachen auspacken. Wenn das okay ist?“
„Natürlich Liebes, ich mache dann Abendessen.“ Sie gab ihr noch ein letztes Lächeln und verließ dann das Schlafzimmer.
Maria ging zurück zum Bett und ließ sich bäuchlings darauf fallen und vergrub ihr Gesicht in den weichen Kissen. Ich schaff das. Ich schaff das. Sie atmete einige Male tief durch um wieder zur Ruhe zu kommen.

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Beitrag  Gast So 20 Sep 2009, 15:09

Nach einigen Minuten hatte sie sich beruhigt. Sie stand wieder auf und ging zurück zu dem Schminktisch. Maria setzte sich auf den davor stehenden Stuhl und schaltete die kleine Lampe an. Sie zog das Buch auf dem Tisch zu sich. Es war ein altes Fotoalbum, diese Seiten waren vergilbt und abgegriffen.
Sie schlug es auf und auf der ersten Seite war ein schwarz-weiß Bild eines Babys. Sie kannte es nicht und schlug daher die nächste Seite auf. Hier war wieder das Baby zusehen, es war ganz sicher ein Mädchen. Es hatte zwar keine Farbe, aber irgendwie sah es wie ein Mädchen aus. Diesmal wurde es von einem kleinen Mädchen gehalten, das ungefähr vier Jahre alt war. Sie hielt sie behutsam im Arm und lachte hinunter. Es waren bestimmt Schwestern.
Eine Seite weiter war wieder ein Mädchen zu sehen, aber diesmal erkannte Maria es. Sie selbst war es. Mit ungefähr drei Jahren. Sie hatte zwei lange Zöpfe, die über ihre Schulter hingen. Sie lächelte einfach bezaubernd in die Kamera, und sie hatte eine niedliche Zahnlücke. An so ein Bild kann ich mich gar nicht erinnern, vor allem an kein schwarz-weiß Bild von mir. Sie überging diesen Gedanken und schlug die nächste Seite auf.
Hier waren wieder die beiden Schwestern zu sehen. Die eine nun etwa neun oder zehn Jahre und die Jüngere etwa fünf Jahre alt. Die kleinere sah Maria immer noch zum Verwechseln ähnlich, aber die ältere Schwester erkannte Maria nun. Tante Gabriele! Dann muss… Sie schlug das Fotoalbum zu, und stopfte es in eine der Schubladen des Kosmetiktisches.
Abrupt stand sie auf, ging durch den Durchbruch in ihr Wohnzimmer und sah ihre Taschen und ihren Koffer vor der Couch stehen. Onkel Michi musste sie wohl irgendwann nach oben gebracht haben. Sie nahm ihr Gepäck und schleifte alles in ihr neues Schlafzimmer zurück und warf es auf ihr Bett.
Langsam und mit viel Ruhe packte sie den gesamten Inhalt ihres Koffers in den Kleiderschrank. Es dauerte nicht sehr lange, da sie auch nicht viel besaß, aber sie wollte Zeit tot schlagen. Als sie den letzten Pullover heraus nahm, lag auf dem Boden nur ein gerahmtes Bild. Auch den Pullover legte sie in den Schrank und schloss diesen dann.
„Nur noch ihr seid übrig.“ Flüsterte Maria und nahm das Bild aus dem Koffer. Sie streichelte mit den Fingern über die Gesichter ihrer Eltern. Sie hielten Maria beide in ihren Armen und alle Drei lachten über das ganze Gesicht. Sie saßen mitten auf einer Wiese, die bedeckt war mit blühendem Löwenzahn. Eigentlich konnte Maria sich an diesen Ausflug nicht mehr erinnern, aber sie hatte sich den Tag immer wieder ausgemalt. Sie träumte oft davon wie sie mit ihrem Auto durch die Gegend fuhren bis sie endlich diese wundervolle Wiese gefunden hatten, die direkt am Waldrand lag. Sie steigen aus und breiteten ihre Decke im warmen Sonnenlicht aus. Maria rannte in ihren Träumen über diese Wiese und lief den Schmetterlingen nach, während ihr Vater den Korb mit Essen, Trinken und Spielen auspacke und ihre Mutter einen Blumenkranz aus den gelben Löwenzahn flocht. Auf dem Bild war jedoch nur zusehen, das sie auf einer Wiese mit Löwenzahn saßen, Maria den Blumenkranz trug und die drei sehr glücklich schienen.
„So wird es nie wieder sein.“ Flüsterte Maria wieder und stellte das Bild auf den rechten Nachtschrank.

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Beitrag  Gast So 20 Sep 2009, 16:37

„Maria?“ rief Onkel Michael von unten. Er stand am Fuß der Treppe und schaute noch oben.
„Ja?“ Maria ging durch das Wohnzimmer in den Flur und schaute über das Holzgeländer runter zu ihrem Onkel.
„Kommst du Essen, Gabi ist fertig.“ Erklärte er ihr und verschwand unter der Decke, wahrscheinlich Richtung Küche ohne eine Antwort abzuwarten.
Maria stieg unsicher die Treppen nach unten. Sie war noch nie im Haus der ihrer Verwandten gewesen, sie kannte sich hier überhaupt nicht aus. Hätte er nicht auf mich warten können? Aber da stand sie schon unten und sah auf die Tür genau gengenüber der Treppe, sie war geöffnet und man hörte Geklappter. Das musste also die Küche sein. Schüchtern trat sie durch die Tür und schaute sie sich um.
Ein großer, runder Tisch direkt am Fenster und einer Terrassentür war bereits mit Tellern, Besteck und Gläsern gedeckt. Ihre Tante stand noch links von ihr am Herd und klapperte mit verschiedenen Utensilien herum.
„Kann ich noch etwas helfen?“ fragte Maria, sie wollte nicht unhöflich sein, aber vor allem wollte sie sich nicht so verloren in der großen Küche fühlen.
„Du kannst die Getränke auf den Tisch stellen, ansonsten ist alles fertig.“ Sie nickte in Richtung der Getränke, die auf den Tisch sollten. Maria nahm Wasser und Apfelsaft und trug sie hinüber und setze sich dann vor einen der Teller.
„Ah da bist du ja schon.“ Michael kam aus dem Nebenzimmer und setze sich Maria gegenüber. Schon kam Gabriele mit einer Auflaufform und stellte sie in die Mitte des Tisches. Es duftete herrlich.
„Ich hoffe du magst Lasagne?“ Fragte sie Maria, nachdem diese genickt hatte lud sie ein großes Stück auf ihren Teller. Auch ihrem Mann und sich selbst tat sie auf.
Die drei wünschten sich einen guten Appetit und fingen an zu essen. Die Situation war angespannt, alle schwiegen, aber man spürte das jeder was zu sagen hatte.
„Wie geht es deinem Opa?“ brach Gabi das Schweigen, als alle fast fertig waren. Sie wollte die Stille unbedingt unterbrechen, sie wusste nur nicht wie.
„Gut.“ Antwortete Maria knapp. Was sollte sie ihnen denn auch sonst sagen? Wie soll es ihm denn in einem Heim gehen?
„Wir haben probiert die beste Unterkunft für ihn zu finden.“ Mischte sich nun auch Michael ein. Aber auch dazu hatte Maria nicht viel zu sagen, und nickte nur. „Wir haben keine Kosten gescheut damit er es besser hat als alleine.“
„Darum geht es euch immer! Geld, Geld, Geld! Als ob das alles wäre. Es ging ihm gut, auch vorher. Ich habe mich sehr gut um ihn gekümmert!“ Sie war aufgesprungen und die Stimme erhoben. Dachten die beiden etwa, ihr Großvater wäre unter ihrer Obhut verwahrlost? Sie hatte alle ihre Zeit geopfert für ihn.
„Aber das wissen wir doch, aber es ist doch eine Tatsache, das du dich niemals…“ weiter kam Gabriele nicht, denn Maria war hinausgerannt. Sie rannte hoch in ihr Zimmer und warm sich aufs Bett und weinte.
Ich habe mich immer gekümmert. Sie schluchzte in ihre Kissen, und konnte nicht glauben das sie nun Vorwürfe bekam. Natürlich war es nicht nett gewesen ihre Tante und ihren Onkel so anzuschreien. Sie sollte dankbar sein, das wusste sie. Aber im Moment konnte sie das einfach nicht. Sie sah im Augenblick nur noch Rot. In Marias Augen waren sie die Bösen, die mit Geld meinten alles lösen zu können, die sie aus ihrem zu Hause gerissen hatten.

P.S. Würde mich sehr über Kommentare freuen brav

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Beitrag  Gast So 20 Sep 2009, 18:28

Leise räusperte sich jemand. Ihre Tante war ihr gefolgt um mit ihr zu reden, aber darauf hatte Maria keine Lust. Sie setze sich auf, in eine Schneidersitz und schickte ihre Tante weg. Diese ignorierte das einfach und setze sich neben sie auf den Bettrand. Sie streckte die Hand aus um Maria über den Rücken zu streicheln, aber Maria stand einfach auf und setzte sich an den Kosmetiktisch und starrte ihr eigenes Spiegelbild an, ohne wirklich etwas zu sehen.
„So hatten wir das nicht gemeint. Ich verstehe das wir für dich die Bösen sind.“ Sie trat hinter Maria und schaute ihr Gesicht durch das Spiegelbild an. „Wir wissen das du dich für deinen Opa und auch deine Oma aufgeopfert hast, aber genau darin lag ja das Problem. Du bist noch ein halbes Kind, du bist eine junge Frau. Du musst auch an dich denken.“
Ihre Tante öffnete die erste Schublade und schaute hinein. Zuerst dachte Maria sie würde das Album herausholen, was sie vorhin dort hineingesteckt hatte, aber sie holte eine versilberte Bürste heraus, die aussah wie aus einem alten Film.
„Darf ich?“ fragte sie und Maria nickte. Gabriele fing an gedankenverloren Marias Haare zu bürsten. „Du bist noch so jung. Du gehst nie weg und hast kaum Freunde. Deine Großeltern waren zwar alt, aber sie haben viel mitbekommen. In deiner Freizeit hast du dich um sie und die Wohnung gekümmert. Nachts hast Hausaufgaben gemacht und gelernt und das hast du erstaunlicher Weise gut gemacht wie wir wissen, du bist eine sehr gute Schülerin. Aber du bist immer zu kurz gekommen. Keine Hobbies, kein Privatleben. Am Ende hat es deinem Opa das Herz zerrissen und er hat uns gebeten ihm und somit auch dir zu helfen.“
„Ich wusste nicht das sie das alles mitbekommen haben. Ich wollte nicht das die beiden wegen mir traurig sind.“ Sie schauten sich durch den Spiegel hindurch an.
„Wir möchten nicht das du uns für geldgierige Unmenschen hältst.“ Sagte Gabriele traurig und legte die Bürste auf den Schminktisch.
„Es tut mir leid was ich gesagt habe. Es war nicht so gemeint.“ Sie drehte sich nun zu ihrer Tante um und sah ihr ins Gesicht. „Ich bin dankbar für das was ihr für uns getan habt und tut. Es war heute alles etwas viel für mich.“
„Gut das wir das geklärt haben, ich hatte schon Angst, dass du wegen meinen Kochkünsten weggerannt bist.“ Sie atmete übertrieben erleichter aus, dann fing sie an zu lachen. Maria stimmte in ihr Lachen ein. Sie war froh das sie den Streit beigelegt hatten und Gabriele es ihr nicht übel nahm.
„Ich lass dich dann noch etwas allein.“ Sie öffnete erneut die oberste Schublade und holte das Album heraus.
„Nein, lass es bitte hier.“ Maria griff nach dem Arm ihrer Tante. „Ich habe noch nie Bilder von ihr gesehen, außer das von uns dreien.“
„Ich weiß, daher dachte ich mir das du dich darüber freuen würdest. Lass dir aber Zeit, überfordere dich nicht gleich.“ Damit ging sie aus dem Zimmer. Maria hielt das Fotoalbum in der Hand und schaute es einfach an. „Ach übrigens, morgen ist ein Osterfeuer bei uns am See, da kannst du gleich einige aus dem Ort kennenlernen. Nun schlaf gut, du bist bestimmt erschöpft.“
„Danke, gute Nacht.“ Nun bekam Maria Angst, so schnell sollte sie neue Leute kennenlernen? Sie dachte sie hätte noch drei Wochen Zeit bis zur Schule und somit das Kennenlernen. Bald würden alle sie kennen und sie wäre die „Neue“ für alle. In Dresden wäre das alles ja egal gewesen bei so vielen Einwohner, aber dieses Dorf hier hatte doch höchsten vierhundert Einwohner.
Ich hasse es immer anders zu sein. In Dresden das Mädchen ohne Eltern und hier die Neue. Dachte Maria verbittert. Sie stand auf, ging zum Schrank und suchte Schlafsachen heraus. Dann nahm sie noch ihre Waschtasche und ging damit ins Badezimmer. Dort machte sie sich Bett fertig. Sie ging zurück ins Schlafzimmer und lies sich in das weiche Bett sinken.
Sie lies den ganzen Tag Revue passieren. Natürlich war es nicht schön aus ihrem zu Hause gerissen worden zu sein, aber Tante Gabriele hatte recht. Sie hatte in Dresden weder Freunde noch Hobbies, geschweige denn einen Freund. Sie hatte sich immer um ihre Großeltern gekümmert, war mit ihnen zum Arzt gegangen, war einkaufen gefahren, hatte gekocht und geputzt. Aber das war für sie immer selbstverständlich gewesen, ohne die beiden wäre sie mit vier Jahren in ein Heim gekommen. Sie musste ihnen Dankbar sein.
Aber seit dem Tot war es unerträglich geworden mit ihrem Großvater. Er wurde depressiv und ließ sich nur noch versorgen. Er sprach oft vom Tot und das er nicht mehr leben wolle. Manchmal ertrug sie diese Worte kaum noch und lief deshalb aus der Wohnung. Aber immer blieb die Angst, wenn sie nicht da war, das er sich etwas antat. Am schlimmsten waren die Schulstunden gewesen, daher hatte sie oft geschwänzt um beim ihm bleiben zu können.
Gabi hat recht, ich bin noch so jung und habe keine eigenes Leben - nur Ängste. Sie bereute nicht ihr altes Leben in Dresden, aber sie wollte nun einen wirklichen Neuanfang wagen.
Trotzdem schlief sie erst nach Stunden weinend ein.


Zuletzt von LiBELLA am Do 08 Okt 2009, 18:48 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet

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Zeitenwechsel Empty Re: Zeitenwechsel

Beitrag  Gast Do 08 Okt 2009, 18:42

Eingewickelt in einer Decke saß sie in der Ecke des Sofas. In einer Hand hielt sie eine Dampfen-de Tasse ihres Lieblingstees, mit der anderen hielt sie ein Buch, das an ihre angewinkelten Beine gelehnt war. Sie starrte darauf, als ob sie lesen würde, doch sie war tief in Gedanken versunken. Sie wusste nicht ob es ein Fehler gewesen war, ihre Nichte aus ihrer gewohnten Umgebung zu rei-ßen.
Michael kam aus der Küche und setzte sich zu ihr und legte einen Arm um sie. Er schaute auf das Buch.
„Na das muss aber kompliziert sein, auf der Seite warst du auch als ich ins Bad gegangen bin.“ Lächelte er, aber in seinen Augen lag etwas wissendes. „Wieso machst du dir so viele Gedanken?“
„Sie ist so unglücklich hier!“ erwiderte Gabriele darauf. Sie konnte nicht glauben das er es nicht bemerkt hatte. „Hast du nicht ihre Augen gesehen?“
„Doch natürlich habe ich das. Aber was erwartest du? Sie ist 14 Jahre alt und wohnt nun bei halb Fremden in einer komplett fremden Stadt. Neue Schule, neue Menschen. Natürlich hat sie Angst.“ Er nahm ihr das Buch aus der Hand, legte es auf den Couchtisch und nahm sie in dem Arm. „Da hätte jeder Angst, aber sie wird sich daran gewöhnen. Sie wird merken das es für sie so am Besten ist.“
„Du hast recht.“ Sie seufzte resigniert. Trotzdem konnte sie sich weder auf ihr Buch noch auf den nun angeschalteten Fernseher konzentrieren. Sie lachte, wenn Michael lachte und stöhnte auf, wenn er es tat. Aber sie war mit den Gedanken immer noch bei ihrer Nichte, die nun oben in ihrem neuem Zimmer lag und schlief.
„Ich geh ins Bett.“ Nach einer Stunde schauspielern stand sie auf und machte sich auf den Weg zu ihren gemeinsamen Schlafzimmer. Sie lag schon im Bett als sie wieder aufstand und leise die Treppe hinauf schlich. Michael sollte nichts mitbekommen, aber sie wollte noch einmal mit Marie sprechen, falls sie noch nicht schlief. Als sie die oben an der Wohnzimmertür angekommen war, hörte sie bereits ein leises Schluchzen.
Sie drehte sich auf dem Absatz um und kehrte wieder die Treppe hinunter. Ob wir das richtige getan haben?
„Nein, haben wir nicht.“ Antwortete Michael auf ihre unausgesprochene Frage. „Wir hätten sie be-reits damals als Kleinkind zu uns holen sollen.“

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Zeitenwechsel Empty Re: Zeitenwechsel

Beitrag  Gast Do 22 Okt 2009, 18:37

Auf dem Tisch brummte etwas und störte ihn beim Entspannen vor dem Fernseher. Er warf dem Gerät einen bösen Blick zu, als ob er es allein durch seine Willenskraft zum Stillstand bringen könnte. Da der Klingelton aber unaufhörlich weiter piepste, setzte er sich auf und lies das Handy aufschnappen.
„Ja?“ knurrte er dem Störer am anderen Ende der Leitung zu. Ihm war egal wer dran war und wie wichtiges es sein sollte. Er hatte einen anstrengenden Tag gehabt, und er wollte einfach abschalten.
„Julian? Bist du es?“ fragte die Stimme am anderen Ende. Der genervte Julian erkannte sie, es war sein Freund Adrian.
„Wer sonst sollte an mein Handy gehen?“
„Naja, es hätte ja sein können, …“ wollte Adrian sich rechtfertigen, aber Julian schnitt ihm das Wort ab.
„Kommt zum Punkt Ad, ich will meinen wohlverdienten Feierabend genießen.“
„Okay, okay. Also sie ist da.“
An beiden Enden des Telefons bildete sich eine knisternde Stille aus. Adrian wartete gespannt auf die Reaktion seines Freundes, aber Julians Gefühle fuhren Achterbahn. In seinem Kopf schwirrten Hunderte von Fragen, aber konnte keine fassen und stellen.
Nach einigen Minuten des Schweigens brach er die Stille. „Wann werde ich sie sehen?“
„Morgen. Morgen wird das Spiel beginnen.“ Antwortete Adrian. „Ich hoffe du bist gut darauf vorbereitet.“
„Ich glaube darauf kann man nie richtig vorbereitet sein. Und glaub mir mein Freund, es ist weitaus wichtiger als jedes Spiel.“ Damit klappte er sein Handy zu.

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Zeitenwechsel Empty Re: Zeitenwechsel

Beitrag  Gast Fr 23 Okt 2009, 15:06

Langsam blinzelte sie gegen das Sonnenlicht an, was durch das Fenster auf ihr Bett viel. Angenehm rekelte sie sich unter der Decke, die fest um ihren Körper geschlungen war. Im ersten Moment wusste sie gar nicht wirklich wo sie war. In Ihrem Traum war sie zu Hause, in ihrem kleinen Zimmer in Dresden gewesen. Aber jetzt wo die Schläfrigkeit langsam von dem Sonnenschein vertrieben wurde, kam auch die Wirklichkeit in ihr Bewusstsein. Sie war nicht in Dresden, sondern bei in ihrem neuem zu Hause. Bei diesem Gedanken wurde ihr immer noch flau im Magen, aber daran war einfach nichts zu machen.
Sie setzte sich in ihrem riesigen Bett auf und fuhr sich mit den Händen durch Gesicht und Haar. Maria schaute über ihre Schulter auf den Nachtschrank. Es war bereits kurz nach Zehn. So lange hatte sie seit Ewigkeiten nicht mehr geschlafen.
„Was soll´s. Das muss auch mal sein.“ Sie zuckte mit den Achseln und schwang die Beine aus dem Bett. Noch etwas schwach auf den Beinen tapste sie zum Schrank, nahm eine bequeme Jeans und Kapuzenpulli heraus und machte sich damit auf den Weg ins Bad.
Beim Anblick ihres Spiegelbildes musste sie aufstehen. Sie war blass und übernächtigt mit rot geäderten Augen. Sie zog sich aus und stellte sich unter den heißen Strahl aus Wasser. Es fühlte sich angenehm an, und Maria spürte wie ihre Lebensgeister in ihr wachgerufen wurden. Sie schäumte ihre Haare mit ihrem Lieblingsshampoo ein und danach noch ihren Körper mit Duschgel. Für das Abspülen des Schaums lies sie sich besonders viel Zeit, sie wollte alles lange herauszögern, damit sie ihrem Onkel und ihrer Tante möglichst lange aus dem Weg gehen konnte. Aus irgendeinem Grund hatte sie ein mulmiges Gefühl, wenn sie an die beiden dachte. Sicherlich weil sie sich gestern so unmöglich benommen hatte. Nun musste sie jedoch aus der großzügigen Dusche heraustreten um sich weiter fertig zu machen.
Maria wickelte um die nassen Haare ein Handtuch, und auch ihren Körper wickelte in ein ebenso flauschiges ein. Mit einem prüfenden Blick in den Spiegel, stellte sie fest das ihr Spiegelbild wirklich angenehmer aussah.
Schnell putze sie sich noch die Zähne, kämmte sich durch nasses Haar, als sie schon ihre Sachen anziehen konnte.
Halb rennend ging sie Treppe hinunter, rauschte in die Küche und rief ihren verdutzt drein blickenden Verwandten zu, dass sie draußen wäre um die Gegend zu erkunden.
„Aber Kind, willst du nicht erst frühstücken?“ rief ihre Tante noch hinter her, aber Maria hatte bereits ihre Schuhe an und schloss die Haustür hinter sich.

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Beitrag  Gast Sa 24 Okt 2009, 15:24

Was sollte sie sich nun ansehen? In diesem kleinem Kuhkaff gab es sicherlich nichts besonderes zu sehen, trotzdem lief sie die Treppen und dann die kleine Auffahrt runter zur Hauptstraße. Hier blieb sie stehen und drehte sich einmal um die eigene Achse.
Wie erwartet sah sie nur einige Häuser, Wiesen und Wälder. Ziellos ging sie über die Straße, auf eine Wiese geradewegs auf den endlosen Wald zu. Hier konnte sie wenigstens alles mal vergessen. Laufen hatte ihr schon immer viel gebracht. Es beschäftigte sie, auf Äste und Gestrüpp zu achten und gleichzeitig war es unheimlich entspannend.
Schnell war sie tief im Wald, das Sonnenlicht kam nur noch Bruchstückhaft zwischen die Bäumen hindurch, wodurch es auch schlagartig kälter wurde. Maria setze sich ihre Kapuze auf den Kopf und zog sie sich tief ins Gesicht. Sie schaute sich um. Es war ein Mischwald, wie sie ihn von zu Hause eigentlich nicht kannte, aber das warme Gefühl was sich in ihr ausbreitete war das gleiche wie sie auch immer dort verspürt hatte.
Ohne jegliches Zeitgefühl wanderte sie so durch den Wald. Sie wusste nicht wo sie war, aber das störte sie nicht. Alle Wege führen nach Rom. Dachte sie sich, auch wenn sie nicht wusste wo ihr Rom war. Sie lauschte den Tieren im Wald und ihren eigenen Schritten die manchmal im Laub raschelten und dann wieder von dicken Moosteppichen vollkommen verschluckt wurden.
Nach weiterem umher Wandern fand Maria sich auf einer kleineren Lichtung wider. Hier wuchs wieder Grad und zwischen diesem und einigem Laub aus dem letzten Herbst wuchsen überall gelb und weis blühende Narzissen. Hier lies sie sich nieder um etwas zu verschnaufen und sich bereit auf den Rückweg zu machen.
Sie sah den ersten Bienen des Jahres zu, wie sie von Blüte zu Blüte flogen um den kostbaren Nektar zu sammeln. Dabei dachte sie über das Osterfeuer nach, das heute Abend im Dorf stattfinden sollte. Sollte sie mitgehen? Lust hatte sie keine, sie würde sich wie vorgeführt vorkommen. Sie sah die Szene bereits vor ihrem inneren Auge. Sie würden ankommen und alle würden sie anstarren, aber keine würde sie ansprechen, bis einer den Mut aufbringen würde, mit Dreistigkeit zu fragen ob sie die Nichte war. Dann wäre der Ansturm zu Groß um ihn zu bewältigen, jeder würde mit ihr sprechen wollen. Wissen wie alt sie ist, woher sie kommt, wieso sie hier ist. Und die Jugendlichen in ihrem Alter würden entweder nur aus Purer Exklusivität mit ihr zusammen sein wollen oder sie einfach komplett ignorieren.
Das kann ich mich also auch sparen. Dachte Maria gefrustet, als sich plötzlich ihre Nackenhaare aufstellten und ein Kribbeln über ihre Haut fuhr. Sie wurde beobachtet. Mitten im Wald, wahrscheinlich weit weg von jedem öffentlichen Wanderweg und auch weit weg von irgendwelchen Häusern.
Langsam und möglichst unauffällig schaute sie über ihre Schulter. Sie massierte sich den Nacken und kreiste mit dem Kopf um auch in die andere Richtung schauen zu können. Das Kribbeln war nicht weg, aber eine Gänsehaut leistete der Angst in ihrem Körper Gesellschaft.
So ein Quatsch, wer sollte denn schon hier sein?! Sprach sie sich selbst Mut zu. Trotzdem stand sie jetzt auf und machte sich auf den Weg in die Richtung, aus der sie vermutlich gekommen war. Da hört sie ein einen Ast knacken. Erschrocken fuhr sie herum und versuchte zwischen den Bäumen irgendetwas oder jemand zu finden. Doch sie konnte nichts entdecken.
Hier ist niemand. Nur ein Tier. Niemand ist hier. Niemand. Du bist allein. Sprach sie sich in ihrem Kopf immer wieder das Mantra vor. Sie lief nun in einem schnellen Laufschritt im Wald umher. Sie wünschte sich, niemals so tief hineingegangen zu sein. Eigentlich war sie nicht der ängstliche Typ, aber das Knacken, das wie Äste unter schweren Sohlen klang, war direkt hinter ihr und es passte sich ihrem Tempo an.
Immer wieder drehte sie sich um, aber sie konnte einfach nicht erkennen. Nichts. Gar nichts ist hier. Bei diesem Gedanken erschrak sie. Nicht. Wirklich gar nichts. Kein Vogel, kein Reh, einfach gar nichts. Vorher war der Wald voller Leben, aber jetzt hörte sie nur ihre eigenen immer schneller werden Schritte, ihr hektischer Atem und dieses Knacken.
„Bitte. Bitte tun sie mir nicht. Ich hab Angst. Bitte.“ Sie war stehen geblieben. Flehte in den Wald. Es war irgendwie albern, aber falls wirklich jemand dort zwischen den Bäumen sie verfolgte, hätte er vielleicht Mitleid mit ihr.
Das Herz hämmerte in ihrer Brust, ihr Atem entwisch ihr nur keuchend, während sie einfach nur da stand und darauf warte überfallen zu werden. Die Luft lud sich statisch auf, von ihrer Angst, man hätte sie fast greifen können.
Das Knacken hatte aufgehört, als auch sie stehen geblieben war, aber nun kam es langsam näher. Sehen konnte Maria immer noch nichts. Innerlich fing sie an zu beten. Sie war nicht gläubig, aber in so einem Moment war das egal.
Plötzlich schlug ein riesiger Hirsch aus dem Gebüsch. Panisch schrie Maria auf und viel nach hinten um. Er rannte einfach weiter ohne große Notiz von ihr zu nehmen. Aber sie konnte kaum noch atmen.
Sie lachte und weinte zugleich., so erleichtert und peinlich war ihr die Situation. Wie konnte sie nur so panisch werden? Sie war in einem Wald, natürlich gab es hier Tiere. Es war einfach lächerlich wie sie sich aufgeführt hatte. In Gedanken gab sie sich selbst einen Rüffel für ihr hysterisches Verhalten, froh darüber, dass das niemand gesehen hatte.
Sie stand wieder auf und schlug sich den Dreck von der Hose und Pullover. Mit betont ruhigen, sogar gemütlichen Gangmachte sie nun wieder in die Richtung aus der sie gekommen war. Das Knacken war weg, nur das Kribbeln im Nacken war noch da. Sie ignorierte es, nichts ahnend das zwei blaue Augen sie weiterhin beobachteten.

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Beitrag  Gast So 29 Nov 2009, 20:12

Ausgestreckt lag sie auf ihrer Couch und starrte auf den Fernseher. Es lief eine der unzähligen Sitcoms aus Amerika, aber eigentlich sah sie sie gar nicht. Mit den Gedanken war Maria immer noch im Wald. Hatte sie sich alles nur eigebildet? Der Hirsch konnte zwar das Knacken hinter ihr erklären, aber sie hatte so oft hinter sich geblickt und nie ein so großes Tier hinter sich entdeckt. Nicht einmal ansatzweise. Außerdem waren diese Tiere doch eher scheu, und liefen vor Menschen weg, nicht auf sie zu. Schon gar nicht liefen sie einem Minuten lang durch den Wald hinterher. Was hatte sie dort im Wald erlebt? Was war dort hinter ihr her gewesen? Und dabei war sie sich mittlerweile sicher, irgendetwas oder irgendwer war hinter ihr her.
Während der Suche zum Ende des Waldes hatte sie darüber nicht mehr nach gedacht. Aber kaum wieder im Haus ihrer Tante und ihres Onkels angekommen, hatte sie keine Ablenkung mehr. Unweigerlich sah sie den Wald, hörte die Geräusche wieder und wieder.
Seufzend schaltete sie den Fernseher aus, erhob sich von dem gemütlichen Sofa und begab sich auf den Weg nach unten. Bereits bei ihrer Ankunft hatte Gabriele sie zu sich gebeten.
„Da bist du ja. Wo warst du denn so lange gewesen?“ Fragte sie Maria direkt und wendete sich von dem Gemüse ab, das sie eben noch schnitt.
„Ich habe mich nur etwas umgesehen, hier im Ort.“ War Marias knappe Antwort. Sie hatte sicher nicht vor, ihre Tante zu beunruhigen. Oder sie auf die Idee zu bringen, dass Maria komplett verrückt ist.
„So? Und wo warst du überall? Hast du bereits jemanden kennengelernt?“
„Hier sieht alles gleich aus, ich weiß nicht mehr wo ich überall war. Und nein, ich habe niemanden kennengelernt.“ Langsam war sie genervt, ihre Tante war so neugierig. Einfach alles wollte sie wissen.
„Dazu hast du heute Abend ja auch noch genug Zeit.“ Freute sich Gabriele und strahlte Maria an.
„Ach ja stimmt. Das Osterfeuer. Muss ich da wirklich mit? Ich bin ziemlich erledigt vom vielen Laufen.“ Probierte Maria sich aus der Verpflichtung zu winden. Tante Gabrieles Lächeln wurde starr und verschwand dann ganz.
„Aber du musst doch mitkommen.“ Sagte sie leise. „Ich habe doch bereits allen erzählt das du kommst. Jeder hier möchte dich kennenlernen.“
„Naja, gut. Dann muss ich wohl.“ Gab Maria Kleinbein, was ihrer Tante sofort wieder das Strahlen zurück brachte.
„Hier, ess das.“ Sie streckte ihr einen Teller mit Salat entgegen. „Und dann mach dich fertig. So gegen sechs Uhr wollen wir los.“
Maria nahm das Besteck und den Teller entgegen. Wieder in ihrem Wohnzimmer angekommen stocherte sie auf diesem herum.
Was hatte sich unten in der Küche eigentlich abgespielt? Als sie nicht mit wollte, war Gabriele fast den Tränen nahe. Wieso bestand sie darauf das sie mitkommt heute. Nur damit sie die Nachbarn und Freunde von Gabriele und Michael kennenlernte? Wieso das Muss?
Sie machte sich einfach zu viele Gedanken. Erst der Wald und jetzt das. Dieses Dorf macht mich noch verrückt. Bereits nach 24 Stunden bin ich paranoid. Schallte sie sich selbst.
Sie machte sich wieder den Fernseher an um die Sitcom anzusehen und ließ sich währenddessen ihren Salat schmecken.

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Zeitenwechsel Empty Re: Zeitenwechsel

Beitrag  Gast Mo 30 Nov 2009, 22:38

Eine letzte lockige Strähne wurde noch mit einer Spange nach hinten gesteckt, damit war sie fertig. Sie ging einige Schritte zurück um sich ganz im großen Spiegel sehen zu können. Schon seit langen hatte sie sich nicht mehr zum ausgehen zurecht gemacht. Aber heute hatte Maria die Haare aufgewickelt, so das sie richtige Locken hatte, sie Augen und Lippen geschminkt, und sogar Schmuck trug sie.
Trotz allem trug sie alles in Schwarz, aber irgendwie sah sie dadurch elegant aus. Sie fand sich selbst sogar hübsch, was selten genug vorkam.
„Ria? Bist du fertig?“ Rief Michael zu ihr hoch. Die beiden waren bereits eine Weile fertig, und fragten schon zum dritten Mal. Aber Maria war sich die ganze Zeit unsicher gewesen, ob sie zu aufgedonnert war. Sie kannte sich hier ja nicht aus, wusste nicht wie die anderen aussehen würden.
„Jahh, ich komme.“ Gab sie zurück. So musste sie nun wohl oder übel bleiben. Schnell schnappte sie sich Handtasche und Jacke und eilte schnell hinunter zum Auto. Die beiden anderen saßen bereits mit laufenden Motor darin.
„Du siehst ja wirklich toll aus!“ Sagte Gabi sofort, als die Tür zu fiel.
„Ja, deine Tante hat recht. Fehlt nur noch eine Krone und du wärst die perfekte Prinzessin.“ Stimmt auch der Onkel ein.
„Na ja, wäre wohl etwas übertrieben für ein Osterfeuer…“ Maria wurde bei soviel Aufmerksamkeit sofort unwohl. Sie hatte wohl mit Schminke und Outfit doch etwas übertrieben, wenn jetzt so ein Aufriss um sie gemacht wurde.
Nach einer kurzen Fahrt hatten sie ihr Ziel erreicht. Maria schaute von ihrer Parkmöglichkeit an der Straße hinunter in eine Senke. Dort waren um einen gleichen Teich einige Partyzelte aufgebaut und in einigen Metern Entfernung prasselte ein riesiges Feuer. Die Leute tummelten sich in und um den Zelten, aber vor allem um das Feuer. Und in Maria Augen waren das eindeutig zu viele Leute.
„Steigst du heute noch aus?“ Fragte Michi lächelnd. Maria stieg aus und sah grad noch ihre Tante direkt auf die erste Gruppe von Menschen zugehen und zu umarmen.
Natürlich, hier kannte sich jeder. Das hatte sie sich ja bereits gedacht. Während sie über die Wiese hinter ihrem Onkel herlief, ließ Ria den Blick schweifen. Die Leute waren bunt gemischt, alt und jung, und alle standen durcheinander. Es gab keine Lautsprecher oder Band, die Luft war von dem Zirpen der Grillen, summen von Unterhaltungen und Gelächter erfüllt. Im Großen undGanzen sahen alle sehr nett aus, aber vor allem starrte sie keiner an.
„Ah da seit ihr ja. Also das ist meine Nichte Maria.“ Erklärte Gabriele ihren Freunden. Alle begrüßten Maria freundlich und stellten sich vor. Kaum war die Vorstellungsrunde beendet gingen die üblichen Fragen los. Wie es ihr hier gefiele. Wie alt sie war. Ob sie ihren Großvater vermisste oder ihre alte Heimat. Sie versuchte alles höflich, aber knapp zu beantworten. Sie war es ziemlich schnell leid, aber da kam sie nun nicht so schnell wieder raus.
„Komm wir holen dir mal was zu trinken.“ Schlug Onkel Michael vor. Dankbar lächelte Maria ihm zu, das war ihre Rettung. Langsam schlängelten sich Michael durch die herumstehenden Leute, Maria direkt hinter ihm. Maria senkte den Blick um niemanden in die Augen sehen zu müssen, aber sie war sich die vielen Augenpaare bewusst, die sie verfolgten.
Endlich waren sie an der Bar angekommen. „Was möchtest du denn?“ Fragte ihr Onkel sofort.
„Einen Saft?“ antwortete Maria, aber es war mehr eine Frage als eine sichere Antwort.
„Na, komm schon. Ich geb dir einen aus, da darf du auch was richtiges trinken.“ Lachte Michael und drehte sich zu dem jungen Mann hinter der Bar um. „Wir nehmen ein Bier, einen Caipirinha und einen Pina Colada. Der wird dir schmecken.“ Sagte er dann wieder an Maria gerichtet.
Während sie auf de Cocktails warteten, setzte Ria sich auf einen der Barhocker und schaute sich etwas um. Die Bar war in einem der Zelte und fast komplett zugezogen. Hier drinnen war ein schummriges Licht von vielen kleinen, bunten Laternen die an die Decke gehängt wurden. Außerdem kam Musik aus den Boxen, es erklangen harte Gitarren und rauchige Stimmen daraus. Eindeutig Marias Geschmack. Sie verspürte den Drang sich zu den jungen Leuten in der anderen Ecke des Zeltes zu gesellen und mit ihnen sich zur Musik zu bewegen.
Die Grupp, die tanzte waren vor allem junge Frauen, Mädchen in Maria Alter. Die Männer standen um einen Stehtisch genau daneben. Einige unterhielten sich, anderen beobachten die schwingenden Hüften. Aber einer schaute Maria direkt in die Augen. Wie gefangen in seinem Blick, hielt sie diesem stand. Aus irgendeinem Grund konnte sie sich nicht abwenden. Maria starrte ihn durch das ganze Zelt an, und er starrte zurück. Eine merkwürdige Spannung legte sich wie ein Band zwischen die beiden. Es sprühten regelrecht Funken.
„Hier probier mal.“ Michael gab ihr ein hohes Glas mit einer weiß, schaumigen Flüssigkeit, und riss sie damit von dem Fremden los.
„Da… danke.“ Stotterte Ria und saugte an ihrem Strohhalm. Nach den ersten zwei leckeren Schlucken schaute sie vorsichtig von ihrem Cocktail auf. Der Typ mit dem festhaltenden Blick war tief in ein Gespräch mit seinem Nebenmann vertieft, so als ob dieser Blickkontakt nie passiert wäre.

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Zeitenwechsel Empty Re: Zeitenwechsel

Beitrag  Gast Di 01 Dez 2009, 23:00

„Möchtest du noch etwas hier bleiben oder mit mir wieder raus gehen, Ria?“ Fragte Onkel Michael und ging dabei schon wieder in Richtung Ausgang.
„Ich glaube ich werde mich etwas an Feuer setzten.“ Sie warf noch einen Blick über ihre Schulter, ihr war klar dass es albern war zu hoffen, das der Fremde sie wieder ansah, aber einen Versuch war es wert. Er schaute ihr tatsächlich nach, und in seinen Augen blitze etwas auf, das Maria nicht deuten konnte. Bevor sie ihn weiter ansehen konnte, viel hinter ihr der Vorhang des Zeltes zu und versperrte die Sicht auf ihn.
Langsam ging sie Richtung des Feuers und suchte sich einen Platz etwas abseits auf einem Holzstumpf. Das Feuer war riesig, es prasselte und knisterte. Wütende Funken stoben in alle Richtungen, als ob sie warnen wollten, nicht näher zu kommen. Maria stand langsam wieder auf, stellte ihr halbleeres Cocktailglas auf ein ebenes Stück Erde und ging auf das Feuer zu. Sie streckte ihre Hand danach aus. Ihre Fingerkuppen spürten bereits die Hitze, aber Maria ging weiter darauf zu. Sie hatte in sich den Drang die züngelnden Flammen zu berühren, ja sogar zu liebkosen, sich darin zu verlieren.
Ich Blick war starr auf das Feuer gerichtet. Wie bereits bei dem Fremden konnte sie den Blick nicht abwenden. Wie in Trance ging sie weiter darauf zu. Sie spürte kaum das ihre Hand dem Feuer eigentlich viel zu Nahe war.
„Hey, kleine Kinder sollen nicht mit dem Feuer spielen.“ Holte eine tiefe, melodische Stimme Ria aus ihrer Trance. Erschrocken zog sie ihre Hand zurück und presste sie schützend an ihre Brust. Was war denn jetzt schon wieder?! Sie verstand sich selbst nicht.
Schüchtern schaute sie auf, und sah in tiefschwarze Augen, die so undurchdringlich waren wie eine sternenlose Nacht.

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Zeitenwechsel Empty Re: Zeitenwechsel

Beitrag  Gast Mi 02 Dez 2009, 23:46

„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.“ Sagte er, und schaute sie besorgt an.
„Nein, nein. Hast du nicht.“ Sie schüttelte heftig den Kopf um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Aber sobald sie ihm wieder in die Augen schaute, konnte sie nicht mehr klar denken, also drehte sie sich um und ging zurück zu dem Holzstumpf.
„Darf ich mich zu dir setzten?“ Fragte er, während er sich bereits neben sie setzte.
„Hast du doch schon.“ Gab sie zurück. Es klang zickig, dabei war sie so eigentlich gar nicht. Nur bei diesem Typ konnte sie einfach nicht anders. Er drängt sich ihr auf, aber was noch viel schlimmer war, er weckte in ihr etwas unbekanntes.
Auf ihre spitze Antwort musste er lachen, aber versuchte es möglichst gut zu verbergen. „Ich kenne dich gar nicht. Machst du hier Urlaub?“
„Nein, ich…“ Sie zögerte, laut auszusprechen das sie nun hier wohnte war etwas anderes, als es einfach nur im Kopf zu wissen. „Ich wohne hier. Bei meiner Tante und meinem Onkel.“
„Gabi und Michi sind deine Verwandten?!“ Er klang völlig überrascht.
Als Antwort nickte sie nur. Wenigstens einer der noch nicht alles über mich weiß. Erleichtert atmete sie auf. Jemand dem sie fremd war, hieß auch das er vom Rest ihrer Vergangenheit nichts wusste. Sie wollte mit diesen ganzen Fremden erst darüber sprechen, wenn sie dafür bereit war.
Sie schielte zu ihm herüber und betrachtete sein Profil. Er war eindeutig älter als sie, mindestens schon achtzehn Jahre. So schwarz wie seine Augen war auch sein Haar und ganz kurz geschnitten. Er hatte ein Kantiges Kinn, was durch einen schmalen Bart noch betont wurde. Wenn sie ihn hätte mit einem Wort beschreiben müssen, hätte Maria ihn mit männlich beschrieben.
„Ich bin übrigens Lian.“ Holte er sie aus ihren Gedanken.
„Ich bin Maria.“ Und musste unwillkürlich Lächeln als er sie so schief angrinste. In ihrem Bauch breitete sich ein warmes Gefühl aus, sie mochte ihn. Vielleicht war das zu viel gesagt, aber sie spürte das sie auf einer Wellenlänge waren. „Wie lange wohnst du denn schon hier?“ Sie wollte das Gespräch in Gang halten, um mehr über ihn zu erfahren, sie hoffte einfach das sie Freunde werden konnten.
„Ach, schon so lange ich denken kann. Früher habe ich mal woanders gelebt, aber daran kann ich mich kaum noch erinner.“ Als er sprach schaute er wehmütig ins Feuer, dann sah er ihr fest in die Augen und fügte hinzu. „Das hier ist nun mein Platz.“
„Ich hoffe das kann ich auch irgendwann sagen. Aber im Moment…“
„Li? Lian?“ Unterbrach sie eine Frauenstimmen. „Lian?“
„Tut mir leid, meine Freunde suchen mich.“ Sagte er zu Maria gewandt und stand auf. „Ja, ich komme.“ Rief er einer jungen Frau entgegen, die von den Zelten auf sie zu kam.
„Okay, dann noch viel Spaß.“ Wünschte sie ihm, auch wenn sie sich wünschte das er noch etwas blieb.
„Willst du nicht mit kommen? Ein bisschen tanzen?“ Fragte er, und sah auf sie herab.
„Nein, ich kann hier nicht weg.“ Diese Antwort brachte ein breites Grinsen auf sein Gesicht, aber als er gerade antworten wollte, schlang die große Blonde ihm die Arme um den Hals. Sie war es auch gewesen, die nach ihm gerufen hatte.
„Hallo Li-Li.“ Schnurrte sie ihm in sein Ohr und schmiegte sich eng an ihn. „Wieso bist du nicht gleich gekommen, als ich dich gerufen habe?“
Maria konzentrierte sich nun darauf ihren Cocktail im Gras wieder zu finden. Sie wollte so etwas nicht sehen. So Frauen wie diese waren ihr zuwider. Wie sie sich aufhübschten und sich in viel zu kurze Sachen zwängten. Und schon gar nicht wollte sie so eine an Lians Ohr lecken sehen.
„Weil ich nicht dein Hund bin, Sofi.“ Konterte er. Überrascht schaut Ria auf. Lian hatte das Mädchen weggeschoben, aber sein Blick war immer noch auf Maria gerichtet. „Kommst du nun mit tanzen? Auch nur vorne im Zelt mit der Bar.“
„Na gut, ich komme mit.“ Sie stand auf, aber sie war etwas überrascht. Wie hatte er denn mit dieser Blonden gesprochen, sehr wahrscheinlich seiner Freundin. Außerdem musste sie sich grad von Blicken töte lassen, seine Freundin schickte nämlich Blitze nach ihr.
Auch Lian bemerkte das und legte einen Arm um diese Sofi. „Hab dich doch nicht so. Ich geb dir auch noch einen Jacky aus.“ Um seine Worte noch versöhnlicher zu machen, drückte er ihr einen Kuss auf die Wange.

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Zeitenwechsel Empty Re: Zeitenwechsel

Beitrag  Gast Sa 05 Dez 2009, 01:09

„Mann, da bist du ja endlich! Du bist mit der nächsten Runde dran!“ Wurde Lian von einem seiner Freunde begrüßt. „Ahh, die Kleine von vorhin hast du uns auch noch mit gebracht.“
Maria stand etwas hinter Sofi und Lian und wollte sich verstecken. Natürlich ging das nicht, spä-testens als Lian einen Schritt zur Seite machte und den Blick ganz auf sie frei gab, konnte sie sich hinter niemanden mehr verstecken.
„Jep, also das ist Maria Leute.“ Stellte er sie vor. „Und dieser nette Kerl ist Adrian, Sofia hast du ja schon kennengelernt, das sind Max und Felix. And last but not least, unsere gute Leo.“
„Hallo.“ Schüchtern lächelte Maria in die Runde.
„Bild dir nur nicht ein mich so nennen zu dürfen.“ Im ersten Moment dachte Ria Lians Freundin Sofia hätte gesprochen, aber sie erkannte es das Mädchen mit dem Namen Leo war. „Leo dürfen mich nur Freunde nennen, und Li weiß das ganz genau. Für dich heiße ich Leonie.“ Sie war Maria einen eiskalten Blick zu, einem Blick der kalt war wie Stahl.
Trotz der Musik legte sich eine Stille auf die Gruppe, die jede gute Stimmung im Keim erstickte. Maria wollte am liebsten wegrennen. Wieso war diese Leonie nur so zu ihr? Natürlich waren die beiden keine Freunde, aber eine so Feinseligkeit jemanden entgegen zu bringen musste doch andere Gründe haben. Die Angst als einen Klos im Hals, macht sie bereits einen Schritt zurück um sich schnellstmöglich auf den Weg nach draußen zu machen, als jemand sie zurück hielt.
Maria schaute auf ihre rechte Hand hinunter. Lian hielt sie fest und drückte sie. „Gut zu wissen, Leonie.“ Betonte er ausdrücklich. „Und wenn du fertig bist mit deinem Gezicke können wir ja weiter feiern und auf eine baldige Freundschaft mit Maria anstoßen.“ Er warf Leonie noch einen böse Blick zu der Bände sprach, dann drehte er sich in Richtung der Bar, hob eine freie Hand.
Nach weiteren Schweigen, das Ria wie eine halbe Ewigkeit vorkam, kam endlich der Typ von der Bar und bracht neben sechs Bierflaschen, noch sieben dunkle Schnäpse. „Und was bekommt die Neue außerdem?“
„Außerdem?“ Fragte Maria zurück.
„Na, der eine von den Kurzen ist für dich. Willst du auch ein Bier oder lieber noch einen Cocktail, Süße?“
„Sie nimmt einen Tequila Sunrise.“ Antworte Adrian für sie. Fragend schaute sie ihn an. „Vertrau mir, der wird dir schmecken.“ Der Barkeeper hatte sich bereits wieder hinter seine Bar verzogen und machte Getränke. Es gab also kein Zurück mehr, egal was nun kommen würde.
„Jetzt trinken wir erst mal den Meister.“ Sagte der andere Junge, der mit ihnen am Stehtisch stand, Felix. Die anderen hoben einer nach den andern die kleinen Gläschen.
„Und was soll das sein?“ Fragte Maria, sie wusste es wirklich nicht. In Dresden war sie nur selten weggegangen, und getrunken hatte sie bisher noch nie. Sie durfte sich bisher nie gehen lassen. Die anderen fanden ihre Frage eher lustig, wie sie erkannte.
„Machst du Witze? Das ist Jägermeister!“ Antworte ihr Leonie mit einem breiten, zynischen Lächeln im Gesicht. „Wo kommst du denn bitte her, dass du den nicht kennst?!“
So bloß gestellt wurde Maria direkt wieder rot. „Na ja, ich geh nicht oft weg.“ Probierte sie sich zu rechtfertigen.
„Dann wird´s aber Zeit.“ Lian reichte ihr nun eins der Gläser. „Stoßen wir an.“
Alle führten die Gläser in der Mitte des Tisches zusammen und ließen sie gegeneinander klirren. Vorsichtig hob Ria ihr Glas an die Lippen und lies sich ein paar kleine Tropfen in den Mund laufen. Sie verzog das Gesicht, sowas widerliches hatte sie noch nie geschmeckt. Es brannte im Hals und war bitter. Sie konnte sich nicht vorstellen das sowas jemand freiwillig trank.
Offensichtlich doch. Sie sah in die Runde, die anderen hat es anstandslos getrunken. „Schmeckt es dir nicht?“ Fragte Lian sie, der ihr kaum angerührtes Getränk bemerkte.
„Nein, ist nicht wirklich mein Geschmack.“ Gab Maria wahrheitsgemäß zu. Lügen gefiel ihr nicht, vor allem nicht um jemand anderen zu gefallen. Sie wollte sich nicht verstellen, für niemanden.
„Dann nehm ich dir den mal ab.“ Schon griff Max über den Tisch und nahm ihr den „Meister“ aus der Hand.
„Du alter Säufer.“ Lachte Sofia. Sie war wirklich unheimlich hübsch, wenn man sich ihre ganze Schminke wegdachte. Sie war groß und halte unendlich lange Beine. Blondes, glänzendes Haar, das ihr über den Rücken fiel. Und jetzt wo sie sich wieder auf der kleinen Tanzfläche drehte und zur Musik wiegte, musst Maria mit einem leichten Stich feststellen, dass Sofia schlicht und einfach schön war.
„Ria, Schatz?“ Holte eine bekannte Stimme sie aus ihren Gedanken. „Da bist du ja, wir wollten fahren.“
„Achso, ja okay ich komme.“ Antwortete sie ihrer Tante, die sich neben sie an den Tisch gestellt hatte.
„Ach hallo ihr Lieben. Habt ihr meine Nichte bereits kennengelernt?“
„Hab sie vorhin allein am Feuer aufgelesen. Sie soll gleich wissen mit wem sie es hier zutun hat.“ Lachte er, und auch Marias Tante stimmte darin ein.
„Das ist sehr nett von dir Julian. Und auch von euch anderen. Fügte sie hinzu. „Aber wir müssen jetzt wirklich gehen.“
Nach kurzen Abschiedsworten, saß Maria auch schon wieder im Auto mit ihrer Tante und ihrem Onkel und machte sich so ihre Gedanken über den Abend.

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