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3 OS - "9/11"

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Beitrag  Gast So 19 Okt 2008, 00:57


Also hier kommt mal was ganz Anderes - ich bin zwar kein Fan von OS, aber irgendwie hatte ich mal Lust, ein paar zu schreiben - jetzt sind es dre, die alle vom selben Thema handeln, dem 11. September. Ihr wisst hoffentlich alle, was damals passiert ist - zwei von Terroristen entführte Flugzeuge schlugen in das WTC in NY ein und töteten damit sowohl Insassen der Flugzeuge, Arbeiter im WTC, Besucher dessen Aussichtsplattform, Feuerwehrmänner (+ Frauen) beim Einsatz, Anwohner der Straßen und noch viele mehr. Als ich meine Ferien mit meinen Eltern in NY verbrachte, und wir u.a. Ground Zero besuchten, hat mich die Inspiration gepackt - und das ist rausgekommen. Drei tragische Geschichten des 11. Septembers.

In Gedenken an die ganze Welt und daran, wie zerbrechlich sie doch ist.

"An diesem Tag waren alle Amerikaner mit ihren Herzen in New York. Alle Amerikaner waren New Yorker."
George W. Bush.


OS I

Together


Sonne, nur ein paar Wolken am Himmel, geschäftiger Trubel gegen 9 Uhr an einem ganz normalen Tag in New York City.
Und ich rannte.
Der Schweiß stand mir auf der Stirn, meine Lungen schrien nach Luft und in meinen Augen standen Tränen der Verzweiflung. Ich hätte ihm sagen sollen, dass der Mann, der mir einen Kuss auf die Stirn gegeben und mich umarmt hatte, mein Bruder gewesen war. Aber ich hatte meine Klappe mal wieder nicht auf gekriegt und nur wegen dieser bescheuerten Schüchternheit - oder eher Sturheit - musste ich mit einem Starbucks Coffee in der Hand rennen. Zu ihm rennen. Er hatte Schluss gemacht, weil er nicht bescheid gewusst hatte. Weil ich es ihm nicht gesagt hatte. Verdammte Sturheit.
Der Platz vor den Hochhäusern war wie immer von Touristen und Angestellten überfüllt, ich musste mich durch die vielen Menschen drängen, hätte dabei beinahe ein kleines Mädchen über den Haufen gerannt und einem Straßensänger die Gitarre aus der Hand geschlagen, hatte dabei meinen Kaffee fallen lassen und wäre beinahe selbst hingefallen.
Weiter, weiter, immer weiter.
Es war wichtig - es gint um uns! Da war kein Zögern notwendig, also zwängte ich mich durch die Security, raste zum Aufzug und hämmerte wie besessen auf der Nummer 83 herum, als ginge es um Leben und Tod. Es ging ja auch um Leben und Tod! Um mein Leben. Erklärte ich es ihm nicht, würde er fortgehen, noch heute Abend und mir nicht zuhören - er würde es für einen verzweifelte Ausrede halten, ihn bei mir zu halten. Er würde nie wieder kommen. Ich rantte aus dem Aufzug zu seinem Büro. Hämmerte wild an der Tür. Ich hörte seine Antwort nicht.
In dem Moment schlug das erste Flugzeug in das World Trade Center ein.


Ende, OS 1.

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Beitrag  Gast So 19 Okt 2008, 01:08

OS II

Married


Sie war wunderschön. Ich konnte den Blick nicht von ihr wenden, ihr Lächeln hatte mich in seinen Bann gezogen. Alles war perfekt. So einer der seltenen Tage, an denen wirklich alles perfekt war. So wirklich ausnahmslos alles perfekt. Zu ihrem Geburtstag hatte ich mir frei genommen und sie ebenso dazu überreden können. Sie war wunderschön.
"Ich liebe dich", sagte ich zum wahrscheinlich tausendsten Mal an diesem Tag und ihr Lächeln war mir Lohn genug.
"Ich liebe dich auch." Süße Worte. Ein Frühstück über den Dächern von New York zum Geburtstag. Gleichzeitig unser dritter Jahrestag. Es war perfekt. Ich hatte ihre Freundinnen gefragt, sie würde Ja sagen.
Ich würde sie heiraten. Der Ober servierte Früchte und Jogurt.
Sie war wunderschön. "Wie gefällt dir dein Geburtstag bisher?", fragte ich und sie griff meine Hand.
"Perfekt. Ich danke dir."
"Ich bin glücklich, wenn du zufrieden bist."
Ihr Lächeln belohnte mich. Perfekt.
Der Ring in meiner Jackentasche wog schwer. Es war an der Zeit.
Ich versteckte ihn unauffällig in meiner Faust und hielt diese unterm Tisch verborgen.
In der Ferne erklang ein Donner und der Boden erzitterte. Wir warfen nervöse Blicke nach draußen und irgendwo erklang Geschrei.
"Ein Gewitter? Der Himmel ist klar!", sagte sie stirnrunzelnd und neigte den Kopf. Ich schmunzelte, als irgendwo der Feuerarlarm ansprang und stand auf, um irgendwo nachzufragen, aber sie hielt mich zurück.
"Nun frag mich endlich", forderte sie und ich erstarrte.
Hatten ihre Freundinnen etwas verraten? Und wenn schon...
"Na los.", wiederholte sie, "Frag mich endlich!"
Woher auch immer sie es wusste, es war egal.
Ich lächelte. Kniete vor ihr nieder und sah schon, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Ich öffnete die Faust.
"Willst du mich heiraten?"
Süße Worte. Der Feueralarm wurde lauter. Gepolter und noch eine Erschütterung. Der Boden zitterte.
Sie holte ein paar mal tief Luft. Dann öffnete sie den Mund.
Dann stürzte der Boden unter uns in die Tiefe.


Ende OS 2

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Beitrag  Gast So 19 Okt 2008, 01:18

OS II

Happy Birthday


Happy birthday to you, happy birthday to you! Happy birthday, dear Lily, happy birthday to you!"
Sie quietschte vergnügt und klatschte in die Hände, ihre Augen leuchteten und sie fiel mir um den Hals.
"Sieben Jahre", staunte ich, "Schon fast so alt wie ich!" Wir saßen auf den Treppen vor den Hochhäusern, wo wir immer frühstückten, bevor sie in die Schule ging und ich zur Arbeit musste.
Sie kicherte und betrachtete neugierig das Geschenk, das ich ihr gab, mit Augen so groß wie Tennisbälle.
"Daaanke", rief sie und riss das bunte Papier von der Packung. Die Barbiepuppe ließ ihr süßes Zahnlückenlächeln noch breiter und noch süßer werden und als sie vor Freude hüpfte, flogen ihre braunen Ringellöckchen nur so umher. "Danke!", wiederholte sie und drückte mir einen feuchten Kuss auf die Wange. Irgendwo ertönte ein hysterischer Schrei und das Rauschen eines Flugzeugs wurde laut.
"Happy birthday", wiederholte ich und warf einen Blick in den fast wolkenlosen Himmel, als ein gewaltiger Schatten den Himmel kurz verdunkelte. Lily folgte meinem Blick und genau in dem Moment erklangen ein gewaltiger Knall, Schreie und vieles Andere, was ich nicht mehr wahrnahm, denn da waren nur Feuer und Rauch, als das Flugzeug in das Gebäude raste.
Lilys Hand, die sich nervös in meine krallte, holte mich ins Jetzt zurück.
"Weg, Lily, weg!", rief ich, sprang auf und riss sie an ihrer Hand mit mir. Sie stolperte hinter mir her, die Barbiepuppe blieb zurück.
Es dauerte nicht lang, dass die Feuerwehr mit lauten Sirenen losraste. Von der Menschenmasse mitgerissen wich ich auf den Bürgersteig aus, doch in dem Moment verlor ich Lilys Hand. Sie strauchelte, fiel und die flüchtenden Menschen vergruben das kleine Mädchen unter sich.
Ein zweites Flugzeug raste in den zweiten Turm. Das war kein Unfall mehr. Das war ein Anschlag.
"Lily!"
Keine Antwort. Ich rannte gegen den schreienden und fluchenden Mob, zurück, zurück, wo das Mädchen gestolpert war. Dann ein gewaltiges Krachen und Donnern, der Boden bebte, einige weitere Schreie ertönten, Sirenen, Weinen, Flüche und dann kam der Staub. Der giftige, endlose Rauch, der alles verschlang.
Auch Lily.


Ende OS 3



Für Hans' Bruder, den wir beinahe verloren hätten.
Und für alle, die die Welt verloren hat.

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